AostAtAl – am Dach der Alpen - Maggioni Tourist Marketing
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Aosta – Italiens kleinste Region stellt sich vor<br />
extra<br />
➜ zahlreiche<br />
Tourentipps<br />
inklusive<br />
Aostatal – <strong>am</strong><br />
<strong>Dach</strong> <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
Reiche Tierwelt im Süden<br />
4000er-Kulisse im Norden
Aostatal<br />
Beeindruckende<br />
Kulisse: Trekking<br />
<strong>am</strong> Fuße des<br />
Matterhorns<br />
Spät <strong>am</strong> Nachmittag schickt die<br />
Sonne noch einmal ihre Strahlen<br />
über die hohen Berggrate.<br />
Dunst steigt aus den schroffen<br />
Tälern auf, das Licht fällt schräg<br />
über die steilen Flanken, alles ist in hellblaues<br />
Licht getaucht – ein magischer<br />
Moment. Kurz blitzt die Sonne noch einmal<br />
auf, bevor sie hinter den Bergen im<br />
Westen versinkt. Und auch <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>er<br />
sinkt vor seiner Unterkunft erschöpft auf<br />
die Hausbank. Wie<strong>der</strong> ist er den ganzen<br />
Tag auf den Beinen gewesen. Denn im<br />
Aostatal machen Bergsteiger nur ungern<br />
Pause. Die vielen Wan<strong>der</strong>wege und das<br />
spektakuläre Panor<strong>am</strong>a locken Besucher<br />
jeden Tag wie<strong>der</strong> hinaus in die hochalpine<br />
Landschaft.<br />
Das Aostatal ist eines <strong>der</strong> schönsten Wan<strong>der</strong>gebiete<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>. Die kleinste Region<br />
Italiens, die im Nordwesten des Landes an<br />
den Grenzen zur Schweiz und zu Frankreich<br />
liegt, ist umstanden von Viertausen<strong>der</strong>n<br />
wie dem Mont Blanc, dem Mat-<br />
2 Bergsteiger extra
Die Verra-Ebene<br />
im Ayas-Tal:<br />
Hier hat man den<br />
Monte Rosa stets<br />
im Blick.<br />
Vermächtnis <strong>der</strong><br />
Antike: die 22 Meter<br />
hohe Fassade<br />
des römischen<br />
Theaters in Aosta<br />
Tourenparadies Aosta<br />
Unter dem <strong>Dach</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
Das Aostatal ist die kleinste Region Italiens. Doch<br />
nirgendwo in den <strong>Alpen</strong> ragen die Gipfel höher auf.<br />
Fotos: Enrico Romanzi (2), Giorgio Neyroz, oberto <strong>Maggioni</strong>/<strong>Maggioni</strong> <strong>Tourist</strong> <strong>Marketing</strong><br />
terhorn, dem Monte Rosa o<strong>der</strong> dem Gran<br />
Paradiso. Im Nordosten erheben sich die<br />
Walliser <strong>Alpen</strong> zum <strong>Alpen</strong>hauptk<strong>am</strong>m,<br />
im Südwesten ziehen sich die Grajischen<br />
<strong>Alpen</strong> entlang. Ein Drittel des Aostatals,<br />
das kaum größer ist als das Saarland, liegt<br />
2600 Meter hoch und höher.<br />
Tal <strong>der</strong> Burgen und Schlösser<br />
Wie Südtirol ist auch das Aostatal eine<br />
autonome Provinz. Hier sind das Italienische<br />
und das Französische als gleichberechtigte<br />
Sprachen anerkannt. Die Unabhängigkeit<br />
spielte in <strong>der</strong> wechselvollen<br />
Geschichte <strong>der</strong> Grenzregion schon immer<br />
eine große Rolle. Bereits in prähistorischer<br />
Zeit siedelten hier Menschen,<br />
im ersten Jahrhun<strong>der</strong>t v. Chr. besetzten<br />
schließlich die Römer die Region. Sie<br />
gründeten die Stadt Augusta Praetoria,<br />
das heutige Aosta. Augustus ließ ein Theater<br />
für 4000 und ein Amphitheater für<br />
5000 Zuschauer bauen, um jedem deutlich<br />
zu machen, dass auch hier in den<br />
<strong>Alpen</strong> Rom die Macht innehatte. Heute<br />
leben rund 35 000 Menschen in <strong>der</strong> sympathischen<br />
und quirligen Stadt, durch<br />
die <strong>der</strong> Fluß Dora Baltea strömt. Noch immer<br />
kann man die mächtige Porta Praetoria,<br />
das guterhaltene Stadttor, besichtigen,<br />
ebenso wie die gut 20 Meter hohe<br />
Fassade des antiken »Teatro«, die Bühne<br />
und einen Teil des Zuschauerraums. Kulturelle<br />
Sehenswürdigkeiten beschränken<br />
sich indes nicht nur auf die Hauptstadt.<br />
Im ganzen Aostatal gibt es rund 70 Burgen<br />
und Schlösser. Das eindruckvollste<br />
Gebäude, die Festung Bard, bewacht seit<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ten den Taleingang im Osten.<br />
Passionierte Bergsteiger wird es wohl<br />
trotzdem nicht allzu lange im Tal halten.<br />
Denn vom Haupttal zweigen nach Norden<br />
und Süden insges<strong>am</strong>t 13 Hochtäler<br />
ab. Jedes hat seinen eigenen Charakter,<br />
seine eigenen Beson<strong>der</strong>heiten. Welches<br />
das schönste Seitental ist, ist unter den<br />
Bewohnern des Aostatals durchaus umstritten.<br />
»Natürlich ist es bei uns <strong>am</strong><br />
Tipp<br />
Über Nacht in<br />
Aosta-Stadt<br />
Gästezimmer Maison Bondaz,<br />
Aosta, 36, rue Saint-Anselme.<br />
Tel. 00 39/3 45/6 37 33 51,<br />
info@maisonbondaz.it,<br />
www.maisonbondaz.it.<br />
Mit viel Feinsinn hat die F<strong>am</strong>ilie Bondaz<br />
ein historisches Haus in <strong>der</strong> Altstadt<br />
von Aosta restaurieren lassen. Man<br />
wohnt nicht nur überaus geschmackvoll,<br />
son<strong>der</strong>n kann sich von Juniorchefin Jeannette<br />
auch exquisit bekochen lassen.<br />
Bergsteiger extra 3
Xxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
Sonnwendfeuer unter<br />
<strong>der</strong> Zugspitze von <strong>der</strong><br />
UNESCO als nationales<br />
immaterielles Kulturerbe<br />
anerkannt.<br />
Der Hochsommer ist im Aostatal die<br />
beste Zeit für Wan<strong>der</strong>er. Davor kann<br />
weiter oben noch Schnee liegen.<br />
Die Festung »Forte<br />
di Bard« markiert<br />
den östlichen Eingang<br />
des Aostatals.<br />
Mit dem Mont<br />
Blanc vor Augen,<br />
fällt es schwer, auf<br />
den Weg zu achten.<br />
schönsten«, sagt Christian, Bergführer<br />
aus Valpelline im wilden, unberührten<br />
Norden, »denn hier ist es ursprünglich.«<br />
Nicola, sein Kollege aus Cogne im Süden,<br />
deutet auf den Gran Paradiso und sagt:<br />
»Aber diese Kulisse, dieser N<strong>am</strong>e!« Wer<br />
bitteschön wolle angesichts dieses Panor<strong>am</strong>as<br />
bezweifeln, dass das Cogne-Tal<br />
das schönste Seitental sei? Und dann ist<br />
da noch Marco, Bergführer im Gressoney-<br />
Tal im Osten. Er steht oben <strong>am</strong> Berg und<br />
zeigt hinüber auf den Monte Rosa, dessen<br />
Gipfel von filmreifen Nebelschwaden<br />
umzogen sind. »Ich möchte nirgendwo<br />
an<strong>der</strong>s sein«, sagt er, »hier bei uns ist es<br />
