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Rostocker Haus ä rzte im Visier – Vergleich der Berufszufriedenheit ...

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98<br />

Originalarbeit<br />

<strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong>ä<strong>rzte</strong> <strong>im</strong> <strong>Visier</strong> – <strong>Vergleich</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Berufszufriedenheit</strong> 2004 und 2006<br />

A View on General Practitioners in Rostock – Comparison of GP ’s<br />

job satisfaction 2004 and 2006<br />

Autoren<br />

Institute<br />

H.-M. Sch ä fer<br />

1<br />

, A . B ecker 3 , H . Kr entz 2 , R. Harloff1<br />

1<br />

Lehrbereich Allgemeinmedizin <strong>der</strong> Universit ä t Rostock<br />

2<br />

Institut f ü r Medizinische Informatik und Biometrie <strong>der</strong> Universit ä t Rostock<br />

3<br />

Abteilung f ü r Allgemeinmedizin, Pr ä ventive und Rehabilitative Medizin, Philipps-Universität Marburg<br />

Schl ü sselw ö rter<br />

Fragebogen<br />

<strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

<strong>Haus</strong> ä r z te<br />

Key words<br />

questionnaire<br />

professional satisfaction<br />

General Practitioners<br />

Bibliografie<br />

DOI 10.1055/s-2007-970135<br />

Online-Publikation: 2007<br />

Z Allg Med 2007; 83: 98 – 101<br />

© Georg Thieme Verlag KG<br />

Stuttgart · New York ·<br />

ISSN 1433-6251<br />

Korrespondenzadresse<br />

Dr. med. H.-M. Sch ä fer<br />

Lehrbeauftragter <strong>der</strong><br />

Universit ä t Rostock<br />

Doberaner Str. 140<br />

18057 Rostock<br />

schaeferzingst@aol.com<br />

Zusammenfassung<br />

&<br />

Hintergrund: In den letzten zwei Jahren haben<br />

deutsche Ä <strong>rzte</strong> mit Streiks und Demonstrationen<br />

gegen ihre Arbeitsbedingungen protestiert. In<br />

diesem Zeitraum wurden eine neue Geb ü hrenordnung,<br />

strukturierte Behandlungsprogramme<br />

und Vertr ä ge zur integrativen Versorgung eingef<br />

ü hrt. Im Mai 2004 war erstmalig die <strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

<strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> mit einem<br />

von Bovier et al. 1999 entwickelten arztspezifischen<br />

Fragebogen untersucht worden. Nach 18<br />

Monaten erfolgte nun eine erneute Befragung in<br />

dieser Region mit demselben Instrument.<br />

Methoden: In einer Querschnittsuntersuchung<br />

wurde mit dem von Bovier entwickelten Fragebogen<br />

die <strong>Berufszufriedenheit</strong> von <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong>n<br />

in Rostock erhoben und mit den Daten einer 18<br />

Monate zuvor erfolgten Messung verglichen.<br />

Ergebnisse: Bei einer R ücklaufquote von 60,2 %<br />

<strong>der</strong> befragten 113 Ä <strong>rzte</strong> zeigt sich hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Gesamtbeurteilung <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

keine signifikante Ver ä n<strong>der</strong>ung. Die Betrachtung<br />

<strong>der</strong> Einzeld<strong>im</strong>ensionen <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

ergibt jedoch eine signifikant schlechtere<br />

Beurteilung des <strong>der</strong>zeitigen Einkommens als<br />

vor 2 Jahren. Die Bereiche Patientenbetreuung,<br />

pers ö nlicher Gewinn und berufliche Beziehungen<br />

werden weiterhin positiv bewertet, w ä hrend<br />

Verwaltungsarbeit und Freizeit als unbefriedigend<br />

eingestuft werden.<br />

Diskussion: Zwar hat sich die Gesamtzufriedenheit<br />

<strong>der</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> nicht ge ä n<strong>der</strong>t, doch<br />

deckt sich das signifikant schlechter bewertete<br />

Einkommen mit <strong>der</strong> von <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong>n vorgebrachten<br />

