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hat gegenseitiges Verständnis und einen freundlichen<br />
Umgang miteinander gefördert. Zukunftsvisionen<br />
wurden geweckt. Wir haben eine Reformschule in Hessen<br />
besucht und viele Anregungen von dort mitgenommen.<br />
Im Gegensatz zur damaligen vollgekritzelten, hässlichen<br />
GSW war die Schülerschaft dort mitverantwortlich für die<br />
Gestaltung ihrer Schule. Wir wollten auch, dass der<br />
Neubau und das Außengelände den pädagogischen Anforderungen<br />
einer Ganztagsgesamtschule entsprechen, dass<br />
alle Räume möglichst maximale Belichtung sowie natürliche<br />
Be- und Entlüftungsmöglichkeiten und Behaglichkeit<br />
bieten, neben Unterrichtsfunktion für unterschiedliche<br />
Lernsituationen auch Aufenthaltsqualitäten. Schule eben<br />
als Lebensraum erlebbar. Das ganze sollte natürlich auch<br />
ressourcenschonend angelegt sein und Identifikation<br />
statt Anonymität schaffen. Schulgelände als Erfahrungsraum<br />
anstelle von versiegelter Ödnis. Das Neukonzept<br />
legte viel Wert auf die enge Verzahnung von Außen- und<br />
Innenräumen, die einzelnen Jahrgänge erhalten für sie<br />
direkt zugängliche Außenflächen, an deren konkrete<br />
Gestaltung die Schüler beteiligt werden.<br />
Die Auseinandersetzung stand über Jahre immer im<br />
Spannungsfeld der gesundheitlichen Belastungen und der<br />
damit verbundenen Ängste einerseits, des Werbens für<br />
die Schule als Angebotsschule – trotz aller Schadstoffe –<br />
und der verschieden Optionen des Senators für Bildung<br />
für die Schulentwicklungsplanung im Bremer Westen<br />
andererseits. Die unterschiedlichen Interessenslagen der<br />
verschiedenen an der Regierung beteiligten Parteien und<br />
die angespannte Haushaltslage Bremens, besonders des<br />
Bildungsressorts, machten das nicht einfach.<br />
Trotz all dieser Schwierigkeiten am Ziel einer Gesamtsanierung<br />
durch Neubau über all die Jahre festgehalten zu<br />
haben, erforderte von allen Beteiligten enorme Kraft und<br />
Durchhaltevermögen. Ich fühlte mich schon manchmal<br />
überfordert, aber das Ergebnis ist sehr positiv und ich<br />
habe viel gelernt auf politischer Ebene in den Gremien,<br />
wie Behörden arbeiten oder auch nicht. Alle Beteiligten<br />
haben viel gelernt durch gegenseitiges Zuhören. Diese<br />
Erfahrung möchte ich nicht missen.<br />
Das Gespräch führte Claudia Ruthard<br />
40 Jahre Gesamtschule West<br />
Tag der offenen Tür<br />
24. September 2010<br />
Kurze Chronologie<br />
1970<br />
Die Gesamtschule West wird gegründet und über Jahre hinweg fertiggestellt.<br />
1976<br />
Gesundheitsamt Bremen attestiert schwerwiegende gesundheitliche<br />
Probleme im Zusammenhang mit dem Gebäude. Im Bericht des schulärztlichen<br />
Dienstes wird diese Schule mit einer seelenlosen Lernfabrik<br />
verglichen, in der die Kinder bei ihrer Planung vergessen wurden.<br />
1984<br />
Umfrage unter Lehrern: Häufung von Augenflimmern, Konzentrationsstörungen,<br />
Kopfschmerzen, Infekten der Atemwege und Stimmbandproblemen.<br />
1991<br />
Erhöhte PCB-Werte gemessen, die Werte überschreiten z.T. den Interventionswert.<br />
Arbeitskreis Ökologische Schulbausanierung GSW (AKÖ)<br />
konstituiert sich, Beratungen im wöchentlichen oder 14-tägigen Rhythmus;<br />
Eltern und Lehrer verlangen Gesamtsanierung.<br />
1992<br />
In über der Hälfte der Räume wird Asbest gefunden, in immer mehr Räumen<br />
wird PCB gefunden. Gesamtschülervertretung der GSW und Eltern<br />
fordern Abriss und Neubau. Auf Drängen gibt der Bildungssenator ein<br />
Gutachten über Gesamtsanierung in Auftrag.<br />
1993<br />
Wiederholt hohe PCB-Messwerte. Ein Großteil des Gebäudes wird aus<br />
Gründen der Gesundheitsvorsorge geschlossen; immer mehr Klassen<br />
ziehen in Provisorien.<br />
1994<br />
Erstellung des Gutachtens verzögert sich, da sich die <strong>Vor</strong>gaben des Bildungssenators<br />
für spätere Nutzung des Gebäudes ständig ändern. In<br />
mehreren Aktionen fordern Schüler, Eltern und Lehrer massiv: keine weiteren<br />
Verzögerungen.<br />
1995<br />
Gutachten wird endlich im Februar vorgelegt und belegt eindrucksvoll:<br />