einfach <strong>am</strong> schönsten.«<br />
Qual <strong>der</strong> Wahl<br />
Und in <strong>der</strong> Tat: Im Grunde ist jedes dieser<br />
Hochtäler einen ausgiebigen Besuch<br />
wert. Doch wird, wer im Aostatal einen<br />
Wan<strong>der</strong>urlaub verbringen mag, sich<br />
doch für eines o<strong>der</strong> wenigstens zwei Täler<br />
entscheiden müssen. Ist man auf <strong>der</strong><br />
Suche nach ungezügelter Natur, nach<br />
Gletscherbächen, kargen Felslandschaften?<br />
Will man als <strong>am</strong>bitionierter Alpinist<br />
einen Viertausen<strong>der</strong> besteigen o<strong>der</strong> hat<br />
man gar den Mont Blanc, den höchsten<br />
Berg <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>, im Visier? Will man F<strong>am</strong>ilienwan<strong>der</strong>ungen<br />
in gemäßigter Gebirgslandschaft<br />
unternehmen? Möchte<br />
man Steinböcke und seltene Schmetterlinge<br />
beobachten? Das Aostatal bietet unzählige<br />
Möglichkeiten für alle Spielarten<br />
des Bergsports: das Wan<strong>der</strong>n und Klettersteiggehen,<br />
Klettern und Mountainbiken.<br />
Im Winter fährt man Ski, geht Skitouren<br />
und Schneeschuhwan<strong>der</strong>n. Die<br />
vielen Gebirgsflüsse erstarren dann zu<br />
bizarren Skulpturen, an denen sich die<br />
Eiskletterer emporziehen.<br />
4 Bergsteiger extra
Unten lieblich,<br />
oben schroff: das<br />
Mont Blanc Massiv<br />
von La Thuile aus<br />
Guter Ausgangspunkt<br />
für Touren:<br />
das Rifugio Vittorio<br />
Sella<br />
Fotos: Stefano Venturini, Enrico Romanzi, Marco Spataro, Fremdenverkehrs<strong>am</strong>t Aostatal<br />
Der Hochsommer, die wärmste Zeit des<br />
Jahres, ist im Aostatal die beste für Wan<strong>der</strong>er<br />
und Bergsteiger. Denn es kann bis<br />
Ende Juni dauern, bis <strong>der</strong> Schnee in den<br />
höheren Lagen abtaut. An manchen Stellen<br />
und auf den hohen Gipfeln bleibt er<br />
ohnehin das ganze Jahr über liegen, auch<br />
Gletscher finden sich zuhauf. Schon im<br />
Lauf des Septembers schließen viele<br />
Berghütten wie<strong>der</strong> ihre Türen wegen <strong>der</strong><br />
ungemütlichen Witterung. Die 31 Etappen<br />
<strong>der</strong> beiden Höhenwege, <strong>der</strong> Alta Via<br />
1 im Norden und <strong>der</strong> Alta Via 2 im Süden,<br />
sollten deshalb zwischen Juli und Anfang<br />
September begangen werden. An<strong>der</strong>e beliebte<br />
mehrtägige Trekkingtouren sind<br />
die Talstraße 102 von Charvensod nach<br />
Ch<strong>am</strong>pdepraz und die Talstraße 105 von<br />
Porossan zum Colle Valdobbia, berühmt<br />
sind außerdem <strong>der</strong> Große Walser-Steig,<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> historischen Route <strong>der</strong> Walser<br />
folgt, die vor vielen hun<strong>der</strong>t Jahren aus<br />
<strong>der</strong> Schweiz ins Aostatal zogen, und die<br />
Tour über den Großen Sankt Bernhard.<br />
Viele Wan<strong>der</strong>wege verbinden zudem<br />
die einzelnen Hochtäler miteinan<strong>der</strong>, so<br />
dass man, je nach Ausgangsort, Touren<br />
ins benachbarte Tal unternehmen kann.<br />
Fokus auf gelb<br />
An<strong>der</strong>s als im Rest Italiens sind die Wan<strong>der</strong>wege<br />
hier nicht rotweiß gekennzeichnet,<br />
son<strong>der</strong>n mit gelben Markierungen<br />
und Schil<strong>der</strong>n mit detaillierten<br />
Angaben zum Ziel, dessen Entfernung<br />
und <strong>der</strong> Schwierigkeit des Wegs. Den<br />
rot-weißen Zeichen, die man trotzdem<br />
häufig an Felsen und Gattern findet,<br />
sollten Wan<strong>der</strong>er im Aostatal nicht folgen:<br />
Sie bezeichnen hier die Grenzen<br />
zwischen zwei Grundstücken. In vielen<br />
Orten wie Pila, La Thuile, Cervinia<br />
Aostatal<br />
kompakt<br />
Anreise: Von Westdeutschland<br />
führt die kürzeste<br />
Strecke über Luzern durch<br />
den Gotthard-Tunnel,<br />
vor dem sich <strong>der</strong> Verkehr allerdings<br />
nicht selten staut.<br />
Deshalb gelten die Routen<br />
durch die Schweiz und den<br />
Großen-St.-Bernhard-Tunnel<br />
o<strong>der</strong> über den Brennerpass<br />
und durch Norditalien<br />
ins Aostatal als zügigere Varianten.<br />
Mautkosten fallen<br />
auf allen Routen an: für<br />
die Autobahnvignette in <strong>der</strong><br />
Schweiz, die Gebühr durch<br />
den Großen-St.-Bernhard-<br />
Tunnel, aber auch für<br />
den Brennerpass und die<br />
Autobahnen in Österreich<br />
und Italien. Wer alternativ<br />
mit <strong>der</strong> Bahn o<strong>der</strong> dem<br />
Flugzeug anreisen will, sollte<br />
bedenken, dass er beim<br />
Besuch mehrerer Täler auf<br />
die örtlichen Busverbindungen<br />
angewiesen ist –<br />
o<strong>der</strong> auf einen Leihwagen.<br />
Information: Tourismusbüro<br />
<strong>der</strong> Region Aosta, Piazza<br />
Porta Praetoria, 3, 11100<br />
Aosta, Tel. 00 39/01 65/<br />
23 66 27, aosta@turismo.<br />
vda.it, www.lovevda.it.<br />
Sprache: Offizielle Sprachen<br />
sind Italienisch und<br />
Französisch. Außerdem kann<br />
man sich meist auf Englisch<br />
verständigen, und im Gressoneytal<br />
mit Walservergangenheit<br />
spricht so mancher<br />
sogar etwas Deutsch.<br />
Hütte: Das Rifugio Capanna<br />
Margherita (4554 m)<br />
direkt unterhalb <strong>der</strong> Signalkuppe<br />
<strong>am</strong> Monte Rosa ist<br />
Europas höchstgelegene<br />
Berghütte. Geöffnet Ende<br />
Juni bis Anfang September,<br />
abhängig von <strong>der</strong> Witterung.<br />
Tel. 00 39/3 48/1 41 54 90<br />
(Buchung), 00 39/01 63/<br />
9 10 39 (Informationen),<br />
info@rifugimonterosa.it,<br />
www.rifugimonterosa.it/DE/<br />
index.php<br />
Sehenswürdigkeiten:<br />
Die Burg »Forte di Bard«<br />
<strong>am</strong> östlichen Eingang des<br />
Aosta-Tals (Ausfahrt Pont-<br />
St.-Martin) ist dienstags<br />
bis freitags von 10 bis 18<br />
Uhr geöffnet, s<strong>am</strong>stags und<br />
sonntags von 10 bis 19 Uhr.<br />
Montags geschlossen. Tel.<br />
00 39/01 25/83 38 11,<br />
info@fortedibard.it, www.<br />
fortedibard.it<br />
Die Seilbahn auf den Mont<br />
Blanc (spektakuläre Ausblicke!)<br />
wird <strong>der</strong>zeit renoviert.<br />
Auf <strong>der</strong> italienischen Seite<br />
sind daher keine Fahrten bis<br />
Punta Helbronner möglich.<br />
Das Rifugio Torino (3335 m,<br />
auch im Winter geöffnet) ist<br />
aber weiterhin von La Palud<br />
aus erreichbar. Die neue<br />
