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FUNKTIONENTHEORIE AUF KOMPLEXEN MANNIGFALTIGKEITEN ...

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<strong>FUNKTIONENTHEORIE</strong> <strong>AUF</strong> <strong>KOMPLEXEN</strong><br />

<strong>MANNIGFALTIGKEITEN</strong><br />

HEINRICH BEHNKE<br />

Eine der wesentlichen Einsichten, die wir Riemann *) verdanken, ist die<br />

Tatsache, dass die Gesamtheit der algebraischen Funktionselemente irgendeiner<br />

analytischen Funktion einer Veränderlichen, das analytische Gebilde dieser<br />

Funktion genannt, eine komplexe Mannigfaltigkeit 2J1 1 über der geschlossenen<br />

2-Ebene bildet. Auf Poincaré 2 ), Klein, Koebe, Hermann Weyl 3 ) und Rado 4 )<br />

geht die Erkenntnis zurück, dass jede komplexe Mannigfaltigkeit der Dimension<br />

1 das konforme Bild eines analytischen Gebildes ist.<br />

In höheren komplexen Dimensionen betreffen die beiden Begriffe analytisches<br />

Gebilde und komplexe Mannigfaltigkeit im allgemeinen Fall nicht mehr<br />

dieselben Dinge. Es gibt analytische Gebilde, die keine komplexen Mannigfaltigkeiten<br />

sind. So hat das analytische Gebilde von w = y/z x z^ also einer<br />

besonders einfachen algebraischen Funktion, über z ± = z 2 = 0 keinen sphärischen<br />

Punkt mehr. Insbesondere also gibt es dort kein Paar holomorpher<br />

Funktionen, das eine Umgebung dieses Punktes eineindeutig in den Raum C 2<br />

von zwei komplexen Veränderlichen abbildet. Ebenso gibt es komplexe Mannigfaltigkeiten,<br />

auf denen als einzige dort meromorphe Funktionen die Konstanten<br />

vorkommen 5 ).<br />

A. Kritische Punkte und Riemannsche Gebiete.<br />

In der Literatur werden die analytischen Gebilde der Funktionen<br />

f(z lf . . ., z n ) durchweg ohne die nicht uniformisierbaren Punkte, hier kurz<br />

*) Vergi. B. Riemann, Grundlagen für eine allg. Theorie der Funktionen einer veränderlichen<br />

complexen Größe, Gesammelte Werke pp. 3-47.<br />

2 ) Vergi. H. Poincaré, Mémoire sur les fonctions fuchsiennes, Act. Mathem., 1 (1882),<br />

pp. 207.<br />

3 ) Vergi. H. Weyl, Die Idee der Riemannschen Fläche, Teubnerverlag 1913.<br />

4 ) Vergi. T. Rado, Über den Begriff der Riemannschen Fläche, Acta Szeged 2, pp.<br />

101-121.<br />

5 ) Der (kompaktifizierte) Fundamentalbereich der Periodenmatrix.<br />

/l 0 »V2 »V5\<br />

\0 1 iV3 *A/3 tV7/ W7<br />

im C 2 hat nach C. L. Siegel diese Eigenschaft. Vergi. C. L. Siegel, Several complex variables,<br />

Princeton.<br />

45


kritische Punkte genannt, betrachtet (das entspricht dem naiven Standpunkt<br />

in der klassischen Theorie, die algebraischen Verzweigungspunkte herauszunehmen).<br />

Doch sind neuerdings einige Arbeiten erschienen, in denen begonnen<br />

wird, auch verzweigte Gebiete zu untersuchen.<br />

F. Hirzebruch 6 ) nimmt aus den analytischen Gebilden © der Funktionen<br />

f(z v z 2 ) die in diesem Falle isoliert liegenden kritischen Punkte heraus und<br />

ersetzt sie durch Bäume von kompakten analytischen Flächen, so dass das<br />

abgeänderte Gebilde ©' eine komplexe Mannigfaltigkeit wird, in der die eingesetzten<br />

Flächen singularitätenfrei liegen. Dieser Prozess entspricht der in der<br />

algebraischen Geometrie bekannten Auflösung der Singularitäten algebraischer<br />

Flächen. Wichtig ist dabei die in der algebraischen Geometrie bekannte<br />

quadratische Transformation, die von H. Hopf unter der Bezeichnung cr-Prozess<br />

für beliebige komplexe Mannigfaltigkeiten der (komplexen) Dimension 2<br />

definiert wurde. Eine analoge Theorie für die analytischen Gebilde der Funktionen<br />

von n(n > 2) komplexen Veränderlichen steht noch aus.<br />

Sodann gibt es zwei Arbeiten, in denen der Begriff der komplexen Mannigfaltigkeit<br />

so zum Begriff des Riemannschen Gebietes (espace analytique<br />

général) erweitert wird, dass die analytischen Gebilde aller f(z v . . ., z n ) darunter<br />

fallen.<br />

Die in der ersten Arbeit 7 ) eingeführten Riemannschen Gebiete © haben<br />

die folgende Eigenschaft : Jeder Punkt besitzt eine Umgebung U, die zu einem<br />

analytischen Repräsentanten über dem endlichen Räume C 2 von n komplexen<br />

Veränderlichen analytisch äquivalent ist. Dabei ist ein analytischer Repräsentant<br />

eine endlichfache, analytisch verzweigte Überlagerung Eu einer offenen<br />

Hyperkugel Sjj im C n . Analytisch verzweigt heisst, dass die Fusspunkte der<br />

Verzweigungspunkte von Su eine analytische Fläche / = 0 in S# ausmachen.<br />

Bei H. Cartan 8 ) sind die analytischen Repräsentanten anders definiert:<br />

Jeder analytische Repräsentant ist analytisches Gebilde einer durch eine<br />

Pseudopolynomgleichung w k + ^i(*i> • • -, z n ) w*- 1 + . . . + A k (z lt . . ., z n ) =0<br />

definierten Funktion. Der so aufgestellte Begriff des espace analytique général<br />

ist per definitionem spezieller als der vorher eingeführte Begriff des Riemannschen<br />

