Verlorener Raum Nordschleswig - Kultur.uni-hamburg.de
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30 vokus<br />
(1869–1959) 43 zu nennen. Schmidt-Wod<strong>de</strong>r war <strong>de</strong>r zentrale Akteur <strong>de</strong>s politischen<br />
Milieus und durch seine Aktivitäten in fast je<strong>de</strong>r Organisation <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Min<strong>de</strong>rheit<br />
vertreten, seine Kontakte zu an<strong>de</strong>ren europäischen Min<strong>de</strong>rheitenorganisationen<br />
machten aus ihm eine Schlüsselfigur dieses Milieus.<br />
Der Schleswig-Holsteiner war zunächst ein Knotenpunkt im Netzwerk <strong>de</strong>r<br />
Diskussionen um <strong>Nordschleswig</strong>. Dabei war die Zeitschrift das Forum für die<br />
Diskussion <strong>de</strong>r Strategien <strong>de</strong>s politischen Kampfes, <strong>de</strong>r Strategien zur Festigung <strong>de</strong>s<br />
Deutschen in <strong>Nordschleswig</strong>, vor allem aber auch ein Ort, an <strong>de</strong>m die Begründungen<br />
für die Zugehörigkeit <strong>Nordschleswig</strong>s publiziert wur<strong>de</strong>n. Hier wur<strong>de</strong> somit eine<br />
regionale schleswig-holsteinische bzw. <strong>de</strong>utsche Heimati<strong>de</strong>ntität konstruiert; die<br />
Zeitschrift war Platzierungs- und Syntheseinstrument in <strong>de</strong>r Aushandlung <strong>de</strong>utscher<br />
Grenzraumi<strong>de</strong>ntität.<br />
Die Zeitschrift Der Schleswig-Holsteiner war das Publikationsmedium <strong>de</strong>s<br />
Schleswig-Holsteiner-Bun<strong>de</strong>s (SHB) 44 , <strong>de</strong>r die Schwerpunkte seiner Arbeit auf eine<br />
»aufbauen<strong>de</strong> <strong>Kultur</strong>arbeit«, <strong>de</strong>n Erhalt »schleswig-holsteinischer Eigenart« und »die<br />
Befreiung <strong>de</strong>r durch Unrecht und Gewalt an Dänemark genommenen Lan<strong>de</strong>sund<br />
Volksteile […] durch Hinarbeit auf eine Revision <strong>de</strong>r Artikel 109 bis 114 <strong>de</strong>s<br />
Versailler Vertrages im Sinne <strong>de</strong>s wahren Selbstbestimmungsrechts <strong>de</strong>r Völker« 45 legte.<br />
Die zentrale politische Aufgabe <strong>de</strong>s SHB war die »Erhaltung <strong>de</strong>s bo<strong>de</strong>nständigen<br />
Deutschtums« in <strong>Nordschleswig</strong>. Es gab innerhalb <strong>de</strong>s SHB einen Kreis, <strong>de</strong>r ein<br />
»<strong>Kultur</strong>-Programm für Schleswig-Holstein« (31.03.1920) entwarf. Der »Neubelebung<br />
schleswig-holsteinischen Stammestums« sollte eine »Wie<strong>de</strong>rgeburt <strong>de</strong>utschen<br />
Volkstums« 46 folgen.<br />
Schon durch das Vokabular wird <strong>de</strong>utlich, dass die Aneignung <strong>de</strong>s verlorenen<br />
<strong>Raum</strong>es unter einem rückwärts gewandten Blick geschehen sollte. Deutsches Volks- und<br />
Stammestum waren Ausdruck jener Syntheseleistung, jener Vorstellungsprozesse, unter<br />
<strong>de</strong>nen <strong>Raum</strong>vorstellungen für diese Region zusammengefasst wur<strong>de</strong>n. Die <strong>Kultur</strong>arbeit<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb so stark betont, weil Teile <strong>de</strong>s SHB <strong>de</strong>n neuen Grenzverlauf nach 1920<br />
ganz klar als selbstverschul<strong>de</strong>t ansahen, da die <strong>de</strong>utsche Seite, im Gegensatz zur dänischen,<br />
viele Jahre die <strong>de</strong>utsche <strong>Kultur</strong>arbeit vernachlässigt hätte. Das Ziel <strong>de</strong>r schleswig-holsteinischen<br />
<strong>Kultur</strong>politik sollte es sein, <strong>Nordschleswig</strong> wie<strong>de</strong>rzugewinnen.<br />
Wichtige Mittel dabei waren die Volkshochschulen als Institutionen sowie inhaltlich<br />
<strong>de</strong>r Auf- und Ausbau <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgeschichte und <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>utschen<br />
in Verbindung mit Volkskun<strong>de</strong>. Hier lagen somit die mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Milieu fast<br />
i<strong>de</strong>ntischen inhaltlichen Schwerpunkte <strong>de</strong>s Spacing-Prozesses, <strong>de</strong>r einen <strong>Raum</strong><br />
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Zur Person Johannes Schmidt-Wod<strong>de</strong>rs vgl. u.a. Hans Beyer: Die Rolle Schmidt-Wod<strong>de</strong>rs im<br />
Europäischen Nationalitätenkongreß. In: Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft für <strong>Nordschleswig</strong> 9<br />
(1964), S. 67–98; Peter Hopp: Pastor Johannes Schmidt-Wod<strong>de</strong>r (1869–1959). Ein Forschungsbericht.<br />
In: Grenzfrie<strong>de</strong>nshefte 1 (1975), S. 25–35.<br />
Der SHB wur<strong>de</strong> am 04.08.1919 in Schleswig gegrün<strong>de</strong>t.<br />
Satzung <strong>de</strong>s Schleswig Holsteiner Bun<strong>de</strong>s vom 04.08.1919 im Stadtarchiv Flensburg XIII Gr 330.<br />
Lan<strong>de</strong>sarchiv Schleswig-Holstein (LAS) Abt. 301 Nr. 1219.