Seilbahn wird 2015 wie<strong>der</strong><br />
in Betrieb genommen. Infos:<br />
Tel. 00 39/01 65/8 99 25,<br />
info@montebianco.com,<br />
www.montebianco.com,<br />
www.cordeemontblanc.eu<br />
Thermen in Pre-Saint-Didier:<br />
Hier entspringen zwei<br />
Thermalquellen, die auch<br />
die Römer schon nutzten.<br />
Seit dem 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
existiert das Heilbad, das<br />
längst zu einem mo<strong>der</strong>nen<br />
Bade- und Wellnesstempel<br />
ausgebaut wurde. Montags<br />
bis donnerstags von 10<br />
bis 21 Uhr geöffnet, freitags<br />
und s<strong>am</strong>stags von 8.30 Uhr<br />
bis 23 Uhr, sonntags<br />
von 8.30 Uhr bis 21 Uhr.<br />
Tel. 00 39/01 65/86 72<br />
72, info@termedipre.it,<br />
www.termedipre.it<br />
Literatur: Johannes<br />
Führer »Aostatal. 50 Touren<br />
inklusive Großer Walserweg<br />
und Höhenwege 1 und 2«,<br />
Bergverlag Rother, Oberhaching<br />
2011; Sibylle Geier<br />
»Piemont, Aosta-Tal«, Reise<br />
Know-How-Verlag, Bielefeld<br />
2011<br />
Karten: Das regionale<br />
Tourismusbüro hat Wan<strong>der</strong>karten<br />
für das Aostatal im<br />
Maßstab 1:25 000, die das<br />
ges<strong>am</strong>te Tal abdecken. Erhätlich<br />
gegen eine Schutzgebühr<br />
von 2 Euro; Kompass,<br />
1:50 000, Blatt 86 »Gran<br />
Paradiso/Valle d’Aosta«,<br />
Blatt 88 »Monte Rosa«<br />
Bergsteiger extra 5
Wer im Aostatal<br />
ankommen möchte,<br />
sollte gelben Markierungen<br />
folgen.<br />
Der heimliche Star des<br />
Tals ist <strong>der</strong> Fontina-<br />
Käse. Er darf nur unter<br />
speziellen Bedingungen<br />
gefertigt werden.<br />
Schön eingebettet:<br />
<strong>der</strong> Loie-See, im<br />
Hintergrund das<br />
Mont-Blanc-Massiv<br />
und Gressoney-La-Trinité, wo im Winter<br />
Ski gefahren wird (in Breul-Cervinia<br />
auch im Sommer), sind die Liftanlagen<br />
häufig auch im Sommer in Betrieb. Hier<br />
können Wan<strong>der</strong>er, aber auch Mountainbiker<br />
zu gondelgestützten Gipfelstürmen<br />
auf brechen. Einen 360-Grad-<br />
Rundum-Panor<strong>am</strong>ablick genießen jene<br />
Bergsteiger, die den Mont Fallère nordwestlich<br />
von Aosta erklimmen: Von<br />
dem 3090 Meter hohen Berg kann man<br />
die Parade sämtlicher Viertausen<strong>der</strong> im<br />
Norden, Westen und Süden abnehmen.<br />
Dass das Besteigen hoher Berggipfel<br />
hungrig macht, muss man keinem Wan<strong>der</strong>er<br />
erklären. Die deftige Küche des<br />
Aostatals kann indes auch den großen<br />
Hunger sehr mü<strong>der</strong> Bergsteiger stillen.<br />
Speck und Schinken spielen eine gewichtige<br />
Rolle. Der »Lard d’Arnad«, ein<br />
mehrere Monate gereifter, fast weißer<br />
Schweinespeck, und <strong>der</strong> »J<strong>am</strong>bon de Bosses«,<br />
ein Schinken aus Saint-Rhémy-en-<br />
Bosses im Großen-Sankt-Bernhard-Tal,<br />
werden mit Bergkräutern gewürzt und<br />
tragen das Siegel DOP (Denominazione<br />
di Origine Protetta). Die Mocetta dagegen<br />
ist ein mageres, luftgetrocknetes Rindfleisch,<br />
das beson<strong>der</strong>s lange haltbar ist.<br />
Früher wurde die Mocetta auch aus Gämsen-<br />
fleisch hergestellt.<br />
Und sogar DOC-Qualitätswein (Denominazione<br />
di Origine Controllata) wird im<br />
Aostatal angebaut. Der »Enfer d’Arvier«<br />
beispielsweise ist ein eleganter, s<strong>am</strong>tiger<br />
Rotwein, <strong>der</strong> überwiegend aus <strong>der</strong> Reb-<br />
Ziel erreicht: Aus<br />
<strong>der</strong> Schweiz führt<br />
<strong>der</strong> Große Walserweg<br />
ins Aostatal.<br />
Auch außerhalb<br />
des Tals bekannt:<br />
Fontina-Käse aus<br />
roher Kuhmilch<br />
6 Bergsteiger extra
info<br />
Hoch über dem Aosta-Tal<br />
Fotos: C<strong>am</strong>isasca, Marco Spataro, Enrico Romanzi, Tina Warte, Fremdenverkehrs<strong>am</strong>t Aostatal<br />
sorte »Petit Rouge« hergestellt wird. Die<br />
Trauben reifen auf den Hängen rund um<br />
Arvier auf rund 1000 Metern. Und den<br />
trockenen »Nus Rouge« wusste angeblich<br />
schon Pontius Pilatus zu schätzen.<br />
Der heimliche Star aber ist <strong>der</strong> »Fontina«:<br />
Er ist auch außerhalb des Tals berühmt.<br />
Hier oben, <strong>am</strong> Ende des Valpelline-Tals in<br />
Bionaz, produzieren Chantal und Leo Bétemps<br />
auf ihrem Hof den würzigen Käse<br />
aus roher Kuhmilch mit <strong>der</strong> geschützten<br />
Ursprungsbezeichnung DOP. Das heißt,<br />
dass Fontina nur im Aostatal unter ganz<br />
bestimmten Bedingungen gefertigt werden<br />
darf. Der kleine F<strong>am</strong>ilienbetrieb <strong>der</strong><br />
Bétemps beherrscht dies wie kaum ein<br />
zweiter: Für seinen zart schmelzenden,<br />
goldgelb leuchtenden Käse hat das Ehepaar<br />
schon viele Auszeichnungen bekommen.<br />
In den Sommermonaten lebt<br />
die fünfköpfige F<strong>am</strong>ilie mit Kühen und<br />
Ziegen auf <strong>der</strong> Alm in gut 2000 Metern<br />
Höhe. »Wir melken zweimal täglich«,<br />
sagt Chantal Bétemps, »anschließend<br />
machen wir den Fontina.« Im kühlen<br />
Keller reifen die Acht-Kilo-Laibe. Anfangs<br />
werden sie jeden Tag mit Salzlake<br />
abgewaschen, später noch zweimal<br />
die Woche. Die Produktion von Käse ist<br />
sehr aufwendig, doch Chantal Bétemps<br />
sagt, sie könne sich kein an<strong>der</strong>es Leben<br />
vorstellen. Und Gourmets und hungrige<br />
Bergsteiger können dankbar sein, dass es<br />
Menschen wie Chantal und Leo gibt. ◀<br />
Man braucht ziemlich viel<br />
Zeit, vor allem aber braucht<br />
man ordentlich Kondition<br />
und Muskeln in den Beinen:<br />
Wer sich das komplette<br />
Aostatal auf den Höhenwegen<br />
Nr. 1 und 2 erwan<strong>der</strong>n<br />
will, <strong>der</strong> schafft das nicht in<br />
einer Woche und auch nicht<br />
in zweien. Aus 17 Etappen<br />
besteht <strong>der</strong> Höhenweg 1,<br />
<strong>der</strong> »Weg <strong>der</strong> Riesen«, <strong>der</strong><br />
sich von Donnas über Gressoney-St.-Jean<br />
und<br />
Ollomont nach Courmayeur<br />
schlängelt. Der Höhenweg 2,<br />
<strong>der</strong> als »Weg <strong>der</strong> Naturschönheiten«<br />
bezeichnet<br />
wird und von Courmayeur im<br />
Süden über La Thuile, Cogne<br />
und Ch<strong>am</strong>porcher nach<br />
Donnas verläuft, hat weitere<br />
14 Etappen. Insges<strong>am</strong>t<br />
dauert es also viereinhalb<br />
Wochen, das Aostatal im<br />
Schatten <strong>der</strong> faszinierenden<br />
Viertausen<strong>der</strong> wie Mont<br />