Gebietes. Zuletzt zeigt es sich aber doch, dass beide Begriffe äquivalent<br />

sind 9 ).<br />

6 ) Vergi. F. Hirzebruch, Über vierdimensionale Riemannsche Flächen mehrdeutiger<br />

Funktionen von zwei komplexen Veränderlichen, Math. Ann. 126 (1953), pp. 1-22.<br />

1 ) Vergi. H. Behnke und K. Stein, Modifikationen komplexer Mannigfaltigkeiten und<br />

Riemannscher Gebiete, Math. Ann. 124 (1951/52), pp. 1-16.<br />

8 ) Vergi. H. Cartan, Séminaire 1950-51, Exposé 13.<br />

9 ) Die Äquivalenz konnte in einer demnächst erscheinenden Arbeit von R. Remmert<br />

und H. Röhrl nachgewiesen werden.<br />

46


B. Funktionen auf Riemannschen Flächen.<br />

Im folgenden werden wir uns weiterhin nur noch mit der Funktionentheorie<br />

auf komplexen Mannigfaltigkeiten 10 ) beschäftigen (also wie üblich die<br />

kritischen Punkte herauslassen). Wir beschränken uns dabei fast immer auf<br />

nicht kompakte komplexe Mannigfaltigkeiten, weil die kompakten Mannigfaltigkeiten<br />

zu besonderen umfangreichen Theorien, nämlich der der Kählerschen<br />

und der der algebraischen Mannigfaltigkeiten Anlass gegeben haben.<br />

Die Funktionentheorie auf nicht kompakten komplexen Mannigfaltigkeiten<br />

sei hier zunächst für n = 1 behandelt und zwar in der modernen<br />

Sprache, in der wir sie dann auf n > 1 verallgemeinern können. Dabei wird<br />

ausschliesslich von eindeutigen Funktionen auf den jeweils betrachteten<br />

Mannigfaltigkeiten gesprochen.<br />

Seit Poincaré ist bekannt, dass auf jeder 3J1 1 eine meromorphe Funktion<br />

existiert. Dass es aber zu jeder offenen Riemannschen Fläche eine auf ihr<br />

holomorphe Funktion gibt, die nicht zu den trivialen konstanten Funktionen<br />

zählt, ist eine Aussage, die erst neuerdings bewiesen ist n ).<br />

Das gelingt mit Hilfe der verallgemeinerten Integralformel:<br />

(1) f(z)=±J A(Ç,z)f(C)dÇ,<br />

wobei A (f, z) dÇ ein meromorphes Differential mit einem Pol erster Ordnung<br />

und dem Residuum 1 für £ = z in der Produktmannigfaltigkeit *© X *© ist.<br />

Dabei stehen die Bereiche 12 ) ©, *© und die Riemannsche Fläche #t in der<br />

Beziehung © (£ *© (^ 9î 13 ). §1C 93 heisst, dass 91 eine relativkompakte Teilmenge<br />

von 35 ist.<br />

Das Integral in (1) wird ebenso wie das Cauchysche Integral beim Beweis<br />

des Rungeschen Satzes behandelt. So kommen wir zu dem Satz über die<br />

Approximation von Funktionen, die holomorph in gegebenen Bereichen © sind,<br />

durch Funktionen, die noch in © umfassenden Bereichen holomorph bleiben.<br />

(Approximationssatz). Es sei f in © holomorph, es sei © in bezug auf *©<br />

10 ) Der Begriff der komplexen Mannigfaltigkeit taucht, so weit bekannt ist, zum ersten<br />

Mal in einer Arbeit von O. Teichmüller über „Veränderliche Riemannsche Flächen" auf,<br />

vergi. Deut. Math. 1944, pp. 344-359. Die Aufmerksamheit der Fachwelt wurde auf diesen<br />

Begriff durch die Vorträge und Aufsätze der Herren Heinz Hopf und Charles Ehresmann<br />

1947 und ff. Jahre gelenkt.<br />

11 ) H. Behnke und K. Stein, Entwicklung analytischer Funktionen auf Riemannschen<br />

Flächen, Math. Ann. 120 (1947/49;, pp. 430-461.<br />

12 ) Unter einem Bereich sei hier eine offene, nicht notwendig zusammenhängende Punktmenge<br />

in SR verstanden.<br />

13 ) Selbstverständlich wird vom Rande von Ob vorausgesetzt, dass er rektifizierbar ist.<br />

47


elativ einfach zusammenhängend, d. h. jeder Zyklus aus ©, der in *© berandet,<br />

berandet auch in ©; dann ist f(z) in © der Limes einer dort gleichmässig konvergierenden<br />

Folge f n (z), wobei die f n (z) in *© holomorph sind.<br />

Als *© kann auch SR gewählt werden, wenn © in bezug auf SR einfach<br />

zusammenhängend ist. Das trifft insbesondere zu, wenn wir als © eine oder<br />

mehrere sich nicht schneidende Kreisscheiben in SU wählen.<br />

Hieraus folgt sofort, dass es auf jeder offenen Riemannschen Fläche SR<br />

holomorphe, nicht konstante, eindeutige Funktionen gibt. Man wähle nämlich<br />

in einer Kreisscheibe / = 0, in einer anderen nicht schneidenden Kreisscheibe<br />

von SR die Funktion / = 1. Dann sind die f n (z) für n > n Q auf ganz SR holomorphe,<br />

nicht konstante Funktionen.<br />

Nun ergeben sich die folgenden Eigenschaften von SR unmittelbar.<br />

1. Die Trennbarkeit der Punkte auf SR durch die holomorphen Funktionen.<br />

Sind P x und P 2 verschiedene Punkte auf SR, so gibt es immer eine auf SR<br />

holomorphe Funktion f(z) t so dass f(P^ ^ /(i^)-<br />

2. • Die Existenz von überall auf SR holomorphen lokalen JJniformisierenden.<br />

