Archivnachrichten Nr. 47 , September 2013 (application/pdf 18.0 MB)
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1 | Titelblatt des Kräuterbuchs von Eucharius<br />
Rösslin.<br />
2 | Beschreibung von Borretsch, Möhren und<br />
Balsam.<br />
3 | Der menschliche Körper als medizinisches<br />
Anschauungsobjekt.<br />
Alle Vorlagen: Landesarchiv HZAN,<br />
ohne Signatur<br />
Ein Abbild der Natur<br />
Das kolorierte Kräuterbuch des Eucharius Rösslin<br />
1<br />
Farbige Buchillustrationen haben schon<br />
immer die Aufmerksamkeit des Lesers<br />
auf sich gezogen – seien es handgemalte<br />
Miniaturen in mittelalterlichen Handschriften<br />
oder vielfarbige Hochglanzseiten<br />
des 21. Jahrhunderts. Das im 16.<br />
Jahrhundert weit verbreitete Kräuterbuch<br />
des Eucharius Rösslin war jedoch schwarzweiß,<br />
wie die meisten zu jener Zeit entstandenen<br />
bebilderten Buchdrucke.<br />
Daher stellt das im Hohenlohe-Zentralarchiv<br />
Neuenstein verwahrte Exemplar<br />
durch seine nachträgliche Kolorierung eine<br />
Besonderheit dar: zu fast allen Tieren,<br />
Pflanzen und anderen Motiven sind farbige<br />
Illustrationen vorhanden.<br />
Die Farbe sollte eine möglichst wirklichkeitsnahe<br />
Darstellung der Natur<br />
ermöglichen und das Verständnis von<br />
Text und Abbildung unterstützen.<br />
Verfasser des im Jahr 1540 gedruckten<br />
Kreuterbuoch von aller Kreuter / Gethier /<br />
Gesteine und Metal / Natur / nutz unnd<br />
gebrauch. Mitt aller derenn leblicher Abconterfeytunge<br />
war der wahrscheinlich<br />
aus Freiburg im Breisgau stammende<br />
Arzt Eucharius Rösslin der Jüngere. Das<br />
Werk galt als eines der wichtigsten Handbücher<br />
für Botanik und zielte auf einen<br />
volkstümlichen und breiten Adressatenkreis;<br />
es diente als Informationsquelle<br />
für Heilkundige, Bader, Kräutersammler<br />
und interessierte Laien.<br />
Das Buch beginnt mit Erläuterungen<br />
zu Destilliertechniken. Es folgt ein Abschnitt<br />
über unterschiedliche heimische<br />
und exotische (Fabel-)Tiere, deren Beschreibungen<br />
zum Teil recht fantasievoll<br />
ausfallen. Am Anfang des Tierkapitels<br />
steht der Mensch, dessen Innenleben durch<br />
eine bildliche Darstellung der menschlichen<br />
Organe veranschaulicht wird.<br />
In einem weiteren Kapitel behandelt Rösslin<br />
die Wirkung von Edelsteinen, Edelmetallen<br />
und anderen Materialien. Der<br />
umfangreichste und der Realität am<br />
nächsten kommende Teil des Buchs ist<br />
den Kräutern und Pflanzen gewidmet,<br />
deren Darstellung jedoch häufig auf<br />
die jeweilige Wirkungsweise beschränkt<br />
ist. Abgeschlossen wird Rösslins Werk<br />
durch ein kurzes Kapitel über Krankheitsbilder,<br />
die sich anhand des Harns<br />
erkennen lassen. Farbige Illustrationen<br />
sind fast zu jedem Tier, zu jeder Pflanze<br />
und zu allen anderen Materialien vorhanden.<br />
Ganz gleich, ob die Behandlung der<br />
Fallsucht mit Koriander oder die Vertreibung<br />
von Gespenstern durch Korallen<br />
geschildert wird – das Kräuterbuch<br />
des Eucharius Rösslin ist ein aufschlussreiches<br />
Zeugnis der Frühen Neuzeit für<br />
die Auseinandersetzung einer breiten<br />
Bevölkerungsschicht mit Krankheit und<br />
Heilung. Zugleich ist es der Versuch,<br />
Fauna und Flora in ihrer farbigen Vielfalt<br />
darzustellen.<br />
Simon Karzel<br />
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10 <strong>Archivnachrichten</strong> <strong>47</strong> / <strong>2013</strong><br />
Farbe im Archiv