Archivnachrichten Nr. 47 , September 2013 (application/pdf 18.0 MB)
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Die bunte Welt der Werbung<br />
Die Bedeutung von Farben für das „Corporate Design“<br />
am Beispiel des Ludwigsburger Unternehmens Unifranck<br />
Farben spielen in der Werbung, aber<br />
auch bei der Gestaltung von Produkten<br />
und Verpackungsmaterialien eine große<br />
Rolle. Sie werden heute oft unter Berücksichtigung<br />
wahrnehmungspsychologischer<br />
Erkenntnisse eingesetzt, um das<br />
Corporate Design von Firmen oder das<br />
Aussehen von Produkten mit bestimmten<br />
Assoziationen zu versehen oder zumindest<br />
Wiedererkennungseffekte auszulösen.<br />
Auch das Landesarchiv Baden-<br />
Württemberg arbeitet im Rahmen seines<br />
Corporate Designs schon seit einigen<br />
Jahren mit Leitfarben für seine verschiedenen<br />
Abteilungen.<br />
Die Wurzeln einer solch psychologisch<br />
fundierten Gestaltung von Produkten<br />
und Werbemitteln reichen bis in die Anfänge<br />
des 20. Jahrhunderts zurück. Wer<br />
nach Quellen zum Einsatz von Farben in<br />
der Werbung sucht, wird in erster Linie<br />
Unternehmensarchive oder eines der regionalen<br />
Wirtschaftsarchive konsultieren.<br />
Doch auch das Landesarchiv Baden-<br />
Württemberg besitzt in Ludwigsburg mit<br />
dem Werbemittelarchiv der Firma Unifranck<br />
(vormals Heinrich Franck Söhne)<br />
einen Bestand, an dem sich die Bedeutung<br />
von Farben für die Entwicklung des<br />
Marketings in hervorragender Weise<br />
nachvollziehen lässt. Das heute zum<br />
Nestlé-Konzern gehörige Unternehmen<br />
– einer der bedeutenden Hersteller von<br />
Kaffeesurrogaten – hat seine Werbeaktivitäten<br />
seit dem 19. Jahrhundert in einer<br />
umfangreichen Sammlung dokumentiert,<br />
die seit der Auflösung der Verwaltung<br />
am Standort Ludwigsburg in den<br />
siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts<br />
im Staatsarchiv Ludwigsburg verwahrt<br />
wird.<br />
Zu allen Produkten dieses Lebensmittelherstellers<br />
finden sich hier Hunderte<br />
von Werbemitteln aller Art. Dokumentiert<br />
ist aber auch die Entwicklung der<br />
Verpackungen der von der Firma hergestellten<br />
Produkte. Mit ihrer Hilfe lässt<br />
sich der zunehmend professionellere<br />
Einsatz von Farben bei der Gestaltung<br />
der Verpackungen ablesen. Ausgelöst<br />
wurde diese Entwicklung durch den zunehmenden<br />
Konkurrenzdruck auf dem<br />
wachsenden Markt industriell gefertigter<br />
Lebensmittel. Im 19. Jahrhundert hatte<br />
man den Kolonialwarenläden, die<br />
Franck-Produkte anboten, noch ganz individuell<br />
je nach Geschmack und Laune<br />
des Händlers Verpackungsetiketten in<br />
unterschiedlichen Farben angeboten. Die<br />
zur Auswahl stehende Farbpalette, aber<br />
auch die Vielfalt des Layouts ist anhand<br />
der Musterbücher im Ludwigsburger Bestand<br />
nachzuvollziehen. Seit Beginn des<br />
20. Jahrhunderts wurde die Verpackung<br />
der einzelnen Produkte allmählich standardisiert,<br />
es bildeten sich Leitfarben<br />
und Logos für bestimmte Marken heraus.<br />
Für das Traditionsprodukt Aecht<br />
Franck, ein Kaffeesurrogat aus Zichorien,<br />
wurde Rot zur Leitfarbe, die insbesondere<br />
bei dem Markenlogo, einer Kaffeemühle,<br />
zum Einsatz kam und bis heute<br />
auch im Logo für den ebenfalls von Unifranck<br />
in den fünfziger Jahren kreierten<br />
Caro-Kaffee Verwendung findet. Mit der<br />
Farbgebung versuchte man sich offenbar<br />
bewusst von der konkurrierenden Firma<br />
Kathreiner abzuheben, die für ihr 1892<br />
erstmals angebotenes Kaffeesurrogat aus<br />
Gerstenmalz auf die Farbe Blau setzte.<br />
Als Franck unter dem Markennamen<br />
Kornfranck ein Konkurrenzprodukt auf<br />
Roggenbasis auf den Markt brachte,<br />
wählte man für dieses die Verpackungsfarbe<br />
Grün, um es von dem Kathreiner-<br />
Kaffee unterscheidbar zu machen. Plakatentwürfe<br />
und andere Werbemittel im<br />
Werbemittelarchiv dieser Firma (Bestände<br />
PL 4/1 ff.) dokumentieren bis ins<br />
Detail, wie man mit solchen Leitfarben<br />
zu experimentieren begann und wie sich<br />
so im Laufe der Jahrzehnte das herausbildete,<br />
was man heute als Corporate Design<br />
bezeichnet.<br />
Peter Müller<br />
Vier unterschiedlich gefärbte Verpackungsetiketten<br />
aus einem Musterbuch der Firma Heinrich Franck<br />
Söhne (später Unifranck), zweite Hälfte 19. Jahrhundert.<br />
Vorlage: Landesarchiv StAL PL 4/80 o. Sign.<br />
18 <strong>Archivnachrichten</strong> <strong>47</strong> / <strong>2013</strong><br />
Farbe im Archiv