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Newsletter 03-04/2013 - Klumpe, Schroeder & Partner GbR

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Der Markt für Kapitalanlagen - Was ein Anleger wissen muss und was ihn nicht<br />

zu kümmern braucht …<br />

<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong>/<strong>2013</strong><br />

Sehr verehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,<br />

dass bei gerichtlichen Auseinandersetzungen sehr vieles umstritten ist, liegt in der Natur der Sache.<br />

Aber auch, wenn bestimmte Tatsachen feststehen, lässt sich über die daraus abzuleitenden<br />

Rechtsfolgen trefflich streiten. Ist es beispielsweise ausreichend, wenn die Ehefrau eines Anlegers<br />

einen Prospekt ausgiebig durchliest, nachdem von der Fondsgesellschaft zugesagte Ausschüttungen<br />

ausblieben? Der BGH sagt grundsätzlich „nein“. Auch darf eine Anlegerin auf das Beraterwort<br />

vertrauen und muss, wenn sie unerfahren ist und eine sichere Anlage sucht, nicht darüber stolpern,<br />

dass im Zeichnungsschein eine Beteiligung als nicht mündelsicher beschrieben ist. Dagegen ist ein<br />

Anleger, der über ausreichende Kenntnisse und Erfahrung verfügt oder jedenfalls verfügen müsste,<br />

nicht aufklärungsbedürftig. Maßgeblich ist dabei, von welchen Kenntnissen und Erfahrungen eines<br />

Anlegers die ihn beratende Bank aufgrund der Umstände nach dem Empfängerhorizont ausgehen<br />

durfte. Vom Mitglied des Verwaltungsrats einer Sparkasse, der die Geschäftsführung der Sparkasse<br />

zu überwachen hatte, kann insoweit erwartet werden, dass ihm bekannt ist, dass eine Bank für die<br />

Vermittlung von Fremdprodukten Vermittlungsprovisionen erhält.<br />

Wir stellen Ihnen im heutigen Rechtsprechungsspiegel diese und weitere interessante<br />

Entscheidungen vor, beispielsweise auch zu den Haftungsvoraussetzungen eines<br />

Kapitalanlagebetrugs.<br />

Ähnlich wie in der Anlageberatung kommt es auch im Bereich der Rechtsberatung meist auf die<br />

Umstände des Einzelfalls an. Individuelle Bedürfnisse spielen hier wie dort eine wichtige Rolle. Wenn<br />

Sie also individuelle Fragen haben, stehen wir mit Rat und Tat gerne an Ihrer Seite. Sie wissen ja: Wir<br />

sind gerne für Sie da!<br />

Ihre Fachkanzlei im Kapitalanlage- und Immobilienbereich


Kanzlei <strong>Klumpe</strong>, <strong>Schroeder</strong> + <strong>Partner</strong> <strong>GbR</strong> - 2 -<br />

<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

Unsere Themen der aktuellen Ausgabe<br />

Rechtsprechungsspiegel<br />

• Haftungsvoraussetzungen eines Kapitalanlagebetrugs<br />

• Zur Plausibilitätsprüfung eines Prospekts durch den Anlageberater<br />

• Rückvergütung und Kausalität<br />

• Kausalitätsvermutung und Anspruch auf rechtliches Gehör<br />

• Zur Aufklärungspflicht über Umstände, die einem Anleger bei Anwendung eines objektivabstrakten<br />

Maßstabes bekannt sein müssten<br />

• Unterjährige Zahlung von Versicherungsprämien ist keine Kreditgewährung<br />

• Zur Frage, ob, wann und durch wen gewinnunabhängige Ausschüttungen vom<br />

Kommanditisten zurückgefordert werden können<br />

• Zur Frage, ob ein unerfahrener Kapitalanleger (fehlerhafte) Empfehlungen des Anlageberaters<br />

auf Richtigkeit überprüfen muss<br />

• Verjährungsbeginn und Zurechnung von Wissen eines Dritten<br />

• Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Widerrufs einer Fondsbeteiligung, die als sog.<br />

Haustürgeschäft abgeschlossen worden ist<br />

• Zur Wahrung der Schriftform bei Abschluss eines Mietvertrages mit einer <strong>GbR</strong><br />

• Vermieter kann auch bei Ausübung des Vermieterpfandrechts (zusätzlich) Schadenersatz<br />

fordern<br />

Kurz und bündig<br />

• Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens - Kritische Würdigung der richterrechtlichen<br />

Beweislastumkehr im Kapitalanlageberatungsrecht<br />

• Auskunftsanspruch des mittelbar an einer Publikumsgesellschaft beteiligten „Quasi-<br />

Gesellschafters“<br />

• Bewertungsspielraum des Sachverständigen bei Verkehrswertermittlung<br />

• Quo vadis, Kapitalmarktinformationshaftung? Folgt aufgrund des IKB-Urteils nun doch die<br />

Implementierung des KapInHaG?<br />

• Das Ende des Kick-Back-Jokers im Kapitalanlagerecht<br />

• Beratung durch Banken bei Abschluss von Swap-Geschäften<br />

• Aufklärungs- und Beratungspflichten bei Cross-Currency-Swaps<br />

• Keine Erkundigungspflicht des Anlegers nach Vertriebsvergütungen für die beratende Bank<br />

• Status und Haftung des Treugebers bei der Personengesellschaft-Treuhand<br />

In eigener Sache<br />

Rechtsprechungsübersichten über die Rechtsprechung zum Kapitalanlage- und Vertriebsrecht


Kanzlei <strong>Klumpe</strong>, <strong>Schroeder</strong> + <strong>Partner</strong> <strong>GbR</strong> - 3 -<br />

<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

RECHTSPRECHUNGSSPIEGEL<br />

Haftungsvoraussetzungen eines Kapitalanlagebetrugs (BGH, Urt. v. 08.01.<strong>2013</strong>, VI ZR 386/11)<br />

Sachverhalt<br />

Anleger hatten Inhaber-Teilschuldverschreibungen an einer in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft<br />

geführten Wohnungsbauunternehmung erworben. Die AG wurde insolvent. Die Anleger nahmen u.a.<br />

den Mehrheitsaktionär mit der Begründung in Anspruch, dass dieser wegen Kapitalanlagebetrugs zum<br />

Schadenersatz verpflichtet sei. Im Verkaufsprospekt war auf den bestehenden Gewinnabführungsund<br />

Beherrschungsvertrag mit dem Mehrheitsaktionär hingewiesen. Auch war das Risiko eines<br />

Totalverlustes im Falle der Insolvenz der Gesellschaft genannt. Die finanzielle Lage des<br />

Mehrheitsaktionärs oder des Konzerns waren nicht dargestellt.<br />

Das OLG Frankfurt am Main als Berufungsgericht bejahte die tatbestandlichen Voraussetzungen des<br />

Kapitalanlagebetrugs.<br />

Entscheidung<br />

Der BGH sah hingegen die bisherige Begründung als nicht tragfähig an. Nach § 264a StGB mache<br />

sich strafbar, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren in Prospekten hinsichtlich<br />

der für die Entscheidung über den Erwerb erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis<br />

von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt.<br />

Bei Auslegung des § 264a StGB sei zu berücksichtigen, dass das Grundgesetz (Art. 1<strong>03</strong> Abs. 2 GG)<br />

eine Begründung von Straftatbeständen im Wege der Analogie verbiete. Deshalb bildet der aus der<br />

Sicht des Bürgers zu bestimmende Wortsinn die Grenze jeder Auslegung. Das Berufungsgericht war<br />

der Ansicht, im Prospekt hätten die aus dem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag<br />

folgenden Risiken des Abzugs von Liquidität und der Notwendigkeit des Ausgleichs eines<br />

