Das Standardmodell der Kosmologie, Teil 2 - Institut für ...
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Nasa/Esa<br />
lung. Also führt die räumliche Flachheit<br />
unseres Universums, die aus den Strukturen<br />
im CMB abgelesen werden kann,<br />
unweigerlich zu <strong>der</strong> Frage, wodurch das<br />
Universum anfänglich so extrem flach<br />
wurde, dass es bis heute so geblieben ist.<br />
Zum an<strong>der</strong>en erfor<strong>der</strong>t räumliche Flachheit,<br />
dass die Gesamtdichte aller Materieund<br />
Energieformen im Universum gerade<br />
die kritische Dichte ergibt. Bisher ergibt<br />
unsere Bilanz aber nur etwa ein Drittel<br />
davon: Baryonen tragen vier Prozent bei,<br />
und mit Dunkler Materie kommen wir<br />
auf etwa dreißig Prozent. Offenbar fehlt<br />
uns bisher <strong>der</strong> entscheidende Anteil.<br />
Supernovae vom Typ Ia<br />
In einem Supernova-Ereignis leuchtet<br />
ein Stern in wenigen Tagen hell auf, um<br />
dann innerhalb von Monaten wie<strong>der</strong> zu<br />
verlöschen. Die dabei erreichten Leuchtkräfte<br />
sind extrem: Im Helligkeitsmaximum<br />
strahlt eine Supernova etwa so viel<br />
Licht ab wie die gesamte Galaxie, die sie<br />
beherbergt (Abb. 7).<br />
N<br />
<br />
O<br />
Abb. 7: Supernovae, wie hier die<br />
Supernova 1994d in <strong>der</strong> Galaxie<br />
NGC 4526, <strong>der</strong>en innerer Bereich<br />
in dieser Aufnahme mit dem HST<br />
abgebildet ist, leuchten etwa so<br />
hell auf wie die Galaxien, in denen<br />
sie auftreten.<br />
Zeigt ihr Spektrum Wasserstofflinien,<br />
gehört sie zum Typ II, an<strong>der</strong>enfalls zum<br />
Typ I. Findet man keinen Wasserstoff,<br />
aber Silizium, wird sie als Typ-Ia-Supernova<br />
(SNIa) bezeichnet. Supernovae werden<br />
durch thermonukleare Explosionen<br />
ausgelöst, in denen entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kern<br />
eines massereichen Sterns ausbrennt und<br />
aufgrund seiner Schwerkraft kollabiert,<br />
o<strong>der</strong> in denen ein Weißer Zwerg durch<br />
äußere Einflüsse über die Massengrenze<br />
getrieben wird, die er noch stabilisieren<br />
kann. Zu ersteren gehören die Typen Ib/c<br />
und II, letztere bilden den Typ Ia.<br />
Weiße Zwerge bestehen im Kern aus<br />
Kohlenstoff und Sauerstoff. Weitere Fusion<br />
ist nicht möglich, weil die Masse<br />
nicht ausreicht, um die Zentraltemperatur<br />
hoch genug zu treiben. Die nukleare<br />
Energieerzeugung erlischt, und <strong>der</strong> Stern<br />
wird so weit komprimiert, dass das Elektronengas<br />
in seinem Inneren entartet und<br />
ihn durch seinen Fermidruck stabilisiert.<br />
<strong>Das</strong> ist bis zur Chandrasekhar-Grenze<br />
von knapp 1.4 Sonnenmassen möglich.<br />
Kurz bevor ein Weißer Zwerg diese Grenze<br />
erreicht, wird durch die hohe Dichte<br />
in seinem Kern thermonukleares Brennen<br />
gezündet, das die Explosion in Gang<br />
setzt.<br />
Weiße Zwerge können auf verschiedene<br />
Weise über die Chandrasekhar-<br />
Masse getrieben werden. Die gängigsten<br />
Vorstellungen sind, dass entwe<strong>der</strong> ein<br />
