Hilferuf aus dem Klövensteen - Anne Krischok im In
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BÜRGERSCHAFT<br />
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 19/3629<br />
19. Wahlperiode 28.07.09<br />
Schriftliche Kleine Anfrage<br />
der Abgeordneten <strong>Anne</strong> <strong>Krischok</strong> und Karl Schwinke (SPD) vom 20.07.09<br />
und Antwort des Senats<br />
Betr.:<br />
<strong>Hilferuf</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Klövensteen</strong> – Hohe Auflagen <strong>aus</strong> der EU-Zoo-Richtlinie.<br />
Steht das Rissener Wildgehege vor der Schließung?<br />
Das Revier <strong>Klövensteen</strong> ist eines über den Hamburger Westen hin<strong>aus</strong> bekanntes<br />
und beliebtes Naherholungsgebiet. Ein gut gepflegtes Wander- und<br />
Reitwegenetz steht den Besuchern zur Verfügung. Der neue Waldspielplatz<br />
hat sich zu einem Besuchermagneten für Kinder und Familien entwickelt –<br />
und auch das Wildgehege <strong>Klövensteen</strong> ist für Familien mit Kindern jederzeit<br />
frei zugänglich. Acht Tierarten sind zu beobachten, darunter Wild, Frettchen<br />
und Bienen. Das Gehege ist auch für den Besuch Behinderter eingerichtet.<br />
Nun berichtet jedoch die Tagespresse, dass <strong>dem</strong> Wildgehege <strong>Klövensteen</strong><br />
für dringende Maßnahmen das Geld fehlt und <strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall die Schließung<br />
des Wildgeheges droht. Hintergrund ist die seit zwei Jahren auch in<br />
Hamburg geltende EU-Zoo-Richtlinie. Sie best<strong>im</strong>mt, dass beispielsweise<br />
Wildparks wie der <strong>Klövensteen</strong> in europäischen Kategorien als Zoo gelten.<br />
Daher müssen bei der Tierhaltung und Arbeitsschutz höhere und kostenintensive<br />
Auflagen erfüllt werden. Die Umweltbehörde führt dazu vier Mal <strong>im</strong><br />
Jahr Kontrollen durch. Sowohl die „BILD-Zeitung“ als auch die „Hamburger<br />
Morgenpost“ berichten übereinst<strong>im</strong>mend von mehrseitigen Maßnahmenkatalogen,<br />
wo folgende Schritte angemahnt würden: Verlegung von Strom- und<br />
Wasserleitungen, Verdoppelung der Zäune sowie die Renovierung der Tiergehege.<br />
Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:<br />
Die Richtlinie 1999/22/EG des Rats vom 29. März 1999 über die Haltung von Wildtieren<br />
<strong>im</strong> Zoo wurde erlassen um sicherzustellen, das Zoos ihre Aufgaben bei der Arterhaltung,<br />
der Aufklärung der Öffentlichkeit und/oder der wissenschaftlichen Forschung<br />
angemessen erfüllen. Am 7. August 2001 wurde diese Richtlinie <strong>im</strong> § 32 des Hamburgischen<br />
Naturschutzgesetzes (HmbNatSchG) umgesetzt. Eine Änderung der Definition<br />
des Begriffes Zoo erfolgte zum 3. April 2007.<br />
Dies vor<strong>aus</strong>geschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:<br />
1. Welche Bedeutung misst der Senat <strong>dem</strong> Naherholungsgebiet und <strong>dem</strong><br />
Wildgehege <strong>Klövensteen</strong> grundsätzlich bei?<br />
Das Revier <strong>Klövensteen</strong> einschließlich des Wildgeheges ist ein bedeutendes Naherholungsgebiet.
