FUTURES
Publikation zum 2. Jubiläum von PLATFORM3 München, als Ergänzung zum Künstlerkatalog PLATFORM3 works. Die Natur dieser Publikation ist ausdrücklich dokumentarisch. Fotografien: Jörg Koopmann. Herausgeber: Birgit Pelzmann, Nikolai Vogel, Marlene Rigler für PLATFORM3-Räume für zeitgenössische Kunst. München, 2011
Publikation zum 2. Jubiläum von PLATFORM3 München, als Ergänzung zum Künstlerkatalog PLATFORM3 works. Die Natur dieser Publikation ist ausdrücklich dokumentarisch. Fotografien: Jörg Koopmann.
Herausgeber: Birgit Pelzmann, Nikolai Vogel, Marlene Rigler für PLATFORM3-Räume für zeitgenössische Kunst. München, 2011
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In der Kistlerhofstraße. Wer war Kistler? Etwa Cyrill Kistler?<br />
Geboren 1848 in Großaitingen, Schwaben, gestorben 1907 in Bad<br />
Kissingen, ein Komponist, Musiktheoretiker, Musikpädagoge und<br />
Verleger. Hat in München studiert, galt als Richard Strauß ebenbürtig,<br />
ist heute ziemlich vergessen. Doch mit Cyrill waren wir auf der falschen<br />
Spur! Die Straße ist nach dem Hausnamen eines ehemaligen Anwesens<br />
in Obersendling benannt, erfahre ich im Stadtarchiv. War das ein<br />
Bauernhof? Das konnte mir das Stadtarchiv auf die Schnelle nicht<br />
beantworten. Klappe, die Nächste: Wo sind wir?<br />
Hier, in einer neu bezogenen Atelieretage. Alles noch frisch,<br />
der Staub der Bohrmaschinen erst verflogen, die Planen vom Weißeln<br />
abgedeckt, der Boden im Gang neu gelegt. Alles bereit für Belichtung.<br />
Wo sind wir? Im dritten Stock. Über uns wird Musik gesetzt und<br />
Kugeln ziehen ihre Bahn. Laufen mal mehr und mal weniger nach<br />
vorhergesehenen Winkeln an die Banden und in die Löcher. Unzählige<br />
kleine Zusammenstöße. Unter uns Handschuhe und in Apparaturen<br />
schwitzende Menschen. Vielleicht nicht die schlechteste Umgebung!<br />
Kunst ist Kopf und Körper – Bodybuilding und Billard. Mit Handschuhen<br />
muss man die Kunst zwar nicht unbedingt anfassen, es sei denn<br />
empfindliche Bilder beim Hängen. Bodybuilding ist eine Sportart, bei<br />
der die Modellierung des Körpers durch gezielte Muskelübungen in<br />
der Regel unter Verwendung von Fitnessgeräten im Mittelpunkt steht.<br />
Das Wort Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte<br />
Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition<br />
gegründet ist (Heilkunst, Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne<br />
werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt,<br />
die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Die Belichtung<br />
fotografischen Aufnahmematerials wird von drei Faktoren bestimmt:<br />
der Empfindlichkeit, der Blende und der Zeit. Sie ist ausgewogen, wenn<br />
Lichter und Schatten im Bild noch Zeichnung aufweisen. Drei Artikel-<br />
Anfänge in einem sehr populären Lexikon… 1 Drei Einträge, die davon<br />
handeln, wie ein Eindruck ausgedrückt werden kann. Um Eindrücke zu<br />
haben braucht man Aussichten. Wo sind wir?<br />
Nennen wir es PLATFORM3. Von einer Plattform aus hat man<br />
gute Aussicht oder man wartet auf den Zug, der einen anderswohin<br />
bringt, ein Aufbruch. Von einer Plattform aus bringt man Dinge an den<br />
Mann. Eine Plattform trägt das, was darauf entwickelt wird, sie ist eine<br />
Versuchsumgebung. Fernrohre haben wir keine aufgestellt – für die<br />
Blicke wird hier genug entwickelt, die Aussichten sind an den Wänden<br />
und in den Räumen, müssen von dort erst noch nach draußen finden.<br />
Eine Plattform auf drei Säulen, das klingt klassisch, auf drei Füßen<br />
kann man aber auch wackelig stehen, wenn der vierte fehlt. Man muss<br />
balancieren, man fühlt sich nicht zu sicher, man bleibt in Bewegung,<br />
und darum geht es, Körper und Kopf. Wir sind nicht an den grünbezogenen<br />
Tischen, wir sind nicht in den Muskelmaschinen, wir beschichten<br />
keinen Rohfilm oder Tonbänder, wir arbeiten direkt an den Entwicklungsverfahren,<br />
wir nehmen das Licht und den Klang und die Zeit um<br />
die Körper und wir machen etwas daraus. Was wird man sehen. 2<br />
1 Wikipedia, Stand März 2009<br />
2 Gekürzte Version der Rede, gehalten im Eröffnungstrubel der PLATFORM3,<br />
am 20. März 2009. Hier sei noch das zeitgebundene Ende zitiert:<br />
„Wir haben Tagundnachtgleiche, Frühlingsanfang! Die Räume warten,<br />
die PLATFORM3 steht, es schadet nicht, zunächst zu tanzen!“<br />
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