For<strong>der</strong>ung nach einer besseren Leistungsverg<br />

ü tung. Erwartungsgem ä ß haben sich<br />

die Zufriedenheit mit Verwaltungsarbeit und<br />

Freizeit nicht verbessert, die Zufriedenheit mit<br />

origin ä r ä rztlichen T ä tigkeiten ist gleich geblieben.<br />

Abstract<br />

&<br />

Background: During the last two years German<br />

physicians went on strike and protested<br />

against bad working conditions. During this t<strong>im</strong>e<br />

doctors ´ re<strong>im</strong>bursement changed and disease<br />

management programs as well as contracts for<br />

integrated health care have been introduced. In<br />

May 2004 we used the physicians ’ questionnaire<br />

for professional satisfaction developed by Bovier<br />

et al in 1999 to study general practitioners ’ job<br />

satisfaction in Rostock. Now 18 months later we<br />

did a second study in this region using the same<br />

instrument.<br />

Methods: We performed a cross sectional study<br />

to evaluate the professional job satisfaction of<br />

general practitioners in Rostock using Bovier ’ s<br />

questionnaire. Data were compared to the first<br />

study 18 months back.<br />

Results: There was no significant change in<br />

overall job satisfaction regarding 113 physicians<br />

(response rate 60,2 %). Looking at the different<br />

d<strong>im</strong>ensions of job satisfaction there is a significant<br />

dicrease in satisfaction with the present<br />

income compared to results two years back.<br />

Again a high degree of satisfaction was reported<br />

with regard to patient care, “ personal satisfaction<br />

”, and professional relationships. Topics like<br />

administrative tasks and leisure t<strong>im</strong>e were rated<br />

as dissatisfying.<br />

Discussion: Overall job satisfaction has not<br />

changed. However the low satisfaction with<br />

income corresponds with general practitioners ’<br />

cla<strong>im</strong> for better re<strong>im</strong>bursement. As expected satisfaction<br />

with administrative tasks and leisure<br />

t<strong>im</strong>e has not changed; satisfaction with the specifics<br />

of general practice remained constant.<br />

Sch ä fer H-M et al. <strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> <strong>im</strong> <strong>Visier</strong> … Z Allg Med 2007; 83: 98 – 101


Originalarbeit 99<br />

Einleitung<br />

&<br />

Zweifellos hat sich die ä rztliche Berufsaus ü bung in den letzten<br />

Jahren durch medizinische Fortschritte, aber auch durch politische<br />

und strukturelle Rahmenbedingungen erheblich gewandelt.<br />

Neben einer v ö llig neuen Geb ü hrenordnung f ü r Kassen ä <strong>rzte</strong><br />

wurden weitere strukturierte Behandlungsprogramme (DMP)<br />

eingef ü hrt und integrierte Versorgungsmodelle (<strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong>vertrag<br />

mit einigen Krankenkassen) vorangetrieben.<br />

Die Unzufriedenheit mit diesen Rahmenbedingungen und einer<br />

schlechten Leistungsverg ü tung hat in Deutschland seit Anfang<br />

2005 zu Protestma ß nahmen und Streiks gef ü hrt. Im Juni 2005<br />

fand <strong>der</strong> erste landesweite Ä <strong>rzte</strong>streik in Mecklenburg-Vorpommern<br />

statt, dessen Ziel die Sicherung des Einkommens durch<br />

einen angemessenen Punktwert f ü r ä rztliche Leistungen war<br />

[1] . Ü ber 200 nie<strong>der</strong>gelassene Ä <strong>rzte</strong> und Psychologen wollten<br />

durch Demonstration vor dem Geb ä ude <strong>der</strong> AOK in Schwerin<br />

einen besseren Vertragsabschluss erreichen.<br />

Bereits <strong>im</strong> Mai 2004 waren alle <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> <strong>der</strong> Stadt Rostock <strong>im</strong><br />

Rahmen eines St ä dtevergleichs mit Ulm und <strong>der</strong> franz ö sischen<br />

Stadt Tours anhand des von Bovier entwickelten Fragebogens<br />

zur <strong>Berufszufriedenheit</strong> untersucht worden [2] . Die Analyse<br />

ergab eine gute Beurteilung selbstst ä ndiger Patientenbetreuung,<br />

kollegialer Zusammenarbeit und des pers ö nlichen Gewinns bei<br />

<strong>der</strong> Arbeit, w ä hrend die komplexe Arbeitsbelastung und Einkommenssituation<br />

negativ beurteilt wurden. Die Gesamtbeurteilung<br />

<strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong> wurde mit 4,5 von 7 Punkten als m ä ß ig<br />

eingesch ä tzt. In <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit soll mit demselben<br />