Drucksache 19/3629<br />
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 19. Wahlperiode<br />
2. Welche Auflagen muss das Wildgehege <strong>Klövensteen</strong> gemäß der EU-<br />
Zoo-Richtlinie erfüllen? Bitte einzeln aufzählen.<br />
Die Genehmigung zum Betrieb und zur Erweiterung der Betriebseinheit „Wildgehege<br />
<strong>im</strong> <strong>Klövensteen</strong>“ vom 30. Mai 2002 als Zoo wurde an die Einhaltung folgender Nebenbest<strong>im</strong>mungen<br />
gebunden:<br />
a) Es ist ein verantwortlicher, entscheidungsbefugter Ansprechpartner zu benennen.<br />
b) Neuere Erkenntnisse zur Ausgestaltung von Zoos, insbesondere zur Haltung einzelner<br />
Arten, sind zukünftig fortlaufend <strong>im</strong> Sinne des § 32 HmbNatSchG zu berücksichtigen.<br />
c) Bis Ende 2002 waren zwei Betonplatten <strong>im</strong> Schwarzwildgehege des Wildgeheges<br />
einzubringen. Auf ihnen müssen zukünftig die Futtertröge stehen.<br />
d) Bis Ende 2002 war <strong>im</strong> Dam-/Muffelwildgehege eine Betonplatte einzubringen. Auf<br />
ihr musste eine Futterraufe für das Muffelwild installiert werden.<br />
e) Nach Erteilung der Genehmigung zur <strong>In</strong>betriebnahme des Zoos war <strong>im</strong> Rotwildgehege<br />
eines der <strong>im</strong> Süden gelegenen bewaldeten Gatter ganzjährig als Rückzugs-<br />
und Ausweichgelegenheit für das Rotwild zu öffnen und <strong>im</strong> Gehege eine<br />
Suhle dauerhaft für das Rotwild einzurichten.<br />
f) Für die Tiere ist (unter Berücksichtigung der Zootierhaltung) auf artspezifische<br />
Bedürfnisse zu achten.<br />
g) Das Iltisgehege war <strong>im</strong> Bodenbereich mit mehr Strukturvielfalt und Bodenbewuchs<br />
bis Ende 2003 <strong>aus</strong>zustatten. Der Iltis ist unter anderem durch Verstecken der<br />
Nahrung mehr zu beschäftigen.<br />
h) Das an das Iltisgehege angrenzende Holzh<strong>aus</strong> ist bei Neuanschaffung eines<br />
zweiten Iltis zu öffnen und so herzurichten, dass den Iltissen bei Unverträglichkeit<br />
Rückzugsmöglichkeiten bleiben. Strohballen, Heu et cetera sind hier locker aufzuschichten<br />
(Möglichkeiten zum Verstecken, Klettern und so weiter). Für eine bessere<br />
natürliche Belichtung (Sonneneinstrahlung) bis in den hinteren Bereich des<br />
Holzh<strong>aus</strong>es war bis Ende 2003 zu sorgen.<br />
i) Das an das Iltisgehege angrenzende Holzh<strong>aus</strong> darf nur in Kombination mit einer<br />
sich daran anschließenden artgemäßen Außenanlage für Musteliden genutzt werden.<br />
Die Nutzung als separates Dauergehege für Musteliden wird untersagt.<br />
j) Die Uhus dürfen nur zum Zwecke der Forschung und Lehre und nicht zum Zweck<br />
der Wiederansiedlung in Freiheit gehalten werden.<br />
k) Die Errichtung eines Nerzgeheges war bis Ende 2003 umzusetzen. Ein Nachweis,<br />
dass der zukünftige Nerzbesatz <strong>aus</strong> Nachzüchtungen stammt, ist vor <strong>dem</strong> ersten<br />
Einsetzen in das Gehege zu erbringen.<br />
l) Verantwortlich für die Umsetzung des Projekts „Nerzgehege" und <strong>dem</strong> zukünftigen<br />
Betrieb des Nerzgeheges ist <strong>im</strong> Sinne des § 32 HmbNatSchG gegenüber der<br />
zuständigen Behörde die Behörde für Wirtschaft und Arbeit, Abteilung Wald, Jagd<br />
und Fischerei als Zoobetreiber und nicht die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.<br />
m) Die Beschilderung ist fortlaufend unter Berücksichtigung moderner zoopädagogischer<br />
Methoden und <strong>In</strong>halte zu erneuern und zu vervollständigen. Wenn, bezogen<br />
auf die jeweiligen Wildarten, Lebensraumstrukturen in den einzelnen Gehegen erkennbar<br />
sind, müssen diese mit in die entsprechenden <strong>In</strong>formationen für die Besucher<br />
einfließen.<br />
n) Erste <strong>In</strong>formationsmaterialien waren bis Ende 2002 bereitzustellen und fortlaufend<br />