Zu jedem P r e SR gibt es eine auf SR holomorphe Funktion t(P) t die eine Umgebung<br />

von P ± uniformisiert.<br />

3. SR ist holomorphkonvex u ). D. h. zu jedem relativ kompakten Bereich<br />

$8 von SR ist die Menge der Punkte P, für die in bezug auf alle in SR holomorphen<br />

Funktionen / gilt:<br />

| f(P) | ^ Max | /(») |,<br />

eine kompakte Menge in SR.<br />

4c. Es gilt die verallgemeinerte Aussage von Mittag-Leffler für SR 15 ).<br />

Das bedeutet: Wenn auf der Riemannschen Fläche SR zu einer sich auf SR nicht<br />

häufenden Punktmenge P v , v = 1, 2, . . ., Hauptteile G v (z) vorgegeben werden,<br />

so gibt es immer auf SU eine meromorphe Funktion F Q (z), so dass F Q (z)—G v (z)<br />

in einer Umgebung VL(P V ) holomorph ist. Zum Beweise wird die Funktion<br />

A (Co» z ) benutzt, die auf SR meromorph ist und nur im Punkte z = Co einen Pol<br />

erster Ordnung mit dem Residuum 1 hat. Die konvergenzerzeugenden Summanden,<br />

die zur Konstruktion der Mittag-Lefflerschen Reihe erforderlich sind,<br />

liefert der oben zitierte Approximationssatz.<br />

14 ) H. Behnke und K. Stein, Elementarfunktionen auf Riemannschen Flächen als Hilfsmittel<br />

für die Funktionentheorie mehrer Veränderlichen, Canad." Journ. of Mathem. 2<br />

(1950), pp. 152-165.<br />

15 ) Zum Nachweis der Eigenschaften 4, 5 und 6 auf offenen Riemannschen Flächen vergi.<br />

H. Behnke und K. Stein, Die Sätze von Weierstrass und Mittag-Leffler auf Riemannschen<br />

Flächen, Die Jahresschr. d. naturforsch. Ges. Zürich 85 (1940),<br />

ferner H. Florack, Reguläre und meromorphe Funktionen auf nicht geschlossenen Riemannschen<br />

Flächen, Schriftenreihe des Math. Inst. d. Univ. Münster (Westf.), Heft 1,<br />

(1944).<br />

48


Das vorstehende lässt sich auch als Lösung des sog. ersten Cousinschen<br />

Problems auf 5R auffassen. Man weise den Punkten P v die obigen Lokalfunktionen<br />

G v (z) und den übrigen Punkten von SR die Lokalfunktionen G p (z) = 0 zu.<br />

Als U(P) wird dann für P = P v die Umgebung VL(P V ) gewählt, im anderen<br />

Falle eine so kleine Umgebung, dass in ihr keine der Punkte P v liegen. Zu dieser<br />

Verteilung meromorpher . Lokalfunktionen, die hier selbstverständlich der<br />

Verträglichkeitsbedingung genügt, gibt es dann die Funktion F 0 (z), so dass<br />

F 0 (z) — G p (z) in U(P) bzw. F 0 (z) — G v (z) mU(P v ) holomorph ist. Man sagt,<br />

es gelte in SR die erste Cousinsche Aussage.<br />

5. Ganz Analoges gilt für die Aussage von Weierstraß über die Existenz von<br />

Funktionen zu vorgegebenen Nullstellen 16 ). Wir drücken sie hier nach P.<br />

Cousin noch auf eine zweite Art aus: Zu jedem Punkt P e SR wird eine lokale<br />

holomorphe Funktion G P (z) in U(P) gegeben. In U(P)OU(Ç) soll - ^<br />

G Q( Z )<br />

holomorph und von 0 verschieden sein. Dann gibt es auf SR eine holomorphe<br />

Funktion F^z), so dass in den ausgezeichneten Umgebungen U(P) die Funk-<br />

F (z)<br />

tion holomorph und ungleich 0 ist. Wir sagen, auf SR gelte die zweite<br />

G p (z)<br />

Aussage von Cousin.<br />

6. Es gilt auf SR die Aussage von Poincaré 17 ): Ist F(z) eine auf SR<br />

meromorphe Funktion, so gibt es auf SU zwei holomorphe Funktionen g x (z),<br />

g 2 (z), die lokal teilerfremd sind, so dass F(z) =<br />

auf SR ist.<br />

C. Holomorph vollständige komplexe Mannigfaltigkeiten.<br />

Für die komplexen Mannigfaltigkeiten höherer Dimension ist vieles ganz<br />

anders. L. Calabi und B. Eckmann 18 ) haben eine offene komplexe Mannigfaltigkeit<br />

SK n vom Typ der 2w-dimensionalen Zelle angegeben, bei der der Ring<br />

der auf 2Jl n holomorphen Funktionen nur aus den Konstanten besteht. Offenbar<br />

können auf einer solchen Mannigfaltigkeit die Eigenschaften 1) — 5) aus B.<br />

nicht erfüllt werden. Für n = 1 ist die Zelle nur zweier komplexer Strukturen<br />

fähig, nämlich der des Kreises und der der offenen Ebene. In beiden Fällen<br />

gibt es genügend viel nichtkonstante holomorphe Funktionen, so dass 1) — 5)<br />

erfüllt werden können. Für n > 1 hat die 2w-dimensionale Zelle kontinuierlich<br />

16 ) K. Weierstraß, Zur Theorie der eindeutigen analytischen Funktionen, Math. Werke 2,<br />

pp. 77-124.<br />

17 ) H. Poincaré, Sur les fonctions de deux variables, Act. Math. 2 (1883).<br />

