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HIGHTECHREPORT - Daimler

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<strong>Daimler</strong>Chrysler Hightech Report 1/2007 > Klimatisierung 61<br />

> Prima Klima<br />

Lieben Sie Vorurteile? Etwa, dass es Frauen eher kuschelig warm mögen während<br />

Männer sich gern eine kühle Brise um die Nase wehen lassen. Oder dass die Bewohner<br />

Spitzbergens ein anderes Temperaturempfinden haben als jene von Rio de Janeiro?<br />

Hierzu förderte der Däne Povl Ole Fanger Desillusionierendes zutage. Ein Verdienst des<br />

weltweit renommierten Experten für Raumklima-Forschung war es, mithilfe von unglaublich<br />

umfangreichen Messreihen auf der Basis von mehr als 1300 Probanden eine siebenstufige<br />

Behaglichkeitsskala für das Raumklima in Gebäuden zu definieren. Bei diesen<br />

Versuchen nahmen Männer wie Frauen und Menschen verschiedener Ethnien teil.<br />

Fangers Resümee: Ausgeprägter als geschlechtsspezifisch oder ethnisch begründete<br />

Unterschiede im Behaglichkeitsempfinden können jene zwischen zwei beliebig gewähl-<br />

zung und Klimaanlage in einem<br />

neuen Modell für wohlige Temperaturen<br />

und deren Regelungen für<br />

optimalen Klimakomfort sorgen.<br />

Dr. Oscars Aufgabe bei solchen<br />

Tests ist es etwa zu messen, wie<br />

lange die Heizung bei einem Kaltstart<br />

und einer Außentemperatur<br />

von minus 20 Grad Celsius benötigt,<br />

um auf Touren zu kommen, wie<br />

rasch die Klimaanlage einen auf 50<br />

Grad Celsius in der Sonne erhitzten<br />

Fahrzeugfond auf Wohlfühltemperatur<br />

herunterkühlt, und ob nicht<br />

durch eine ungünstige Luftströmung<br />

Zug entsteht.<br />

Während des Versuchs wandelt<br />

Dr. Oscars Elektronik die analogen<br />

Messsignale der Sensoren in digitale<br />

Werte um. Diese Daten häufen<br />

sich zunächst zu einem unüberschaubaren<br />

Zahlenwust an: Etwa<br />

alle zwei Sekunden liefert jeder der<br />

118 Sensoren einen über bis zu 20<br />

Einzelmessungen gemittelten Zahlenwert.<br />

Die bei einer nur halbstündigen<br />

Messreihe auflaufenden Einzelwerte<br />

würden als Tabellenausdruck<br />

ausreichen, um damit ein<br />

Großraumbüro hübsch tapezieren<br />

zu können. „Deshalb haben wir viel<br />

Mühe darauf verwendet, die Ergebnisse<br />

anschaulich aufzubereiten<br />

und darzustellen“, erläutert Hans-<br />

Herbert Flögel. Der Ingenieur aus<br />

Jürgen Maués Team in der <strong>Daimler</strong>Chrysler-Forschung<br />

ist sozusagen<br />

Dr. Oscars „Vater“.<br />

Am Bildschirm zeigt Flögel, wie<br />

selbst für einen Laien unmittelbar<br />

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erkennbar wird, ob Dr. Oscar wieder<br />

einmal unter kalten Füßen,<br />

klammen Händen am Steuer oder<br />

einem zu heißen Kopf leiden musste:<br />

Auf dem Monitor erscheinen Dr.<br />

Oscars Umrisse, und die Farbe seiner<br />

Körperoberfläche wechselt je<br />

nach aktuellem Messwert zwischen<br />

blau und rot. Ein hochroter<br />

Kopf steht beispielsweise für eine<br />

viel zu heiße Temperatur in diesem<br />

Bereich oder für unangenehm starke<br />

Zugluft um Dr. Oscars Nase.<br />

Doch um eine Schwierigkeit<br />

kommen auch die Klimatisierungsspezialisten<br />

um Jürgen Maué nicht<br />

herum, nämlich die Tatsache, dass<br />

wir Behaglichkeit subjektiv empfinden:<br />

Während der eine im T-Shirt<br />

sitzend gerne das Fenster öffnen<br />

würde, um sich Kühlung zu verschaffen,<br />

würde sein Pullover bewehrter<br />

Beifahrer am liebsten die<br />

Heizung zuschalten. Fast nirgendwo<br />

gilt das Dilemma, wonach man<br />

es niemals allen Menschen recht<br />

machen kann, strenger als hier.<br />

Die Forscher um Jürgen Maué<br />

fanden jedoch eine pragmatische<br />

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ten Menschen und sogar für ein und denselben Menschen nach einem Dauerlauf oder<br />

