LAfer 1.pdf - Obstbau
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Erfahrungen und Konzepte zur chemischen Ausdünnung und zum Einsatz<br />
von SmartFresh aus österreichischer Sicht<br />
Gottfried Lafer, Gleisdorf/Österreich<br />
Chemische Ausdünnung<br />
Als Mittel für die chemische Ausdünnung stehen der Praxis neben einer Vielzahl von Ätzmittel<br />
eine Reihe von Bioregulatoren, die mehr oder weniger zur Gruppe natürlicher oder<br />
synthetischer Phytohormone gehören, zur Verfügung.<br />
1. Ätzmittel<br />
Als konzentrierte Düngemittel (Ätzmittel) für die Blütenausdünnung stehen Harnstoff, Methylenharnstoff,<br />
Kalksalpeter und ATS zur Verfügung. Versuche laufen auch mit Schwefelkalkbrühe,<br />
Kochsalz (NaCl), Pelargonsäure (Thinex), MCDS (Wilthin), diversen organischen<br />
bzw. anorganischen Ölen (Rapsöl, Mineralöle etc.) und Netzmitteln (z.B. Armothin).<br />
Während mit Harnstoff weder beim Apfel noch bei der Birne positive Resultate erzielt wurden,<br />
gibt es günstige Ergebnisse mit Ammoniumthiosulfat, Methylenharnstoff und<br />
Schwefelkalk, speziell im Bioobstbau.<br />
1.1. Ammoniumthiosulfat<br />
Anwendungsempfehlungen für ATS flüssig (58%)<br />
Einsatzzeitpunkt:<br />
Vollblüte ± 3 Tage (mehrjähriges Holz)<br />
Wiederholung nach 3 4 Tagen mit einer um 25 30%<br />
reduzierten Mittelmenge<br />
Anwendungskonzentration: 1. Anwendung: 1,5 1,8 % (15,0 18,0 l/ha)<br />
2. Anwendung: 1,0 1,2 % (10,0 12,0 l/ha)<br />
Wasseraufwandmenge: 500 l bis 1.000 l/ha (Normalsprühen)<br />
Witterung: Temperatur > 15 °C<br />
Sonnig<br />
Niedrige Luftfeuchte<br />
Merke:<br />
Nie auf das tau- oder regennasse Blatt applizieren!<br />
Nie vor prognostizierten Niederschlägen ausbringen!<br />
Bäume nicht tropfnass spritzen (Verbrennungsgefahr)!<br />
ATS darf nur auf das trockene Blatt appliziert werden. Daher ist eine Spritzung tagsüber<br />
bei trocken warmer Witterung sinnvoller als am Morgen auf das taunasse Blatt (im Gegensatz<br />
zu den Auxinen NAA und NAAm). Eine Spritzung auf das nasse Laub dagegen<br />
führt zu Blattverbrennungen. Der Vorteil von ATS liegt im raschen Sichtbarwerden des<br />
Ausdünnerfolges (verätzte Blüten trocknen relativ rasch ein). Zur Alternanzbrechung sind<br />
meistens zwei Behandlungen erforderlich.<br />
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In der Folge wird jedoch der Junifruchtfall vermindert. Eine Blütenausdünnung mit ATS ist<br />
nur bei Weißblüte der Obstbäume sinnvoll (Boniturstufe 8 9 in einer neunstufigen Skala).<br />
Diese frühe Entlastung des Baumes bedingt eine gute alternanzbrechende Wirkung.<br />
ATS ist daher nur für Sorten zu empfehlen, die verstärkt zur Alternanz neigen wie z.B.<br />
Elstar, Boskoop u.a. bzw. Sorten, die eine enorme Blühstärke aufweisen und mit Auxinen<br />
schwer ausdünnbar sind wie z.B. Braeburn. Weniger sinnvoll erscheint der Einsatz bei<br />
Sorten, welche mit den herkömmlichen Ausdünnmittel auf Phytohormonbasis wie z.B.<br />