18 ) L. Calabi und B. Eckmann, A class of compact complex manifolds, which are not<br />

algebraic, Ann. of Mathem 58 (1953), pp. 494-500.<br />

49


viele komplexe Strukturen, darunter die von den eben zitierten Autoren entdeckten<br />

funktionsarmen Strukturen.<br />

Somit müssen wir, um auf einer -äK" Funktionentheorie treiben zu können,<br />

besondere Forderungen an Sßt 1 stellen. Hierzu ist von K. Stein der Begriff der<br />

holomorph vollständigen (komplexen) Mannigfaltigkeit eingeführt worden 19 ).<br />

Eine komplexe Mannigfaltigkeit SUI 71 heisst eine holomorph vollständige Mannigfaltigkeit,<br />

wenn die Bedingungen 1) — 3) von B. erfüllt sind und ausserdem<br />

W n eine abzählbare Basis hat. Die Bedingung 2 ist dabei in folgendem Sinne auf<br />

mehrere Veränderliche zu übertragen: Zu jedem Punkte P ± eSSRP 1 muss es n in<br />

SSSÌ? 1 holomorphe Funktionen geben, die eine Umgebung U(P) eineindeutig auf<br />

ein Gebiet im C n abbilden. Das Abzählbarkeitsaxiom können wir hier nicht<br />

vermeiden. T. Rado 20 ) hatte ja in seiner viel beachteten Arbeit gezeigt, dass es<br />

auf einer 3J1 1 entbehrlich ist. Andererseits haben H. Hopf und auch L. Calabi<br />

und M. Rosenlicht 21 ) Beispiele von komplexen Mannigfaltigkeiten angegeben,<br />

die keine abzählbare Basis besitzen 22 ).<br />

Auf den holomorph vollständigen Mannigfaltigkeiten gilt wieder ein<br />

Approximationssatz :<br />

Ist ® n eine holomorph vollständige Mannigfaltigkeit, die Teil einer holomorph<br />

vollständigen Mannigfaltigkeit SSRJ 1 ist, und ist © n auf SJt 71 halbstetig über lauter<br />

holomorph vollständige Mannigfaltigkeiten ausdehnbar, so lässt sich jede in © n<br />

holomorphe Funktion im Innern von & n durch in SK" holomorphe Funktionen<br />

approximieren 23 ).<br />

19 ) Vergi. K. Stein, Analytische Funktionen mehrerer komplexer Ver ander liehen und<br />

das zweite Cousin'sche Problem, Math. Ann. 123 (1951), pp. 201-222,<br />

und die Arbeiten von<br />

H. Cartan, Seminaire 1951/52, Exposé IX,<br />

H. Cartan, Variétés analytiques complexes et cohomologie, Colloque sur les fonctions de<br />

plusieurs variables, (Brüssel 1953),<br />

J. P. Serre, Quelques problèmes globaux relatifs aux variétés de Stein, Colloque sur les<br />

fonctions de plusieurs variables, (Brüssel 1953).<br />

20 ) vergi. T. Rado, a.a.O. 4 ).<br />

In dem neuen Buch von R. Nevanlinna wird ein weiterer von A. Pfluger angegebener<br />

Beweis durchgeführt.<br />

21 ) E. Calabi und M. Rosenlicht, Complex analytic manifolds without countable base,<br />

Proc. of the American Math. Soc. 4, 335-340 (1953).<br />

22 ) Die konstruierten Gegenbeispiele sind keine holomorph vollständigen Mannigfaltigkeiten.<br />

Es ist zur Zeit noch offen, ob es solche gibt. Zus z. Korr.: Das Problem konnte<br />

inzwischen von H. Grauert gelöst werden. Vgl. Math. Ann. 129 (Juni 1955).<br />

23 ) H. Behnke, Généralisation du théorème de Runge pour les fonctions multiformes de<br />

variables complexes, Colloque sur les fonctions de plusieurs variables, (Brüssel, 1953).<br />

50


Ferner gilt die erste Cousinsche Aussage. K. Oka 24 ) hatte dieses schon<br />

1936 für den speziellen Fall schlichter endlicher Holomorphiegebiete im C n<br />

bewiesen. Bei diesem Beweis trat zum ersten Mal ein neuer sehr fruchtbarer<br />

Gedanke auf. Holomorphiegebiete können von innen approximiert werden<br />

durch analytische Polyeder 21, das sind Gebiete im C n , die charakterisiert werden<br />

können durch f t (z v . . ., z n ) e Sfc jf j = 1, . . ., n (Sllj ein Gebiet im C 1 , f j holomorph<br />

in ffi, 2ï Ê S C C n ). Solche analytischen Polyeder 9Ï werden als analytische<br />

Flächen in einen höherdimensionalen Zylinderbereich eingebettet. Dadurch<br />

gelingt es, die in 9Ï gegebenen Funktionen in einfacher Weise zu approximieren.<br />

Dieses Prinzip ist später dann noch sehr ausgebaut worden. H. Cartan hat die<br />

Gültigkeit der ersten Aussage von Cousin auf allen holomorph vollständigen<br />

Mannigfaltigkeiten nachgewiesen 25 ).<br />

Die Frage, ob zu allen möglichen Nullstellen vert eilungen, die den Verträglichkeitsbedingungen<br />

genügen, auf einer gegebenen holomorph vollständigen<br />

Mannigfaltigkeit holomorphe Funktionen existieren, ist schwerer zu beantworten.<br />

Schon 1917 hat T. Gr on wall 26 ) in einem ersten Gegenbeispiel gezeigt,<br />

dass es Zylindergebiete im C n gibt, die zu vorgegebenen Nullstellenflächen keine<br />

holomorphen Funktionen aufweisen. Diese Zylindergebiete sind selbst holomorph<br />

vollständige Mannigfaltigkeiten. K. Oka hat dann später nachgewiesen,<br />

dass, wenn es zu einer vorgegebenen Nullstellenverteilung in einem endlichen<br />