Blanc, Monte Rosa o<strong>der</strong><br />
Matterhorn einmal zu umrunden<br />
– ohne Rasttag.<br />
330 Kilometer sind die beiden<br />
Höhenwege insges<strong>am</strong>t<br />
lang, meist verlaufen sie in<br />
einer Höhe von 2000 bis<br />
3000 Metern, in Ausnahmen<br />
windet sich <strong>der</strong> Weg sogar<br />
auf 3300 Meter hoch. Dabei<br />
überwinden sie insges<strong>am</strong>t<br />
rund 24 000 Höhenmeter in<br />
alpiner Landschaft, durchmessen<br />
wilde Naturparks<br />
mit seltener Tier- und Pflanzenwelt<br />
und führen vorbei<br />
an pittoresken Dörfern und<br />
historischen Berghütten.<br />
Begehbar ist die Strecke nur<br />
in <strong>der</strong> warmen Jahreszeit,<br />
abhängig von <strong>der</strong> Witterung.<br />
Weniger geübte Wan<strong>der</strong>er<br />
sollten sich zunächst Einzeletappen<br />
vornehmen.<br />
Einmal im Jahr indes folgt<br />
den auffälligen gelben<br />
Dreiecksmarkierungen<br />
eilig eine Schar Menschen,<br />
die keinen Blick für die<br />
Naturschönheiten und<br />
faszinierenden Bergkulissen<br />
<strong>der</strong> Gegend hat. Beim<br />
Ultra-Berglauf »Tor des<br />
Géants« (www.tordesgeants.<br />
it/de, 8. bis 15. 9. 2013)<br />
bleiben den 550 Teilnehmern<br />
maximal 150 Stunden<br />
Zeit, um sämtliche Etappen<br />
<strong>der</strong> Runde zu absolvieren.<br />
Der Sieger benötigte 2012<br />
gerade mal die Hälfte dieser<br />
Zeit: Er k<strong>am</strong> schon nach 75<br />
Stunden ins Ziel.<br />
Bergsteiger extra 7
Der Süden<br />
Naturparks Gran Paradiso und Mont Avic<br />
Das Tier im Visier<br />
Steinböcke, Murmeltiere,<br />
Birkhühner – in den Naturparks<br />
Gran Paradiso und<br />
Mont Avic im Süden des<br />
Aosta tals können Naturliebhaber<br />
seltene Tiere in freier<br />
Wildbahn beobachten.<br />
8 Bergsteiger extra
Falsche Richtung:<br />
Den Wan<strong>der</strong>ern<br />
entgeht <strong>der</strong> Blick auf<br />
Grandes Jorasses und<br />
Dent du Géant.<br />
Gipfelparade mit<br />
Gran Paradiso (li.),<br />
dem Höchsten <strong>der</strong><br />
Grajischen <strong>Alpen</strong><br />
Fotos: Diego Cesare, Coop. Habitat<br />
Der Wecker hat früh geklingelt<br />
an diesem Morgen, normalerweise<br />
würde man sagen:<br />
zu früh. Noch vor Beginn <strong>der</strong><br />
Morgendämmerung geht es<br />
hinaus in die kühle Luft, auf schmalen<br />
Pfaden immer bergan, hinauf auf rund<br />
2100 Meter, wo selbst die Bergkiefern<br />
nur mehr spärlich gedeihen. »Hier oben<br />
leben sie«, sagt Massimo Bocca, <strong>der</strong> Direktor<br />
des Naturparks Mont Avic. Man ist auf<br />
<strong>der</strong> Suche nach den heimlichen Stars des<br />
Parks, fasanenartigen Vögeln mit blauschwarzem<br />
Gefie<strong>der</strong> und einem knallroten<br />
Fleck <strong>am</strong> Kopf: dem Birkhuhn. Um<br />
einmal im Leben einen Vertreter dieser<br />
wun<strong>der</strong>schönen, aber raren Vogelart zu<br />
sehen, steht man nun, um fünf Uhr früh,<br />
schon <strong>am</strong> Berg. Wenn man zur richtigen<br />
Zeit, nämlich im Mai o<strong>der</strong> Juni, einem<br />
ortskundigen Führer folgt, wenn man<br />
seiner Begeisterung über die morgendliche<br />
Bergidylle nicht allzu laut Ausdruck<br />
verleiht und darüber hinaus noch etwas<br />
Glück hat, kann man Birkhühner hier<br />
noch in freier Wildbahn erleben – o<strong>der</strong><br />
zumindest kullern hören.<br />
Nationalpark Nummer eins<br />
Der Süden des Aostatals wird geprägt<br />
von zwei Naturparks, dem Nationalpark<br />
Gran Paradiso und dem Regionalpark<br />
Mont Avic. Die Natur wird hier schon seit<br />
vielen Jahrzehnten auf beson<strong>der</strong>e Weise<br />
geschützt. Der Nationalpark Gran Paradiso,<br />
<strong>der</strong> sich rund um das Massiv des 4061<br />
Meter hohen Gran Paradiso erstreckt<br />
und sich über die Täler von Cogne, Valgrisenche,<br />
Valsavarenche und Rhêmes<br />
hinzieht, ist <strong>der</strong> älteste Naturpark Italiens.<br />
Dabei galt die Steinbock-Population<br />
Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts hier schon<br />
fast als ausgerottet. Dem zu Mehl zerriebenen<br />
Horn <strong>der</strong> Tiere wurden aphrodisierende<br />
Wirkungen nachgesagt, und auch<br />
das Fleisch <strong>der</strong> Jungtiere galt als Delikatesse.<br />
1856 wurde das Areal zum königlichen<br />
Jagdrevier erklärt und so zunächst<br />
dem Volk die unkontrollierte Hatz auf<br />
die majestätischen Tiere verboten. König<br />
Vittorio Emanuele II. ließ breite<br />
Wege anlegen und reiste jeden Sommer<br />
ins Aostatal, um selbst exzessiv <strong>der</strong> Jagd<br />
tipp<br />
Gute Adressen für<br />
Abend und Nacht<br />
Hotel Sant’Orso, Cogne, Via Bourgeois, 2.<br />
Tel. 00 39/01 65/7 48 21, info@cognevwvacance.com,<br />
www.cognevacanze.<br />
com. Hotel mit schönem Blick zum Gran<br />
Paradiso, in guter Ausgangslage für Wan<strong>der</strong>ungen.<br />
Am Abend finden die müden<br />
Beine im neuen Spa stilvoll Erholung.<br />
Ristorante Lou Bequet, Cogne, Fraz.<br />
Cretaz, 93. Tel. 00 39/01 65/7 46 51,<br />
info@loubequet.it, www.loubequet.it.<br />
Dienstagabend und mittwochs geschlossen.<br />
Küchenmeister Marco Stefenelli hat<br />
einst in Bonn für Helmut Kohl und Angela<br />
Merkel gekocht. Dann kehrte er in seine<br />
Heimat zurück und eröffnete im Cogne-<br />
Tal eines <strong>der</strong> besten und beliebtesten<br />
Restaurants <strong>der</strong> Gegend. Empfehlenswert:<br />
das Risotto mit Bleu d’Aoste und<br />
die Crema de Cogne.<br />
Bergsteiger extra 9
Touren<br />
Tal <strong>der</strong> Vielfalt<br />
Markante Gipfel, romantische Seen und viel zu entdecken<br />
für Tierfreunde: Willkommen in Süd-Aosta<br />
1 Zum Rifugio Vittorio Sella<br />
(2588 m)<br />
▶ schwierig 1–2 Tage<br />
900 Hm +10 J.<br />
Charakter: Die Runde zur ehemaligen<br />
königlichen Jagdhütte Viktor Emanuels<br />
II. im Naturpark Gran Paradiso ist<br />
einer <strong>der</strong> Klassiker des Cogne-Tals –<br />
und eine <strong>der</strong> besten Gelegenheiten,<br />
um Gemsen, Murmeltiere und Steinböcke<br />
zu sehen. Der Weg ist teilweise<br />
ausgesetzt.<br />
Ausgangspunkt: Cogne o<strong>der</strong> Valnontey<br />
(1674 m)<br />
Anfahrt: über Aymavilles ins Cogne-<br />
Tal bis Cogne, dort o<strong>der</strong> in Valnontey<br />
parken<br />
Route: Von Valnontey <strong>am</strong> gleichn<strong>am</strong>igen<br />
Flüsschen entlang in Richtung<br />
Süden, über die Brücke Pont des<br />
