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Programmheft - Klassik Stiftung Weimar

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3<br />

Liebe Freunde von MelosLogos,<br />

als wir vor zwei Jahren begannen, dieses<br />

Programm für das elfte Treffen im Zeichen<br />

des Doppelgestirns zu entwerfen,<br />

fanden wir, nun sei es höchste Zeit für<br />

Schiller. Das versteht jeder. Mancher wird<br />

sogar fragen: Warum erst jetzt? Nicht zu<br />

Unrecht, denn die Frage, wann etwas an<br />

der Zeit, der rechten Zeit ist, sie ist überhaupt<br />

nicht trivial.<br />

Keinesfalls zur rechten Zeit, nämlich<br />

im Frühjahr 1816, ging hier in <strong>Weimar</strong><br />

ein Brief – mit Anlage – aus Wien ein. Die<br />

Anlage bestand aus einer Sammlung von<br />

Liedern. Josef von Spaun berichtete von<br />

einem »19jährigen Tonkünstler namens<br />

Franz Schubert«, der Exzellenz um die<br />

Ehre bat, ihr diese Sammlung von Kompositionen<br />

dedizieren zu dürfen. Doch der<br />

Bitte, »die angesuchte Erlaubnis mit zwei<br />

Worten gnädigst melden zu lassen«, wurde<br />

nicht entsprochen. Ohne von einem Wort<br />

begleitet zu sein, reiste die unsterb liche<br />

Musik nach Wien zurück, gewisser maßen<br />

auch dies: Lieder ohne Worte.<br />

Und wann begegnete Schubert nun<br />

Schiller? Als er neunzehn war, war er ihm<br />

längst begegnet. Oder besser: Schiller hatte<br />

ihn längst getroffen. Aber es konnte nur<br />

eine Begegnung im Reich der Poesie sein.<br />

Schiller war 37, als Schubert geboren<br />

wurde. Und dieser musste gerade einmal<br />

vierzehn werden, um sein erstes Schiller-<br />

Lied zu komponieren. Aber eine Chance, es<br />

dem Dichter zu widmen, gab es gleichwohl<br />

nicht. Das Schicksal und sein Medium, die<br />

Zeit, hatten es so nicht vorgesehen.<br />

Umso mehr ist es an der Zeit, dass wir,<br />

die Nachgeborenen, uns auf Entdeckungsreise<br />

begeben, um dort, im MelosLogos-<br />

Reich, Zeugen der herrlichen Begegnung<br />

von Schiller und Schubert zu werden. Für<br />

Ignoranz ist also hier einmal, exklusiv<br />

und wirklich ausnahmsweise, Exzellenz<br />

am Frauenplan zuständig. Denn nicht<br />

nur seine ›eigenen‹ Schubert-Lieder hat<br />

er überhört, auch die zu Dutzenden entstandenen<br />

Lieder auf die Gedichte seines<br />

Freundes blieben ihm gänzlich unbekannt.<br />

200 Jahre nachdem Schiller im Schaffen<br />

Schuberts Epoche machte, dürfen wir<br />

unserem Publikum nicht nur die Früchte<br />

dieser Begegnung, sondern auch, Dank<br />

einer großzügigen Spende, eine Uraufführung<br />

präsentieren, die sich von einem<br />

Gedicht Schillers inspirieren ließ. Jung<br />

geht es bei MelosLogos 11 zu – über die<br />

Zeiten hinweg. Allen Künstlern, die dies<br />

auch in diesem Jahr wieder möglich machen,<br />

und ganz besonders Liese Klahn-<br />

Albrecht, ohne die diese und unser aller<br />

Begegnung nicht möglich wären, sei von<br />

Herzen gedankt.<br />

Ihr Hellmut Seemann<br />

Linke Seite: Josef von Spaun an Johann Wolfgang von Goethe, 1816

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