Holomorphiegebiet (und das ist immer eine holomorph vollständige Mannigfaltigkeit)<br />

eine stetige Funktion gibt, auch dort eine holomorphe Funktion<br />

mit den vorgegebenen Nullstellen konstruiert werden kann 27 ).<br />

Daraus folgt, dass die zusätzlichen Bedingungen, die erforderlich sind,<br />

damit in einem gegebenen Holomorphiegebiet die zweite Aussage von Cousin<br />

für eine dort vorgegebene Nullstellen Verteilung gilt, nur topologischer Natur<br />

sind. K. Stein hat solche topologischen Bedingungen angegeben, die teils notwendig<br />

und teils hinreichend sind 28 ). H. Cartan und J. P. Serre haben neuer-<br />

24 ) Vergi. K. Oka, Sur les fonctions de plusieurs variables. I-Domaines convexes par<br />

rapport aux fonctions rationelles, Ser. A, Vol. 6, Nr. 3 (1936). II — Domaines d'holomorphie,<br />

Ser. A, Vol. 7, Nr. 2 (1937). Beides: Journal of Science of the Hirosima University.<br />

2B ) H. Cartan, a.a.O. 19 ).<br />

26 ) Vergi. T. H. Gronwall, On the expressibility of a uniform function of several complex<br />

variables as the quotient of two functions of entire character, Americ. M. S. Trans.<br />

18, 50-64 (1917).<br />

27 ) Vergi. K. Oka, Sur les fonctions de plusieurs variables. III — Deuxième problème<br />

de Cousin, Journ. of Science of the Hiros. Univ. 19, 7-19.<br />

28 ) Vergi. K. Stein, Topologische Bedingungen für die Existenz analytischer Funktionen<br />

komplexer Veränderlichen zu vorgegebenen Nullstellen, Math. Ann. 117 (1940/41),<br />

pp. 727-757.<br />

51


dings für alle holomorph vollständigen Mannigfaltigkeiten eine notwendige und<br />

hinreichende Kohomologiebedingung aufgestellt 29 ).<br />

Die (schwache) Aussage von Poincaré gilt auf jeder holomorph vollständigen<br />

Mannigfaltigkeit, d. h. jede dort meromorphe Funktion lässt sich als<br />

Quotient zweier holomorpher Funktionen darstellen. Dabei kann es aber vorkommen,<br />

dass Zähler und Nenner nicht lokal teilerfremd sind 30 ).<br />

Die beiden Cousinschen Aussagen und die Aussage von Poincaré hängen<br />

eng miteinander zusammen. Wenn auf einer SDt" die erste Aussage von Cousin<br />

(in einer verschärften Form) und die Aussage von Poincaré (in der scharfen<br />

Form) gelten, so ist auch dort die zweite Aussage von Cousin richtig. Von den<br />

acht formal verschiedenen Möglichkeiten der Gültigkeit dieser drei Aussagen<br />

können de facto nur fünf auftreten 31 ).<br />

Die Nullstellen einer holomorphen nicht identisch verschwindenden<br />

Funktion bilden Flächen von der komplexen Dimension n — 1. Betrachtet<br />

man die simultanen Nullstellen von k holomorphen Funktionen, so kommt man<br />

zu niederdimensionalen analytischen Flächen. Unter einer analytischen Menge<br />

inäJl w verstehen wir eine inWl n abgeschlossene Punktmenge, bei der es zu jedem<br />

ihrer Punkte P endlich viele in einer Umgebung U(P) holomorphe Funktionen<br />

gibt, deren gemeinsame Nullstellen in U(P) die Punkte der analytischen Menge<br />

sind. Wieder tritt die Frage nach der globalen Darstellung analytischer Mengen<br />

auf. Damit haben sich H. Cartan und K. Oka beschäftigt 32 ).<br />

Eine analytische Menge SU in Wl n bestimmt in jedem Punkte P e3Ji n ein<br />

Ideal § im Ringe der in P holomorphen Funktionen: Q; besteht genau aus denjenigen<br />

in P holomorphen Funktionen, die in einer Umgebung von P auf SU<br />

verschwinden. Diese Ideale genügen, wie H. Cartan nachgewiesen hat 32a ),<br />

einer gewissen Kohärenzbedingung. Wird umgekehrt in jedem Punkte P eSIR n<br />

ein Ideal im Ringe der in P holomorphen Funktionen vorgegeben und genügen<br />

29 ) J. P. Serre, a.a.O.<br />

19 ).<br />

80 ) J. P. Serre, a.a.O. 19 ).<br />

31 ) H. Behnke und K. Stein, Analytische Funktionen mehrerer Veränderlichen zu vorgegebenen<br />

Null- und Polstellenflächen, Jahresber. d. D.M.V. 47 (1937 .<br />

32 ) H. Cartan, I. Sur les matrices holomorphes de n variables complexes, Journ. de Math.<br />

pura et appi. 19, 1-26 (1940),<br />

II. Idéaux de fonctions analytiques de n variables complexes, Ann. Ecole Norm. Sup.<br />

61, 149-197 (1944),<br />

III. Idéaux et modules de fonctions analytiques de variables complexes, Bull. Soc.<br />

Math, de France 78, 28-64 (1950).<br />

K. Oka, Sur les fonctions analytiques de plusieurs variables, VII. — Sur quelques<br />

notions arithmétiques, Bull. Soc. Math, de France 78, 1-27 (1950).<br />

3 *°) Siehe H. Cartan, a.a.O. 32 ) III.<br />

52


wieder diese Ideale der erwähnten Kohärenzbedingung, so ergibt sich die<br />

Frage, ob es ein Ideal im Ringe der in ganz 9Jl n holomorphen Funktionen gibt,<br />

welches in jedem Punkte P effll 71 das dort gegebene Ideal erzeugt. Für diesen<br />

Schluss vom Lokalen ins Globale hat H. Cartan die Theorie der analytischen<br />

Garben (faisceaux analytiques, engl, sheaf) aufgestellt. Aus seinen sehr weitreichenden<br />