Das Gebäude macht krank! Maroder Zustand der Schule weist neben<br />
Asbest und PCB auch auf bau- und feuertechnische Mängel hin; große<br />
Aktion vor dem Rathaus; Senat beschließt Sanierung und entscheidet<br />
sich für Abriss und Neubau.<br />
1996<br />
Planungsauftrag wird vergeben; in Zusammenarbeit mit den Nutzern<br />
entsteht ein von allen Seiten akzeptiertes Konzept.<br />
1997<br />
Baumaßnahmen beginnen.<br />
1998<br />
Erster Bauabschnitt ist bezugsfertig.<br />
646 Stunden ... und dann?<br />
MigrantInnen brauchen Wege in die Stadt<br />
646 Stunden verbringen Frauen und Männer aus unterschiedlichsten Ländern gemeinsam in<br />
der Volkshochschule Bremen West und lernen vor allem Deutsch. Seit 2005 finanziert das<br />
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bundesweit solche Integrationskurse. Neben dem<br />
Erlernen der deutschen Sprache wird auch über Politik und Demokratie, Geschichte der<br />
Bundesrepublik und über unsere Gesellschaft informiert und diskutiert.<br />
Für einige TeilnehmerInnen ist der Kurs Pflicht, um etwa eine Ausbildung, Fördergelder oder<br />
einen Aufenthaltsstatus zu erlangen – für alle TeilnehmerInnen ist es eine Möglichkeit, mit<br />
anderen MigrantInnen in Kontakt zu kommen und dieses ihnen oft so fremde Land kennen zu<br />
lernen. Stolz werden nach den ersten Unterrichtsstunden erste Einkäufe auf der Lindenhofstraße<br />
in Deutsch gemacht und beim Besuch in der Stadtbibliothek West Bücher auf deutsch<br />
ausgeliehen.<br />
645 Stunden ist eine lange Zeit, viele Monate verbringen die TeilnehmerInnen mit ihren<br />
KursleiterInnen fast täglich zusammen, Freundschaften und Netzwerke entstehen.<br />
Doch am Ende des Kurses ist für manche die Frage: Und nun?<br />
Die eigene Geschichte erzählen<br />
Die Bremer Volkshochschule West und <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> e.V. haben deshalb ein gemeinsames<br />
Projekt angeschoben, das die TeilnehmerInnen der Integrationskurse ermutigen soll, Gröpelingen<br />
intensiver kennen zu lernen. Mit „Wege in die Stadt“ wird eine Möglichkeit geschaffen, an<br />
die vielfältigen Strukturen, Vereine, Aktivitäten in Gröpelingen anzuknüpfen und die eigene<br />
Geschichte mitzubringen. Das Projekt wird als Modellvorhaben aus LOS-Mitteln finanziert. Die<br />
Idee: Eine intensive Woche lang arbeiten die TeilnehmerInnen der Integrationskurse künstlerisch<br />
zu den Themen „Meine Geschichte“, „Meine Heimat“, „Mein Leben in Gröpelingen“.<br />
Am Anfang gab es noch skeptische Fragen: Würden die TeilnehmerInnen freiwillig kommen?<br />
Würden sie sich auf die künstlerische Arbeit im Atelier einlassen? Als es dann mit drei Integrationskursen<br />
los ging, zeigte sich rasch die Begeisterungsfähigkeit und die Talente der knapp<br />
50 Frauen und Männer aus aller Frauen und Herren Länder. Zuerst waren sie verwundert, dass<br />
es diesmal nicht darum ging, etwas über Deutschland zu erfahren – sondern das Deutschland<br />
etwas über sie erfahren wollte. Und dann sprudelten die Ideen und kreativen Einfälle los.<br />
Eine Gruppe entwickelte anhand von autobiographischen Schuhgeschichten kleine Objekte,<br />
die mit den Geschichten auf Straßen und Plätzen Gröpelingens installiert wurden. Eine weitere<br />
Gruppe entwickelte Geschichten zum Erzählen, story telling – wie es in vielen <strong>Kultur</strong>en alter<br />
Brauch ist. Als die Gruppe ihren ersten umjubelten Auftritt bei den Weserwegen am Pier 2<br />
hatte, war dies für fast alle das erste mal, dass sie sich stolz, fröhlich und glücklich in ihrem<br />
Stadtteil präsentierten. Einige werden sogar beim Internationalen Erzählfestival Feuerspuren<br />
von <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> im Herbst aufzutreten. Eine dritte Gruppe kommentierte mit photographischen<br />
Mitteln Gröpelingen und stellte Fotos und Kommentare in vielen verschiedenen<br />
Sprachen im Atelierhaus Roter Hahn aus.<br />
Am Ende haben die TeilnehmerInnen <strong>Ort</strong>e, Persönlichkeiten und Einrichtungen kennen gelernt,<br />
denen sie vertrauen und mit denen sie viele Wege in die Stadt und in den Stadtteil gehen<br />
werden.<br />
Lutz Liffers