Golden Del., Gala, Pinova u. a. erfolgreich ausgedünnt werden können. ATS wirkt im Prinzip<br />
ähnlich wie ein leichter Blütenfrost, daher kann nach Frostschäden auf ATS verzichtet<br />
werden.<br />
1.2. Methylenharnstoff<br />
Handelsprodukte: Azolon fluid (Methylenharnstoff flüssig, 26 % N)<br />
Anwendungsempfehlungen für Azolon fluid<br />
Einsatzzeitpunkt:<br />
Vollblüte ± 3 Tage (mehrjähriges Holz)<br />
Anwendungskonzentration: 1,0 1,5 % (7,5 10,0 l/ha)<br />
Wassermenge: 500 800 l/ha<br />
Mögliche Vor- und Nachteile<br />
Ausdünnwirkung schwächer gegenüber ATS (wirkt stärker am alten Holz)<br />
Verbesserung der Fruchtgröße (interessant für kleinfrüchtige Sorten)<br />
Verminderung der Deckfarbe<br />
Deutlich grünere Grundfarbe<br />
Bessere Fruchtfleischfestigkeit<br />
Berostung wird nicht gefördert<br />
Eine Kombination Azolon fluid (1. Applikation) mit ATS (2. Applikation) erscheint empfehlenswert.<br />
1.3. Schwefelkalk<br />
Schwefelkalk ist eines der wichtigsten Fungizide im Bioobstbau. In einigen Versuchen<br />
konnte eine ausdünnende Wirkung beobachtet werden. Empfohlen wird eine Aufwandmenge<br />
von 1 2 mal 30 40 kg/ha (3,0 4,0 %) bei einem Brüheaufwand von 1.000<br />
1.500 l/ha in die Vollblüte bzw. abgehende Blüte. Neben einer Verätzung der Blütenorgane<br />
führen diese hohen Konzentrationen auch zu einer starken Hemmung der Pollenkeimung.<br />
Durch Exaktversuche sollen die Sortenempfindlichkeit und eventuelle Nebenwirkungen<br />
auf die Nützlingsfauna abgeklärt werden. Alternanzempfindliche Sorten wie z.B.<br />
Elstar und Fuji können aber durch den Einsatz von Schwefelkalk allein nicht zum regelmäßigen<br />
Tragen gebracht werden.<br />
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2. Bioregulatoren<br />
Zu den Bioregulatoren zählen die Wirkstoffe Ethephon, die Auxine und die zur Gruppe<br />
der Cytokinine gehörenden Wirkstoffe Benzyladenin und CPPU. Die optimalen Einsatzzeitpunkte<br />
bewegen sich je nach Wirkstoff zwischen Ballonstadium bis max. 24 mm<br />
Fruchtgröße (Abb. 1).<br />
Entwicklungstadium Ballonstadium Zentralblüte offen Vollblüte abgehende Blüte Ende der Blüte Haselnussgröße Walnussgröße<br />
nach Fleckinger<br />
E2 F F2 G H I J<br />
BBCH - Skala 59 61 65 67 69 71 72 73<br />
Fruchtgröße in mm<br />
< 5 mm 8 - 12 mm 22 - 24 mm<br />
Wirkstoffe zur<br />
Ethephon NAAm (+ Ethephon) NAA<br />
Ethephon<br />
Ausdünnung<br />
ATS<br />
ATS<br />
Benzyladenin<br />
Abb. 1: Ausdünnfenster für Ethephon, ATS, NAAm, NAA und BA<br />
2.1. Ethephon<br />
Sowohl in Deutschland als auch in Österreich (aufgrund des Agrarrechtsänderungsgesetz<br />
2002, Gleichstellungsverordnung mit Deutschland) besitzt Flordimex 420 eine Zulassung<br />
zur Förderung der Blütenbildung beim Apfel mit maximal 2 Anwendungen je Vegetationsperiode.<br />
Die Aufwandmenge beträgt 0,15 l/ha und je m Kronenhöhe. Verwendet ein<br />
