Wassily Kandinsky - Institut für Soziologie - Leibniz Universität ...
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Form von Arbeitslosigkeit, Hungersnot sowie Kriegsversehrten. Hinzu kam eine zunehmende<br />
Inflation, die sich im Jahr 1923 zu einer Hyperinflation entwickelte. Die Folge waren mehrere<br />
Putschversuche wie u.a. der Kapp-Lüttwitz und der Hitler-Ludendorff-Putsch sowie blutige<br />
Niederschlagungen von Massenstreiks, wie z.B. die des Mitteldeutschen Aufstands im März<br />
1921. Ab 1924 kam es zu einer Stabilisierung der Verhältnisse mittels Einführung der Rentenmark,<br />
wodurch die Hyperinflation gestoppt werden konnte. Bedingt durch große Kredite<br />
aus dem Ausland, insbesondere der USA, entwickelte sich eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung<br />
sowie politische Stabilisierung in Deutschland. Auch innerhalb der Gesellschaft<br />
fanden starke Umwälzungen statt, die als die Goldenen Zwanziger in die Geschichte eingingen.<br />
Es kam u.a. zur beruflichen Emanzipation der Frauen, bedingt durch den Frauenüberschuss<br />
in Folge des Ersten Weltkriegs, die „Neue Sachlichkeit“ als Kunstausrichtung entstand,<br />
mit führenden Künstlern wie z.B. Otto Dix, die das Leben in der Großstadt, die Emanzipation<br />
der Frau sowie die Kluft zwischen Arm und Reich thematisierten. Zudem wurde<br />
Deutschland auf dem Filmsektor zur führenden Nation Europas und produzierte mehr Filme<br />
als alle anderen europäischen Staaten zusammen. Dennoch erwies sich dieser Aufschwung als<br />
trügerisch. Es handelt sich bei den Goldenen Zwanzigern nicht um eine absolute Stabilisierung<br />
der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern nur eine vorübergehende.<br />
Bedingt durch das zunehmende Übergewicht der Konservativen und das letztendlich nicht<br />
ausreichende Vertrauen der Bürger in die Weimarer Republik reichte der Börsen Crash 1929<br />
sowie die daraus resultierende Weltwirtschaftskrise aus, um soziale Spannungen wieder aufbrechen<br />
zu lassen. Daraus resultierten eine politische Radikalisierung und der Aufstieg des<br />
Nationalsozialismus.<br />
<strong>Wassily</strong> <strong>Kandinsky</strong> selbst wurde Opfer dieser Konflikte und in der Braunschweiger Presse als<br />
aus Russland zurückgekehrter Kommunist und gefährlicher Agitator von den Rechtsextremen<br />
diffamiert (vgl. Grohmann 1961: 175ff.). Die geschilderten Konflikte der 1920er Jahre und<br />
ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft müssen zwangsläufig in die Interpretation der Diagonale<br />
mit einfließen, denn in der Diagonale sieht man eindeutig den Drang nahezu aller Elemente<br />
sich zu bewegen, ähnlich der globalen Welt der 1920er Jahre.<br />
Einen weiteren Ansatz zur Analyse der Diagonale bietet sicherlich auch die Physik auf Basis<br />
der Teilung des Atoms. Denn letztendlich hatte sich das Weltbild aller, nicht nur <strong>Kandinsky</strong>s,<br />
maßgebend verändert. Wie es <strong>Kandinsky</strong> selbst in Rückblicke formulierte, war plötzlich alles<br />
in Bewegung geraten. Nichts war mehr gewiss und das Statische an sich existierte nicht mehr,<br />
denn es war physikalisch nicht mehr zu begründen. Diese Erkenntnis ist definitiv in Kandins-<br />
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