07.04.2014 Aufrufe

FUTURES

Publikation zum 2. Jubiläum von PLATFORM3 München, als Ergänzung zum Künstlerkatalog PLATFORM3 works. Die Natur dieser Publikation ist ausdrücklich dokumentarisch. Fotografien: Jörg Koopmann. Herausgeber: Birgit Pelzmann, Nikolai Vogel, Marlene Rigler für PLATFORM3-Räume für zeitgenössische Kunst. München, 2011

Publikation zum 2. Jubiläum von PLATFORM3 München, als Ergänzung zum Künstlerkatalog PLATFORM3 works. Die Natur dieser Publikation ist ausdrücklich dokumentarisch. Fotografien: Jörg Koopmann.
Herausgeber: Birgit Pelzmann, Nikolai Vogel, Marlene Rigler für PLATFORM3-Räume für zeitgenössische Kunst. München, 2011

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

die sich weitaus eher mit dem ökonomisch geprägten Begriff des<br />

Transfers umschreiben lassen, als mit dem neoplatonischen<br />

panta rei. Und auch das Präfix ‚post‘, sei es das der Moderne oder<br />

des Kolonialismus, hat offenbar ausgedient und dem buchstäblichen<br />

Gemeinplatz der Globalisierung, Zukunftschimäre per se,<br />

Platz gemacht. Oder, wie Arif Dirlik in einem Text formuliert, der sich<br />

mit dem ‚danach‘ einer Revolution beschäftigt: „in the age of flexible<br />

production, we all live in the borderlands.“<br />

Die durch die Postmoderne profilierte Ortlosigkeit allerdings,<br />

in der kausale Zusammenhänge von Zeit und Ort austauschbar<br />

werden, scheint auf dem Rückzug. So haben etwa die revolutionären<br />

Aufstände, die im Kampf für eine bessere Zukunft in den letzten<br />

Wochen den gesamten Mittleren Osten umwälzten, nicht nur Auswirkungen<br />

auf den Rest der Welt, die mit einer Mischung aus<br />

Besorgnis und Begeisterung mittels der allgegenwärtigen Medienrealität<br />

teilnehmen konnte, sondern waren vornehmlich im virtuellen<br />

Raum initiiert worden, um dann im realen Raum ausgetragen zu<br />

werden. Etwa Indiz dafür, dass nicht nur der Raum wieder da ist,<br />

wie Raumtheoretiker im Zuge des spatial turn ausrufen, sondern<br />

auch Zeit wieder eine größere Rolle spielt?<br />

Bleiben wir noch einen Moment in diesem hybriden Grenzgebiet,<br />

zwischen hier und dort, gestern und morgen, im Jetzt des<br />

Umbruchs und der Veränderung. Denn so, wie die Zukunft immer auch<br />

die Vergangenheit in sich trägt und damit das, was einmal Gegenwart<br />

war, schwingt in der Gegenwart immer auch schon die Zukunft<br />

mit, ruft das alles-ist-möglich des morgen immer wieder Neuanfang<br />

und seinen vielbeschworenen Zauber auf.<br />

Doch schon ist er vergangen, dieser Augenblick, der zu<br />

verweilen sich schon Fausts Überzeugungskünsten widersetzte. Und<br />

schon sind wir ein weiteres Stück in die Zukunft gerückt, die nach<br />

wie vor unbestimmbar bleibt. Zwar vertraut man heute auf Hochrechnungen,<br />

Messwerte und Prognosen mit einer ähnlichen Überzeugung,<br />

wie einst auf die berauschten Orakelsprüche, vergisst aber heute<br />

wie damals häufig, dass letztendlich die Fragestellung wie die Interpretation<br />

über jegliche Aussage entscheiden. Und vielleicht wollen<br />

wir auch gar nicht alles wissen. Zwar nimmt es ein wenig von der<br />

Furcht, wenn die multiplen Wahrscheinlichkeiten der Zukunft durch<br />

Wahrsagen oder auch Hochrechnen in einen einzigen Handlungsstrang<br />

kanalisiert werden. Aber es nimmt eben auch das aufregende<br />

Kribbeln.<br />

20

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!