<strong>Obstbau</strong>er Flordimex 420 ein Pflanzenschutzmittel, das nur in Deutschland registriert ist<br />
so müssen die deutschen Anwendungsbestimmungen (am Etikett ersichtlich) eingehalten<br />
werden.<br />
Die Wartezeit ist durch die Anwendungsbedingungen und/oder die Vegetationszeit abgedeckt.<br />
Daraus kann geschlossen werden, dass einem früheren Anwendungszeitpunkt<br />
nichts entgegensteht.<br />
Ethephon hat seine Berechtigung in einer Strategie zur Alternanzbrechung bei problematischen<br />
Sorten wie Elstar, Boskoop, Fuji u.a. einerseits durch die Ausdünnwirkung und<br />
andererseits durch die Stimulierung der Blütenknospenbildung.<br />
Anwendungsempfehlungen für Ethephon<br />
Einsatzzeitpunkte<br />
Ballonstadium Blühbeginn: Flordimex 420 solo; Basisdosierung : 300 ml/ha<br />
(Abb. 2)<br />
Abgehende Blüte:Kombination mit Amid (Dirigol 100 200g/ha + Flordimex 420,<br />
300 ml/ha)<br />
Fruchtgröße 20 - 24 mm (30 35 Tage nach Vollblüte): Ethephon solo zur Ausdünnung<br />
bzw. Blütenknospenstimulierung; Basisdosierung: 300 ml/ha<br />
Nacherntebehandlung:Flordimex 420 + Blattdünger (Harnstoff u.a.) bei starkwüchsigen<br />
Anlagen (0,5 1,0 l/ha) zur Blütenknospenstärkung und Förderung der Holzreife<br />
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Abb. 2: Optimaler Einsatzzeitpunkt für Ethephon ist das Ballonstadium.<br />
Wasseraufwandmenge:<br />
500 l/ha und m Kronenhöhe; Feinsprühen mit 250 l bis<br />
500 l/ha verbessert jedoch die Wirkung<br />
Witterung: Temperatur 18 22 °C (temperaturabhängig dosieren)<br />
Licht<br />
hohe Luftfeuchte<br />
Beachte: Ethephon muss temperaturabhängig dosiert werden!<br />
Ethephon zeigt seine höchste Wirksamkeit in Phasen des natürlichen Blüten- und<br />
Fruchtfalls Wenn die natürliche Tendenz zum Blüten- bzw. Fruchtfall gering ist, sind höhere<br />
Dosierungen von Ethephon notwendig, um die Fallintensität zu verstärken. Bei hoher<br />
Junifallintensität sind bereits sehr niedrige Konzentrationen (200 300 ml/ha) in der Lage<br />
eine Totalausdünnung der Bäume auszulösen (Abb. 2), vor allem wenn die Temperaturen<br />
nach der Applikation über 25°C ansteigen.<br />
Beachte:<br />
Ethephon ab einer Fruchtgröße von 24 mm nicht mehr einsetzen; negative<br />
Auswirkungen auf die Fruchtqualität (Grundfarbe, Fruchtfleischfestigkeit)<br />
und Lagerfähigkeit sind zu erwarten.<br />
2.2. Auxine<br />
Synthetische Auxine wie z.B. das Naphtylacetamid (NAAm) und - Naphtylessigsäure<br />
(NAA) werden im <strong>Obstbau</strong> zur Fruchtausdünnung, zur Verhinderung des vorzeitigen<br />
Fruchtfalles und zur Hemmung des Trieb- und Fruchtwachstums eingesetzt.<br />
In Österreich sind zwei Wuchsstoffe aus der Wirkstoffgruppe der Auxine für die chemische<br />
Fruchtausdünnung registriert.<br />
Naphtylacetamid (NAAm): Handelsname Dirigol N (50 % NAAm)<br />
- Naphtylessigsäure (NAA): Handelsname Latefix (10 % NAA)<br />
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Einsatzzeitpunkte<br />