Erfaulets auf die an<strong>der</strong>e Seite des<br />
Flusses, bergan Richtung L’Herbetet<br />
(2441 m). Über teils ausgesetzte<br />
Passagen zu einem <strong>der</strong> breiten königlichen<br />
Reitwege. Leicht bergab zum<br />
Rifugio. Übernachtung auf <strong>der</strong> Hütte<br />
o<strong>der</strong> Abstieg entlang des Flüsschens<br />
Gran Lauson<br />
Einkehr: Rifugio Vittorio Sella, www.<br />
rifugiosella.com/indexinveng.html;<br />
geöffnet in <strong>der</strong> Regel ab <strong>der</strong> Woche<br />
vor Ostern bis Ende September (witterungsabhängig)<br />
2 Rundweg zum Lac de Loie und<br />
den Wasserfällen von Lillaz<br />
▶ mittel 5½ Std.<br />
600 Hm ––<br />
= leicht = mittelschwer = schwierig<br />
Charakter: schöne Rundtour mit Blick<br />
auf den Mont Blanc und tosendem<br />
Abschluss<br />
Ausgangspunkt: Lillaz (1640 m)<br />
Anfahrt: über Aymavilles ins Cogne-Tal<br />
bis Cogne, dann weiter bis nach Lillaz<br />
Route: Lillaz – entlang des Flusses<br />
Urthier – Loie – Lac de Loie – Alpage<br />
Bardonaye. Abstieg entlang des<br />
Flüsschens Bardonaye und Urthier –<br />
Wasserfälle von Lillaz – Lillaz<br />
Einkehr: –<br />
3 Auf die Pointe Rousse<br />
(3625 m)<br />
▶ schwierig 10 Std.<br />
2000 Hm ––<br />
Charakter: ein Dreitausen<strong>der</strong> für<br />
beson<strong>der</strong>s konditionsstarke, geübte<br />
Geher. Für Wasser- und Tierfreunde!<br />
Ausgangspunkt: Cogne<br />
Anfahrt: über Aymavilles ins Cogne-<br />
Tal, weiter bis Cogne<br />
Route: Cogne – Valnontey – Flusstal<br />
des Grand Lauson – Rifugio Vittorio<br />
Sella – Col de la Rousse – Gipfel des<br />
Pointe Rousse. Abstieg nach Cretaz,<br />
Cogne<br />
Einkehrmöglichkeit: Rifugio Vittorio<br />
Sella<br />
4 Unterwegs im Naturpark Mont<br />
Avic<br />
▶ mittel 5 Std.<br />
550 Hm +8 J.<br />
Charakter: schöne F<strong>am</strong>ilienwan<strong>der</strong>ung<br />
im Naturpark Mont Avic. Wer<br />
leise auf den Wegen unterwegs ist,<br />
kann womöglich Gemsen, Steinböcke<br />
o<strong>der</strong> ein Birkhuhn sehen.<br />
Ausgangspunkt: Besucherzentrum<br />
des Naturpars Mont Avic (www.montavic.it),<br />
Covarey<br />
Anfahrt: über Verrès und Ch<strong>am</strong>pdepraz<br />
nach Covarey (1264 m)<br />
Route: Covarey – La Servaz dessous –<br />
Lac de Servaz (1802 m) – retour<br />
Einkehr: –<br />
5 Aussichtstour auf den<br />
Mt. Barbeston (2483 m)<br />
▶ mittel 8 Std.<br />
1200 Hm ––<br />
Charakter: eine Tour mit Aussicht:<br />
Vom Mt. Barbeston hat man alle<br />
wichtigen Viertausen<strong>der</strong> im Blick, mit<br />
Ausnahme des Gran Paradiso<br />
Ausgangspunkt: Besucherzentrum<br />
des Naturpars Mont Avic, Covarey<br />
(1264 m)<br />
Anfahrt: über Verrès und Ch<strong>am</strong>pdepraz<br />
nach Covarey (1300 m)<br />
Route: Covarey – Pra Oursie (1794<br />
m) – Col de Valmeriana (2290 m) –<br />
Mont Barbeston (2483 m) – retour<br />
Einkehr: –<br />
Vor allem im Frühjahr wagen<br />
sich die Tiere auf <strong>der</strong> Suche<br />
nach dem ersten frischen,<br />
grünen Gras weit ins Tal hinab.<br />
zu frönen. Erst sein Enkel übergab das<br />
Areal dem italienischen Staat, <strong>der</strong> das<br />
rund 72 000 Hektar große Gelände 1922<br />
zum ersten Nationalpark Italiens erklärte<br />
und schützte.<br />
Heute haben sich die Tierbestände wie<strong>der</strong><br />
erholt. Wer auf den Wan<strong>der</strong>wegen<br />
vor allem im Cogne-Tal und in Valsavarenche<br />
unterwegs ist, kann in <strong>der</strong> Regel<br />
Murmeltiere, Steinböcke und Gämsen<br />
sehen. Vor allem im Frühjahr wagen sich<br />
die Tiere auf <strong>der</strong> Suche nach dem ersten<br />
frischen, grünen Gras weit ins Tal hinab.<br />
Außerdem leben Steinadler hier, und<br />
sogar <strong>der</strong> Bartgeier, <strong>der</strong> Anfang des 20.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts bereits verschwunden war,<br />
fliegt dank eines Wie<strong>der</strong>einführungsprojektes<br />
nun wie<strong>der</strong> durchs Aostatal. »Man<br />
kann hier einen Monat lang wan<strong>der</strong>n<br />
und macht trotzdem nie dieselbe Tour«,<br />
sagt Nicola Gérard, Bergführer in Cogne,<br />
schließlich gibt es rund 600 Kilometer<br />
Wan<strong>der</strong>wege in <strong>der</strong> Gegend. »Und es gibt<br />
sie in allen Schwierigkeitsgraden«, sagt<br />
Gérard, Klettertouren und Klettersteige<br />
inklusive.<br />
Natürlicher Kühlschrank<br />
Cogne, das auf 1534 Metern liegt, gilt als<br />
Hauptstädtchen des Nationalparks, es<br />
liegt in einer weiten, grünen Mulde des<br />
10 Bergsteiger extra
Zum Glück keine<br />
Seltenheit mehr im<br />
südlichen Aostatal:<br />
<strong>der</strong> Steinbock<br />
Beliebter Stützpunkt:<br />
das Rifugio<br />
Bonatti im Seitental<br />
Val Ferret<br />
Anemone im tierund<br />
pflanzenreichen<br />
Aostatal<br />
Spezielle Hausarchitektur<br />
in Valnontey<br />
bei Cogne<br />
Fotos: Enrico Romanzi, Fremdenverkehrs<strong>am</strong>t Aostatal<br />
eigentlich engen Tals. Viele Besucher<br />
mieten sich in den Hotels des Ortes ein<br />
und starten von hier ihre Bergtouren. In<br />
<strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Gemeinde wurde bis 1979<br />
in den Eisenerzminen gearbeitet. D<strong>am</strong>als<br />
lebten rund 3000 Menschen in <strong>der</strong><br />
Gegend, heute sind es noch 1500. Es geht<br />
beschaulich zu in <strong>der</strong> kleinen Gemeinde<br />
mit den kopfsteingepflasterten Wegen.<br />
Im älteren Dorfteil sieht man noch heute<br />
jene speziellen Gebäude, in denen die<br />
Bewohner jahrzehntelang ihre Vorräte<br />
auf bewahrten, auch ohne Elektrizität:<br />
Holzhäuser mit breiten Spalten zwischen<br />
den Balken, durch die im Winter <strong>der</strong> kalte,<br />
trockene Wind pfiff. »Es funktionierte<br />
im Grunde wie ein Kühlschrank«, erklärt<br />
Hotelier Filippo Gérard, dessen F<strong>am</strong>ilie<br />
seit Jahrhun<strong>der</strong>ten in Cogne lebt. Bis<br />
Mitte Dezember buken die Dorf bewohner<br />
Brotvorräte für das ganze folgende<br />
Jahr. Das Brot und die Mocetta, eine ge-<br />
trocknete Rindfleisch-Spezialität, die<br />
auch heute noch serviert wird, wurden<br />
in den bestens durchlüfteten Häusern<br />
monatelang auf bewahrt. Natürlich war<br />
das Brot schon bald steinhart, aber es verdarb<br />
nicht. Die Menschen hackten sich<br />
Brocken von den Laiben ab und konnten<br />
die Stücke essen, nachdem sie sie in Suppe<br />
aufgeweicht hatten.<br />
Von Cogne aus führt eine Seilbahn auf<br />