Instrument untersucht werden, wie sich die <strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

<strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> innerhalb von 18 Monaten entwickelt hat.<br />

Methoden<br />

&<br />

Mittels postalischer Befragung wurden Ende Dezember 2005<br />

erneut alle 140 <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> <strong>der</strong> Stadt Rostock gebeten, den<br />

Bovier ’ schen Fragebogen zur <strong>Berufszufriedenheit</strong> [3] auszuf<br />

ü llen. Dieser Fragebogen orientiert sich an den von <strong>der</strong> „ Society<br />

of General Internal Medicine Career Satisfaction Group “<br />

charakterisierten Komponenten <strong>der</strong> Arbeits – und <strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

von Ä <strong>rzte</strong>n [4, 5] . In 17 Einzelfragen werden 5 D<strong>im</strong>ensionen<br />

<strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong> angesprochen. Die interne<br />

Konsistenz f ü r den Bereich „ Patientenversorgung “ wird mit 0,76;<br />

f ü r „ Arbeitsbelastung “ mit 0,79; f ü r „ Einkommen / sozialer Status<br />

“ mit 0,83; f ü r „ pers ö nliche Zufriedenheit “ mit 0,71 und f ü r<br />

„ berufliche Beziehungen “ mit 0,66 angegeben. Die Beurteilung<br />

erfolgt auf einer siebenstufigen Likertskala von 1 (sehr zufrieden)<br />

bis 7 (sehr unzufrieden). Neben <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong> wurden<br />

demographische Daten wie Alter, Geschlecht und Praxisform<br />

erhoben ( Tab. 1 ).<br />

Drei Monate nach Anschreiben <strong>der</strong> Ä <strong>rzte</strong> wurden alle eingetroffenen<br />

Frageb ö gen ausgewertet und mit dem Statistikprogramm<br />

SPSS (Version 13,0) analysiert. Mittelwertsvergleiche mit den<br />

Ergebnissen <strong>der</strong> fr ü heren Befragung wurden mit dem Mann-<br />

Whitney-U-Test f ü r die einzelnen Fragen getestet und auf statistische<br />

Signifikanz gepr ü ft. Pr<strong>im</strong> ä rfragestellung war die<br />

Ver ä n<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesamtzufriedenheit zwischen heutigem und<br />

damaligem Messzeitpunkt. Alle an<strong>der</strong>en Auswertungen <strong>der</strong><br />

einzelnen D<strong>im</strong>ensionen sind als Sekund ä rfragestellungen zu<br />

betrachten. Eine Korrektur f ü r multiples Testen wurde nicht<br />

durchgef ü hrt.<br />

Ergebnisse<br />

&<br />

<strong>Berufszufriedenheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> Anfang 2006<br />

Bei einer R ü cklaufquote von 60,2 % ergibt die demographische<br />

Analyse <strong>der</strong> Stichprobe ein Durchschnittsalter von 50,4 Jahren.<br />

In <strong>der</strong> Geschlechterverteilung liegt <strong>der</strong> Frauenanteil mit 76,5 %<br />

sehr hoch, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Gemeinschaftspraxen liegt bei 38,2 %<br />

( Tab. 1 ). Die Gesamtzufriedenheit wird mit 4,5 Punkten nur<br />

als m ä ß ig eingesch ä tzt.<br />

Die Bereiche „ Patientenbetreuung, Pers ö nlicher Gewinn “ und<br />

„ Berufliche Beziehungen “ werden <strong>im</strong> Durchschnitt positiv<br />

eingestuft, w ä hrend „ Belastung “ und „ Einkommenssituation “<br />

negativ beurteilt werden. Der niedrigste Wert wurde mit 1,97<br />

Punkten f ü r die „ Zeit und Energie f ü r zu leistende Verwaltungsarbeit<br />

“ vergeben, <strong>der</strong> h ö chste Wert mit 6,16 f ü r die „ Beziehung<br />

zu den betreuten Patienten “ ( Tab. 2 ).<br />

Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong> seit 2004<br />

Die R ü cklaufquote liegt auf etwa gleichem Niveau mit <strong>der</strong><br />