NAAm: Vollblüte max. 5 mm Fruchtgröße am alten Holz (Zentralfrucht); bei zu<br />
frühem und zu spätem Einsatztermin erfolgt ein Anhängen der Früchte.<br />
NAA<br />
abgehende Blüte bis max. 12 mm; NAA dünnt früher eingesetzt sicherer<br />
und besser aus als NAAm; überall wo stärker ausgedünnt werden muss, ist<br />
NAA dem NAAm der Vorzug zu geben.<br />
Abb. 3 u. 3a:Frühester (abgehende Blüte) und spätester Einsatzzeitpunkt (max. 5 mm<br />
Fruchtgröße) für NAAm (Dirigol).<br />
Es ist darauf zu achten, dass die empfohlenen Dosierungen nicht überschritten und die<br />
Mittel auch im richtigen Entwicklungsstadium der Früchte ausgebracht werden.<br />
Auxine sollten zur Fruchtausdünnung nur einmal in der Vegetationsperiode einsetzen, da<br />
die Gefahr der Fruchtgrößenreduktion besteht.<br />
Maximale Dosierung: NAAm 120 ppm 240 g Dirigol/ha<br />
NAA 15 20 ppm 1,5 2,0 kg Rhodofix/ha<br />
Nachteile zu hoher Dosierungen und zu später Applikationszeitpunkte<br />
Wachstumsdepressionen (Trieb- und Fruchtwachstum)<br />
Kleinere Früchte<br />
Fruchtansatzfördernde Wirkung<br />
Verminderung des nächstjährigen Blütenknospenansatzes<br />
Berostungen an der Fruchtschale<br />
2.3. Cytokinine<br />
Cytokinine sind, ähnlich wie die Auxine und Gibberelline, pflanzeneigene Wirkstoffe (Phytohormone)<br />
und werden in erster Linie als Verzweigungsmittel in Baumschulen eingesetzt.<br />
In den letzten Jahren ist auch die Ausdünnwirkung dieser Wirkstoffe erkannt worden. Cytokinine<br />
wirken in erster Linie als Fruchtausdünnmittel ab einer Fruchtgröße von 10 bis<br />
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14 mm und werden daher als Ersatz für den ökotoxikologisch sehr bedenklichen Wirkstoff<br />
Carbaryl angesehen. Carbaryl wurde in vielen europäischen Ländern die Registrierung als<br />
Insektizid bzw. als Ausdünnmittel entzogen. Aus diesem Grunde ist man auf der Suche<br />
nach neuen, ökologie- und anwenderfreundlichen Wirkstoffen. Carbaryl hatte eine gute<br />
Ausdünnwirkung bei Red Del, Gala, Braeburn und anderen mit Auxinen schwer ausdünnbaren<br />
Sorten. Cytokinine als Ausdünnmittel zeigten in einer Vielzahl von Versuchen der<br />
europäischen Arbeitsgruppe für Fruchtausdünnung (Eufrin) ähnlich gute Ergebnisse wie<br />
Carbaryl. Auch in der Steiermark konnten positive Ergebnisse mit Cytokininen, vor allem<br />
mit den beiden Wirkstoffen 6-Benzyladenin (BA, BAP) und des Phenylharnstoffderivates<br />
CPPU erzielt werden.<br />
6-Benzyladenin (BA oder BAP)<br />
Die größten Chancen hinsichtlich Registrierung als Ausdünnmittel bei Äpfel und Birnen<br />
besitzt BA; dieser Wirkstoff ist in verschiedenen EU Ländern eingereicht, mit einer Registrierung<br />
ist 2006 zu rechnen. Alles in allem bietet diese neue Wirkstoffgruppe in den nächsten<br />
Jahren gute Perspektiven für die chemische Fruchtausdünnung. In den USA und Ü-<br />