den Montseuc (2333 m), jenen Gipfel, <strong>der</strong><br />
das Dörfchen Cogne überragt. F<strong>am</strong>ilien<br />
empfiehlt Nicola Gérard eine gemütliche<br />
Wan<strong>der</strong>runde mit Panor<strong>am</strong>ablick über<br />
das Gipfelplateau. Aber sogar <strong>am</strong>bitionierte<br />
Botaniker sind im Nationalpark<br />
»Gran Paradiso« anzutreffen: Sie sind auf<br />
<strong>der</strong> Suche nach »Aethionema thomasianum«,<br />
einer kleinen Staude mit rosafarbenen<br />
Blüten, die fast ausschließlich hier<br />
gedeiht und im Juli blüht. »Das Aostatal<br />
nimmt nur ein Prozent <strong>der</strong> Fläche Italiens<br />
ein«, sagt Nicola Gérard, »trotzdem<br />
wachsen hier 40 Prozent aller Arten des<br />
Landes.« In Valnontey, unweit von Cogne,<br />
kann man dagegen seltene <strong>Alpen</strong>blumen<br />
bewun<strong>der</strong>n, ohne große körperliche<br />
Anstrengungen unternehmen zu<br />
müssen: Im botanischen Garten »Paradisia«<br />
wachsen rund 1000 verschiedene<br />
Gebirgspflanzenarten.<br />
1200 Arten Schmetterlinge<br />
Auch im östlich angrenzenden Mont<br />
Avic, dem ersten Regionalpark des Aostatals,<br />
sind Bergsteiger gerne unterwegs.<br />
Rund 100 Kilometer Wege führen durch<br />
das 5800 Hektar große Gelände des Chal<strong>am</strong>y-<br />
und des Dondena-Tals. Und während<br />
man im Norden, bei Ch<strong>am</strong>pdepraz,<br />
weite Wäl<strong>der</strong>, aber auch unterschiedliche<br />
Feuchtgebiete, Flüsse und Seen erleben<br />
kann, durchstreift man im Süden die klassische<br />
hochalpine, von Felsen und Erosion<br />
geprägte Bergkulisse. Nicht selten mutet<br />
diese karge Landschaft, die sich bis auf<br />
3185 Meter erstreckt, eigentümlich an:<br />
»Moore sind in dieser Höhe beson<strong>der</strong>s ungewöhnlich«,<br />
sagt Massimo Bocca, Direktor<br />
des Naturparks. Aber auch die Ophioliten-Vorkommen,<br />
ein seltenes, graugrün<br />
schimmerndes Gestein, und <strong>der</strong> größte<br />
Bergkiefernwald Italiens geben dem Naturpark<br />
einen beson<strong>der</strong>en Charakter. Allein<br />
1200 Arten Schmetterlinge flattern<br />
hier umher, 90 Vogel- und 120 Käferarten<br />
sind unterwegs – eine Tour durch den<br />
Park ist ein Muss für jeden Naturliebhaber.<br />
Und <strong>am</strong> Ende wird sie vielleicht sogar<br />
zur Sternstunde: Wenn man ein o<strong>der</strong><br />
zwei <strong>der</strong> knapp hun<strong>der</strong>t hier lebenden<br />
Birkhähne nicht nur hört, son<strong>der</strong>n sogar<br />
bei ihrer Balz beobachten kann. ◀<br />
Bergsteiger extra 11
Der Norden<br />
Umrahmt von Viertausen<strong>der</strong>n<br />
Reich <strong>der</strong> Berge<br />
und Burgen<br />
Im Norden des Aostatals<br />
erheben sich <strong>der</strong> Mont<br />
Blanc, <strong>der</strong> Grand Combin,<br />
das Matterhorn und<br />
<strong>der</strong> Monte Rosa zu einer<br />
spektakulären Kulisse<br />
<strong>der</strong> Viertausen<strong>der</strong><br />
tipp<br />
Zu Besuch im<br />
Norden Aostas<br />
Chalet du Lys, Gressoney-la-Trinité,<br />
Loc. Staffal 14. Tel. 00 39/01 25/36 68 06,<br />
info@chaletdulys.it, www.chaletdulys.it.<br />
Angenehmes Hotel ganz <strong>am</strong> Ende des<br />
Gressoney-Tals, idealer Ausgangspunkt<br />
für zahlreiche Wan<strong>der</strong>ungen und Touren<br />
Hotel La Torretta, Challand-Saint-<br />
Anselme, Fraz. Maè, 8. Tel. 00 39/01 25/<br />
96 52 18, info@latorrettahotel.com,<br />
www.latorrettahotel.com. Charmantes<br />
Haus im Ayas-Tal, eigene Produkte im<br />
Restaurant, unmittelbar <strong>am</strong> Wan<strong>der</strong>weg<br />
Ru d’Arlaz<br />
Le Petit Relais, Valpelline, Loc. Cheillon,<br />
16. Tel. 00 39/01 65/71 30 02,<br />
info@petitrelaisvaldaosta.it, www.petitrelaisvaldaosta.it.<br />
Sehr kleines, exquisites<br />
Relais mit luxuriösem Spa im ursprünglichen<br />
Valpelline-Tal<br />
Hotel-Restaurant Le Lievre <strong>am</strong>oureux,<br />
Valpelline, Loc. Chozod, 12. Tel. 00 39/<br />
01 65/71 39 66, info@lievre.it,<br />
www.lievre.it. Im »verliebten Hasen« kredenzen<br />
die Wirtsleute Cretaz die berühmte<br />
»Seupa à la Vapelenentse«, die Valpelliner<br />
Suppe mit Fontina-Käse, Kohl und Brot.<br />
Restaurant La Capanna Carla,<br />
Gressoney-La-Trinité, Loc. Ciaval, 33,<br />
Tel. 00 39/01 25/36 61 30, info@<br />
capannacarla.it, www.capannacarla.it.<br />
1696 wurde das Haus gebaut, in dem<br />
Gigi Barozzi heute deftige Spezialitäten<br />
des Aostatals serviert, unter an<strong>der</strong>em<br />
Mocetta und Sal<strong>am</strong>i vom Esel.<br />
12 Bergsteiger extra
Blickfang: die<br />
Tornalla-Burg bei<br />
Oyace, eine von<br />
rund 80 Burgen im<br />
Aostatal<br />
Typisch Val d‘Ayas:<br />
die Häuser sind<br />
ein Mix aus Stein<br />
und Holz<br />
Gibt einen guten<br />
Einblick in das<br />
Leben <strong>der</strong> Walser:<br />
das Dorf <strong>Alpen</strong>zu<br />
Fotos: Natura Alp, Roberto <strong>Maggioni</strong>/<strong>Maggioni</strong> <strong>Tourist</strong> <strong>Marketing</strong>, Fremdenverkehrs<strong>am</strong>t Aostatal<br />
Sie hatten ihre Bürojobs in Turin,<br />
eine Wohnung, ein urbanes Leben.<br />
Doch irgendwann hatten<br />
Eliana Fiorini und Marco Tesoro<br />
keine Lust mehr. Der Lärm, <strong>der</strong><br />
Dreck, <strong>der</strong> Stress, alles war ihnen zu viel.<br />
Sie ließen ihr altes Leben zurück, zogen<br />
aufs Land und begannen von vorne: auf<br />
dem abgeschiedenen Bergbauernhof »La<br />
Tza« in Bionaz im Valpelline-Tal, mit einer<br />
kleinen Herde Ziegen. »Es ist einfach ein<br />
ganz an<strong>der</strong>es Leben«, sagt Eliana Fiorini<br />
glücklich, im Arm trägt sie ein kleines<br />
Zicklein. Seit gut einem Jahr leben sie nun<br />
hier auf 1765 Metern, im Sommer werden<br />
sie wohl rund 50 Ziegen haben. Zurück in<br />
die Stadt? Da lacht Eliana nur – was für<br />
eine absurde Vorstellung.<br />
Nördlich von Aosta, <strong>der</strong> Hauptstadt des<br />
Tals, wird die Landschaft schroff und<br />
steil. Von Aosta aus zieht sich das Tal des<br />
Großen St. Bernhard nach Nordwesten<br />
bis hinauf zum Großen-St.-Bernhard-Pass<br />
(2473 m), <strong>der</strong> Passage zwischen dem Mont-<br />
Blanc-Massiv (4804 m) und dem Grand<br />
Combin (4314 m), über den schon die Römer<br />
zu Zeiten Christi zogen. Reste <strong>der</strong> römischen<br />
Trasse sind noch heute zu sehen.<br />
Im Mittelalter pausierten Pilger auf ihrer<br />
