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Woran erkenne ich rechtsextreme Jugendliche? Woran erkenne ich ...

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<strong>Woran</strong> <strong>erkenne</strong> <strong>ich</strong> <strong>rechtsextreme</strong> Jugendl<strong>ich</strong>e?<br />

Von Arne Marenda, , April 2013<br />

N<strong>ich</strong>t nur die politischen und ideologischen Strategien rechtsextremistischer und neonazistischer Kräfte haben s<strong>ich</strong><br />

im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte stark verändert, auch das Auftreten und die Erscheinungsformen der<br />

Anhänger und Aktivisten der Szene hat s<strong>ich</strong> gewandelt.<br />

Anfang der 1970iger Jahre wurde durch politische Führer wie M<strong>ich</strong>ael Kühnen oder Karl-Heinz Hofmann eine<br />

Radikalisierung der Szene eingeleitet und auch eine Änderung des Erscheinungsbildes bewirkt. Das Erscheinungsbild,<br />

das bislang aus dem Kopieren des nationalsozialistischen Kleidungsstils oder dem Tragen von heimatl<strong>ich</strong>konservativer<br />

Kleidung bestand, wurde nun zum Teil durch schwarze Kleidung, Stiefel und Lederjacken sowie dem<br />

Tragen von Uniformen und Tarnkleidung abgelöst. Ein einheitl<strong>ich</strong>er Kleidungsstil setzte s<strong>ich</strong> aber n<strong>ich</strong>t durch.<br />

Der Skinhead-Kult<br />

– Glatze, Bomberjacke und ‚Springerstiefel’ (80iger/90iger Jahre)<br />

Das Styling und Auftreten der ursprüngl<strong>ich</strong> unpolitischen englischen Jugendkultur der Skinheads in den 1960iger<br />

Jahren kam Anfang der 80iger Jahre auch nach Deutschland. Jedoch spaltete s<strong>ich</strong> die Skinheadkultur Ende der<br />

70iger Jahre in einen traditionellen, unpolitischen und in einen rechtsextremistischen Zweig.<br />

Um s<strong>ich</strong> von den zu dieser Zeit sehr linkspolitisch auftretenden Punks abzugrenzen, entstanden auch die ersten<br />

Skinheadbands wie die unpolitischen ‚Die Allierten’, ‚Vortex’ und ‚Springtoifel’ die patriotischen ‚Boots & Braces’, und<br />

‚Böhse Onkelz’ oder die schon dem rechten Lager zu zuordneten ‚Endstufe’ oder ‚Kdf’. Durch die politisch motivierte<br />

Skinheadbewegung ‚Blood & Honour’, die in England durch den Sänger der britischen Band ‚Skrewdriver’, Ian Stuart,<br />

gegründete wurde, wuchs der <strong>rechtsextreme</strong> Einfluss auf die Szene enorm an und schon bald wurden die zum Teil<br />

martialisch aussehenden Skinheads mit ihren ‚Doc Martens’,- ‚Rangers’- oder ‚Springerstiefeln’ und Bomberjacken als<br />

Synonym für rechtsextremistische Gesinnung gesehen.<br />

Durch die Vereinigung beider deutscher Staaten und die daraus resultierende neue deutsche Identität sahen auch<br />

westdeutsche rechte Parteien und Gruppierungen eine große Chance neue Anhänger im östl<strong>ich</strong>en Teil Deutschlands<br />

für s<strong>ich</strong> zu rekrutieren. Kurzgeschorene Haare, Bomberjacke, Schnürstiefel wurden fast schon zur Mode bei<br />

orientierungslosen, rechtsoffenen und rechtsextremistischen Jugendl<strong>ich</strong>en in den neuen Bundesländern und prägten<br />

weiter das Bild in der Öffentl<strong>ich</strong>keit und in den Medien. Hierbei gerieten gänzl<strong>ich</strong> unpolitische Modelabels wie ‚Fred<br />

Perry’, ‚Lonsdale’, ‚Doc Martens’ oder ‚Ben Sherman’, die von rechten Jugendl<strong>ich</strong>en getragen wurden, in den Verdacht<br />

auch ‚rechte Klamotten’ zu sein. In dieser Zeit entstanden auch sehr viele neue Rechtsrockbands. Fanzines und<br />

nationale Versandfirmen, die Merchandiseartikel der Bands, aber auch politisch motivierte Kleidung zum Kauf<br />

anboten. Bis heute sind Shirts und Pullis von Rechtsrockbands, ein fester Bestanteil der rechten Szene.<br />