Jahresfehlbetrages in verständlicher Weise offengelegt werden müssen. Insoweit nehme das<br />

Berufungsgericht den Standpunkt ein, nachteilige Tatsachen seien verschwiegen worden. Die<br />

Befugnis, auch nachteilige Weisungen erteilen zu können, sei aber keine Tatsache, sondern eine<br />

Rechtsfolge des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages. Dessen Vorhandensein war im<br />

Prospekt erwähnt. Reine Rechtsausführungen stellen jedoch keine Tatsachen, sondern Werturteile<br />

dar. Nichts anderes gelte im Hinblick auf die Frage der zukünftigen Zahlungsfähigkeit der<br />

Aktiengesellschaft oder des Mehrheitsaktionärs. Auch dieser Umstand ist keine in der Zukunft<br />

liegende Tatsache. Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn der Mehrheitsaktionär bereits<br />

zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Verkaufsprospektes in Zahlungsschwierigkeiten gewesen sei<br />

und deshalb die Erwartung der zukünftigen Zahlungsfähigkeit in Frage gestanden hätte. Damit dies<br />

und noch weitere Hinweise des Bundesgerichtshofes überprüft werden konnten, hob der BGH die der<br />

Klage stattgebende Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Aufklärung des


Kanzlei <strong>Klumpe</strong>, <strong>Schroeder</strong> + <strong>Partner</strong> <strong>GbR</strong> - 4 -<br />

<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

Sachverhalts an das Berufungsgericht zurück. Sollte festgestellt werden, dass das über<br />

Teilschuldverschreibungen eingeworbene Kapital in erheblichem Umfang anderen Zwecken<br />

außerhalb der Geschäftstätigkeit der AG hätte zufließen sollen, wäre dies beispielsweise eine für die<br />

Anlageentscheidung erhebliche Tatsache gewesen.<br />

Fazit<br />

Soweit es um die Verletzung von Strafrechtsnormen geht, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen ein<br />

strenger Maßstab geboten, was die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzung einer<br />

Strafrechtsnorm anbelangt. Tatsachen und bloße Werturteile oder Rechtsfolgen, die sich aus<br />

bestimmten Tatsachen ableiten, sind streng gegeneinander abzugrenzen. Bezieht sich ein<br />

unterlassener Hinweis bloß auf Rechtsfolgen eines dargestellten Sachverhalts, werden nachteilige<br />

Tatsachen nicht verschwiegen.<br />

§ § §<br />

Zur Plausibilitätsprüfung eines Prospekts durch den Anlageberater (BGH, Urt. v. 15.11.2012, III<br />

ZR 55/12)<br />

Sachverhalt<br />

Ein Anleger begehrt vom Anlageberater Schadenersatz wegen einer vom Anlageberater empfohlenen<br />

Immobilienfondsbeteiligung. Diese geriet einige Zeit nach Zeichnung der Beteiligung wegen<br />

verringerter Pachtzahlungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. In der Revisionsinstanz ging es (nur<br />

noch) um die Frage, ob Prospektangaben zu „Finanzierungskosten“ und „Avale Outside“ eine Haftung<br />

des Anlageberaters wegen Verletzung seiner Prüfungspflichten begründen.<br />

Entscheidung<br />

Ein Anlageberater ist bekanntlich verpflichtet, eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem<br />

kritischem Sachverstand zu prüfen. Er kann stattdessen den Anleger auch darauf hinweisen, dass<br />

eine solche Prüfung nicht erfolgt ist. Eine unterlassene Prüfung (ohne Hinweis) kann nur dann zu<br />

einer Haftung führen, wenn bei dieser ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger<br />

aufgeklärt hätte werden müssen oder wenn bei der Prüfung erkennbar geworden wäre, dass eine<br />

Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist. Im konkreten Fall wurde die<br />

Verletzung von Aufklärungs- oder Informationspflichten verneint. Die Höhe der Avalprovision bewegte<br />

sich nicht außerhalb eines vertretbaren Rahmens. Es lag des Weiteren keine<br />

Sachverhaltskonstellation vor, bei der die Stellung eines Avals unüblich gewesen wäre. Dass während<br />

der Bauzeit bei großen Bauvorhaben Avale gestellt werden müssen, ist weder ungewöhnlich noch<br />

auffällig. Ein Anlageberater musste bei der von ihm geschuldeten kritischen Prüfung eines Prospektes<br />

nicht den Schluss ziehen, dass Aufwendungen für eine Absicherung des mit der Erstellung eines<br />

Bauvorhabens Verpflichteten durch in die Planung eingestellte Avalkosten nicht plausibel seien.


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

Der Prospekt war des Weiteren nicht unstimmig, weil Finanzierungskosten während der Bauzeit<br />

eingestellt waren. Nachdem der Großteil des Eigenkapitals erst im Rahmen einer zweiten<br />

Beteiligungsbranche eingeworben werden sollte, Baubeginn aber längere Zeit vor Auflegen der<br />

zweiten Tranche war, war die Notwendigkeit einer Finanzierung plausibel. Umgekehrt wäre bei einem<br />

Fehlen von Finanzierungskosten Bedenken angebracht gewesen, ob die<br />

Wirtschaftlichkeitsberechnungen stimmig sind.<br />

Es war deshalb nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht keinen Grund erkannte, dass der<br />

zur Plausibilitätsprüfung verpflichtete Anlageberater Prospektangaben misstrauen musste und<br />

diesbezüglich vertiefte Nachforschungen hätte betreiben müssen.<br />

Fazit<br />

Der Anleger trägt bekanntlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine vom Anlageberater<br />

durchgeführte Prüfung nicht ordnungsgemäß war, weil sie anderenfalls zur Aufdeckung von<br />

aufklärungsbedürftigen Umständen geführt hätte. Dieser Beweis war dem Anleger im konkreten Fall<br />

nicht gelungen. Ein Ausnahmefall, der zur Beweislastumkehr führt (z.B. der Fall des<br />

institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen Emittent und Kreditgeber oder Vertreiber und<br />

Kreditgeber), lag ebenfalls nicht vor. Die Entscheidung fußt somit auf bekannten Grundsätzen.<br />

§ § §<br />

Rückvergütung und Kausalität (BGH, Urt. v. 20.11.2012, XI ZR 415/11)<br />

Sachverhalt<br />

Ein Anleger hatte nach vorheriger Beratung durch einen Bankmitarbeiter zwei Beteiligungen an<br />

Medienfonds erworben. Er nimmt die Bank auf Rückabwicklung in Anspruch und beruft sich auf<br />

Beratungspflichtverletzungen insbesondere weil die Bank aufklärungspflichtige Rückvergütungen nicht<br />

offengelegt habe. Die Bank verneint das Zustandekommen eines Beratungsvertrages, das Vorliegen<br />

aufklärungspflichtiger Rückvergütungen und verneint eine Kausalität zwischen Pflichtverletzung und<br />

Schaden.<br />

Entscheidung<br />

Der BGH bestätigt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass jedenfalls stillschweigend ein<br />

Beratungsvertrag zustande gekommen war. Aufgrund dieses Beratungsvertrages war die Bank<br />

verpflichtet, den Anleger über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aufzuklären. Im konkreten Fall<br />

war nicht festzustellen, dass die Bank dieser Aufklärungspflicht nachgekommen war. Dennoch ließ der<br />

BGH auf die Nichtzulassungsbeschwerde der in Anspruch genommenen und verurteilten Bank die<br />