Wallfahrt nach Rom hier oben im Hospiz<br />
<strong>der</strong> Augustinermönche, und im Mai 1800<br />
marschierte Napoleon Bonaparte mit<br />
30 000 Soldaten über den Pass.<br />
Immer mit Haube<br />
Ganz im Nordosten dagegen zieht sich mit<br />
dem Gressoney-Tal ein sehr schmales Tal<br />
weit in die Berge hinein. Immer wie<strong>der</strong><br />
trifft man hier auf die Merkmale <strong>der</strong> Walserkultur:<br />
die spezielle Architektur und<br />
zweisprachige Beschriftungen. An Festtagen<br />
tragen die Menschen eine schwarzrote<br />
Tracht, zu <strong>der</strong> bei den Frauen stets eine<br />
prachtvolle goldene Haube gehört. Wer<br />
auf knapp 1800 Metern zum Walserdorf<br />
<strong>Alpen</strong>zu aufsteigt, erfährt, wie die Menschen<br />
früher hier lebten: in ein paar Häusern<br />
rund um den Dorfplatz mit Brunnen,<br />
einer kleinen, pittoresken Kapelle<br />
und dem atemberaubenden Blick auf die<br />
stets schneebedeckten Gipfel des Monte<br />
Rosa (4559 m) <strong>am</strong> Ende des Tals. Hier<br />
führt auch <strong>der</strong> Große Walserpfad vorbei,<br />
ein Weitwan<strong>der</strong>weg auf den Spuren <strong>der</strong><br />
Walser. Der Monte Rosa bildet die Barriere<br />
zwischen Italien und <strong>der</strong> Schweiz, nicht<br />
nur im Gressoney-Tal. Auch das Ayas-Tal,<br />
das sich parallel zum Gressoney-Tal im<br />
Westen in die Berge schlängelt, wird von<br />
<strong>der</strong> beeindruckenden Kulisse dominiert.<br />
Das Ayas-Tal ist bei all jenen beliebt, die<br />
ihre Touren gerne etwas gemütlicher angehen:<br />
Es ist etwas weiter und weniger<br />
steil als die an<strong>der</strong>en Täler des Aostatals.<br />
Entlang flach verlaufen<strong>der</strong> Bewässerungskanäle<br />
aus dem Mittelalter, etwa dem Ru<br />
Courtod und Ru Herbal, kann man<br />
Bergsteiger extra 13
Touren<br />
Tal <strong>der</strong> Viertausen<strong>der</strong><br />
Umrahmt von Riesen wie Mont Blanc und<br />
Monte Rosa bietet Nord-Aosta viele Optionen.<br />
1 Zum Walserdorf <strong>Alpen</strong>zu<br />
Grande (1779 m)<br />
▶ leicht 2½ Std.<br />
380 Hm +8 J.<br />
Charakter: Tour nach <strong>Alpen</strong>zu (www.<br />
alpenzu.it) für die ganze F<strong>am</strong>ilie, auf<br />
<strong>der</strong> es allerhand zu sehen gibt: einen<br />
Wasserfall, alte Lärchen, ein nahezu<br />
perfekt erhaltenes Walserdorf und das<br />
Massiv des Monte Rosa<br />
Ausgangspunkt: Tschemenoal<br />
(1407 m)<br />
Anfahrt: ins Gressoney-Tal. Der kleine<br />
Weiler Tschemenoal liegt zwei Kilometer<br />
nördlich von Gressoney-St.-Jean<br />
Route: Von <strong>der</strong> Hauptstraße durch<br />
den Laubwald bergan, im Zickzack auf<br />
das historische Dorf zu, Rückweg auf<br />
demselben Pfad<br />
Einkehr: Rifugio <strong>Alpen</strong>zu, geöffnet von<br />
Ende Juni bis Anfang September<br />
2 Ins Tal <strong>der</strong> Fürsten (2237 m)<br />
▶ mittel 6 Std.<br />
910 Hm ––<br />
Charakter: eine landschaftlich sehr<br />
abwechslungsreiche Wan<strong>der</strong>ung entlang<br />
einiger Almen, von denen im Sommer<br />
auch einige bewirtschaftet sind<br />
Ausgangspunkt: Valdobbia (1327 m)<br />
bei Gressoney-St.-Jean<br />
Anfahrt: Die Wan <strong>der</strong>ung beginnt im<br />
kleinen Ort Vald obbia gegenüber <strong>der</strong><br />
Straße, die zum Savoyer-Schloss führt.<br />
Route: durch den Wald bergan, an<br />
einer Kreuzung rechts, über die Weiten<br />
von Skeärpie Inferiore (2065 m),<br />
nach Skeärpie Superiore (2147 m),<br />
zur »Alpage Bronne« (2237 m)<br />
3 Rifugio Quintino Sella (3585 m)<br />
▶ schwierig 7 Std.<br />
1000 Hm ––<br />
Charakter: eine luftige, ausgesetzte<br />
Panor<strong>am</strong>a-Kletterei für Schwindelfreie<br />
und Trittsichere zu einer jener Hütten,<br />
von denen Alpinisten zu einem <strong>der</strong><br />
Gipfel des Monte Rosa starten. Nur<br />
mit entsprechen<strong>der</strong> Ausrüstung<br />
Ausgangspunkt: Bergstation Col<br />
Bettaforca (2612 m), für Gehfreudige<br />
die Talstation Staffal. Vorab Abfahrtszeiten<br />
<strong>der</strong> Bergbahnen überprüfen!<br />
Anfahrt: ins Gressoney-Tal. Parkplatz<br />
in Staffal ganz <strong>am</strong> Ende des Tals<br />
Route: Bergstation des Sessellifts –<br />
rechts an einem kleinen See vorbei –<br />
über den Grat, <strong>der</strong> die Wasserscheide<br />
zwischen dem Gressoney- und dem<br />
Ayas-Tal markiert, zum Rifugio Quintino<br />
Sella mit Blick auf den Monte-<br />
Rosa-Gipfel – Castor – retour<br />
Einkehr: Rifugio Quintino Sella, www.<br />
rifugioquintinosella.com, geöffnet<br />
Ende Juni bis Anfang September<br />
(witterungsabhängig)<br />
4 Alpe Tsa de Tsan (2913 m)<br />
▶ mittel 4 Std.<br />
1050 Hm ––<br />
Charakter: Der Stausee Place Moulin<br />
schillert bei schönem Wetter faszinierend<br />
türkisgrün. Auch weiter oben trifft<br />
man in wildromantischer Gegend auf<br />
viel Wasser, das von den Gletschern<br />
abschmilzt.<br />
Ausgangspunkt: Talsperre Place<br />
Moulin (1986 m)<br />
Anfahrt: von Aosta nach Valpelline,<br />
Bionaz und zur Talsperre Place Moulin<br />
Route: Talsperre – entlang des Stausees<br />
– Rifugio Prarayer – ins Flußtal<br />
des Buthier – Rifugio Aosta – Alpe Tsa<br />
de Tsan (2913 m) – retour<br />
Einkehr: Locanda Place Moulin,<br />
Rifugio Prarayer, Rifugio Aosta<br />
5 Crête Sèche (3080 m)<br />
▶ schwierig 8 Std.<br />
1400 Hm +10 J.<br />
Charakter: Der Klettersteig führt an<br />
einer Wasserscheide entlang, die<br />
zugleich die Schweizer Grenze ist, ein<br />
luftiger Felsgrat mit schöner Aussicht.<br />
Das Hochtal wird von den Felsgipfeln<br />
des Morion und des Vierge beherrscht.<br />
Ausgangspunkt: Ruz (1696 m)<br />
Anfahrt: von Aosta ins Valpelline-Tal,<br />
weiter nach Bionaz, Gemeinde Ruz<br />
Route: Ruz – Rifugio Crête Sèche –<br />
Biwak Spataro – Dents d’Oyace – Plan<br />
Plat – Rifugio Crête Sèche – Ruz<br />
Einkehr: Rifugio Alpino Crête Sèche<br />
(www.rifugiocreteseche.it), Restaurant<br />
Lac Lexert, Restaurant La Tour (Oyace)<br />
= leicht = mittelschwer = schwierig<br />
Blickfang: <strong>der</strong> türkisblaue<br />
Stausee<br />
»Place Moulin«<br />
entspannt dahinwan<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> den Wasserläufen<br />
mit dem Mountainbike folgen.<br />
Weniger gemäßigt geht es im Valpelline-<br />
Tal zu. Es verläuft von Aosta aus nordöstlich,<br />
sein Ende wird von Dent d’Hérens<br />
(4171 m) und Matterhorn (4478 m) markiert,<br />