Voruntersuchung von Mai 2004 (60,7 % ). Bei <strong>der</strong> demographischen<br />

Analyse zeigt die Stichprobe eine Zunahme des<br />

Tab. 1<br />

Soziodemographische Daten <strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong><br />

2004 2006<br />

*<br />

Anzahl befragter <strong>Haus</strong>ä<strong>rzte</strong> n = 138 n = 140<br />

Rücklauf Fragebögen 61,5 % 60,2 %<br />

Durchschnittsalter<br />

In <strong>der</strong> Stichprobe 49,1 50,4<br />

Angabe <strong>der</strong> KV Mecklenburg- Vorpommern * 50,2 51,4<br />

Geschlecht weiblich männlich weiblich männlich<br />

In <strong>der</strong> Stichprobe 82,7 % 17,3 % 76,5 % 23,5 %<br />

Angabe <strong>der</strong> KV Mecklenburg- Vorpommern * 74,3 25,7 67,9 % 32,1 %<br />

Praxisform Einzelpraxis Gemeinsch.praxis Einzelpraxis Gemeinsch.<br />

praxis<br />

In <strong>der</strong> Stichprobe 62,7 % 37,3 % 61,8 % 38,2 %<br />

Angabe <strong>der</strong> KV Mecklenburg- Vorpommern * 68,7 % 31,3 % 65,7 % 34,3 %<br />

* = Grundgesamtheit nach Angabe <strong>der</strong> KV Mecklenburg-Vorpommern<br />

Sch ä fer H-M et al. <strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> <strong>im</strong> <strong>Visier</strong> … Z Allg Med 2007; 83: 98 – 101


100<br />

Originalarbeit<br />

Tab. 2 Mittlere <strong>Berufszufriedenheit</strong> in Einzeld<strong>im</strong>ension (Skala von 1 – 7 mit<br />

7 = sehr zufrieden, 1 = sehr unzufrieden), <strong>Vergleich</strong> <strong>der</strong> beiden <strong>Rostocker</strong> Erhebungen<br />

2004 und 2006.<br />

Inhalte <strong>der</strong> Befragung 2004 2006<br />

Patientenbetreuung<br />

Beziehung zu den betreuten Patienten 5.94 6.16<br />

M ö glichkeit die Patienten nach eigener Ansicht<br />

4.72 4.60<br />

zu behandeln<br />

M ö glichkeit <strong>der</strong> Vorstellung bei einem Spezialisten 5.05 5.06<br />

Qualit ä t <strong>der</strong> selbst angebotenen<br />

5.25 5.31<br />

Patientenversorgung<br />

Belastung<br />

Arbeitsbelastung 3.25 3.13<br />

Zeit f ü r Familie, Freunde und Freizeitaktivit ä t 3.00 2.82<br />

Stressniveau bei <strong>der</strong> Arbeit 3.05 2.96<br />

Zeit und Energie f ü r zu leistende<br />

1.97 1.97<br />

Verwaltungsarbeit<br />

Einkommenssituation /Sozialer Status<br />

Derzeitiges Einkommen * 4,31 * 3,81 *<br />

aktuelle Verg ü tung f ü r pr<strong>im</strong> ä r ä rztliches Handeln 3.59 3.27<br />

Ansehen in <strong>der</strong> Bevölkerung 5.03 5.34<br />

Pers ö nlicher Gewinn<br />

intellektuelle Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

5.23 5.36<br />

bei <strong>der</strong> Arbeit<br />

Weiterbildungsmöglichkeiten 5.49 5.53<br />

Freude bei <strong>der</strong> Arbeit 5.08 5.02<br />

Berufliche Beziehungen<br />

berufliche Beziehung und<br />

5.21 5.24<br />

Austausch mit Kollegen<br />

Beziehung zu nichtärztlichem<br />

5.91 5.91<br />

Personal<br />

Allgemeine Beurteilung<br />

zusammenfassende Beurteilung <strong>der</strong><br />

momentanen beruflichen Situation<br />

4.50 4.49<br />

* = statistisch signifikant, p = 0.05<br />

Durchschnittsalters von 49,1 auf 50,4 Jahre, in <strong>der</strong> Geschlechterverteilung<br />

eine geringe Zunahme <strong>der</strong> m ä nnlichen Kollegen –<br />

bei weitaus ü berwiegendem Frauenanteil (76,5 % ) – und Anstieg<br />

des Anteils <strong>der</strong> Gemeinschaftspraxen von 37,3 % auf 38,2 % .<br />