Ergebnissen 33 ) folgt speziell, dass in einer holomorph vollständigen<br />

Sßl n ein globales Ideal der gesuchten Art stets existiert. Hieraus ergibt sich<br />

unmittelbar:<br />

Jede analytische Menge einer holomorph vollständigen Mannigfaltigkeit<br />

ist in jedem relativ kompakten Teilgebiet die gemeinsame Nullstellenmenge<br />

von endlich vielen auf S5R? 1 holomorphen Funktionen. H. Grauert hat darüber<br />

hinaus nachgewiesen, dass dieses sogar global für ganz SR" gilt.<br />

Die ältesten in der Literatur vorkommenden holomorph vollständigen<br />

Mannigfaltigkeiten sind die Holomorphiegebiete über dem C n . Um einzusehen,<br />

dass alle diese Gebiete tatsächlich solche Mannigfaltigkeiten sind, muss nur<br />

noch gezeigt werden, dass sie die Eigenschaft 3 der Holomorphiekonvexität<br />

haben. Bei endlichblättrigen beschränkten Gebieten folgt dies unittmelbar aus<br />

der klassischen Arbeit von H. Cartan und P. Thullen 34 ). Später ist es dann für<br />

alle fast-endlichblättrigen Gebiete bewiesen worden 3ö ).<br />

In einer soeben erschienenen Arbeit von K. Oka 36 ) wird es nun für alle<br />

beschränkten Gebiete nachgewiesen. Die Resultate dieser Arbeit reichen sogar<br />

noch sehr viel weiter. Schon E. E. Levi 37 ) hatte lokal hinreichende Bedingungen<br />

für Holomorphiegebiete angegeben. Seitdem ist die Frage, ob das Erfülltsein<br />

dieser lokalen Bedingungen in jedem Randpunkt eines Gebietes % dafür<br />

hinreicht, dass © Holomorphiegebiet ist, in der Literatur nicht zur Ruhe gekommen.<br />

Schliesslich bewies K. Oka 1942 38 ), dass dieses für Gebiete im C 2<br />

33 ) Die Hauptsätze von H. Cartan sind als Aussagen über die Kohomologiegruppen in<br />

Wl mit Koeffizienten in einer kohärenten analytischen Garbe formuliert. Vergi. H. Cartan,<br />

a.a.O. 19 ), Théorème A und B.<br />

34 ) H. Cartan und P. Thullen, Regularitäts- und Konvergenzbereiche, Math. Ann. 106<br />

(1932).<br />

35 ) H. Behnke und K. Stein, Konvergente Folgen nicht schlichter Regularitätsgebiete,<br />

Ann. di Mat. pura et appi. (4), 28 (1949).<br />

36 ) Vergi. K. Oka, Sur les fonctions de plusieurs variables. IX — Domaines finis, sans<br />

point critique intérieur, Jap. Journ. Math. 1953.<br />

37 ) Vergi. E. E. Levi, Studii sui punti singolari essenziali delle funzioni anal, di due o<br />

più var. compi., Ann. Mat. pura et app. (3) 17 (1910).<br />

38 ) Vergi. K. Oka, Sur les fonctions de plusieurs variables. VI — Domaines pseudoconvexes,<br />

Tôhoku Math. Journ. 49, 15-52 (1942).<br />

53


zutrifft. In den letzten Jahren ist von F. Norguet 39 ) und H. Bremermann 40 )<br />

gleiches für die schlichten Gebiete im C n bewiesen worden. Für beliebige beschränkte<br />

Gebiete über dem C n wird der Beweis in der obigen Arbeit von<br />

K. Oka nunmehr geliefert. Damit ist mittelbar auch bewiesen:<br />

Jede beliebige (unverzweigte) Überlagerung eines Holomorphiegebietes ist<br />

wieder Holomorphiegebiet.<br />

D. Analytische Projektionen.<br />

Sind auf einer komplexen Mannigfaltigkeit 3Jl n , die nun wieder nicht mehr<br />

notwendig holomorph vollständig zu sein braucht, k unabhängige meromorphe<br />

Funktionen f v . . ., f k gegeben und wird eine Funktion F betrachtet, die in<br />

jedem Punkte vonSJt" von den f lt . . ., f k analytisch abhängig ist, so bedient<br />

man sich zweckmässig des von K. Stein eingeführten Begriffs der analytischen<br />

Projektion 41 ).<br />

Durch die Gleichungen w = f,(P), j = 1, . . ., k, wird eine meromorphe<br />

Abbildung 0 von SSR n in den nach Osgood abgeschlossenen Raum C h bestimmt.<br />

Diese Abbildung ordnet jedem Punkt von 3Jl n , in dem alle f i holomorph sind<br />

oder höchstens einen Pol besitzen, einen Punkt als Bild zu; jedem Punkt von<br />

SSi n , der für wenigstens ein fj Unbestimmtheitsstelle ist, entspricht dagegen<br />

vermöge 0 eine i. a. mehrpunktige Bildmenge, von der W. Thimm 42 ) nachgewiesen<br />

hat, dass sie stets eine in C k algebraische Menge ist. Es wird nun<br />

gefragt, ob es ein ß-dimensionales Riemannsches Gebiet SR k über dem C k mit<br />

folgenden Eigenschaften gibt:<br />

1. Es existiert eine meromorphe Abbildung W von SK* auf SR k , so dass<br />

0 = p 'W gilt, wo p die Projektion von SR k in seine Grundpunkte im<br />

C k bezeichnet.<br />

2. Ist F irgendeine von den f lt . . ., f k auf 2Jt n abhängige meromorphe<br />

Funktion, so gibt es eine auf SR k meromorphe Funktion *F mit<br />

F = *F 'W.<br />

39 ) Vergi. F. Norguet, Sur les domaines d'holomorphie des fonctions uniformes de<br />

plusieurs variables complexes (Passage du local au global), Bull. Soc. Math, de France 82,<br />