während sich <strong>am</strong> Fuße dieser Viertausen<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Stausee »Place Moulin«<br />
(1960 m) gut vier Kilometer lang erstreckt.<br />
Der 1965 gebaute D<strong>am</strong>m ist rund 150<br />
Meter hoch und staut den Fluss Buthier<br />
für die Energiegewinnung auf. Von <strong>der</strong><br />
Talsperre aus starten viele Touren in die<br />
umliegenden Berge, denn mit dem Auto<br />
kommt man hier nicht mehr weiter. Wer<br />
zunächst <strong>am</strong> Wasser entlangwan<strong>der</strong>t,<br />
kann seine Augen kaum abwenden vom<br />
türkis schillernden Wasser des künstlich<br />
aufgestauten Sees. Wer dem Weg entlang<br />
des Flusses weiter folgt, kann etwa zum<br />
Rifugio Aosta (2788 m) hinaufsteigen.<br />
Lieferant von Gletscherwasser<br />
Die Kulisse <strong>der</strong> schneebedeckten Dreiund<br />
Viertausen<strong>der</strong>, die sich auf allen<br />
Seiten über den sattgrünen Almwiesen<br />
erheben, ist bei je<strong>der</strong> Tour faszinierend.<br />
Selbst im Sommer trifft <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>er<br />
immer wie<strong>der</strong> auf Eis: »In Kubikmetern<br />
Fotos: Natura Alp, Fremdenverkehrs<strong>am</strong>t Aostatal<br />
14 Bergsteiger extra
Nichts für Einsteiger:<br />
<strong>der</strong> aussichtsreiche<br />
Klettersteig<br />
»Crête Sèche«<br />
info<br />
gemessen haben wir in Valpelline das<br />
meiste Gletschereis des Aostatals«, sagt<br />
Daniele Pieiller, Hüttenwirt des Rifugio<br />
Crête Sèche (2410 m) oberhalb von Bionaz.<br />
Wie in den an<strong>der</strong>en Tälern, so wird<br />
auch hier das abtauende Eis in kleinen<br />
Kanälen bis hinunter ins Haupttal geleitet.<br />
Denn auch dort sind Nie<strong>der</strong>schläge<br />
rar, und so ist, wer Landwirtschaft betreibt,<br />
auf das Gletscherwasser aus den<br />
umliegenden Hochtälern angewiesen.<br />
Pieiller ist nicht nur Hüttenwirt, son<strong>der</strong>n<br />
auch Präsident von »NaturaValp«, einem<br />
Verband, <strong>der</strong> sich die nachhaltige und<br />
ökologisch verträgliche Entwicklung des<br />
Tals auf die Fahnen geschrieben hat. Vor<br />
einem Jahr haben sich einige Hoteliers,<br />
Gastronomen und Produzenten des Valpelline-Tals<br />
zus<strong>am</strong>mengetan: Sie wollen<br />
keinen Massentourismus in ihrem unberührt<br />
wirkenden, wildromantischen Tal,<br />
keine Gondeln, die die Menschen in Scharen<br />
in die unberührte Bergwelt beför<strong>der</strong>n,<br />
keine riesigen Hotelbauten. »Im ganzen<br />
Im ganzen Valpelline-<br />
Tal gibt es keine einzige<br />
Seilbahn. Hier kommt<br />
man nur mit den eigenen<br />
Beinen auf die Gipfel.<br />
Valpelline-Tal gibt es keine einzige Seilbahn«,<br />
sagt Daniele Pieiller stolz. »Hier<br />
kommt man nur mit eigenen Beinen auf<br />
die Gipfel.« Wer seinen Urlaub hier verbringt,<br />
wohnt meist in einem <strong>der</strong> kleinen<br />
Hotels o<strong>der</strong> Pensionen, manche bleiben<br />
auf dem C<strong>am</strong>pingplatz <strong>am</strong> Lac Lexert.<br />
Die Menschen im beschaulichen Valpelline-Tal<br />
leben auch heute noch von und mit<br />
den Bergen. Daniele Pieiller zum Beispiel<br />
steigt in manchen Wochen bis zu zehn<br />
Mal zu seiner Hütte auf, um Lebensmittel<br />
für seine Gäste nach oben zu transportieren.<br />
An<strong>der</strong>e, die Käse aus Ziegen- und<br />
Kuhmilch produzieren, leben im Sommer<br />
mit ihren Tieren ganz selbstverständlich<br />
monatelang auf den Almen in über 2000<br />
Meter Höhe. Und selbst in ihrer Freizeit<br />
zieht es die Bewohner des Valpelline-Tals<br />
auf die Gipfel. »Heute morgen war ich<br />
auf dem Breithorn«, sagt Daniele Pieiller<br />
fröhlich, »einem kleinen Viertausen<strong>der</strong>.«<br />
Allerdings nicht beruflich: »Nein«, lacht<br />
er, »einfach, weil es so schön ist.« ◀<br />
Walserkultur<br />
im Aostatal<br />
Wenn Otto Welf spricht, ist zunächst<br />
alles ganz einfach. »Ich spreche Deutsch«,<br />
sagt er. Dann redet er weiter, doch <strong>der</strong><br />
Rest seiner Worte ist für Deutsche völlig<br />
unverständlich. Der 85-Jährige gehört<br />
einer beson<strong>der</strong>en Volksgruppe an: den<br />
Walsern im Gressoney-Tal. Ihre Sprache<br />
heißt »Titsch«, sie hat die Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
überdauert in einem Land, in dem offiziell<br />
französisch und italienisch gesprochen<br />
wird. Die Walser gehörten ursprünglich zu<br />
den Alemannen und wan<strong>der</strong>ten auf <strong>der</strong><br />
Suche nach neuen Siedlungsgebieten erst<br />
durch die heutige Schweiz und im 11.<br />
und 12. Jahrhun<strong>der</strong>t weiter über die <strong>Alpen</strong>pässe<br />
in das Hochtal von Gressoney.<br />
»Sie k<strong>am</strong>en erst nur im Sommer«, erklärt<br />
Otto Welf, <strong>der</strong> im Walsermuseum in<br />
Gressoney-La-Trinité von <strong>der</strong> Geschichte<br />
seiner Ahnen berichtet. Doch irgendwann<br />
blieben die Walser auch im Winter.<br />
»Es war ein sehr hartes und ursprüngliches<br />
Leben«, sagt Otto Welf. Auf 1600 Metern<br />
Höhe lebten die Menschen in auf Pfeilern<br />
errichteten Häusern, mühs<strong>am</strong> bauten<br />
sie Kartoffeln und Getreide an. Eine Verbindung<br />
ins Tal gab es nicht. Erst als in<br />
den 1920er-Jahren die Straße nach Pont<br />
St. Martin gebaut wurde, verän<strong>der</strong>te<br />
sich ihr Alltag radikal. Mit den Menschen<br />
k<strong>am</strong>en an<strong>der</strong>e Sitten und Sprachen<br />
ins Tal, in den Fünfzigern wurden die ersten<br />
Bergbahnen gebaut. Heute sprechen<br />
vielleicht noch 100 Walser »Titsch« und<br />
einige an<strong>der</strong>e »Töitschu«, den Walser-<br />
Dialekt aus Issime im südlichen<br />
Gressoney-Tal.<br />
Beliebtes Motiv<br />
für Fotos: <strong>der</strong> Lago<br />
Lungo vor dem<br />
Dôme de Tsan<br />
Bergsteiger extra 15
Impressum<br />
Eine Son<strong>der</strong>veröffentlichung von<br />
BERGSTEIGER, www.bergsteiger.de<br />
Erschienen im Bruckmann Verlag,<br />
Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />
www.bruckmann.de<br />
Chefredakteur: Michael Ruhland<br />
Redaktion: Christina Warta,<br />
Petra Gössl-Kubin, Bettina Willmes<br />
Grafik: Susanne BukviĆ<br />
Kartographie: Christian Rolle,<br />
Holzkirchen<br />
Repro: Repro Ludwig, Zell <strong>am</strong> See<br />
Druck: Stürtz GmbH, Würzburg<br />
www.loveda.it<br />
Info:<br />
Fremdenverkehrsbüro<br />
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