bei einer Erkältung ausfallen. Klimatisierungsexperten sprechen hier von inter- und intraindividueller<br />

Variabilität. Und wer jetzt nicht genau wissen sollte, ob ihm gerade behaglich<br />

ist, kann dies dank Fangers Komfortgleichung auch mathematisch präzise entscheiden:<br />

f (M, I cl , v, t r , t a , P w ) = 0.<br />

Ist diese Bedingung erfüllt, dann fühlen Sie sich zumindest klimatisch pudelwohl.<br />

Zur Erläuterung: M ist der Parameter für die Stoffwechselrate. I cl steht für den Kleidungsindex.<br />

v repräsentiert die Luftgeschwindigkeit, t r die mittlere Strahlungstemperatur<br />

und t a die Temperatur der Umgebungsluft. P w bringt zum Schluss den Dampfdruck<br />

des Wassers in der Umgebungsluft ins Spiel.<br />

10 20 30 40<br />

Äquivalenztemperatur in °C<br />

Der ockerfarbene Korridor gibt für<br />

einzelne Körperregionen (Zeilen mit<br />

den Ziffern 1 bis 8) sowie für den gesamten<br />

Körper (oberste Zeile) den<br />

Komfortbereich an. Dargestellt ist hier<br />

die so genannte Äquivalenztemperatur<br />

– eine Klimasummengröße, die<br />

verschiedene thermische Parameter<br />

umfasst. Da wir Temperaturen sehr<br />

subjektiv empfinden, gilt dieser<br />

„Wohlfühlkorridor“ nur für 80 Prozent<br />

einer größeren Personengruppe.<br />

Beim Klimatisieren<br />

kann man es nicht<br />

allen Menschen recht<br />

machen – immerhin<br />

aber den meisten<br />

Lösung. Ihre Strategie: Man kann<br />

es zwar nicht den ausgeprägtesten<br />

„Frostbeulen“ und „Heißspornen“<br />

zugleich recht machen. Aber wenn<br />

man viele Menschen testet, ab<br />

wann es ihnen zu kalt, zu warm<br />

oder unter welchen Bedingungen<br />

es ihnen im Raum behaglich erscheint,<br />

und wenn man nun noch<br />

die beiden äußeren Flügelbereiche<br />

dieses Antwortspektrums ein wenig<br />

kappt, dann erhält man einen<br />

gut eingegrenzten Wohlfühlbereich,<br />

der immerhin für 80 bis 90<br />

Prozent aller Menschen gilt.<br />

> Wohlfühlkorridore ermittelt<br />

Also wurden freiwillige Probanden<br />

gebeten, sich ins Auto zu setzen,<br />

um zu beurteilen, wie behaglich ihnen<br />

das Innenraumklima erscheint.<br />

Inzwischen – viele Messreihen<br />

mit jeweils mehreren Dutzend<br />

Probanden im Kaltkanal, im<br />

Warmkanal, in der Klimakammer<br />

und während diverser Messfahrten<br />

später – verfügen die Klimatisierungsspezialisten<br />

über empirisch<br />

abgesicherte „Wohlfühlkorridore“<br />

– also Messkurven, die spezifiziert<br />

nach verschiedenen Körperregionen<br />

von Kopf bis Fuß die Komfortbandbreite<br />

für Temperatur, Luftanströmgeschwindigkeit<br />

und Strahlung<br />

markieren.<br />

Doch selbst für „Kälte- und<br />

Hitzeextremisten“ weiß Florian<br />

Kauf Rat: „Unsere Fahrzeuge bieten<br />

je nach Ausstattungskomfort<br />

bis zu sechs Temperaturzonen >

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