Revision zu, weil das Berufungsgericht den Sachverhalt und von der Bank vorgetragene Anlageziele<br />

sowie etwaige Produktbezogene Vorkenntnisse nicht umfassend berücksichtigt habe und


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

entsprechenden Beweisangeboten nicht nachgegangen sei. Dadurch werde der Anspruch auf<br />

rechtliches Gehör verletzt.<br />

Fazit<br />

Ein Verstoß gegen den auch grundgesetzlich geschützten Anspruch auf rechtliches Gehör setzt eine<br />

gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus. Es müssen Umstände vorliegen, die deutlich ergeben,<br />

dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der<br />

Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn nicht<br />

ausgeschlossen werden kann, dass das Tatsachengericht bei Berücksichtigung des übergangenen<br />

Vorbringens anders entschieden hätte. Eine Gehörsverletzung führte im vorliegenden Fall zur<br />

Zulassung der Revision. Gemäß § 544 Abs. 7 ZPO war auch die Aufhebung des angefochtenen<br />

Urteils und die Zurückverweisung der Sache gerechtfertigt.<br />

§ § §<br />

Kausalitätsvermutung und Anspruch auf rechtliches Gehör (BGH, Beschl. v. 15.01.<strong>2013</strong>, XI ZR<br />

8/12)<br />

Sachverhalt<br />

Ein Anleger hatte sich an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt, der sich zunächst<br />

erwartungsgemäß entwickelt hat. Ein Teil der vom Anleger zu erbringenden Einlage hat er<br />

fremdfinanziert. Der Anleger wurde von der Bank auf Zahlung des Restdarlehens in Anspruch<br />

genommen. In diesem Rechtsstreit erhob er Drittwiderklage gegen die in seiner Zeit beratende Bank,<br />

über die er die Anlage gezeichnet hat. Er machte u.a. die Verletzung von Aufklärungspflichten wegen<br />

nicht offengelegter Kick-Backs geltend. Das Berufungsgericht hatte der Drittwiderklage im<br />

Wesentlichen stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde<br />

machte die verurteilte Bank u.a. geltend, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden.<br />

Entscheidung<br />

Auf die Gehörsrüge ließ der BGH die Revision zu und hob das Berufungsurteil auf. Eine Bank sei zwar<br />

verpflichtet, einen Anleger über an sie fließende Rückvergütungen aus einer offen ausgewiesenen<br />

Vertriebsprovision oder einem Agio aufzuklären, wenn - zumindest konkludent - ein Beratungsvertrag<br />

geschlossen worden ist. Nachdem das Berufungsgericht Aussagen von erstinstanzlich vernommenen<br />

Zeugen anders gewürdigt hat, die Zeugen aber nicht erneut vernommen hat, lag darin eine Verletzung<br />

des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Will ein Berufungsgericht protokollierte Aussagen von Zeugen<br />

anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen, sind die in erster Instanz vernommenen Zeugen<br />

erneut zu vernehmen.


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

Fazit<br />

Vor allem mit der Begründung, den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt zu haben, wehren sich<br />

Banken in Rückvergütungsfällen in jüngerer Zeit häufiger gegen Entscheidungen, bei denen sie zum<br />

Schadenersatz verurteilt wurden, obgleich strittig war, ob und wenn ja ab welchem Zeitpunkt ein<br />

Anleger Kenntnis von Provisionszahlungen haben konnte.<br />

§ § §<br />

Zur Aufklärungspflicht über Umstände, die einem Anleger bei Anwendung eines objektivabstrakten<br />

Maßstabes bekannt sein müssten (OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.11.2012, 4 U 1514/12<br />

rkr.)<br />

Sachverhalt<br />

Die Ehefrau und Alleinerbin eines verstorbenen Anlegers macht Ansprüche auf Schadenersatz im<br />

Zusammenhang mit der vom Ehemann erworbenen Fondsbeteiligung geltend. Der Erblasser war<br />

selbstständiger Unternehmer und zum Zeitpunkt der Zeichnung Mitglied des Verwaltungsrats der<br />

Sparkasse, die die Beteiligung vermittelt hat. In diese Funktion nahm er rund ein Jahr vor Zeichnung<br />

an einer von der Sparkasse organisierten Informationsreise im Zusammenhang mit einem anderen<br />

Immobilienfonds teil.<br />

Entscheidung<br />

Das OLG Nürnberg wies die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil erster Instanz als<br />

offensichtlich unbegründet zurück. Der Umfang der Beratungspflichten bei der Beratung über eine<br />

Kapitalanlage kann nicht abstrakt festgelegt werden. Er richtet sich nach den konkreten<br />

Gegebenheiten des jeweiligen Falles. Eine Aufklärungspflicht besteht nur für solche Umstände, die für<br />

die Anlageentscheidung von Bedeutung sein können und von denen eine beratende Bank im Hinblick<br />

auf die Person des jeweiligen Anlegers ausgehen muss, dass sie diesem nicht bekannt sind.<br />

Anleger, die über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich als erfahren gerieren,<br />

sind nicht aufklärungsbedürftig. Dabei kommt es nicht darauf an, welches konkrete Wissen und<br />

welche Erfahrungen der Anleger mit der jeweiligen Anlageform im Einzelnen tatsächlich hatte.<br />

Maßgeblich ist vielmehr, von welchen Kenntnissen und Erfahrungen des Anlegers die Bank aufgrund<br />

der gesamten Umstände nach dem Empfängerhorizont ausgehen durfte.<br />

Ist ein Anleger Mitglied des Verwaltungsrates der eine Fondsbeteiligung empfehlenden Bank, kann die<br />

Bank davon ausgehen, dass ihrem Mitglied aufgrund dieser Tätigkeit bekannt ist, dass für die<br />

Vermittlung fremder Finanzmarktprodukte Provisionen bezahlt werden. Ob dieses Wissen im<br />

konkreten Fall tatsächlich vorhanden war - dies war bestritten - spielt keine Rolle. Es ist kein


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

individueller, sondern ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiv-abstrakter<br />

Sorgfaltsmaßstab anzulegen.<br />

Fazit<br />

Vom Mitglied des Verwaltungsrates einer Sparkasse, der die Geschäftsführung der Sparkasse zu<br />

überwachen hat, kann erwartet werden, dass er Kenntnis darüber hat, dass für die Vermittlung von<br />

Fremdprodukten Vermittlungsprovisionen bezahlt werden.<br />

§ § §<br />

Unterjährige Zahlung von Versicherungsprämien ist keine Kreditgewährung (BGH, Urt. v.<br />

06.02.<strong>2013</strong>, IV ZR 230/12)<br />

Sachverhalt<br />

Versicherungsnehmern war in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ihrer Kapital-<br />

Lebensversicherungen die Möglichkeit eröffnet worden, die jährlichen Beitragszahlungen auch in<br />

halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen zu können. Für diese Ratenzahlungen<br />

wurden Ratenzahlungszuschläge erhoben. Die Versicherungsnehmer sind der Auffassung, dass es<br />

sich bei der Vereinbarung unterjähriger Prämienzahlung mit Erhebung von Ratenzahlungszuschlägen<br />

um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub handelt. Da der effektive Jahreszins in den<br />

Vertragserklärungen nicht angegeben worden sei, dürften nur der gesetzliche Zinssatz berechnet<br />

werden. Die Versicherungsnehmer beantragen im Wege der Stufenklage die Erstellung von<br />

Beitragsrechnungen mit Ratenzahlungszuschlägen in Höhe eines maximalen effektiven<br />

