Archivnachrichten Nr. 47 , September 2013 (application/pdf 18.0 MB)
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Papier im Badeanzug<br />
Fixierung wasserlöslicher Farben vor der Nassbehandlung<br />
Papier ist ein Geschöpf aus Fasern und<br />
Wasser. Wasser ist nicht nur bei der<br />
Herstellung ein wesentliches Element,<br />
sondern auch beim wichtigsten Restaurierungsprozess,<br />
der Nassbehandlung.<br />
Die im Alterungsverlauf entstehenden<br />
Abbauprodukte verbleiben größtenteils<br />
im Papiervlies und beeinträchtigen die<br />
Dauerhaftigkeit und die Festigkeit der<br />
Dokumente. Glücklicherweise sind diese<br />
meist sauren Altersspuren weitgehend<br />
wasserlöslich, weshalb eine Nassbehandlung<br />
der geschädigten Objekte so wirkungsvoll<br />
ist. Keine andere Methode<br />
kann vergleichbar gut in einem Aufwasch<br />
Säurereste neutralisieren, Vergilbung<br />
und Schmutz auswaschen, eine alkalische<br />
Reserve aus Kalzium- und Magnesiumkarbonat<br />
einbringen und gleichzeitig<br />
noch dafür sorgen, dass sich die Faser-<br />
Faser-Bindungen im Papiervlies wieder<br />
neu formieren können. Meistens gewinnen<br />
die Papiere nach der Wässerung<br />
an Festigkeit und erscheinen wieder heller.<br />
Auf dieses so wichtige Wässern möchte<br />
man natürlich nur ungern verzichten,<br />
selbst wenn auf den Papieren wasserempfindliche<br />
Farben aufgetragen sind.<br />
Und jetzt kommt der Badeanzug ins<br />
Spiel: Damit die Farben nicht davonlaufen<br />
– ausbluten – müssen sie mit einem<br />
Fixiermittel umhüllt werden, um das<br />
Wasser erst gar nicht mit ihnen in Berührung<br />
kommen zu lassen. Man nennt<br />
das Hydrophobieren. Cyclododecan, ein<br />
alizyklischer Kohlenwasserstoff mit muffigem<br />
Geruch und wachsähnlichem<br />
Charakter, ist dafür ideal. Der Auftrag<br />
erfolgt als Schmelze, mit Pinsel oder<br />
Spatel. Das Besondere an dieser Substanz<br />
ist die Eigenschaft, nach einiger Zeit<br />
durch Sublimation von selbst wieder zu<br />
verschwinden und zwar rückstandsfrei.<br />
Häufige Anwendung findet diese Methode<br />
für lokale Farbfixierung kleiner<br />
Bereiche von wenigen Quadratzentimetern<br />
auf historischem Kartenmaterial.<br />
Eine andere Methode der Farbfixierung<br />
bezieht sich auf die in moderner Industrieproduktion<br />
hergestellten Farbstoffe<br />
mit ionischem, das heißt elektrochemisch<br />
positivem oder negativem Ladungscharakter.<br />
Beispiele sind königsblaue Füllertinte,<br />
Farbstoffe in Kopier- und Filzstiften<br />
sowie Stempelkissen, schlicht: vieles,<br />
was einfach bunt erscheint. Auf entsprechendem<br />
Aktenmaterial finden sie sich<br />
mannigfach, als Stempel oder Unterschrift,<br />
Unterstreichung, Anmerkung usw.<br />
Die Fixierung solcher Farben erfolgt<br />
nun auf elegante Art: Die Fixiermittel<br />
sind ebenfalls elektrochemisch geladen,<br />
jedoch gegenteilig. Das anionisch geladene<br />
Fixiermittel fällt die kationisch ge-<br />
3<br />
1│ Auftrag von Cyclododecan.<br />
2│ Unfixiert gewässert.<br />
3│ Fixiert gewässert.<br />
Alle Aufnahmen: Landesarchiv IfE<br />
ladenen Farben auf das Papier aus, dadurch<br />
können diese Farben (meistens<br />
schwarz, blau oder violett) nicht mehr so<br />
leicht ausbluten. Genauso verhält es sich<br />
im umgekehrten Fall mit den anionischen<br />
Farben (rot, grün…), die auf ein<br />
kationisches Fixiermittel reagieren. Man<br />
kann beide Fixiermittel sogar in einem<br />
bestimmten Verhältnis zusammenschütten,<br />
dann suchen sich die beiden Bestandteile<br />
ihre entsprechenden farbigen<br />
Aspiranten selbst und fixieren diese.<br />
Ursprünglich wurde diese Fixiermethode<br />
für den industriellen Maßstab entwickelt,<br />
später dann auch auf Einzelblätter anwendbar<br />
gemacht, und nun ist sie im<br />
Institut adaptiert für die Mengenrestaurierung,<br />
die zahlenmäßig genau dazwischen<br />
liegt. Wie das genau funktioniert,<br />
wird in einer der nächsten Ausgaben<br />
beschrieben. Fortsetzung folgt…<br />
Andreas Kieffer<br />
Kulturgut gesichert<br />
<strong>Archivnachrichten</strong> <strong>47</strong> / <strong>2013</strong> 37