137-159 (1954).<br />

40 ) Vergi. H. Bremermann, Über die Äquivalenz der pseudokonvexen Gebiete und der<br />

Holomorphiegebiete im Raum von n komplexen Veränderlichen, Math. Ann. 128 (1954),<br />

pp. 63-91.<br />

41 ) Vergi. K. Stein, Analytische Projektion komplexer Mannigfaltigkeiten, Colloque sur<br />

les fonctions de plusieurs variables, Brüssel 1953, pp. 97-157, sowie eine weitere zu diesem<br />

Thema in den Math. Ann. erscheinende Arbeit. — K. Koch, Die analytische Projektion,<br />

Schriftenreihe des Math. Inst, der Univ. Münster (Westf.), 1953. — R. Remmert, Holomorphe<br />

und meromorphe Abbildungen komplexer Räume. Erscheint in den Math. Ann.<br />

42 ) W. Thimm, Über die Menge der singulären Bildpunkte einer meromorphen Abbildung,<br />

Math. Zeitschr. 57, 456-480 (1953).<br />

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Falls ein solches SR k existiert, ist es (bei geeigneter Normierung) bis auf<br />

analytische Homöomorphie eindeutig bestimmt. Im Falle der Existenz heisst<br />

SR k die analytische Projektion vonSD^1 vermöge 0. Ist 30^ nicht kompakt, so<br />

braucht die analytische Projektion nicht zu existieren. Sie ist aber stets dann<br />

vorhanden, wenn die Dimension der Fasern der durch f lt . . ., f k bestimmten<br />

Abbildung nie grösser als n—k ist (d. h. wenn keine Entartungsstellen<br />

vorliegen). Für k = 1 ist diese Bedingung immer erfüllt.<br />

Sehr ergiebig ist es, analytische Projektionen von kompakten komplexen<br />

Mannigfaltigkeiten zu betrachten. Diese Projektionen existieren ohne einschränkende<br />

Voraussetzung über die Entartung. Die Projektion SR k ist dann<br />

kompakt und folglich endlichblättrig über C k . Daraus folgt 43 ) :<br />

1. Auf kompakten komplexen Mannigfaltigkeiten sind analytisch abhängige<br />

Funktionen auch algebraisch abhängig.<br />

2. Der Körper der meromorphen Funktionen auf einer kompakten komplexen<br />

Mannigfaltigkeit ist isomorph einer endlichfach algebraischen Erweiterung<br />

des Körpers der rationalen Funktionen in k Unbestimmten über dem C 1 .<br />

Mit den Unbestimmten im Sinne der Algebra sind die Funktionen<br />

/i» • • •> fk (wobei k die maximale Anzahl der auf Tt n unabhängigen<br />

meromorphen Funktionen ist) zu identifizieren.<br />

Die weitergehenden Untersuchungen auf kompakten Mannigfaltigkeiten<br />

führen zu den Kählerschen und den algebraischen Mannigfaltigkeiten und<br />

damit zu den modernen Untersuchungen von W. V. D. Hodge, A. Weil,<br />

H. Cartan, J. P. Serre, K. Kodaira, D. Spencer, F. Hirzebruch.<br />

E. Modifikationen.<br />

Der in den vorstehenden Betrachtungen häufig auftretende Raum von<br />

n komplexen Veränderlichen wird meistens zweckmässig als abgeschlossener<br />

Raum betrachtet. Doch ist im Gegensatz zur klassischen Funktionentheorie<br />

die Abschliessung hier nicht eindeutig. In der Literatur kommen vor allem<br />

zwei Abschliessungen vor, der sog. komplex projektive Raum, der die Transformationen<br />

z'j = Z—ü- j j=l jmm . t n, zulässt wobei L$ ganze lineare Funk-<br />

LQ(Z 1, . . ., z n)<br />

43 ) Die folgenden Resultate wurden früher von W. L. Chow und W. Thimm auf anderem<br />

Wege gewonnen. Vergi, zu 1): W. Thimm, Über die algebraischen Relationen zwischen<br />

meromorphen Funktionen in abgeschlossenen Räumen, Dissert. Königsberg 1939, und:<br />

Über meromorphe Abbildungen komplexer Mannigfaltigkeiten, Math. Ann. 128, 1-48<br />

(1954). Zu 2) vergi.: W. L. Chow u. K. Kodaira, On analytic surfaces with two independent<br />

meromorphic functions, Proc. of the Nat. Acad, of Sciences 38, 319-325 (1952). — Wegen<br />

weiterer Beweise siehe R. Remmert, a.a.O. 41 ) sowie K. Stein, Analytische Abbildungen<br />

allgemeiner analytischer Räume, Colloque de Topologie de Strasbourg, April 1954.<br />

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tionen sind und die Koeffizientenmatrix der L 3 - vom Range n + 1 ist, und der<br />

Osgood'sche Raum, der in jeder einzelnen komplexen Veränderlichen getrennt<br />

i_ i_i '<br />

a 3 z 3 H - °ö<br />

abgeschlossen wird und dementsprechend die Transformationen z d = ,<br />

CjZj + d f<br />

j = 1, . . ., n, A i z£ 0, in sich zulässt. Schliesslich kommt man unter Benutzung<br />

eines Resultates von L. Bieberbach 44 ) über Abbildungen des C n auf sich zu<br />

einem weiteren Abschluss, bei dem überunendlichferne Punkte auftreten.<br />

Offenbar gibt es noch unendlich viele weitere Möglichkeiten, den C n abzuschliessen.<br />

Man wird danach trachten, von den Aussagen über das Verhalten der<br />

Funktionen in den unendlichfernen Punkten des einen Raumes auf das in den<br />

unendlichfernen Punkten des anderen Raumes schliessen zu können. Das hat<br />

zum Begriff der Modifikation 45 ) geführt, dem in letzter Zeit zahlreiche Arbeiten<br />

gewidmet sind.<br />

Wir sagen, eine komplexe Mannigfaltigkeit SDÌ 71 wird zu einer komplexen<br />

Mannigfaltigkeit *3Jl n modifiziert, wenn aus 3Jt n eine abgeschlossene Teilmenge<br />