Jahreszinssatzes von 4 %.<br />

Entscheidung<br />

Der BGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, die die Klage abgewiesen hatten. Bei der<br />

vertraglich vereinbarten unterjährigen Zahlungsweise der Versicherungsprämien handele es sich nicht<br />

um eine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs. Ein solcher läge nur vor,<br />

wenn die Fälligkeit der vom Versicherungsnehmer geschuldeten Zahlung abweichend vom<br />

dispositiven Recht gegen Entgelt hinausgeschoben würde, um dem Versicherungsnehmer die<br />

Zahlung der vereinbarten Prämien zu erleichtern. Eine vertragliche Regelung einer Zahlung der<br />

Versicherungsprämie in Zeitabschnitten weiche aber nicht vom dispositiven Recht ab. Im<br />

Versicherungsvertragsgesetz gibt es keine gesetzliche Regelung zur Fälligkeit von Folgeprämien.<br />

Geregelt sind dort nur die Fälligkeit der Erst- oder Einmalprämie. Eine vertraglich festgelegte<br />

unterjährige Zahlung von Folgeprämien entspreche dem maßgeblichen dispositiven Recht (§ 271 Abs.<br />

1 BGB) über die frei zu vereinbarende Leistungszeit. Die Norm bestimme die sofortige Fälligkeit nur<br />

subsidiär für den Fall, dass die Parteien eine vertragliche Regelung über die Fälligkeit nicht getroffen


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

haben. Mit Vereinbarung unterjähriger Zahlungsweise würden aber Regelungen vereinbart, so dass<br />

es sich nicht um einen Zahlungsaufschub zugunsten des Versicherungsnehmers handelt.<br />

Einem Versicherungsnehmer könne deshalb in Allgemeinen Versicherungsbedingungen zunächst<br />

eine Jahresprämie angeboten werden. Dann könne ihm abweichend die Möglichkeit eingeräumt<br />

werden, eine unterjährige Zahlungsweise zu wählen, selbst wenn unterjährig zu zahlende Prämien mit<br />

einem Aufschlag versehen sind.<br />

Fazit<br />

Dem vom BGH entschiedenen Fall kommt erhebliche praktische Bedeutung zu. Wäre eine<br />

Kreditgewährung zu bejahen gewesen, wäre eine der Folgen, dass der effektive Jahreszins<br />

anzugeben wäre (was in der Versicherungswirtschaft großteils nicht geschehen ist). Weitere Folge<br />

wäre gewesen, dass einem Versicherungsnehmer ggf. ein Widerrufsrecht nach den für<br />

Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften zuzubilligen ist. Schließlich hätte ein Verstoß<br />

gegen die Preisangabenverordnung vorgelegen. Der BGH hat anders geurteilt und darauf<br />

hingewiesen, dass dieses Verständnis auch der entstehungsgeschichtlichen und europarechtlichen<br />

Auslegung des Verbraucherkreditgesetzes und der Nachfolgeregelungen entspreche (§ 1 Abs. 2<br />

VerbrKrG bzw. § 499 Abs. 1 BGB a.F. bzw. nunmehr § 506 Abs. 1 BGB).<br />

§ § §<br />

Zur Frage, ob, wann und durch wen gewinnunabhängige Ausschüttungen vom<br />

Kommanditisten zurückgefordert werden können (BGH, Urt. v. 12.<strong>03</strong>.<strong>2013</strong>, II ZR 73/11 und II ZR<br />

74/11)<br />

Sachverhalt<br />

Der BGH hatte über die Frage zu befinden, ob die Geschäftsführung einer in Schieflage geratenen<br />

Fondsgesellschaft die Rückzahlung von an Anleger bezahlten Ausschüttungen verlangen kann. In den<br />

Gesellschaftsverträgen verschiedener Fondsgesellschaften war übereinstimmend geregelt, dass die<br />

Gesellschaft unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust für den<br />

Fall, dass es die Liquiditätslage zulässt, in einem bestimmten Zeitraum nach Auflegen des Fonds<br />

Beträge in bestimmter Höhe ausschüttet.<br />

Diese Beträge sollten auf einem Darlehenskonto gebucht werden. Weiterhin war im<br />

Gesellschaftsvertrag geregelt, dass für die Gesellschafter, die auf derartige Entnahmen verzichten,<br />

auch keine Belastungen auf dem Darlehenskonto erfolgen.<br />

Aufgrund von Beschlüssen der Gesellschafterversammlungen wurden in der Folgezeit<br />

gewinnunabhängige Ausschüttungen bezahlt. Auf einer späteren Gesellschafterversammlung wurde


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

im Rahmen eines Restrukturierungskonzeptes die Rückforderung der Ausschüttungen von den<br />

Gesellschaftern gefordert, die zuvor nicht auf die Entnahme verzichtet hatten.<br />

Entscheidung<br />

Der BGH wies die Klagen ab. Bei Sachverhalten wie dem vorliegenden sei zwingend zwischen der<br />

Haftung im Innenverhältnis und der Haftung im Außenverhältnis zu unterscheiden. Eine Haftung gem.<br />

§ 172 Abs. 4 HGB bestünde primär gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Im Innenverhältnis seien<br />

die Gesellschafter grundsätzlich frei, ob und mit welchen Rechtsfolgen sie Einlagen zurückgewähren.<br />

Werden Einlagen aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung der Gesellschafter<br />

zurückbezahlt, entsteht ein Rückzahlungsanspruch der Fondsgesellschaft nicht automatisch, sondern<br />

nur bei einer entsprechenden vertraglichen Absprache. Eine solche Absprache sahen die Verträge der<br />

betroffenen Fondsgesellschaften nicht vor.<br />

Fazit<br />

Auch wenn die Klagen gegen die Gesellschafter und Treugeber erst einmal abgewiesen wurden,<br />

dürfte die Freude über diesen Prozessgewinn getrübt bleiben. Sofern nämlich das Sanierungskonzept<br />

der Fondsgesellschaften - es handelte sich um Schiffsfonds - scheitert, droht die Insolvenz der<br />

Fondsgesellschaften. Im Insolvenzfall wird der Insolvenzverwalter bei den Gesellschaftern, die<br />

Einlageverpflichtungen haben, diese Beträge einfordern. Die Haftung kann sogar ausgeschiedene<br />

Gesellschafter treffen, denn eine vollständige oder teilweise Rückzahlung der Einlage liegt auch vor,<br />

wenn die Fondsgesellschaft dem aus der Gesellschaft ausgeschiedenen Anleger sein<br />

Abfindungsguthaben oder bei Auflösung der Gesellschaft sein Auseinandersetzungsguthaben<br />

ausgezahlt hat.<br />

§ § §<br />

Zur Frage, ob ein unerfahrener Kapitalanleger (fehlerhafte) Empfehlungen des Anlageberaters<br />

auf Richtigkeit überprüfen muss (OLG Hamm, Beschl. v. <strong>03</strong>.01.<strong>2013</strong>, I-34 W 173/12)<br />

Sachverhalt<br />

Eine in Anlagedingen gänzlich unerfahrene Anlegerin beteiligte sich im März 20<strong>04</strong> an einem<br />

geschlossenen Leasingfonds. Das eingesetzte Kapital hatte sie geerbt. Die Anlegerin selbst war 19<br />

Jahre alt und erwerbslos. Empfohlen wurde ihr die Beteiligung durch einen selbstständig tätigen<br />

Finanzdienstleister. Der Leasingfonds war als „Blind-Pool“ ausgestaltet. Es wurde mit hohen<br />

steuerlichen Verlustzuweisungen geworben. Die Anlage führte zum Totalverlust des eingesetzten<br />

