Rafet el Roman - Ãger Tours
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Eine Reise in den<br />
unbekannten<br />
S<br />
Südosten der<br />
Türkei<br />
Viktoria Stein<br />
nnen<br />
aufgang<br />
überm<br />
Zweistromland<br />
Der Weg zu den Göttern ist anstrengend.<br />
Rund 250 Meter führt er steil nach oben<br />
zum Gipf<strong>el</strong> des Nemrud-Berges. Auf dessen<br />
Hochplateau ließ sich König Antiochus I. vom<br />
Stamm der Kommagene vor mehr als 2000 Jahren ein<br />
Grabmal bauen. Über der Grabkammer in rund 2150<br />
Meter Höhe türmt sich ein 60 Meter hoher künstlicher<br />
Tumulus auf. Riesige Götterköpfe aus Stein, darunter<br />
ein Falke sowie das Abbild des Königs, stehen<br />
vor ebenso riesigen Steinkorpora. Ein Löwenhoroskop<br />
auf Steintaf<strong>el</strong>n – das älteste der W<strong>el</strong>t – sowie ein gigantischer<br />
Opferaltar zeugen von der Größe der versunkenen<br />
Kultur.<br />
Heute zählt die Kultstätte zum Unesco-W<strong>el</strong>tkulturerbe<br />
(seit 1987) und zu den größten Besucher-Magneten<br />
des Landes. Tausende Urlauber aus aller W<strong>el</strong>t besteigen<br />
jährlich den Berg. Sie wollen erleben, wie sich die<br />
Morgensonne über Mesopotamien emporschwingt<br />
und versamm<strong>el</strong>n sich, noch in tiefer Dunk<strong>el</strong>heit,<br />
auf dem riesigen Steinaltar. Erwartungsvoll richten<br />
sie die Gesichter gen Osten. Und dann ist es soweit.<br />
Ein winziger goldener Punkt taucht in der Ferne auf,<br />
der, einem Laserstrahl gleich, Altar, Menschen und<br />
Götterköpfe in warmes Gold taucht. Ein Erlebnis für<br />
die Ewigkeit.<br />
Durch Südostanatolien schläng<strong>el</strong>te sich einst die<br />
Seidenstraße. Heute gehört das Land zu den touristischen<br />
Geheimtipps: Orient pur, mit prächtigen<br />
Städten, verwunschenen Dörfern und einer schier<br />
endlosen Fülle an historischen Zeugnissen. Wie in<br />
Adana, der viertgrößten Stadt der Türkei. Hier sind<br />
die Einwohner stolz auf ein 5-Sterne-Luxushot<strong>el</strong>, aus<br />
dessen Fenstern man einen hervorragenden Blick<br />
auf den glitzernden Seyhan-Fluss sowie die neue<br />
Moschee der Stadt hat – die einzige in der Türkei mit sechs<br />
Türmen. Und auf ihr archäologisches Museum: Im Garten und<br />
auf zwei Stockwerken verteilt werden hier Funde aus der gesamten<br />
Osttürkei ausgest<strong>el</strong>lt. Ein weiterer Höhepunkt ist ein<br />
Besuch der Stadt Antakya. In dem biblischen Antiochia oder<br />
Hatay läuten die Glocken einer evang<strong>el</strong>ischen sowie einer<br />
katholischen Kirche zu den Rufen des Muezzins der Habibi-Neccar-Moschee.<br />
Wenige Meter entfernt liest der Rabbi in<br />
einer Synagoge aus der Tora. In den engen Straßen vor den<br />
Gotteshäusern bieten Händler frisch gebackenes Brot zum<br />
Kauf an, Oliven und süße Feigen. In den F<strong>el</strong>sen über der Stadt<br />
gibt es eine Grotte mit einem Steinaltar und den Resten eines<br />
Fluchttunn<strong>el</strong>s. Hier sollen Petrus, Paulus und Barnabas unter<br />
Lebensgefahr ihren Glauben praktiziert haben.<br />
Auch in der Universitätsstadt Şanlıurfa, dem antiken Edessa,<br />
rund 45 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, wohnen<br />
Christen und Moslems nebeneinander. Prophet Abraham<br />
soll in Şanlıurfa geboren sein, das erzählen Bib<strong>el</strong> und Koran<br />
gleichermaßen. Im Vorhof der großen Halil-Rahman-Moschee<br />
verkaufen Straßenhändler schöne Tücher aus Baumwolle. Für<br />
einen Euro lernen Besucherinnen, wie man das Tuch so bindet,<br />
dass es die untere Hälfte des Gesichtes bedeckt: zum Schutz<br />
gegen den allgegenwärtigen Sand und Staub. Tad<strong>el</strong>los gekleidet<br />
geht es weiter zum Balıklı Göl , dem heiligen Karpfenteich:<br />
Die Legende sagt, dass Gott den jungen Abraham vor dem<br />
Scheiterhaufen rettete, indem er die Flammen in Wasser und<br />
die Glutbrocken in Karpfen verwand<strong>el</strong>te. Heute bieten geschäftstüchtige<br />
Städter am Teichrand Ansichtskarten und<br />
Devotionalien an.<br />
Das nächste Zi<strong>el</strong> ist die Trullisiedlung Harran. Die bienenkorbartigen<br />
Häuser sind an der Spitze mittig geöffnet – damit<br />
der Rauch der Feuerst<strong>el</strong>le abziehen kann. Geschlafen wird im<br />
Freien, in riesigen blau angestrichenen Bettgest<strong>el</strong>len – um die<br />
Skorpione abzuschrecken, die angeblich die Farbe Blau mit<br />
28 | Kultur