Gewerkschaftliche Netzwerke stärken und ausbauen - Otto Brenner ...
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widerlegt. Die Unkenntnis heißt zunächst einmal ja nur, dass die Beschäftigten in Pune durch<br />
das jeweilige IFA bisher keine Verbesserungen für ihre Situation durchgesetzt haben. Zumindest<br />
nicht sie selbst. Werden IFAs aber gr<strong>und</strong>sätzlich als Hilfe zur Selbsthilfe auf lokaler<br />
Betriebsebene verstanden, so sollte es nicht nur bei Überwachungsmechanismen in den<br />
Unternehmenszentralen bleiben. Die Beschäftigten in den Werken vor Ort in Pune können nur<br />
dann Verstöße gegen die IFAs erkennen <strong>und</strong> sich aktiv damit auseinandersetzen, wenn ihnen<br />
die Vereinbarungen auch geläufig sind.<br />
Auch mit den nach heutigem Maßstab vergleichsweise eher schwachen IFAs der untersuchten<br />
Unternehmen könnte aus gewerkschaftlicher Perspektive in Pune viel Positives bewirkt werden.<br />
Eine schriftlich fixierte Bevorzugung langfristiger Arbeitsverhältnisse - wie zum Teil in neueren<br />
IFAs formuliert (vgl. GDF Suez) - ist nicht zwangsläufig notwendig, um Verbesserungen für die<br />
vielen prekär beschäftigten Menschen in den Werken in Pune zu erreichen. Die Durchsetzung<br />
des Rechts auf Kollektivverhandlungen <strong>und</strong> der Koalitionsfreiheit für alle Arbeiter, die Prekären<br />
inbegriffen, ließe sich auch mit den IFAs von Volkswagen, Daimler <strong>und</strong> Bosch erreichen. Es<br />
sollte im Interesse aller ursprünglich in die IFA-Verhandlungen involvierten Akteure sein (IMB,<br />
Betriebsräte, IG Metall), die arbeitenden Menschen in den Werken in Pune durch die IFAs zu<br />
ermächtigen. Dafür müssen diese Menschen die Vereinbarungen kennen, verstehen <strong>und</strong><br />
anwenden. Solange dies nicht der Fall ist, wird die dortige Wirkung der IFAs hinter den<br />
Möglichkeiten zurück- bzw. auf das rein reaktive Eingreifen durch Akteure der<br />
Unternehmenszentrale begrenzt bleiben.<br />
4.2 Betriebsgewerkschaften: Isoliert <strong>und</strong> exklusiv<br />
Die schon vor den Wirtschaftsreformen der frühen Neunziger Jahre verbreitete Unzufriedenheit<br />
mit den traditionell mit politischen Parteien verbandelten Gewerkschaftsdachverbänden <strong>und</strong> der<br />
Trend hin zu sogenannten unabhängigen Betriebsgewerkschaften, kam den über die letzten 20<br />
Jahre nach Indien drängenden TNUs entgegen. Der Zeitgeist der Marktliberalisierung <strong>und</strong> der<br />
schlechte Ruf der traditionellen Gewerkschaftsverbände schufen den gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />
wirtschaftspolitischen Rahmen dafür, dass im formellen Sektor massiv auf flexible, unsichere<br />
<strong>und</strong> minimalst bezahlte Arbeitsverhältnisse gesetzt werden konnte. Diese Entwicklung<br />
ermöglichte den Unternehmen in der Folge nur noch mit einer kleinen Gruppe von<br />
gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten pro Betrieb verhandeln zu müssen.<br />
Dass die Vertreter der Betriebsgewerkschaften in Pune bei Volkswagen, Daimler <strong>und</strong> Bosch als<br />
Gr<strong>und</strong> für ihre Mitglieder-Exklusivität gegenüber nicht festangestellten Beschäftigten auf ein<br />
angebliches gesetzliches Verbot verwiesen, macht deutlich wie dringend notwendig eine<br />
überbetrieblich organisierte <strong>und</strong>/oder institutionalisierte Debatte über solche <strong>und</strong> andere Fragen<br />
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