Kapitals. Die Anlegerin beantragte Prozesskostenhilfe, um den Finanzdienstleister wegen fehlerhafter<br />

Anlageberatung auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

Dieser erhob die Einrede der Verjährung. Das Landgericht Hagen hatte den Antrag auf<br />

Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil die Anlegerin wegen der behaupteten Beratungsfehler seit<br />

20<strong>04</strong> Kenntnis oder jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis gehabt habe. Mit ihrer Unterschrift auf dem<br />

Zeichnungsschein habe sie bestätigt, die Risikohinweise im Prospekt zur Kenntnis genommen zu<br />

haben. Außerdem ergäbe sich aus dem Zeichnungsschein, dass es sich nicht um eine mündelsichere<br />

Anlage gehandelt habe.<br />

Entscheidung<br />

Das OLG Hamm gab dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe statt. In<br />

Kapitalanlagesachen sei grobe Fahrlässigkeit nicht bereits dann anzunehmen, wenn sich die für die<br />

Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Pflichtverletzung notwendigen Informationen<br />

aus dem Emissionsprospekt ergeben und der Anleger dessen Lektüre unterlassen hat. Ein Anleger,<br />

der dem Rat seines Beraters oder auch Vermittlers vertraut und deshalb davon absieht, einen ihm<br />

übergebenen Anlageprospekt durchzusehen, begeht keinen subjektiv schlechthin unentschuldbaren<br />

Obliegenheitsverstoß. Entsprechend ist es nicht als grob fahrlässig anzusehen, wenn ein Anleger bei<br />

gründlicher Lektüre eines Zeichnungsscheins oder des ihm vorliegenden Prospektes ohne weiteres<br />

hätte erkennen können, dass die vom Berater als angeblich sichere und renditeträchtige Anlage<br />

bezeichnete Beteiligung ungenannte Risiken birgt und im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser<br />

Erklärungen die Lektüre der schriftlichen Unterlagen unterblieben ist.<br />

Des Weiteren sind pauschale Hinweise schon für sich genommen inhaltlich wenig aussagekräftig und<br />

insgesamt nicht geeignet, einem durchschnittlichen Anleger die Anlagerisiken verständlich vor Augen<br />

zu führen. Dies gilt umso mehr, wenn ein Anleger in Anlagefragen gänzlich unerfahren ist. Auch die<br />

der Anlegerin abgerungene Bestätigung, die Risiken im Prospekt zur Kenntnis genommen zu haben,<br />

können den Vorwurf der nicht objektgerechten Beratung entkräften, da mit Ausnahme von<br />

Empfangsbekenntnissen Tatsachenbestätigungen, die die Beweislast zum Nachteil des Kunden<br />

umkehren oder faktisch verschieben, unwirksam sind.<br />

Fazit<br />

Der Anleger darf dem Wort seines Beraters vertrauen. Im Regelfall bleibt für diesen Anleger aber die<br />

Beweisnot, jedenfalls wenn es um den Vorwurf einer individuellen Pflichtverletzung geht und der -<br />

rechtzeitig übergebene - Emissionsprospekt richtig und vollständig ist.<br />

§ § §<br />

Verjährungsbeginn und Zurechnung von Wissen eines Dritten (BGH, Urt. v. 13.12.2012, III ZR<br />

298/11)


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Sachverhalt<br />

Ein Anleger beteiligte sich 1995 als atypisch stiller Gesellschafter an einer Aktiengesellschaft. Die<br />

Mindestvertragsdauer sollte 12 Jahre betragen. Neben einer Einmalzahlung sollten weitere Einlagen<br />

in 144 Monatsraten entrichtet werden. Nachdem die regelmäßigen monatlichen Ausschüttungen aus<br />

der Beteiligung im Jahr 2001 endeten, stellte der Anleger die Ratenzahlung ab Februar 2002 ein. Der<br />

Anleger nimmt den seinerzeitigen Vermittler in Anspruch und behauptet, über bestimmte Nachteile<br />

und Risiken der Beteiligung nicht aufgeklärt worden zu sein. Der Vermittler hat u.a. die Einrede der<br />

Verjährung erhoben. Unstreitig hatte die Ehefrau des Anlegers den Anlageprospekt durchgelesen,<br />

nachdem die Ausschüttungen im Jahr 2001 eingestellt worden waren.<br />

Entscheidung<br />

Der BGH hob die die Klage abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts auf. Die subjektiven<br />

Voraussetzungen, die vorliegen müssten, damit die Verjährungsfrist zu laufen beginne, könnten<br />

jedenfalls derzeit nicht angenommen werden.<br />

Was die Person des Ersatzpflichtigen anbelangt, ist die erforderliche Kenntnis nur dann anzunehmen,<br />

wenn außer dem Namen des Schädigers auch dessen ladungsfähige Anschrift bekannt ist. Von der<br />

Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der Anschrift kann dann ausgegangen werden, wenn zur<br />

Erlangung der Kenntnis nur eine einfache Anfrage oder ein Telefongespräch erforderlich sind.<br />

Letzteres darf aber nicht vorausgesetzt werden, sondern muss vom Tatrichter festgestellt werden.<br />

Hierbei ist zu beachten, dass der Anspruchsgegner die Darlegungs- und Beweislast für den Beginn<br />

und den Ablauf der für die Verjährung maßgeblichen Umstände trägt.<br />

Des Weiteren verneinte der BGH die Rechtsauffassung, ein Anleger müsse sich die Lektüre des<br />

Anlageprospekts durch seine Ehefrau und die hieraus gewonnenen Erkenntnisse als eigene Kenntnis<br />

zurechnen lassen. Grundsätzlich kommt es auf die Person des Anspruchsinhabers selbst an. Der<br />

Anspruchsinhaber muss sich das Wissen eines Dritten dann als eigenes Wissen zurechnen lassen,<br />

wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut<br />

hat. In diesen Fällen ist der Dritte als „Wissensvertreter des Anspruchsinhabers“ zu behandeln.<br />

Für die Annahme einer Wissensvertretung eines Anlegers durch seine Ehefrau genügt es nicht, dass<br />

die Kapitalanlage unter Mitwirkung der Ehefrau und im gemeinsamen Interesse der Altersvorsorge<br />

beider Ehegatten eingegangen wurde. Erforderlich ist vielmehr, dass der Anleger seine Ehefrau im<br />

Zusammenhang mit der Verfolgung der streitgegenständlichen Schadenersatzansprüche mit der<br />

Kenntnisnahme oder der Ermittlung von Tatsachen betraut hatte. Ist die Prospektlektüre ohne Wissen<br />

und Wollen des Anlegers geschehen, kommt auch keine Zurechnung in Betracht.<br />

Fazit


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Die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis eines Beratungsfehlers lässt sich nicht schon daraus<br />

herleiten, dass der Ehegatte des Anlegers den Anlageprospekt nach Einstellung prospektierter<br />

Ausschüttungen genau durchgelesen hat. Die bei der Lektüre des Prospektes gewonnenen<br />

Erkenntnisse muss sich der Anleger nur dann zurechnen lassen, wenn der Ehegatte als<br />

Wissensvertreter des Anlegers tätig geworden ist.<br />

§ § §<br />

Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Widerrufs einer Fondsbeteiligung, die als sog.<br />

Haustürgeschäft abgeschlossen worden ist (OLG Hamm, Urt. v. 21.01.<strong>2013</strong>, I-8 U 281/11)<br />

Sachverhalt<br />

Ein Anleger-Ehepaar hatte sich über einen Treuhandkommanditisten an einer Publikums-<br />