Mitte/Ende der 90iger Jahre, nachdem der Staat zum Teil massiv gegen rechte Gruppierungen, Organisationen,<br />

Plattenfirmen und Bands vorgegangen war und auch das Internet seinen Siegeszug angetreten hatte, änderte s<strong>ich</strong><br />

auch die Strategie der rechten Aktivisten. Der Trend ging hin zu kleinen Kadern, zu Kameradschaften mit einer<br />

niedrigen Eintrittshemmschwelle, weg von den etablierten rechten Parteien hin zu dezentralen Einsatzgruppen,<br />

vernetzt auch durch das Internet.<br />

Das Erscheinungsbild wurde vielfältiger. Die Boots wurden z.B. durch Sportschuhe wie die Modelle der unpolitische<br />

Marke ‚New Balance’ ersetzt, die Haare wurden wieder etwas länger getragen, das allgemeine Auftreten wurde<br />

unauffälliger.<br />

Vikingrock und Nordische Mythologie (90iger Jahre bis heute)


Ein neuer musikalische Trend in der Rechtsrockszene ab Mitte der 1990iger Jahre, der ‚Vikingrock’ führte auch im<br />

Kleidungsstil zu neuen Motiven: Wikinger, Schiffe, Runen oder Figuren aus der nordischen Mythologie wurden auf<br />

Kleidungsstücken sehr beliebt. Firmen wie ‚Ansgar Aryan’, ‚Erik & Sons’ oder ‚Thor Steinar’ bedienen über<br />

Onlineversände und auch über Ladengeschäfte rechtes Klientel. Die Mischung aus Wikinger-Romantik, nordischer<br />

Heldenverehrung und Verklärung und Verherrl<strong>ich</strong>ung der deutschen Wehrmacht und des Zweiten Weltkriegs findet<br />

auf legale Art und Weise einen großen Zuspruch in der rechten Szene.<br />

Einige Hersteller legen dabei sehr viel wert auf ein professionelles und unverfängl<strong>ich</strong>es Erscheinungsbild beim Auftritt<br />

im Internet oder bei Onlinekatalogen. Auch ist die Fertigungsqualität der Kleidungsstücke dieser Firmen zum Teil<br />

recht hochwertig. Viele aktuelle ‚Nationale Versände’ bieten auch Eigenmarken mit Motiven und Symbolen aus der<br />

nordischen Mythologie zum Verkauf an. Oft werden diese Motive mit markigen oder zynischen Sprüchen kombiniert.<br />

Verwirrungsta<br />

erwirrungstaktik tik und Adaptierung linker Motive (2000 bis heute)<br />

Eine weitere neue Strategie u. a. der sogenannten ‚Nationalen Sozialisten’ besteht darin, s<strong>ich</strong> quasi identisch wie der<br />

politische Gegner zu kleiden. Schwarze Kapuzenpullis, Basecap mit angebrachten Buttons, schwarze Workerhosen<br />

und le<strong>ich</strong>te Schuhe, schwarze Tücher oder Palästinensertücher waren bis vor wenigen Jahren Erkennungsze<strong>ich</strong>en der<br />

autonomen Linken. Verschiedene Kameradschaften und Gruppierungen bedienen s<strong>ich</strong> aus Verwirrungstaktik genau<br />

dieser Symbolik. N<strong>ich</strong>t wenige ‚linke’ Symbole und Motive wie das Antifa-Ze<strong>ich</strong>en, Che-Guevara, das Peace-Ze<strong>ich</strong>en<br />

usw. werden umgedeutet, neu interpretiert und für die eigenen Zwecke umgeschrieben.<br />

Einige rechte Gruppierungen geben s<strong>ich</strong> ein sehr modernes, jugendl<strong>ich</strong>es Erscheinungsbild mit dem sie s<strong>ich</strong> von dem<br />

verstaubten ‚Naziimage’ des ‚Dritten Re<strong>ich</strong>es’ bewusst abgrenzen wollen. Mit der Adaptierung der Punkvariante des<br />

