Wassily Kandinsky - Institut für Soziologie - Leibniz Universität ...
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ist also die Äußerung des inneren Inhalts.“ (<strong>Kandinsky</strong> 2009: 73). Ergo ist die Formenharmonie<br />
<strong>Kandinsky</strong>s ebenfalls durch das Prinzip der inneren Notwendigkeit determiniert.<br />
Der geometrische Punkt ist laut <strong>Kandinsky</strong> mit einer Null zu vergleichen. Er ist die Form<br />
höchster Knappheit. Die Größe und Form des Punkts ist variabel, sein relativer Klang veränderbar.<br />
Seine Spannung ist konzentrisch und er hat keine Neigung zur Bewegung, weder horizontal<br />
noch vertikal. Er ist das Urelement der Malerei und das Element der Zeit ist in ihm fast<br />
vollkommen ausgeschlossen (vgl. <strong>Kandinsky</strong> 1926: 21ff.).<br />
Wirkt eine Kraft auf den Punkt und schiebt ihn auf der Fläche in eine Richtung, wird seine<br />
konzentrische Spannung aufgehoben und es entsteht ein neues Wesen, die Linie. Sie ist somit<br />
das Erzeugnis des sich bewegenden Punkts, die Vernichtung der Ruhe und ein Sprung aus<br />
dem Statischen in das Dynamische. Die Linie ist der größte Gegensatz zum Punkt. Die Verschiedenheit<br />
der Linien ist von der Zahl der Kräfte und ihren Kombinationen abhängig. Es<br />
gibt zwei Fälle, erstens die Anwendung einer Kraft und zweitens die Anwendung von zwei<br />
Kräften (vgl. <strong>Kandinsky</strong> 1926: 56f.). Wirkt nur eine Kraft auf den Punkt entsteht die Gerade.<br />
Es gibt drei typische Arten von Geraden, die Horizontale, die Vertikale und die Diagonale.<br />
Die Horizontale ist kalt, wohingegen die Vertikale warm ist. Die Diagonale stellt die Vereinigung<br />
der Kälte und Wärme dar. Sämtliche weiteren Geraden sind lediglich Abweichungen<br />
von den Diagonalen mit einer Neigung zu Kalt oder Warm, was ihren inneren Klang bestimmt<br />
(vgl. <strong>Kandinsky</strong> 1926: 57ff.).<br />
Wirken zwei Kräfte abwechselnd, entstehen „Eckige Linien“. Wirken zwei Kräfte gleichzeitig<br />
entstehen „Gebogene Linien“. Ihre Hauptspannung steckt im Bogen, das Stechende des Winkels<br />
entfällt und die eingeschlossene Kraft bewirkt eine größere Ausdauer (vgl. <strong>Kandinsky</strong><br />
1926: 85ff.). Zusammenfassend ist die Urquelle jeder Linie die Kraft, etwas Lebendiges und<br />
Dynamisches. Die Länge der Linie beinhaltet einen Zeitbegriff, ein weiterer Gegensatz zum<br />
Punkt.<br />
Nach Punkt und Linie ist die Grundfläche zu erläutern. Laut <strong>Kandinsky</strong> ist sie als die materielle<br />
Fläche zu verstehen, welche den Inhalt des Werks aufnimmt. Die schematische Grundfläche<br />
ist von zwei horizontalen und zwei vertikalen Linien begrenzt. Aus diesen vier Linien<br />
ergibt sich ein Grundklang. Die Horizontalen bewirken den Eindruck von Kälte, die Vertikalen<br />
den von Wärme. Sind die Längen gleich entsteht ein objektiver Klang der Grundfläche,<br />
das Quadrat. Überwiegt eines der beiden Linienpaare bewirkt dies eine Neigung zu einem<br />
kalten oder warmen Grundklang, der sich auch auf die einzelnen Elemente im Bild auswirkt.<br />
Im Falle der Diagonale gibt es eine Neigung zum warmen Grundklang, aufgrund der längeren<br />
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