ForestFinest 1/2014
Ruhe sanft im wilden Wald. R.I.T. Rest in Trees - Das möchten Deutsche.
Ruhe sanft im wilden Wald.
R.I.T. Rest in Trees - Das möchten Deutsche.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Titel<br />
Greenpeace-Aktivisten protestieren im Spessart gegen den Export wertvoller Buchenstämme vermutlich nach China. Ein Teil<br />
der Bäume stammt aus der Waldabteilung Finkendelle im Forstbertrieb Rothenbuch der Bayerischen Staatsforsten.<br />
Gesche Jürgens, Waldexpertin bei Greenpeace Deutschland.<br />
Fotos: Greenpeace<br />
pischen Regenwälder zu erhalten, so müssen wir<br />
auch in Deutschland unseren Beitrag zum Erhalt<br />
der Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten und zum<br />
Klimaschutz leisten.<br />
FF: Was muss sich an Deutschlands Forstwirtschaft<br />
ändern, um diese Wälder zu schützen?<br />
GS: Zum einen brauchen wir zehn Prozent der<br />
öffentlichen Wälder, unserer Bürgerwälder, als<br />
Schutzgebiete, in denen die Forstwirtschaft nicht<br />
eingreift und sich die Wälder nach ihrer eigenen<br />
Dynamik entwickeln können. Bei der Ausweisung<br />
dieser Gebiete stehen die Bundesländer als größte<br />
öffentliche Waldbesitzer besonders in der Verantwortung.<br />
Diese Flächen dienen nicht nur dem<br />
Schutz der Wälder, sondern können von Förstern,<br />
Biologen und Ökologen auch als Lernflächen genutzt<br />
werden. In Zeiten des Klimawandels müssen<br />
wir möglichst naturnahe Wälder als resiliente<br />
Ökosysteme erhalten.<br />
Zum anderen muss sich die Forstwirtschaft auf<br />
dem Rest der Fläche ändern. Vielerorts werden<br />
die Wälder derzeit naturfern bewirtschaftet, auch<br />
wenn die Hochglanzbroschüren der Landesforste<br />
das Gegenteil behaupten: Ein enges Netz an<br />
Rückegassen zerschneidet die Wälder, tonnenschwere<br />
Maschinen verdichten und schädigen<br />
sensible Böden, der Holzeinschlag ist viel zu hoch,<br />
es wird gekalkt und begiftet. Nicht zuletzt prägt<br />
die Trophäenjagd unsere Wälder: viel zu überhöhte<br />
Schalenwildbestände verhindern, dass alle<br />
heimischen Baumarten aufwachsen können. All<br />
dies schadet dem Ökosystem Wald enorm. Daher<br />
braucht es einen radikalen Paradigmenwechsel.<br />
Die Forstwirtschaft sollte sich stärker an der Dynamik<br />
und Struktur der natürlichen Waldgesellschaften<br />
orientieren und möglichst wenig in die<br />
natürlichen Prozesse eingreifen. Denn ein Eingriff<br />
bedeutet immer auch eine Störung und häufig<br />
eine Schwächung des Ökosystems.<br />
FF: Wie trägt die Buchenwälder-Kampagne<br />
von Greenpeace dazu bei?<br />
GS: Greenpeace hat aufgedeckt, dass der Staatswald<br />
längst nicht mehr überall vorbildlich bewirtschaftet<br />
wird, sondern dass kurzfristige, ökonomische<br />
Interessen bei der Bewirtschaftung des<br />
Waldes immer häufiger im Vordergrund stehen.<br />
Und dies, obwohl gerade der öffentliche Wald eine<br />
besondere Vorbildfunktion erfüllen und vor allem<br />
Natur- und Klimaschutz sowie der menschlichen<br />
Erholung dienen soll. Greenpeace unterstützt<br />
Betriebe, die vorbildlich wirtschaften. Gute<br />
Beispiele für eine solche Waldwirtschaft sind die<br />
Wälder der Städte Lübeck und Göttingen. Sie<br />
werden nach Kriterien genutzt, die Förster zusammen<br />
mit Greenpeace und weiteren Umweltverbänden<br />
entwickelt haben. Und dieses Konzept<br />
lohnt sich nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern<br />
rechnet sich auch ökonomisch.<br />
FF: Kennen Sie Förster Peter Wohlleben und<br />
seine Arbeit für den Buchenwald in der Eifel?<br />
Was halten Sie davon?<br />
GS: Ich kenne Peter Wohlleben als einen Förster,<br />
dem der Wald wirklich am Herzen liegt und<br />
der erkannt hat, was derzeit im Wald schief läuft.<br />
Er setzt sich wie wir für einen besseren Umgang<br />
mit unseren Wäldern ein. Ich bewundere seine<br />
Arbeit und sein Engagement! Zudem hat er zahlreiche<br />
Bücher über den Wald geschrieben, die ich<br />
jedem wirklich nur empfehlen kann.<br />
FF: Wenn Sie einen Wunsch für die Zukunft<br />
deutscher Wälder frei hätten, was würden Sie<br />
ihnen wünschen?<br />
GS: Ich wünsche mir, dass Deutschland auf internationaler<br />
Ebene ein echtes Vorbild für Waldschutz<br />
und -nutzung wird. Doch davon sind wir<br />
leider noch weit entfernt. Daher wünsche ich mir<br />
zunächst mehr Menschen, für die der Wald mehr<br />
als die Summe seiner Bäume darstellt und die sich<br />
mit uns für ihn stark machen. Dann schaffen wir<br />
auch den Rest!<br />
Kristin Steffan ist seit 2008<br />
Redakteurin bei ForestFinance<br />
und staatlich geprüfte Übersetzerin.<br />
www.forestfinance.de FF 17