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Archivnachrichten Nr. 47 , September 2013 (application/pdf 18.0 MB)

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1 2<br />

Papier im Badeanzug<br />

Fixierung wasserlöslicher Farben vor der Nassbehandlung<br />

Papier ist ein Geschöpf aus Fasern und<br />

Wasser. Wasser ist nicht nur bei der<br />

Herstellung ein wesentliches Element,<br />

sondern auch beim wichtigsten Restaurierungsprozess,<br />

der Nassbehandlung.<br />

Die im Alterungsverlauf entstehenden<br />

Abbauprodukte verbleiben größtenteils<br />

im Papiervlies und beeinträchtigen die<br />

Dauerhaftigkeit und die Festigkeit der<br />

Dokumente. Glücklicherweise sind diese<br />

meist sauren Altersspuren weitgehend<br />

wasserlöslich, weshalb eine Nassbehandlung<br />

der geschädigten Objekte so wirkungsvoll<br />

ist. Keine andere Methode<br />

kann vergleichbar gut in einem Aufwasch<br />

Säurereste neutralisieren, Vergilbung<br />

und Schmutz auswaschen, eine alkalische<br />

Reserve aus Kalzium- und Magnesiumkarbonat<br />

einbringen und gleichzeitig<br />

noch dafür sorgen, dass sich die Faser-<br />

Faser-Bindungen im Papiervlies wieder<br />

neu formieren können. Meistens gewinnen<br />

die Papiere nach der Wässerung<br />

an Festigkeit und erscheinen wieder heller.<br />

Auf dieses so wichtige Wässern möchte<br />

man natürlich nur ungern verzichten,<br />

selbst wenn auf den Papieren wasserempfindliche<br />

Farben aufgetragen sind.<br />

Und jetzt kommt der Badeanzug ins<br />

Spiel: Damit die Farben nicht davonlaufen<br />

– ausbluten – müssen sie mit einem<br />

Fixiermittel umhüllt werden, um das<br />

Wasser erst gar nicht mit ihnen in Berührung<br />

kommen zu lassen. Man nennt<br />

das Hydrophobieren. Cyclododecan, ein<br />

alizyklischer Kohlenwasserstoff mit muffigem<br />

Geruch und wachsähnlichem<br />

Charakter, ist dafür ideal. Der Auftrag<br />

erfolgt als Schmelze, mit Pinsel oder<br />

Spatel. Das Besondere an dieser Substanz<br />

ist die Eigenschaft, nach einiger Zeit<br />

durch Sublimation von selbst wieder zu<br />

verschwinden und zwar rückstandsfrei.<br />

Häufige Anwendung findet diese Methode<br />

für lokale Farbfixierung kleiner<br />

Bereiche von wenigen Quadratzentimetern<br />

auf historischem Kartenmaterial.<br />

Eine andere Methode der Farbfixierung<br />

bezieht sich auf die in moderner Industrieproduktion<br />

hergestellten Farbstoffe<br />

mit ionischem, das heißt elektrochemisch<br />

positivem oder negativem Ladungscharakter.<br />

Beispiele sind königsblaue Füllertinte,<br />

Farbstoffe in Kopier- und Filzstiften<br />

sowie Stempelkissen, schlicht: vieles,<br />

was einfach bunt erscheint. Auf entsprechendem<br />

Aktenmaterial finden sie sich<br />

mannigfach, als Stempel oder Unterschrift,<br />

Unterstreichung, Anmerkung usw.<br />

Die Fixierung solcher Farben erfolgt<br />

nun auf elegante Art: Die Fixiermittel<br />

sind ebenfalls elektrochemisch geladen,<br />

jedoch gegenteilig. Das anionisch geladene<br />

Fixiermittel fällt die kationisch ge-<br />

3<br />

1│ Auftrag von Cyclododecan.<br />

2│ Unfixiert gewässert.<br />

3│ Fixiert gewässert.<br />

Alle Aufnahmen: Landesarchiv IfE<br />

ladenen Farben auf das Papier aus, dadurch<br />

können diese Farben (meistens<br />

schwarz, blau oder violett) nicht mehr so<br />

leicht ausbluten. Genauso verhält es sich<br />

im umgekehrten Fall mit den anionischen<br />

Farben (rot, grün…), die auf ein<br />

kationisches Fixiermittel reagieren. Man<br />

kann beide Fixiermittel sogar in einem<br />

bestimmten Verhältnis zusammenschütten,<br />

dann suchen sich die beiden Bestandteile<br />

ihre entsprechenden farbigen<br />

Aspiranten selbst und fixieren diese.<br />

Ursprünglich wurde diese Fixiermethode<br />

für den industriellen Maßstab entwickelt,<br />

später dann auch auf Einzelblätter anwendbar<br />

gemacht, und nun ist sie im<br />

Institut adaptiert für die Mengenrestaurierung,<br />

die zahlenmäßig genau dazwischen<br />

liegt. Wie das genau funktioniert,<br />

wird in einer der nächsten Ausgaben<br />

beschrieben. Fortsetzung folgt…<br />

Andreas Kieffer<br />

Kulturgut gesichert<br />

<strong>Archivnachrichten</strong> <strong>47</strong> / <strong>2013</strong> 37

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