RICHTIG GROSS RAUSKOMMEN - Nord-Handwerk
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STANDPUNKT<br />
Neue <strong>Handwerk</strong>sspitze gewählt –<br />
neue/alte Herausforderungen<br />
Udo Hansen,<br />
Hauptgeschäftsführer der<br />
<strong>Handwerk</strong>skammer<br />
Flensburg.<br />
Anfang Dezember haben die Vollversammlungen<br />
des <strong>Handwerk</strong>s eine neue ehrenamtliche Spitze<br />
gewählt. Hans Peter Wollseifer löst Anfang Januar<br />
Otto Kentzler als Präsident des ZDH ab. Auch<br />
das geschäftsführende Präsidium, das Präsidium<br />
und die Vizepräsidenten wurden gewählt.<br />
Das <strong>Handwerk</strong> wird auch in der neuen Amtszeit<br />
mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert<br />
werden:<br />
Die sogenannten Deregulierungsbemühungen<br />
insbesondere auf europäischer Ebene werden<br />
fortgeführt. Die EU-Kommission hat bereits im<br />
Oktober 2013 eine Mitteilung zur Bewertung<br />
der nationalen Reglementierungen des Berufszugangs<br />
vorgelegt. Sie ist ein Angriff auf die Meisterprüfung<br />
im deutschen <strong>Handwerk</strong>. Die EU-<br />
Kommission verkennt auf eklatante Weise, dass das<br />
auch von ihr gelobte duale Ausbildungssystem in<br />
Deutschland ohne Qualifikationsanforderungen<br />
wie den Meisterbrief und entsprechend darauf<br />
aufbauende ehrenamtliche Strukturen nicht funktionieren<br />
kann.<br />
Die enorme Ausbildungsleistung des <strong>Handwerk</strong>s<br />
wäre ohne die Spitzenqualifikation Meisterbrief<br />
nicht möglich! Ein warnendes Beispiel sollte<br />
die Entwicklung bei den Fliesen-, Platten- und<br />
Mosaiklegern oder Gebäudereinigern seit der<br />
Novellierung der <strong>Handwerk</strong>sordnung 2004 sein.<br />
Die Zahl der Ausbildungsbetriebe im Fliesen-,<br />
Platten- und Mosaiklegerhandwerk ist um 40<br />
Prozent zurückgegangen, obwohl die Gesamtzahl<br />
der Betriebe in diesem <strong>Handwerk</strong> exorbitant<br />
gestiegen ist.<br />
Die Schwächung des bewährten Qualifizierungssystems<br />
ist ein Angriff auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Deutschlands. Sie schädigt die<br />
erfolgreiche duale Ausbildung auf Dauer! Das<br />
<strong>Handwerk</strong> ist gut beraten, die erfolgreich arbeitende<br />
Geschäftsstelle in Brüssel weiter aufzuwerten,<br />
um noch frühzeitiger auf Fehlentwicklungen<br />
innerhalb der EU reagieren zu können.<br />
Auch eine andere Entwicklung bereitet Sorgen:<br />
Gerade in den letzten Jahren ist die durchschnittliche<br />
Betriebsgröße im <strong>Handwerk</strong> weiter gesunken.<br />
Auch dies hat unter anderem mit der Libe-<br />
ralisierung der <strong>Handwerk</strong>sordnung zu tun – viele<br />
Existenzgründungen ohne Qualifikation führen<br />
zu Kleinstbetrieben. Die Aufgabe wird es sein,<br />
gerade in den Mitgliedsorganisationen dafür<br />
zu werben, dass es genügend <strong>Handwerk</strong>sbetriebe<br />
am Markt gibt, die eine breite Palette an<br />
handwerklichen Leistungen mit ausreichend<br />
eigenem Personal anbieten. Dazu gehört auch<br />
das Bewusstsein, dass Betriebe des <strong>Handwerk</strong>s<br />
kreative Lösungen finden müssen, ihr Personal an<br />
den Betrieb zu binden, um den Fachkräftebedarf<br />
auch in Zukunft decken zu können.<br />
Auf nationaler Ebene wird von der <strong>Handwerk</strong>sspitze<br />
weiterhin eine konstruktiv-kritische<br />
Begleitung der Bundesregierung erwartet. Auch<br />
wenn der Koalitionsvertrag in weiten Teilen das<br />
<strong>Handwerk</strong> positiv hervorhebt, ist es zunächst<br />
nicht gelungen, einige das <strong>Handwerk</strong> und den<br />
Mittelstand bedrängende Themen zur Zufriedenheit<br />
zu lösen. Nach wie vor ungelöst ist etwa<br />
das Problem der kalten Progression bei der Einkommenssteuer.<br />
Auch die steuerliche Förderung<br />
der energetischen Gebäudesanierung – ein unverzichtbarer<br />
Beitrag zur Energiewende – wird<br />
nicht angegangen.<br />
Für die Sozialversicherungssysteme fatal sind<br />
die verschiedenen Versprechen der Koalition im<br />
Bereich der Alterssicherung. Die Einführung<br />
einer Mütterrente, einer Mindestrente, eines<br />
abschlagfreien Renteneintritts mit 63 und dergleichen<br />
mehr führen zu hohen Mehrbelastungen<br />
für die Rentenkasse. Eine Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge<br />
wird über kurz oder lang<br />
die Folge sein.<br />
Herausforderungen gibt es reichlich – wünschen<br />
wir der neuen <strong>Handwerk</strong>sspitze ein engagiertes<br />
Eintreten für handwerkliche Interessen!<br />
Ihre Meinung unter E-Mail<br />
u.hansen@hwk-flensburg.de<br />
Januar 2014 <strong>Nord</strong><strong>Handwerk</strong> 3