zu ergänzen.<br />
o) Die Mitarbeiter des Zoos müssen sich, bezogen auf ihre Aufgabenbereiche, fortlaufend<br />
weiterbilden.<br />
Die Auflage 2. c).<br />
3. Welche dieser Auflagen müssen noch erfüllt werden?<br />
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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 19. Wahlperiode Drucksache 19/3629<br />
4. Bis wann müssen diese Auflagen erfüllt werden?<br />
Die Auflage wird bis Mitte 2010 erfüllt.<br />
5. Welche Wildgehege gelten in Hamburg gemäß der oben genannten EU-<br />
Richtlinie als „Zoo“?<br />
Nur das Wildgehege <strong>Klövensteen</strong>.<br />
6. Welche finanziellen und personellen Aufwendungen sind für die Erfüllung<br />
dieser Standards notwendig?<br />
Um die Standards gemäß der EU-Richtlinie zu erfüllen, sind nach Angaben des zuständigen<br />
Bezirksamts Betriebsmittel in Höhe von jährlich 50.000 Euro erforderlich<br />
sowie investive Mittel von jährlich rund 25.000 Euro (abhängig von den jeweiligen<br />
Maßnahmen). Bei der <strong>im</strong> Wildgehege vorhandenen Anzahl von derzeit 112 Tieren<br />
sind für die Hege und Pflege zu<strong>dem</strong> Personalressourcen von einer Meisterstelle<br />
(technischer Dienst und Tierpfleger) und vier Stellen Tierpfleger/Forstwirte erforderlich.<br />
Sämtliche Ressourcen werden durch Umschichtung innerhalb des Bezirksamts<br />
bereitgestellt.<br />
7. Soll die Erreichung der oben genannten europäischen Standards <strong>aus</strong><br />
den Mitteln zur Bewirtschaftung des <strong>Klövensteen</strong> realisiert werden oder<br />
stehen hier zusätzliche Mittel zur Verfügung?<br />
Wenn ja, welche? Bitte um Nennung der Summen sowie der jeweiligen<br />
H<strong>aus</strong>haltstitel.<br />
Wenn nein, warum nicht?<br />
Es stehen fallweise Mittel der Irmgard-Greve-Stiftung zur Verfügung.<br />
8. Gibt es vonseiten des Senats Erkenntnisse, ob es in anderen Bundesländern<br />
zu ähnlichen Problemen bezüglich der Einstufung von Wildgehegen<br />
gekommen ist und wie dies jeweils vor Ort bewältigt wurde?<br />
Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor.<br />
9. Werden diese Standards von der Behörde für Stadtentwicklung und<br />
Umwelt kontrolliert?<br />
Wenn ja, wie oft? Was wird dabei <strong>im</strong> Einzelnen geprüft?<br />
Wenn nein, warum nicht?<br />
Die Überprüfung des Wildgeheges erfolgt anlassbezogen durch die zuständige Behörde<br />
in Bezug auf die in der Antwort zu 2. genannten Auflagen.<br />
10. Ist es richtig, dass der <strong>Klövensteen</strong> kürzlich knapp 1 Million Euro <strong>aus</strong><br />
<strong>dem</strong> Konjunkturprogramm des Bundes erhalten hatte?<br />
Wenn ja, für welche Aufgaben sollen diese Mittel eingesetzt werden?<br />
Aus <strong>dem</strong> Konjunkturprogramm des Bundes hat das Bezirksamt Mittel in Höhe von<br />
900.000 Euro für den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes für die Försterei <strong>Klövensteen</strong><br />
mit Büro, Sozialräumen, Werkstatt, Futterküche mit Schlachtplatz und Kühlraum<br />
sowie Holzhof erhalten.<br />
11. Haben die zuständigen Fachbehörden <strong>dem</strong> Bezirksamt bei der Bewältigung<br />
der Aufwendungen zur Einhaltung der EU-Auflagen Unterstützung<br />
angeboten?<br />
Wenn ja, welche? Bitte je nach Fachbehörde und Art der Unterstützung<br />
spezifizieren.<br />
Wenn nein, warum nicht?<br />
Die zuständige Behörde hat das zuständige Bezirksamt 2008 gebeten, ein Konzept<br />
über die zukünftige Entwicklung des Wildgeheges vorzulegen, <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Bedarf und<br />
Priorität notwendiger Betriebs- und <strong>In</strong>vestitionsmittel unter Einbeziehung von Drittmitteln<br />
zu erkennen und nachzuvollziehen sind.<br />
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