bersee (Australien, Neuseeland u.a.) sind diese Wirkstoffe bereits für die Ausdünnung registriert<br />
und zwei weltweit agierende Firmen, welche sich mit der Produktion von Bioregulatoren<br />
im Obst- und Gartenbau beschäftigen (FAL in UK, Homepage: http://www.fineagrochemicals.com/Content/Products.htm;<br />
Valent Biosciences in den USA, Homepage:<br />
http://www.valent.com/), wollen den Wirkstoff BA auch in die europäische Registrierung<br />
(Annex 1) bringen. Nationale Zulassungen für BA als Ausdünn- bzw. Verzweigungsmittel<br />
gibt es u.a. in Italien, Polen und Ungarn.<br />
Konzentration Rel. Fruchtansatz (%) Rel. Fruchtgewicht (%)<br />
BA 75 ppm - 6,4 + 9,2<br />
BA 100 ppm - 18,5 + 12,1<br />
BA 150 ppm - 32,9 + 18,6<br />
BA 200 ppm - 30,1 + 21,6<br />
BA 400 ppm - 27,3 + 20,8<br />
NAA 10 ppm -16,8 + 8,8<br />
BA 100 + NAA 10 - 31,3 + 19,8<br />
Tab. 1: Wirkungsgrade (ausgedrückt durch die Reduktion Fruchtansatzes bzw. Zunahme<br />
des Fruchtgewichtes) verschiedener Konzentrationen von BA im Vergleich<br />
zu NAA (Mittelwerte verschiedener Eufrin Ausdünnversuche, nach<br />
Schröder 2004)<br />
Vorteile von BA<br />
Pflanzeneigene Wirkstoffe (ökologisch und (öko-)toxikologisch unbedenkliche Wirkstoffgruppe)<br />
Später Einsatzzeitpunkt (nach der Frostgefahr, gutes Fruchtausdünnmittel)<br />
Gute alternanzbrechende Wirkung<br />
Direkte Förderung der Blütenknospenbildung<br />
Förderung der Fruchtgröße durch höhere Zellteilungsrate<br />
Diesen Vorteilen stehen einige Nachteile, vor allem bei Überdosierung gegenüber:<br />
Wachstumsförderung<br />
Zu starke Ausdünnwirkung, vor allem in Kombination mit NAAmid + NAA<br />
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Manchmal zu geringe Ausdünneffekte<br />
Berostung (ausgelöst durch den Zusatz eines aggressiven Netzmittels z.B. Tween 20)<br />
Verminderte Deckfarbe<br />
Aus diesem Grunde laufen weltweit Versuchsserien, um die Aufwandmengen dieser Wirkstoffe<br />
in Abhängigkeit von Witterung und Fruchtgröße zu optimieren. Besonders effizient<br />
erwiesen sich in Versuchen die Mischungen von BA mit NAA bzw. NAAm. Dagegen führten<br />
Mischungen von BA mit Ethephon zu einer verminderten Ausdünnwirkung.<br />
Allgemeine Anwendungsempfehlungen für Benzyladenin (BA) und Einsatzzeitpunkte<br />
Fruchtgröße 5 8 mm: BA + NAAm (z.B. Dirigol 100 200g/ha + MaxCel 2,5<br />
5,0 l/ha)<br />
Fruchtgröße 8 12 mm: BA solo zur Ausdünnung bzw. Fruchtgrößenförderung;<br />
Basisdosierung: 100 150 ppm je nach Sorte (Maxcel<br />
5,0 7,5 l/ha)<br />
Fruchtgröße 12 16 mm: BA + NAA zur Ausdünnung bzw. Fruchtgrößenförderung;<br />
Basisdosierung: BA 100 ppm + NAA 10 ppm (z.B.<br />
Maxcel, 5,0 l/ha + Latefix 100 ml/ha)<br />
3. Einflussfaktoren auf die Wirkung der chemischen Ausdünnmittel auf der<br />
Basis Phytohormone<br />
Sortenempfindlichkeit<br />
Die Apfelsorten können, entsprechend ihrer Empfindlichkeit gegenüber Auxinen in drei<br />
Klassen eingeteilt werden.<br />