SR einer analytischen Menge herausgenommen wird und stattdessen eine neue<br />

Menge *SR so zugefügt wird, dass sich die unveränderte komplexe Struktur von<br />

Siïl n — Sfl zu der komplexen Struktur in (W 1 — SR) (J *$ß = *W fortsetzen lässt<br />

und dass es zu jeder Umgebung 11(9?) in9K n eine Umgebung U(*-K) in *äJ£ n gibt,<br />

so dass gilt: U(9i) -SRDU(*3l) - *$ft 46 ).<br />

Setzt man die Existenz einer in II (SU) holomorphen, auf Sit verschwindenden,<br />

jedoch nicht identisch verschwindenden Funktion voraus, so gilt:<br />

1. *Sfl ist in einer (n—l)-dimensionalen analytischen Menge enthalten]<br />

2. jede in einer Umgebung von SR holomorphe Funktion lässt sich nach der<br />

Modifikation in *9? fortsetzen. Verschwindet sie auf SR, so verschwindet sie<br />

auch auf *$ft;<br />

3. wenn SR charakterisiert wird durch s holomorphe Gleichungen /,- = 0,<br />

/ = 1, . . ., s, so ist *SR eine analytische Menge und wird in *3Jl n durch<br />

dieselben Gleichungen charakterisiert.<br />

Wir sprechen von einer stetigen Modifikation, wenn die Identität<br />

*3K W - *Sfl ->3K n — SR als stetige und damit holomorphe Abbildung in *3Ji n<br />

fortsetzbar ist.<br />

44 ) Vergi. L. Bieberbach, Beispiel zweier ganzer Funktionen zweier komplexer Variablen,<br />

welche eine schlichte volumentreue Abbildung des R 4 auf einen Teil seiner selbst vermitteln,<br />

Sitzgsber. Preuß. Akad. Wiss., Phys. math. Kl. 1933.<br />

45 ) Vergi. H. Behnke und K. Stein, Modifikationen komplexer Mannigfaltigkeiten und<br />

Riemannscher Gebiete, Math. Ann. 124 (1951), pp. 1-16.<br />

*•) Vergi. H. Behnke und K. Stein, a.a.O. 45 ).<br />

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Eine solche Modifikation heisst eine eigentliche Modifikation, wenn die<br />

fortgesetzte Abbildung im Sinne von Bourbaki eigentlich ist, also die Urbilder<br />

kompakter Mengen kompakt sind. Dann gilt:<br />

1. Der Körper der meromorphen, sowie die Ringe der holomorphen Funktionen<br />

sind zueinander kanonisch isomorph* 1 ).<br />

2. Ist SR singularitätenfrei, SR und SR* irreduzibel, so ist jede eigentliche<br />

Modifikation ein verallgemeinerter G — Prozess 48 ).<br />

Von dem von H. Hopf 49 ) für zweidimensionale komplexe Mannigfaltigkeiten<br />

2JÎ 2 definierten a-Prozess war schon in A. die Rede. Er besteht darin, dass<br />

auf SK 2 an stelle eines Punktes eine geschlossene projektive Ebene, Trägersphäre<br />

genannt, einzusetzen ist. Man spricht von einem verallgemeinerten cr-Prozess,<br />

wenn auf einer SSR n für die Punkte einer singularitätenfrei eingelagerten,<br />

&-dimensionalen analytischen Fläche SR(k ^ n—2) ein (n — l)-dimensionaler<br />

Faserraum *SR eingesetzt wird, dessen Basis die Fläche und dessen Faser der<br />

(n — k — 1)-dimensionale komplexe projektive Raum ist 50 ).<br />

3. Ist die eigentliche Modifikation so definiert, dass beim Übergang von<br />

SR zu *9? kein Punkt von SR nur durch einen Punkt ersetzt wird, so ist<br />

*SH rein (n — 1)-dimensional und die Dimension von SR kleiner gleich<br />

n- 2 51 ).<br />

Wie schon unter A. ausgeführt, hat F. Hirzebruch gezeigt, dass das<br />

analytische Gebilde einer meromorphen Funktion f(z 1 , z 2 ) durch eine eigentliche<br />

Modifikation in eine komplexe Mannigfaltigkeit überführt werden kann,<br />

derart dass auch keine Unbestimmtheitsstellen von / zurückbleiben. Schliesslich<br />

ist zu erwähnen, dass W. Stoll 52 ) umfangreiche Untersuchungen über<br />

meromorphe Modifikationen komplexer Mannigfaltigkeiten 3Jl n im Falle n = 2<br />

soeben durchgeführt hat. Damit hat der Begriff der Modifikation in den wenigen<br />

Jahren seit seiner Aufstellung schon zu vielseitigen Betrachtungen geführt.<br />

47 ) Vergi. E. Kreyszig, Stetige Modifikationen komplexer Mannigfaltigkeiten, Math. Ann.<br />

128, 479—492 (1955).<br />

48 ) Vergi. H. Grauert und R. Remmert, Zur Theorie der Modifikationen I, Math.<br />

Ann. 129, 274—296 (1955).<br />

49 ) In der algebraischen Geometrie ist dieser Prozess der Modifikation für die dort vorliegenden<br />

speziellen Fälle schon lange benutzt worden (Monoidale Transformation).<br />

50 ) Umfangreiche Untersuchungen über die Natur des Faserraumes sind von C. Segre<br />

aufgestellt.<br />

Vgl. ferner auch E. Kreyszig, a.a.O.<br />

47 ).<br />

ßl ) Vergi. H. Grauert und R. Remmert, a.a.O. 48 ).<br />

52 ) Vergi. W. Stoll, Über meromorphe Modifikationen, Habilitationsschrift, Tübingen<br />

1954.<br />

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