Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Uns zieht es nicht in Vereine, wir mögen keine Bustouren, sondern lieben es ein bisschen flotter.“ (Horst und Elke Schmidt, hier mit Tochter)<br />
Brigitte und Karl Schocker fühlen sich überhaupt<br />
nicht alt und genießen ihre gemeinsame Zeit.<br />
Angebote und Aktivitäten<br />
der NEULAND<br />
Hintergrund<br />
Lange bevor das Thema demografischer Wandel thematisiert<br />
wurde, hat sich die NEULAND für ihre älteren<br />
Mieter engagiert. Seit Langem gibt es eine ganze Palette<br />
von Angeboten speziell für die ältere Generation. Sie<br />
reicht von Seniorenwohnanlagen, dem fachkundigen<br />
Service der Wohnraumanpassung über den ehrenamtlichen<br />
Partnerbesuchsdienst bis zur Demenz-WG und<br />
weiteren wohnbegleitenden Angeboten in der Neuen<br />
Burg. Auch alternative Wohnformen werden gefördert.<br />
Wie das 2008 initiierte Wohnkonzept „WOHNsinn“.<br />
Diese Wohnform in vertrauter Nachbarschaft wird heute<br />
von einer Gruppe in der Neuen Burg realisiert. Daneben<br />
bietet die NEULAND auch generationsverbindende<br />
Aktivitäten. Dazu zählen etwa die Mieterfeste oder Aktionen<br />
mit dem Jugendtreff und regelmäßigen Besuchen<br />
von „Leseopa“ Köpke.<br />
Kontakt<br />
NEULAND-Sozialmanagement, Telefon: 0 53 61 / 79 11 90<br />
mit der Familie nach Dänemark. Ein Highlight war die Fahrt mit der<br />
AIDA, ein Geschenk zur Goldenen Hochzeit. Brigitte Schocker betont<br />
die Wichtigkeit einer guten Hausgemeinschaft. „Wir haben Glück: Die<br />
Hausgemeinschaft passt, keiner ist aufdringlich. Wir Frauen machen<br />
unseren Kaffeeklatsch und alle helfen sich gegenseitig.“ Mehr auf ihre<br />
Zweisamkeit bezogen, verläuft das Leben von Horst und Elke Schmidt<br />
(beide 73). Sie lesen gerne und trinken jeden Vormittag gemeinsam in<br />
der Stadt Kaffee. „Uns zieht es nicht in Vereine, wir mögen keine Bustouren,<br />
sondern lieben es ein bisschen flotter. Weil wir keine Fernreisen<br />
mehr brauchen, unternehmen wir einmal im Monat Städtereisen<br />
mit der Bahn.“ Dann geht es nach Bonn, Heidelberg oder Koblenz. Auf<br />
Träume angesprochen, antwortet Horst Schmidt lapidar: „Träume<br />
kann ich überhaupt nicht ab. Zufriedenheit ja, aber Glück ist Blödsinn.<br />
Mir gefällt es so, wie es läuft.“<br />
Offensichtlich gelingt es älteren Menschen überraschend gut, ihr Leben<br />
trotz etwaiger Beeinträchtigungen so einzurichten, dass sie sich<br />
ein positives Selbstgefühl erhalten, indem sie ihre Erwartungen an<br />
die Realität anpassen. Und eine Zauberformel sorgt auch für Erfolgserlebnisse<br />
im hohen Alter. Sie lautet einfach ausgedrückt: auswählen,<br />
optimieren, ausgleichen! Ein Beispiel dafür lieferte der 80-jährige<br />
Pianist Artur Rubinstein, der auf die Frage, wie er es schaffe, noch<br />
in seinem Alter so hervorragende Konzerte zu geben, drei Gründe<br />
nannte: Erstens spiele er weniger Stücke, zweitens übe er diese Stü-<br />
cke häufiger und drittens setze er Akzente, um sein Spiel schneller<br />
erscheinen zu lassen, als er noch zu spielen imstande sei. Man muss<br />
aber kein Künstler sein, um diese Strategie auch erfolgreich in seinem<br />
Alltag einzusetzen.<br />
Herausforderung: die menschliche Würde<br />
in der späten Lebensphase zu erhalten<br />
Während sich noch viele Potenziale im dritten Alter ausschöpfen lassen,<br />
offenbart sich im vierten Alter unbarmherzig die biologische Einschränkung<br />
des Menschen. Die Lernfähigkeit nimmt ab, die Persönlichkeit<br />
wird anfälliger, gleichzeitig sinkt die Lebenszufriedenheit.<br />
Nicht selten auch als Folge der schwindenden Anzahl an sozialen<br />
Beziehungen und damit verbundener Einsamkeit. Laut dem Deutschen<br />
Zentrum für Altersfragen hat jeder fünfte Deutsche über 70<br />
keine oder nur noch eine feste Bezugsperson im Leben. Jeder Vierte<br />
hat seltener als einmal im Monat Besuch von Freunden oder Bekannten<br />
und fast jeder Zehnte trifft überhaupt niemanden mehr. Häufig<br />
ist die eigene Gesundheit, der Verlust des Partners oder auch die<br />
räumliche Distanz zu den berufstätigen Kindern die Ursache. Ob wir<br />
uns im Alter einsam fühlen, hängt auch mit unseren Einstellungen<br />
und Verhaltensgewohnheiten zusammen, die wir im Laufe unseres<br />
Lebens entwickelt haben. Neben den sozialen Einschränkungen leiden<br />
Menschen jenseits von 85 Jahren zunehmend unter chronischen<br />
Belastungen. Zu verzeichnen ist auch ein dramatischen Anstieg an<br />
Demenzen. Das bedeutet den schleichenden Verlust etwa von Selbstständigkeit,<br />
Identität und sozialer Eingebundenheit – Eigenschaften,<br />
die die menschliche Würde wesentlich bestimmen. Angesichts dieser<br />
Tatsachen stellt sich eine gesellschaftliche Herausforderung: die Erhaltung<br />
der menschlichen Würde in den späten Jahren des Lebens.<br />
Paul Baltes forderte vor allem zwei Forschungsansätze: Der erste gilt<br />
dem normalen Alterungsprozess und dessen Verbesserung durch<br />
medizinische, psychologische, technische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen<br />
und Hilfen. Dieser Ansatz geht von der Idee aus,<br />
dass es bei der derzeitigen Lebenserwartung mehr auf die Qualität<br />
des Lebens als auf dessen Verlängerung ankommt. Ein zweiter Forschungsweg<br />
sollte darauf zielen, das vierte Alter durch Vorsorge und<br />
Therapie von seinen schlimmsten Übeln, wenn nicht zu befreien, so<br />
zumindest zu entlasten.<br />
Es gibt positive Ansätze, der direkteste beginnt aber bei denen, die<br />
heute noch nicht alt sind. Es liegt an den Jüngeren, Verantwortung<br />
zu übernehmen für die Generation ihrer Eltern und Großeltern. Andernfalls<br />
verlieren wir alle – egal ob wir gestern jung waren oder<br />
morgen alt sein werden.<br />
24<br />
2 | Juli 2013 www.nld.de 25