Personengesellschaft beteiligt. Einige Zeit später widerrief das Ehepaar die Beteiligung und<br />

begründete dies mit einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung. Im vom OLG Hamm zu entscheidenden<br />

Verfahren ging es nur noch um die Frage, ob den Anlegern ein Widerrufsrecht zustand und ob die<br />

Fondsgesellschaft trotz mittelbarer Beteiligung die „richtige“ Beklagte sei.<br />

Entscheidung<br />

Das Gericht bejaht sowohl die Passivlegitimation als auch das Widerrufsrecht. Nimmt ein Treugeber<br />

im Innenverhältnis die Stellung eines direkten Gesellschafters ein, kann ein Widerruf jedenfalls auch<br />

gegenüber der Gesellschaft erklärt werden.<br />

Die Regeln über den Haustürwiderruf können auch auf den Beitritt zu einem Fonds in der Form einer<br />

Publikums-Personengesellschaft Anwendung finden. Dies gilt immer dann, wenn der Zweck eines<br />

solchen Fondsbeitritts vorrangig darin besteht, Kapital anzulegen.<br />

Dabei genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss<br />

ursächlich ist. Die im Zeichnungsschein vorgesehene Widerrufsfrist von zwei Wochen hatte nicht zu<br />

laufen begonnen, da der Anleger und seine Ehefrau über ihr gesetzliches Widerrufsrecht nicht<br />

ordnungsgemäß belehrt worden waren. Die in dem Beitrittsformular enthaltene Widerrufsbelehrung<br />

genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Da sich die Rechte des Anlegers im Falle des<br />

Widerrufs seiner Beteiligung nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft richten, bedarf<br />

es eines Hinweises in der Widerrufsbelehrung, dass der Anleger im Fall des Widerrufs lediglich einen<br />

Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben hat.<br />

Fazit<br />

Im vom OLG Hamm entschiedenen Fall ging es nur um die Frage, ob ein Widerrufsrecht besteht und<br />

welche Rechtsfolgen damit verbunden sind. Für die Zukunft musste der Anleger des Ansparfonds


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keine weiteren Raten mehr entrichten. Für die Vergangenheit war der Beitritt zunächst wirksam. An<br />

die Stelle des einem Gesellschafter nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Anspruchs auf<br />

Rückzahlung der geleisteten Einlage trat deshalb ein Anspruch auf das Abfindungsguthaben. Dessen<br />

Höhe bemisst sich nach dem Wert der Beteiligung im Kündigungszeitpunkt.<br />

§ § §<br />

Zur Wahrung der Schriftform bei Abschluss eines Mietvertrages mit einer <strong>GbR</strong> (BGH, Urt. v.<br />

23.01.<strong>2013</strong>, XII ZR 35/11)<br />

Sachverhalt<br />

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mietete Gewerberäume. Nach dem schriftlich abgefassten<br />

Mietvertrag sollte die feste Laufzeit zehn Jahre betragen. Unterschrieben ist der Mietvertrag auf<br />

Mieterseite nur von einem der Gesellschafter. Der Unterschrift beigefügt ist ein Firmenstempel der<br />

<strong>GbR</strong>. Vor Ablauf der 10-Jahresfrist kündigte die Mieterin den Mietvertrag. Die Kündigung<br />

unterzeichneten sämtliche 15 Gesellschafter der <strong>GbR</strong>. Die <strong>GbR</strong> klagte auf Feststellung, dass das<br />

Mietverhältnis zum erklärten Kündigungszeitpunkt beendet sei. Die <strong>GbR</strong> berief sich darauf, das<br />

Schriftformerfordernis gem. § 550 BGB sei nicht eingehalten, da der Mietvertrag nur von einem <strong>GbR</strong>-<br />

Gesellschafter unterzeichnet worden sei. Deshalb gelte das Mietverhältnis als für unbestimmte Zeit<br />

geschlossen und hätte durch ordentliche Kündigung beendet werden können.<br />

Entscheidung<br />

Nach § 550 BGB gilt ein Mietvertrag für unbestimmte Zeit abgeschlossen, wenn er nicht in schriftlicher<br />

Form geschlossen ist und ein Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst ist. Das gesetzliche<br />

Schriftformerfordernis ist nicht erfüllt, wenn eine <strong>GbR</strong> einen Mietvertrag abschließt und der Mietvertrag<br />

nur von einem einzelnen Gesellschafter unterzeichnet ist. Für die Einhaltung der Schriftform ist es<br />

erforderlich, dass alle Vertragsparteien die Vertragsurkunde unterzeichnen. Unterzeichnet für eine<br />

Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muss dies in der Urkunde durch einen das<br />

Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Ein<br />

Vertretungsverhältnis für eine Gesellschaft kann jedoch bereits durch den der Unterschrift beigefügten<br />

Stempelabdrucks erfolgen. Die Erklärung eines Bevollmächtigten ist im Namen der Gesellschaft<br />

wirksam abgegeben, wenn sie mit einem das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz versehen ist.<br />

Nimmt nach dem Erscheinungsbild einer Urkunde der die Urkunde Unterzeichnende für sich allein die<br />

Berechtigung zum Abschluss des fraglichen Rechtsgeschäfts in Anspruch und macht er dies durch<br />

einen die alleinige Vertretung der Gesellschaft anzeigenden Zusatz kenntlich, liegt ein wirksames<br />

Vertreterhandeln vor. Eine so in den Verkehr gegebene Erklärung erfüllt deshalb das<br />

Schriftformerfordernis des § 550 BGB. Die Feststellungsklage der klagenden Mieterin war mithin<br />

abzuweisen.


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Fazit<br />

Der Geschäftsverkehr misst einem Firmen- oder Betriebsstempel eine Legitimationswirkung bei. Die<br />

Abgabe einer unterschriebenen und mit Stempelzusatz abgeschlossenen Erklärung dokumentiert<br />

deshalb, dass der Unterzeichnende das Geschäft als Vertreter der Gesellschaft abschließen möchte<br />

und zum Abschluss berechtigt ist.<br />

§ § §<br />

Vermieter kann auch bei Ausübung des Vermieterpfandrechts (zusätzlich) Schadenersatz<br />

fordern (KG, Beschl. v. 06.12.2012, 8 U 220/12)<br />

Sachverhalt<br />

Der Vermieter von Gewerberäumen hatte das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos<br />

gekündigt. Er machte an den eingebrachten Gegenständen des Mieters das Vermieterpfandrecht<br />

geltend. Die Räume wurden zwangsgeräumt. Anschließend standen sie zwei Monate leer. Der<br />

Vermieter beansprucht für die Zeit bis zur Räumung und für die Zeit des Leerstands<br />

Nutzungsentschädigung in Höhe des zuvor geschuldeten Mietzinses. Der Mieter meint, aufgrund des<br />

Vermieterpfandrechts keine Nutzungsentschädigung zu schulden. Am Leerstand sei der Vermieter<br />

selbst oder zumindest überwiegend schuld.<br />

Entscheidung<br />

Das Landgericht Berlin hatte der Klage des Vermieters stattgegeben. Trotz Vermieterpfandrecht<br />

könne eine Nutzungsentschädigung gefordert werden. Die Ausübung des Vermieterpfandrechts hätte<br />

lediglich die vollständige Räumung der Mietsache gehindert. Dieser war nicht zur Räumung<br />

verpflichtet. Die Pflicht, die Mietsache an den Vermieter herauszugeben, blieb hiervon unberührt. Da<br />

der Mieter infolge des Zahlungsverzugs die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses zu vertreten<br />

hatte und der Mieter den Nachweis, dass die Mietsache zu vergleichbaren Konditionen früher wieder<br />

hätte vermietet werden können, nicht erbracht hatte, schuldete er Nutzungsentschädigung auch für<br />

die Zeit des Leerstandes. Das Kammergericht bestätigte diese Rechtsauffassung und wies die<br />

Berufung als offensichtlich unbegründet zurück.<br />

Fazit<br />

Auch der Mieter, der wegen geltend gemachten Vermieterpfandrechts die Mietsache nicht räumen<br />

darf, ist verpflichtet, den Besitz an der Mietsache zurückzugeben und dem Vermieter die Schlüssel zu<br />

übergeben. Anderenfalls ist die Rückgabe der Mietsache entgegen dem Willen des Vermieters<br />

unterblieben und ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegeben.