Hoch mittelmäßig Mittelmäßig wenig Unempfindliche resistente<br />
empfindlich<br />
empfindlich<br />
Sorten<br />
Gala Golden Delicious Elstar<br />
Idared Arlet Fuji<br />
Boskoop Braeburn Kronprinz Rudolf<br />
McIntosh + Verwandte Summerred Rubinette<br />
div. Frühsorten Pinova Gloster<br />
Jonagold<br />
Rubens<br />
Granny Smith<br />
Diverse Lokalsorten<br />
Tab. 2:<br />
Empfindlichkeit verschiedener Apfelsorten auf Ausdünnmittel auf Auxinbasis<br />
(NAAm und NAA)<br />
Auxinresistente Sorten (Fuji, Braeburn, Elstar u.a.) reagieren häufig mit der Ausbildung<br />
von Pygmäenfrüchten (Zwergfrüchte); auxinempfindliche Sorten (z.B. Gala) dagegen<br />
mit phytotoxischen Schäden. Die Fruchtausdünnung mit NAAm bzw. NAA sollte<br />
jedoch bei den meisten Sorten eine Standardmaßnahme sein.<br />
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Witterung und Tageszeit<br />
Die Aufnahme des Wirkstoffes erfolgt in erster Linie an der Blattunterseite (Behaarung<br />
schafft günstige mikroklimatische Verhältnisse) über die Kutikula. Von entscheidender<br />
Bedeutung für die Aufnahme ist die entsprechend hohe Temperatur verbunden mit einer<br />
hohen Luftfeuchtigkeit. Die Quellung der Kutikula (Wachsschicht auf Blattoberfläche)ist<br />
die wichtigste Voraussetzung, damit der Wirkstoff überhaupt in das Blatt eindringen kann.<br />
Optimale Witterungsbedingungen für die Wirkstoffaufnahme<br />
Temperatur<br />
min. 12°C (Optimum > 15°C)<br />
Hohe rel. Luftfeuchtigkeit 85 - 90%<br />
Bedecktes Wetter:<br />
Bewölkung<br />
Licht min. 3.000 Lux (morgens zwischen 6.00 7.00 Uhr)<br />
Die Vorteile einer Applikation am früheren Morgen liegen daher klar auf der Hand:<br />
Hohe Luftfeuchtigkeit (Tau, Quellung der Kutikula)<br />
Zunahme der Temperatur und der Lichtintensität (verstärkte Aufnahme)<br />
Wird bei ungünstiger, besonders kühler, trockener und windiger Witterung ausgebracht,<br />
ist die Blattoberfläche nicht in der Lage, die Aktivsubstanz in wirksamer Menge<br />
aufzunehmen. Der gegenteilige Effekt, eine fruchtansatzfördernde Wirkung, ist die Folge.<br />
Unter derartigen Bedingungen ist es sinnlos, Phytohormone als Ausdünnmittel einzusetzen.<br />
Wer die Möglichkeit einer Überkronenberegnung besitzt, sollte diese bei ungünstigen<br />
Bedingungen vor der Ausdünnspritzung kurz einschalten, um das Blatt für die Wirkstoffe<br />
aufnahmefähiger zu gestalten. Eine Nachberegnung dagegen ist sinnlos und führt<br />
nur zur Verdünnung und Reduktion des aufgebrachten des Spritzbelages.<br />
Wasseraufwandmenge (Konzentration der Wirkstoffe)<br />
Sind die Bedingungen für die Aufnahme optimal, ist es sinnvoll, den Wirkstoff in relativ<br />
konzentrierter Form auszubringen, d.h. die Applikation sollte nach dem Feinsprühverfahren<br />
(250 500 l/ha) erfolgen, damit der Wirkstoff sehr rasch in das Blatt eindringt. Die<br />
Geschwindigkeit der Diffusion der Aktivsubstanz in das Blatt hängt nämlich im wesentlichen<br />