Die Gesamtbeurteilung <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong> hat sich <strong>im</strong> Beobachtungszeitraum<br />

nicht ver ä n<strong>der</strong>t. Allerdings zeigt die Bewertung<br />

des „ <strong>der</strong>zeitigen Einkommens “ (C1) eine signifikante<br />

Verschlechterung mit 3,8 gegen ü ber 4,3 Punkten <strong>im</strong> Jahr 2004<br />

(p = 0,05). Eine positivere Bewertung einzelner Fragen wie<br />

„ Beziehung zu betreuten Patienten “ (A1, p = 0,156), „ Qualit ä t<br />

<strong>der</strong> selbst angebotenen Patientenversorgung “ (A4, p = 0,735),<br />

„Ansehen in <strong>der</strong> Bevölkerung “ (C3, p = 0,139), „ intelektuelle Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

bei <strong>der</strong> Arbeit “ (D1, p = 0,535) und „ Weiterbildungsm<br />

ö glichkeiten “ (D2, p = 0,512) war nicht signifikant.<br />

Diskussion<br />

Nachdem bereits <strong>im</strong> Mai 2004 eine Untersuchung aller <strong>Rostocker</strong><br />

<strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> zur <strong>Berufszufriedenheit</strong> durchgef ü hrt worden<br />

war, erfolgte <strong>im</strong> Dezember 2005 ein erneuter Survey mit dem<br />

gleichen Instrument. Der <strong>Vergleich</strong> zwischen den erhobenen<br />

Daten zeigte zwar keine Ä n<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesamtberufszufriedenheit,<br />

jedoch eine signifikante Abnahme <strong>der</strong> Zufriedenheit mit<br />

dem Einkommen.<br />

Die Responsrate war mit 60,2 % f ü r eine schriftliche Befragung<br />

ohne direkte Ansprache sehr hoch. Ursache d ü rfte die momentane<br />

gesundheitspolitische Lage mit pers ö nlicher<br />

Betroffenheit <strong>der</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> sein. Unter diesen Umst ä nden kann<br />

jedoch auch von einem Selektionsbias bei <strong>der</strong> Erhebung ausgegangen<br />

werden. Wie in <strong>der</strong> Voruntersuchung von 2004 d ü rften<br />

insbeson<strong>der</strong>e Ä <strong>rzte</strong> geantwortet haben die mit <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen<br />

Situation unzufrieden sind. Die beiden Stichproben ä hneln sich<br />

hinsichtlich ihrer soziodemographischen Struktur – die Responsrate<br />

ist gleicherma ß en hoch. Auff ä llig ist <strong>der</strong> hohe Frauenanteil<br />

in <strong>der</strong> Stichprobe, <strong>der</strong> aber auf eine entsprechende Verteilung in<br />

<strong>der</strong> Grundgesamtheit <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>gelassen Ä <strong>rzte</strong> zur ü ckgeht<br />

(siehe Angaben <strong>der</strong> KV Mecklenburg-Vorpommern, Tab. 1 ).<br />

Dieser au ß erordentlich gro ß e Frauenanteil d ü rfte Folge einer zu<br />

DDR-Zeiten praktizierten F ö r<strong>der</strong>ung von Frauen in sonst von<br />

Männern ausgeübten Berufen sein. Ähnliche Ph änomene zeigen<br />

sich in technischen Berufen, wie Ingenieurwissenschaften o<strong>der</strong><br />

Agrar ö konomie.<br />

Der Beobachtungszeitraum ist mit 18 Monaten relativ kurz,<br />

beinhaltet aber eine Phase zahlreicher struktureller Ver ä n<strong>der</strong>ungen<br />

haus ä rztlicher T ä tigkeit: eine neue Geb ü hrenordnung,<br />

neue Disease-Management-Programme und Vertr ä ge zur integrierten<br />

Versorgung (z.B. <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong>vertrag) wurden eingef ü hrt.<br />