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

KURZ UND BÜNDIG<br />

Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens - Kritische Würdigung der richterrechtlichen<br />

Beweislastumkehr im Kapitalanlageberatungsrecht<br />

Der XI. Zivilsenat des BGH hat im Urteil vom 08.05.2012 (XI ZR 262/10) die<br />

Anwendungsvoraussetzungen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens weiter gesenkt. Die<br />

Vermutung wird von der Rechtsprechung in Kapitalanlagerechtsfällen seither auch dann angewendet,<br />

wenn dem Anleger bei ordnungsgemäßer Beratung mehrere gleich sinnvolle Handlungsalternativen<br />

offen gestanden hätten. Bassler setzt sich mit dieser Rechtsprechung in seinem Beitrag in Heft<br />

12/<strong>2013</strong> der Zeitschrift WM kritisch auseinander. Die unterlassene, unvollständige oder fehlerhafte<br />

Aufklärung über ein Anlageprodukt stelle kein pflichtwidriges Unterlassen dar, sondern ein<br />

pflichtwidriges positives Tun. Dieses konkretisiere sich in der Empfehlung einer ungeeigneten<br />

Kapitalanlage. Deshalb gerate der Anleger nicht in Beweisnot, so dass es einer Beweislastumkehr<br />

nicht bedürfe. Dem Kunden kämen beim Kausalitätsnachweis die Beweiserleichterungen zugute,<br />

wonach es genüge, die haftungsausfüllende Kausalität lediglich wahrscheinlich zu machen. In diesem<br />

Falle obläge dem Aufklärungsverpflichteten, den Gegenbeweis im Sinne des Einwandes<br />

rechtmäßigen Alternativverhaltens dafür anzutreten, dass der Kunde auch bei ordnungsgemäßer<br />

Beratung dasselbe Produkt erworben hätte. In Kapitalanlagerechtsfällen fehle aufgrund der nicht<br />

vorhandenen Beweisnot das die richterrechtlich geprägte Beweislastumkehr legitimierende<br />

Fundament. Deshalb sei diese Rechtsprechung abzulehnen.<br />

* * *<br />

Auskunftsanspruch des mittelbar an einer Publikumsgesellschaft beteiligten „Quasi-<br />

Gesellschafters“<br />

Altmeppen bespricht in Heft 12/<strong>2013</strong> der Zeitschrift ZIP das BGH-Urteil vom 05.02.<strong>2013</strong> (II ZR<br />

134/11). Es ging in dieser Entscheidung um den Auskunftsanspruch mittelbar beteiligter<br />

Fondsgesellschafter, Name und Anschrift der Mittreugeber zu erfahren. Altmeppen stimmt der<br />

Entscheidung zu, soweit die Gesellschafter eine Innengesellschaft bilden und sie selbst „ihre Rechte“<br />

in der Gesellschaft aufgrund der Vertragsgestaltung wahrnehmen. Altmeppen weist aber auf eine<br />

andere Konstellation hin, bei der mittelbar beteiligte Investoren keine Gesellschafterrechte ausüben<br />

wollen und auch nicht müssen. Sie wollen „anonym“ bleiben. In diesen Fällen betont Altmeppen das<br />

Recht der Privatautonomie, welches grundsätzlich Vorrang genießen müsse. Eine genaue Analyse<br />

des Einzelfalls sei deshalb nach wie vor erforderlich. Wolle ein Anleger ein Rechtsverhältnis nur mit<br />

dem mittelbaren Stellvertreter (Treuhänder) begründen, habe sein Geheimhaltungsinteresse Vorrang<br />

vor dem Interesse anderer Gesellschafter/Treugeber, den Anspruch auf Anonymität zu durchbrechen.<br />

* * *


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

Bewertungsspielraum des Sachverständigen bei Verkehrswertermittlung<br />

Brinkmann bespricht in Heft 4/<strong>2013</strong> der Zeitschrift IMR das Urteil des OLG Köln vom 20.12.2002 (10<br />

U 12/12). Es ging um einen Anspruch auf Schadenersatz des Käufers einer Immobilie. Der Verkäufer<br />

hatte den Gutachtenauftrag erteilt. Der Gutachter ermittelte den Wert des Objektes mit 825.000,00 €.<br />

Verkauft wurde es zu einem Preis von 700.000,00 €. Ein vom Käufer rund ein Jahr später beauftragter<br />

Sachverständiger veranschlagte den Wert auf 560.000,00 €. Zwar sei ein Vertrag mit Schutzwirkung<br />

auch zugunsten des Käufers denkbar, jedoch könne die Fehlerhaftigkeit eines<br />

Verkehrswertgutachtens (nur) dann angenommen werden, wenn der Sachverständige bei der<br />

geschuldeten Verkehrswertermittlung der Immobilie nicht zutreffende Tatsachen zugrunde legt<br />

und/oder anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet. Soweit Bewertungen eines<br />

Sachverständigen ohne eindeutige und zwingende Vorgaben vorzunehmen sind, könne es auch bei<br />

sehr sorgfältigem Vorgehen zu erheblichen Abweichungen kommen.<br />

* * *<br />

Quo vadis, Kapitalmarktinformationshaftung? Folgt aufgrund des IKB-Urteils nun doch die<br />

Implementierung des KapInHaG?<br />

In seinem IKB-Urteil hat der BGH die Haftung der IKB mit einem Unterlassen begründet. Das<br />

Unternehmen habe es unterlassen, den wahren Umfang seines Engagements in Subprime-Titeln im<br />

Wege einer ad-hoc-Mitteilung zu publizieren. Das führe zu einem Schadenersatzanspruch wegen<br />

unterlassener unverzüglicher Veröffentlichung von Insiderinformationen gem. § 37b WpHG. Hannich<br />

setzt sich in seinem Beitrag in Heft 10/<strong>2013</strong> der Zeitschrift WM noch einmal kritisch mit den<br />

Urteilsgründen auseinander. Er plädiert für eine Kodifikation, mit der sowohl der Funktionsfähigkeit<br />

des Kapitalmarktes als auch dem Anlegerschutz Geltung verschafft werden könnte. Die Einführung<br />

einer allgemeinen Kapitalmarktinformationshaftung auf dem Sekundärmarkt würde im Ergebnis zu<br />

einer Stärkung des Finanzplatzes Deutschland führen.<br />

* * *<br />

Das Ende des Kick-Back-Jokers im Kapitalanlagerecht<br />

Die Rechtsprechung zu sog. „Kick-Backs“ ist seit der BGH-Entscheidung vom 19.12.2006 kaum<br />

zählbar. Während vor allem der XI. Zivilsenat des BGH, der diese Rechtsprechung prägte, viele Jahre<br />

die Grundsätze ausdehnte, sind in jüngerer Zeit gegenläufige Tendenzen festzustellen. Zoller fasst in<br />

seinem Beitrag in Heft 10/<strong>2013</strong> der Zeitschrift Betriebs-Berater die Kick-Back-Rechtsprechung der<br />

letzten Jahre zusammen. Er meint, das „Schreckgespenst der Aufklärungspflicht über Vergütungen“<br />

sei nun wieder auf dem Boden der Realität angelangt. Es gäbe nur wenige Fallgruppen, bei denen