von zwei Faktoren ab:<br />
Konzentration des Wirkstoffes (Konzentrationsgradienten)<br />
Temperatur (je höher, umso rascher)<br />
Von dieser Seite her betrachtet erscheint eine Applikation mit einer Wassermenge von<br />
1.000 l/ha und mehr nicht gerechtfertigt, da in dieser Verdünnungsstufe das Konzentrationsgefälle<br />
äußerst gering ist und dadurch der Wirkstoff sehr langsam in das Blatt eindringt<br />
und auch die Gefahr von Feuerbrandinfektionen nicht zu unterschätzen ist.<br />
Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang eine gleichmäßige und gute Benetzung<br />
des Blattes mit vielen feinen Tröpfchen (= hoher Bedeckungsgrad), welche den Wirkstoff<br />
in erhöhter Konzentration enthalten. Nur dann ist eine rasche und ausreichende Aufnahme<br />
des Wirkstoffes gesichert, vorausgesetzt die Witterungsbedingungen sind optimal.<br />
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Zusätze zur Wirkungssteigerung<br />
Bewährt haben sich die Zusätze von Ethephon bei alternanzanfälligen Sorten (Elstar, Jonagold,<br />
Boskoop, Delbarestivale, Summerred u.a.) und GA 4+7 (Regulex, Gibb plus) bei<br />
berostungsempfindlichen und/oder kleinfrüchtigen Sorten wie z.B. Rubinette, Gala, Pinova<br />
u.a. (siehe Tabelle 2).<br />
Durchaus sinnvoll ist der auch der Zusatz von Netzmittel zur Spritzbrühe (30 50 ml/hl<br />
Spritzbrühe). Vor einem Zusatz des Netzmittels Tween ist jedoch abzuraten, da es berostungsfördernd<br />
wirken kann.<br />
Ein Zusatz von Mineralöl ist nur bei ungünstigen Witterungsbedingungen (Grenzbereich<br />
der Temperatur und rel. Luftfeuchtigkeit) und bei bestimmten Sorten sinnvoll. Dadurch wird<br />
die Absorption des Wirkstoffes in das Blatt verbessert. Bei Braeburn und Gloster gab es<br />
nach einem Mineralölzusatz oft starke phytotoxische Erscheinungen.<br />
Eine bessere Aufnahme des Wirkstoffes gewährleisten auch flüssige Formulierungen<br />
von Amid (z.B. Geramid neu) bzw. NAA (Latefix, Dirager, Obsthormon 24 a u.a.).<br />
Ein Zusatz von pH-Stabilisatoren sowie von Transpirationshemmern dagegen verminderte<br />
die Ausdünnwirkung. Harnstoff und andere Düngemittel als Zusätze führen nicht immer zu<br />
einer Wirkungsverbesserung, wie dies einige Versuche in der Schweiz, in Deutschland<br />
und auch in der Steiermark bestätigen. Die Ergebnisse weisen eher auf eine fruchtansatzfördernde<br />
Wirkung hin.<br />
Auxine sind mit den um die Blütezeit eingesetzten Fungiziden Dithane, Delan und Chorus<br />
mischbar und können gemeinsam ausgebracht werden, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung<br />
der Ausdünnwirkung von NAAm kommt.<br />
Eine synergistische (fördernde) Wirkung scheint durch die Kombination NAAm + Strobilurinen<br />
(z.B. Discus) gegeben zu sein (vergleichbar mit der Wirkung von Regulex). Ein<br />
weiterer positiver Effekt zeigte sich in der Verminderung der Fruchtberostung.<br />
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