Eine Verlaufsbeurteilung <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong> anhand <strong>der</strong><br />

beiden Stichproben ist jedoch problematisch, da es sich um zwei<br />

Querschnittsuntersuchungen und nicht um eine Kohortenstudie<br />

handelt. R ü ckschl ü sse auf die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

sind nur indirekt, ü ber Ä n<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> prozentualen<br />

Verteilung innerhalb <strong>der</strong> Stichproben m ö glich. Die Bewertung<br />

<strong>der</strong> allgemeinen <strong>Berufszufriedenheit</strong> ( Tab. 2 ) ist nicht signifikant.<br />

Auch spiegeln die Ergebnisse <strong>der</strong> Einzeld<strong>im</strong>ensionen<br />

Sekund ä ranalysen ohne Korrektur f ü r multiples Testen wi<strong>der</strong><br />

und sind so mit Vorbehalt zu betrachten. Der benutzte Fragebogen<br />

zur <strong>Berufszufriedenheit</strong> von Ä <strong>rzte</strong>n wurde – mit Ausnahme<br />

<strong>der</strong> eigenen Untersuchung [2] – bisher nicht f ü r vergleichende<br />

L ä ngsschnittuntersuchungen verwendet. Es gibt also bislang<br />

keine Angaben zur Ä n<strong>der</strong>ungssensitivit ä t des Fragebogens.<br />

Trotz methodischer Einschr ä nkungen geben die Daten ein komplexes<br />

und logisch konsistentes Bild <strong>der</strong> <strong>Berufszufriedenheit</strong><br />

von <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong>n wi<strong>der</strong>: einer unver ä n<strong>der</strong>t guten Beurteilung<br />

interner Faktoren wie selbstst ä ndige Patientenbetreuung, Kollegialit<br />

ä t und Teamgeist stehen eine negative Bewertung von<br />

Arbeitsanfall (Verwaltungsarbeit, wenig Freizeit) und Verg ü tung /<br />

Einkommen gegen ü ber. Dabei ist die Bewertung des Einkommens<br />

signifikant von 4,3 auf 3,8 Punkte gefallen (p = 0,05)<br />

( Tab. 2 ). Eine Zusammenhangsanalyse aller D<strong>im</strong>ensionen und<br />

soziodemographischer Einflussfaktoren wird an einer gr ö ß eren<br />

Stichprobe, <strong>der</strong> Hauptstudie (bezogen auf alle <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> Mecklenburg-Vorpommerns)<br />

durchgef ü hrt werden.<br />

Die Ergebnisse st<strong>im</strong>men <strong>im</strong> Wesentlichen auch mit den vom<br />

Deutschen Ä <strong>rzte</strong>blatt <strong>im</strong> Februar / M ä rz 2003 durchgef ü hrten<br />

Survey zur Zufriedenheit deutscher Ä <strong>rzte</strong> ü berein [6] . 7000<br />

zuf ä llig ausgew ä hlte Ä <strong>rzte</strong> wurden zu 65 Bereichen ihres Lebens<br />

befragt, u.a. auch zu ihrer <strong>Berufszufriedenheit</strong>. Von den 31 %<br />

Respon<strong>der</strong>n war mehr als die H ä lfte mit den Arbeitsbedingungen<br />

unzufrieden. Bei hoher Bewertung von Zufriedenheit mit<br />

<strong>der</strong> Patientenversorgung (58,6 % ) urteilten die Ä rztinnen und<br />

Ä <strong>rzte</strong> negativ ü ber die hohe Arbeitszeitbelastung, st ä ndig wachsenden<br />

Verwaltungsaufwand und nicht leistungsgerechte<br />

Verg ü tung. Zudem wurde das Arztbild in den Publikumsmedien<br />

von <strong>der</strong> ü berwiegenden Zahl <strong>der</strong> Ä <strong>rzte</strong> (65,8 % ) negativ beurteilt.<br />

Auch in dieser Studie muss jedoch bei niedriger Responsrate ein<br />

erheblicher Selektionsbias angenommen werden.<br />

Sch ä fer H-M et al. <strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> <strong>im</strong> <strong>Visier</strong> … Z Allg Med 2007; 83: 98 – 101