5 Bogensekunden<br />
950 Lichtjahre<br />
massereicher Begleitstern Masse an den<br />
Weißen Zwerg abgibt, o<strong>der</strong> dass zwei<br />
weiße Zwerge kollidieren. Vereinfachend<br />
ausgedrückt, explodiert also bei einer Supernova<br />
vom Typ Ia immer dieselbe Menge<br />
»Sprengstoffs« (Abb. 8). Also sollten<br />
alle Supernovae dieses Typs im Wesentlichen<br />
gleich hell sein. <strong>Das</strong> ist nicht streng<br />
<strong>der</strong> Fall, aber die Abweichungen von <strong>der</strong><br />
Standardhelligkeit lassen sich durch eine<br />
einfache Beziehung korrigieren: Hellere<br />
Supernovae vom Typ Ia dauern etwas länger,<br />
schwächere etwas weniger lang, und<br />
damit lassen sich die wahren Helligkeiten<br />
dieser Supernovae standardisieren. Aus<br />
ihrer scheinbaren Helligkeit folgt dann<br />
ihre Entfernung, und zusammen mit <strong>der</strong><br />
Rotverschiebung ihrer Spektrallinien<br />
kann daraus das Expansionsverhalten des<br />
Universums rekonstruiert werden.<br />
Dies hat die spektakuläre Erkenntnis<br />
ermöglicht, dass die Ausdehnungsgeschwindigkeit<br />
des Universums seit etwa<br />
sieben Milliarden Jahren zunimmt. Eigentlich<br />
würde man das Gegenteil erwarten,<br />
denn die Schwerkraft sollte die kosmische<br />
Ausdehnung verlangsamen. Ein Friedmann-Modell<br />
kann sich nur dann beschleunigt<br />
ausdehnen, wenn nicht gewöhnliche,<br />
baryonische o<strong>der</strong> Dunkle<br />
Materie dominieren, son<strong>der</strong>n die kosmologische<br />
Konstante, die Einstein anfänglich<br />
gerade zu dem Zweck in seine Feldgleichungen<br />
eingebaut hatte, um ein statisches<br />
Universum zu ermöglichen.<br />
Wir haben bestenfalls sehr diffuse Vorstellungen<br />
davon, was die physikalische<br />
Bedeutung <strong>der</strong> kosmologischen Konstante<br />
sein könnte. Darüber wird später noch<br />
zu reden sein. Aber auch die Temperaturschwankungen<br />
im CMB hatten uns gezeigt,<br />
dass uns bisher etwa siebzig Prozent<br />
des kosmischen Materials entgangen<br />
waren. Nun zeigen die Supernovae vom<br />
Typ Ia, dass diese fehlende Substanz gerade<br />
die kosmologische Konstante sein sollte<br />
o<strong>der</strong> wenigstens etwas, was sich ähnlich<br />
wie sie verhält, indem es die Ausdehnung<br />
des Universums beschleunigt, statt<br />
sie abzubremsen.<br />
Auf diese Weise ergeben alle bisherigen<br />
Bestimmungen kosmologischer Parameter<br />
ein konsistentes Bild. Wir können<br />
ein Friedmann-Modell angeben, in<br />
das so gut wie alle kosmologischen Messungen<br />
hervorragend passen. Dieses Modell,<br />
von dem wir annehmen, dass es unser<br />
Universum tatsächlich beschreibt,<br />
ist dadurch gekennzeichnet, dass es zu<br />
etwa dreißig Prozent aus Materie und<br />
etwa siebzig Prozent aus kosmologischer<br />
Konstante besteht, was immer das sein<br />
mag. Altersabschätzungen, die Entstehung<br />
<strong>der</strong> leichten Elemente, direkte und<br />
indirekte Abschätzungen <strong>der</strong> Massendichte,<br />
die Temperaturschwankungen im<br />
40 Sterne und Weltraum September 2007