2.2 Informationsvermittlung: Sprache und Sprachver- wendung
2.2 Informationsvermittlung: Sprache und Sprachver- wendung
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Brown identisch sind, obwohl die Person weiß, dass der Mann im braunen Anzug<br />
der Mörder von Eleonor Brown ist usw. Der deutsche Philosoph Gottlob Frege,<br />
der als erster diesen f<strong>und</strong>amentalen Unterschied zwischen Bedeutung <strong>und</strong><br />
Referenz theoretisch durchdrungen hat, hat Bedeutungen als Weisen verstanden,<br />
wie uns ein Gegenstand gegeben ist. Es ist offensichtlich, dass ein <strong>und</strong><br />
derselbe Gegenstand uns auf verschiedene Weise gegeben sein kann <strong>und</strong><br />
dass sich diese Weisen in der Ver<strong>wendung</strong> von unterschiedlichen Kennzeichnungen<br />
<strong>und</strong> unterschiedlichen Begriffen niederschlagen können. Je nachdem,<br />
welche Ausdrücke wir verwenden, kommen wir zu anderen Aussagen über den<br />
fraglichen Gegenstand. ›Diese Suppe ist wässrig‹ <strong>und</strong> ›Diese Suppe ist eine<br />
Bouillon‹ haben einen unterschiedlichen Informationsgehalt <strong>und</strong> können bei<br />
einer Zuhörerin ganz unterschiedliche Reaktionen auslösen.<br />
Kein sprachlicher Ausdruck hat eine natürliche Bedeutung oder eine natürliche<br />
Referenz. Wohl sind Bedeutungen <strong>und</strong> Referenzen historisch gewachsen, aber<br />
es gibt keine — jedenfalls keine bisher bekannten — Naturgesetze, die die Beziehung<br />
der Wörter (der Lautfolge von Wörtern) einer <strong>Sprache</strong> zu den Gegenständen<br />
der Welt determinieren. Es gibt nichts in der Natur des H<strong>und</strong>es, das<br />
uns veranlasst, diese Tiere im Deutschen ›h-u-n-d-e‹, im Französischen ›c-h-ie-n‹<br />
zu nennen. Statt 'blau' könnten wir auch 'gugu' sagen, statt 'Wasser' 'Luft'.<br />
Wir müssen strikte zwischen Wörtern auf der einen Seite <strong>und</strong> Eigennamen oder<br />
Begriffen auf der anderen Seite unterscheiden. Wörter haben für sich allein weder<br />
Bedeutung noch Referenz. Erst wenn wir Wörter zu Ausdrücken machen, d.h.<br />
wenn wir sie in einer der möglichen Weisen definieren, kommt ihnen Bedeutung<br />
<strong>und</strong> Referenz zu. Das ist der Gr<strong>und</strong> weshalb folgendes Prinzip immer berücksichtigt<br />
werden sollte: Definitionen lösen keine Probleme, aber ohne Definitionen<br />
haben wir nur Probleme.<br />
Da wir ein Wort je nach Kontext gebrauchen <strong>und</strong> definieren können, kann dasselbe<br />
Wort, je nach Kontext, verschiedene Bedeutungen <strong>und</strong> verschiedene Referenten<br />
haben.<br />
Der Name 'Louis' kann viele Träger haben <strong>und</strong> die Kennzeichnung 'der König<br />
von Frankreich' hatte einst einen Referenten, heute aber können wir damit niemanden<br />
bezeichnen. Die Referenz von Namen <strong>und</strong> Kennzeichnungen können<br />
wir in Zweifelsfällen immer präzisieren, indem wir die RaumZeit-Stelle des Referenten<br />
angegeben <strong>und</strong> die kausalen Rollen, die diese Individuen spielen,<br />
verfolgen. Mit den Angaben über Raum <strong>und</strong> Zeit <strong>und</strong> den kausalen Rollen<br />
schaffen wir in der Regel Klarheit darüber, welchen Gegenstand wir meinen (da<br />
wir implizit die Voraussetzung machen, dass nur je ein Gegenstand an einer<br />
Raum-Zeit-Stelle sein kann).<br />
Es sind häufig die Begriffe, d. h. Ausdrücke für Eigenschaften (ist blau) oder für<br />
Klassen (ist eine Katze, ist ein Mensch), die Schwierigkeiten machen. Begriffe<br />
erhalten über Definitionen mit Bezug auf einen Gegenstandsbereich die Bedeutungen,<br />
die sie haben. Das öffnet aber den Raum für die Bedeutungsvielfalt.<br />
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