NYHC (New York Hardcore) und deren Abwandlung ‚Straight-Edge’-Bewegung in NSHC (National Socialist Hatecore),<br />

werden urlinke Ideologien und Lebenseinstellung in ein völkisches und nationales Schema gepresst und sind für<br />

ungeübte Augen n<strong>ich</strong>t als ‚rechts’ erkennbar.<br />

Auch die ursprüngl<strong>ich</strong> schwarze Hip-Hop-Kultur wird mittlerweile von rechten, patriotischen Rappern unterwandert<br />

und das entsprechende Outfit übernommen. Rechte Graffitis, nationale Motive auf coolen Streetwear Klamotten wie<br />

der Firma ‚Rizist’ oder ‚Final Resistance’ und ein allgemein lockeres, jugendl<strong>ich</strong>es Auftreten bestimmen diesen Style.<br />

Bereits seit Anfang der 1980iger Jahre werden Jugendkulturen wie z.B. die Black Metal,- Gothic,- oder die<br />

Neofolkszene immer wieder von rechtsgesinnten Jugendl<strong>ich</strong>en unterwandert, die von der Szene auch teilweise<br />

akzeptiert oder zumindest toleriert werden.<br />

NS-Motive am Staatsanwalt vorbei<br />

Die in der Bundesrepublik verbotenen NS-Symbole wie Hakenkreuz, SS-Runen, oder Gauabze<strong>ich</strong>en werden von den<br />

Herstellern rechtsextremistischer Kleidung geschickt umgangen. Hierbei werden die Symbole so verändert, dass man<br />

sie n<strong>ich</strong>t verbieten kann. Der Re<strong>ich</strong>sadler, runenartige Ze<strong>ich</strong>en, die sogenannte ‚Schwarze Sonne’ (Sonnerad),<br />

Wehrmachts- und Soldatenmotive sowie die Verwendung der Farbkombination ‚schwarz-weiß-rot’ in Kombination mit<br />

markigen, zynischen oder verherrl<strong>ich</strong>enden Sprüchen und Aussagen sind in der rechten Szene nach wie vor sehr<br />

beliebt. Firmen wie ‚Ansgar-Aryan’, ‚Skaldenburg’ oder ‚Hemland’ sind typische Vertreter, die mit ihren Produkten<br />

einen großen Umsatz erzielen.<br />

Der politische Kampf<br />

Zahlre<strong>ich</strong>e ‚Nationale Versände’ und Onlineshops produzieren einfache Shirts, Pullis, Jacken und sogar Unterwäsche<br />

die mit nationalen, politischen und kämpferischen Sprüchen und Symbolen versehen sind. Anbieter sind z.B. ‚Front<br />

Records’, ‚Versand der Bewegung’, ‚Klartext Versand’, ‚Wikinger Versand’ oder der ‚Nordsachen-Versand’. Neben


Kleidung werden auf diesen Seiten auch Plakate, Flyer, Infomaterial, CDs, DVDs und weiteres szenetypische<br />

Materialien angeboten.<br />

Eine Besonderheit stellt der ‚Amalek-Versand’ dar, der s<strong>ich</strong> mit relativ neutralen und unauffälligen Motiven<br />

präsentiert, durch den Namen‚ Amalak’ (Feinde des Volkes Israel) aber eine eindeutig antisemitische Stellung<br />

bezieht.<br />

Anmerkung<br />

Abschließend bleibt festzustellen, dass durch bloße Tragen von rechts anmutender Kleidung n<strong>ich</strong>t immer ein<br />

eindeutiger Rückschluss auf die politische Gesinnung der Person mögl<strong>ich</strong> ist. Ein Kombination mit den musikalischen<br />

Vorlieben, einer etwaigen politischen Betätigung und natürl<strong>ich</strong> dem Verhalten den anderen Mitmenschen gegenüber<br />

kann mehr Aufschluss darüber geben, ob der Jugendl<strong>ich</strong>e einer rechten oder rechtsextremistischen Gesinnung<br />

anhängt.<br />

Linktipps<br />

http://www.recht-gegen-rechts.de/, http://www.netz-gegen-nazis.de/,

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