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

dieser Joker noch ziehe. Zum einen gehöre die Fallgruppe der Zinswetten dazu, bei denen der<br />

Anfangswert bewusst zu Lasten des Kunden strukturiert wird. Des Weiteren gehört die Täuschung des<br />

Anlegers über den Erhalt echter Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Provisionen dazu. Nach<br />

Ansicht von Zoller soll über die Höhe von Innenprovisionen nur dann aufgeklärt werden müssen, wenn<br />

sie eine bestimmte Höhe überschreiten. Erhalte die Bank von dritter Seite eine Vergütung, müsse<br />

unterschieden werden, ob es sich um eine echte Rückvergütung oder eine verdeckte Rückvergütung<br />

handele. Nur die echte Rückvergütung sei wegen des damit verbundenen Interessenkonfliktes<br />

aufklärungspflichtig. Bei verdeckten Rückvergütungen gelte dies nur, wenn die Werthaltigkeit des<br />

Investitionsobjektes betroffen ist.<br />

* * *<br />

Beratung durch Banken bei Abschluss von Swap-Geschäften<br />

Swap-Geschäfte bergen Risiken in sich. Vor allem seit dem BGH-Urteil zum CMS-Spread-Ladder-<br />

Swap wird darüber diskutiert, welche Beratungs- und Aufklärungspflichten im Einzelnen erfüllt werden<br />

müssen. Mit dieser Thematik setzt sich Kropf in seinem Beitrag in Heft 9/<strong>2013</strong> der Zeitschrift ZIP<br />

auseinander. Er geht auf die verschiedenen Arten von Swaps und ihre Funktionsweise ein und widmet<br />

sich dann einzelnen Anforderungspflichten beratender Banken. Kropf meint, Banken seien nicht<br />

verpflichtet, über das Vorhandensein und die Höhe eines anfänglichen negativen Marktwertes<br />

aufzuklären. Dagegen spreche die fehlende Pflicht zur Offenlegung von Gewinnmargen. Banken<br />

müssten des Weiteren ihre öffentlichen Kunden nicht darüber beraten, dass nach haushaltsrechtlichen<br />

Vorschriften der Gemeindeordnungen ein Spekulationsverbot besteht. Die Durchsetzung des<br />

kommunalrechtlichen Spekulationsverbots sei eine Aufgabe der staatlichen Rechtsaufsicht.<br />

* * *<br />

Aufklärungs- und Beratungspflichten bei Cross-Currency-Swaps<br />

Auch im Beitrag von Ruland und Wetzig in Heft 2/<strong>2013</strong> der Zeitschrift BKR geht es um das<br />

umstrittene und viel diskutierte Thema der Aufklärungspflichten bei Swaps. Ruland und Wetzig<br />

wenden sich der Struktur von Cross-Currency-Swaps zu. Der Begriff wird erläutert, rechtlich<br />

eingeordnet und mit seinen Chancen und Risiken kurz vorgestellt. Im weiteren Teil geht es um die<br />

verschiedenen im Rahmen eines Beratungsvertrages zu beachtenden Aufklärungs- und<br />

Beratungspflichten (Beachtung der Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes,<br />

Kundenkategorisierung, anleger- und objektgerechte Beratung sowie sonstige Aufklärungspflichten,<br />

insbesondere betreffend Kick-Backs etc.).<br />

* * *


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<strong>Newsletter</strong> <strong>03</strong>-<strong>04</strong> / <strong>2013</strong><br />

Keine Erkundigungspflicht des Anlegers nach Vertriebsvergütungen für die beratende Bank<br />

Deblitz bespricht in Heft 6/<strong>2013</strong> der Zeitschrift EWiR den BGH-Beschluss vom 20.11.2012 (XI ZR<br />

444/11). Es ging in diesem Beschluss wieder einmal um die Frage der Aufklärungspflicht einer Bank<br />

über Rückvergütungen und die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Die Bank hatte versucht,<br />

die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens mit dem Argument zu entkräften, dem Anleger sei es<br />

gar nicht auf etwaige Provisionen angekommen, sondern allein auf die Möglichkeit der<br />

Steuerersparnis, allenfalls noch auf Renditechancen. Die Bank drang mit der Rüge der Verletzung<br />

rechtlichen Gehörs durch. Deblitz prognostiziert, dass Banken künftig vermutlich immer ausführen<br />

werden, dass der einzelne Anleger ausschließlich von dem Verlangen motiviert gewesen ist, eine<br />

Investition alleine zum Zwecke der Steuerersparnis zu tätigen. Pauschaler und schematischer<br />

Standardvortrag könne aber nie ausreichen, um die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu<br />

widerlegen.<br />

* * *<br />

Status und Haftung des Treugebers bei der Personengesellschaft-Treuhand<br />

Wertenbruch analysiert in seinem Beitrag in Heft 8/<strong>2013</strong> der Zeitschrift NZG die jüngere<br />

Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs zur Haftung des Treugebers. Wertenbruch<br />

legt zugleich dar, welche Einwendungen des Treugebers nach dem mittelbar anwendbaren § 129<br />

HGB zulässig sind. Prospekthaftungsansprüche und sonstige Schadenersatzansprüche des<br />

Treugebers gegen einen Treuhandgesellschafter, die ihren Ursprung in der Treuhandbeziehung<br />

haben, sind keine derartigen Einwendungen. Vorbringen kann ein Treugeber hingegen, dass die<br />

Gesellschaftsschuld nicht besteht oder mit einer Einrede behaftet ist, solange nicht die<br />

Rechtskraftwirkung eines Titels des Gläubigers gegen die Gesellschaft diese Einwendung<br />

ausschließt.<br />

IN EIGENER SACHE<br />

Nachdem die von der Kanzlei in den Vorjahren herausgegebenen Rechtsprechungsübersichten über<br />

die Rechtsprechung zum Kapitalanlage- und Vertriebsrecht sehr gut aufgenommen waren, haben wir<br />

auch die Rechtsprechung des Jahres 2012 in einer Übersicht zusammengefasst. Die Urteilsübersicht<br />

kann beim wmd-brokerchannel als pdf-Ausgabe heruntergeladen werden oder gegen Bezahlung des<br />

Druckkostenzuschusses erworben werden. Wenn Sie Interesse an einer gedruckten Ausgabe haben


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sollten: Wir verfügen über einige Autorenexemplare, die wir Ihnen zuleiten können. Natürlich nur,<br />

solange der Vorrat reicht.<br />

Gerne möchten wir wissen, wie Ihnen unser <strong>Newsletter</strong> gefällt, und freuen uns daher über Ihre<br />

Anregungen und Kritik:<br />

Redaktion <strong>Newsletter</strong><br />

Rechtsanwalt Ulrich A. Nastold<br />

Rechtsanwaltskanzlei <strong>Klumpe</strong>, <strong>Schroeder</strong> + <strong>Partner</strong> <strong>GbR</strong><br />

Luxemburger Str. 282e<br />

D- 50937 Köln<br />

Tel: +49 / 221 - 94 20 94 0 Fax: +49 / 221 - 94 20 94 25<br />

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