Originalarbeit 101<br />

Zusammenfassend zeigt unsere Studie eine gleich bleibende<br />

Gesamtbewertung zwischen 2004 und 2006. Auch in <strong>der</strong> aktuellen<br />

Untersuchung stehen einer positiven Beurteilung hausarztspezifischer<br />

T ä tigkeiten wie „ Patientenbetreuung “ und<br />

„ pers ö nlicher Gewinn “ eine abnehmende Zufriedenheit mit<br />

Einkommen und Arbeitsbelastung gegen ü ber. Die stattgefundenen<br />

berufspolitischen Ver ä n<strong>der</strong>ungen haben zwar keine<br />

Absenkung <strong>der</strong> Gesamtzufriedenheit zur Folge, lassen aber an<br />

<strong>der</strong> Zunahme finanzieller N ö te <strong>der</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> keinen Zweifel.<br />

Ma ß nahmen, die eine St ä rkung <strong>der</strong> haus ä rztlichen Versorgung<br />

zum Ziel haben, m ü ssen diesem Trend entgegenwirken, negativ<br />

bewertete Faktoren verbessern und die als positiv bewerteten<br />

Spezifika haus ä rztlicher T ä tigkeit weiter st ä rken. Zuk ü nftige<br />

Studien sollten diese Entwicklung und Differenzierung <strong>im</strong> Auge<br />

behalten. Dabei w ä re f ü r zuk ü nftige Studien <strong>der</strong> Bezug zu konkreten<br />

Entwicklungen f ü r die weitere Interpretation <strong>der</strong> Daten<br />

w ü nschenswert.<br />

Danksagung<br />

&<br />

Unser Dank gilt dem Dekan <strong>der</strong> Medizinischen Fakult ä t Rostock,<br />

Herrn Prof. Dr. Reisinger, Frau cand. med. Anja B ö rner, Rostock,<br />

<strong>der</strong> KV Mecklenburg-Vorpommern f ü r ihre Unterst ü tzung sowie<br />

allen Ä <strong>rzte</strong>n und Ä rztinnen, die durch ihre Teilnahme diese<br />

Studie erm ö glicht haben.<br />

Interessenskonflikt : kein e an gegeb en .<br />

Literatur<br />

1 Appen D : Arbeiten f ü r Gotteslohn? Journal KVMV 2005 ; 08 : 5<br />

2 Schaefer H-M , Krentz H , Harloff R : Professional Satisfaction of General<br />

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2005 ; 80 : 284 – 288<br />

3 Bovier P , Pernegger T : Predictors of work satisfaction among physicians<br />

. Europ J Pub Health 2003 ; 13 : 299 – 305<br />

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SGIM Career Satisfaction Study Group. Society of General Internal<br />

Medicine . Med Care 1999 ; 37 : 1137 – 1182<br />

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11 Grant P : Physician job satisfaction in New Zealand versus the United<br />

Kingdom . J of the NZ Med Ass 2004 ; 117 : 12 0 4<br />

Zur Person<br />

Dr. med. Hans-Michael Sch ä fer,<br />

Jahrgang 1957, Medizinstudium in Ulm und<br />

Mainz, 5-j ä hrige Facharztweiterbildung mit<br />

Assistenzarztzeiten in Chirurgie, Innerer<br />

Medizin, Orthop ä die und Allgemeinmedizin.<br />

1990 Gr ü ndung einer Allgemeinarztpraxis in<br />

<strong>der</strong> N ä he von Frankfurt / Main, ab 1997<br />

Lehrbeauftragter <strong>der</strong> Universit ä t Frankfurt (Prof. Dr. K. Jork).<br />

Im Jahr 2002 Ü bersiedlung nach Mecklenburg Vorpommern,<br />

Gr ü ndung einer Allgemeinarztpraxis in Zingst / Darß, seit 2002<br />

Lehrbeauftragter f ü r Allgemeinmedizin <strong>der</strong> Universit ä t<br />

Rostock, Mo<strong>der</strong>ator von Qualit ä tszirkeln.<br />

Hobbys: Musik, Fotografie.<br />

Sch ä fer H-M et al. <strong>Rostocker</strong> <strong>Haus</strong> ä <strong>rzte</strong> <strong>im</strong> <strong>Visier</strong> … Z Allg Med 2007; 83: 98 – 101

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