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Verlorener Raum Nordschleswig - Kultur.uni-hamburg.de

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26 vokus<br />

Die Zeitschrift Die Heimat und die Heimatpflege<br />

Wichtige Akteure im Aushan<strong>de</strong>ln einer Grenzraumi<strong>de</strong>ntität in <strong>de</strong>r nordschleswigschen<br />

Region entstammten jenem Milieu, das sich damit beschäftigte, wie <strong>de</strong>r Grenzraum<br />

durch sogenannte Heimatpflege, die die kulturelle I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>r Menschen in <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Min<strong>de</strong>rheit bewahren und stärken sollte, wie<strong>de</strong>r in Besitz genommen<br />

wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Volks- o<strong>de</strong>r Heimatkun<strong>de</strong> waren seit Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts Teil einer<br />

populären <strong>Kultur</strong>bewegung, in <strong>de</strong>r ›Laien‹, wie Lehrer und Pfarrer, volkskundliches<br />

Material sammelten und präsentierten, Vereine und Museen grün<strong>de</strong>ten.<br />

Dabei war all diesen Bestrebungen gemein, dass das Bestehen<strong>de</strong> als bedroht wahrzunehmen<br />

und dieses <strong>de</strong>shalb zu bewahren und zu stärken sei. Hierbei trafen die<br />

zeitgenössischen Platzierungen im rückwärtsgewandten Aushandlungsprozess um die<br />

kulturelle I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>s Grenzraumes auf vorhan<strong>de</strong>ne Strukturen, die sie nun aufnehmen<br />

und verstärken konnten. So beklagte Otto Mensing (1868-1939) 24 im Jahr<br />

1924 <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>s von ihm sogenannten »Volkslebens«, wenn er davon sprach,<br />

dass »heimische Sitte bei Volks-und Familienfesten, die Bauart <strong>de</strong>s ländlichen Hauses,<br />

die Beschaffenheit <strong>de</strong>r bäuerlichen Geräte, unsere Volkstrachten, die Spiele unserer<br />

Kin<strong>de</strong>r, unser Volksgesang« 25 bedroht seien.<br />

In diesem Kontext war die Zeitschrift Die Heimat ein wesentlicher Akteur. Dort<br />

wur<strong>de</strong>n als Hauptaufgaben ganz <strong>de</strong>utlich die »För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sforschung«, 26<br />

die »Natur<strong>de</strong>nkmalpflege« 27 und die »Volkstumspflege und Unterstützung aller auf<br />

Heimatschutz gerichtete Bestrebungen« 28 genannt. Diese Zeitschrift war ein wichtiger<br />

Knotenpunkt im Netzwerk eines <strong>Raum</strong>konzeptes, das die Region zuvor<strong>de</strong>rst als<br />

Reliktgebiet verstand, 29 als ein <strong>Raum</strong>, in <strong>de</strong>m Althergebrachtes und Überliefertes durch<br />

einen fortwähren<strong>de</strong>n Spacing-Prozess, in welchem Informationen und Wissen eine<br />

wesentliche Rolle spielen, bewahrt und geschützt wer<strong>de</strong>n musste. Der Volkskun<strong>de</strong> wird<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

Otto Mensing war Lehrer, habilitierter Philologe, dann 1921 außeror<strong>de</strong>ntlicher Professor für Germanistik<br />

an <strong>de</strong>r Christian-Albrechts-Universität Kiel und Herausgeber <strong>de</strong>s Schleswig-Holsteinischen Wörterbuches.<br />

Vgl. Harm-Peer Zimmermann: Vom Schlafe <strong>de</strong>r Vernunft. Deutsche Volkskun<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Kieler Universität<br />

1933 bis 1945. In: Hans-Werner Prahl (Hg.): Uni-Formierung <strong>de</strong>s Geistes. Universität Kiel im Nationalsozialismus,<br />

Bd. 1 (= Veröffentlichung <strong>de</strong>s Beirats für Geschichte <strong>de</strong>r Arbeiterbewegung und Demokratie<br />

in Schleswig-Holstein, 16). Kiel 1995, S. 171–274.<br />

Otto Mensing: Das schleswig-holsteinische Wörterbuch. In: Die Heimat. Monatsschrift <strong>de</strong>s Vereins zur Pflege<br />

<strong>de</strong>r Natur- und Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong> in Schleswig-Holstein, Hamburg, Lübeck und <strong>de</strong>m Fürstentum Lübeck 1924,<br />

S. 285–287, hier S. 286.<br />

Vgl. Die Heimat 1895, S. II.<br />

Vgl. Die Heimat 1910, S. 273.<br />

Vgl. Die Heimat 1947, S. 3.<br />

Ein Reliktgebiet, das sich aus Schleswig-Holstein und <strong>Nordschleswig</strong> zusammensetzte. Dabei wur<strong>de</strong><br />

Reliktgebiet hier als Gebiet vermeintlich urtümlichen Volkslebens verstan<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m <strong>Kultur</strong> in einem<br />

älteren Stadium erhalten sei. Zu diesen <strong>Kultur</strong>elementen, die in alter Form erhalten waren,<br />

zählte hier ganz beson<strong>de</strong>rs die sogenannte Volkssprache. Vgl. Ernst M. Wallner: Über die volkskundlichen<br />

Rückzugsgebiete in Europa. In: Studium generale. Zeitschrift für interdisziplinäre Studien 3 (1950),<br />

S. 246–254, sowie Konrad Köstlin: Relikte: Die Gleichzeitigkeit <strong>de</strong>s Ungleichzeitigen. In:<br />

Kieler Blätter zur Volkskun<strong>de</strong> 5 (1973), S. 135–157.

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