Euroriding news 12/2003
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Foto: Julia Rau<br />
Das alljährliche CCI**** Badminton<br />
(GBR) gilt als das<br />
schwerste Vielseitigkeitsturnier<br />
der Welt und nur selten<br />
wagt sich ein Deutscher dort<br />
hin. Du bist bisher zweimal in<br />
dieser Prüfung an den Start gegangen.<br />
Wie gut muss man<br />
sein, um sich dort mit den Besten<br />
der Welt messen zu können<br />
?<br />
Als Reiter sollte man kontinuierliche<br />
Leistungen im Drei-<br />
Sterne-Bereich mitbringen. Da<br />
der Turniertermin immer sehr<br />
früh zu Saisonbeginn liegt,<br />
braucht man zum einen die<br />
Möglichkeit, bereits Anfang Januar<br />
mit dem Konditionstraining<br />
zu beginnen, und zum<br />
anderen einen Pferdetyp, der<br />
nicht viele Einlaufprüfungen<br />
benötigt. Abgesehen davon<br />
müssen wir Deutschen einfach<br />
frecher werden. Nicht ohne<br />
sachliche Überlegungen, aber<br />
doch ein wenig selbstbewusster.<br />
Es geht nur voran, wenn<br />
man auch mal einen scheinbaren<br />
Misserfolg riskiert. Dann<br />
heißt es überlegen, was man<br />
besser machen kann, und wieder<br />
angreifen. Je öfter man sich<br />
solchen Aufgaben stellt, desto<br />
größer ist auch die Chance,<br />
dass der Erfolg sich einstellt.<br />
Was dir nach deinem ersten<br />
Start mit Ginger in Badminton<br />
an Häme in der Heimat ent-<br />
gegenschlug, übertraf deine<br />
schlimmsten Erwartungen.<br />
Was hast du daraus gelernt ?<br />
(lacht) Sachlich zu bleiben! Ich<br />
habe das als sehr unfair empfunden,<br />
aber ich glaube das<br />
Ganze ist weniger ein persönliches<br />
Problem als vielmehr<br />
eine Mentalitätsfrage der Deutschen.<br />
Man kann dies auch in<br />
anderen Sportarten beobachten:<br />
Die Deutschen sind der<br />
Meinung, man darf sich solchen<br />
Herausforderungen nur<br />
stellen, wenn man auch gewinnen<br />
kann. Und bei einer<br />
schlechten Leistung wird einem<br />
keine Zeit gegeben, das<br />
wieder zu korrigieren, sondern<br />
sofort steht das Urteil fest. Die<br />
Engländer gehen damit anders<br />
um. Schon die Teilnahme an<br />
einer solchen Prüfung ist eine<br />
Herausforderung, und keiner<br />
würde ein negatives Wort darüber<br />
verlieren, wenn man den<br />
Kurs nicht beendet. Es wird als<br />
normal angesehen, dass man<br />
Zeit braucht, um an und mit<br />
den Aufgaben zu wachsen.<br />
Gelernt habe ich durch diese<br />
Erfahrung auch, Erfolge sachlicher<br />
zu bewerten. Wenn etwas<br />
super gelaufen ist, klopfen<br />
dir alle auf die Schulter und feiern<br />
dich. Und ebenso prompt<br />
kommen die Kommentare,<br />
wenn etwas schief gegangen<br />
ist, aber dann natürlich mehr<br />
hinten herum.<br />
Interview<br />
„Wir müssen<br />
frecher werden !“<br />
Andreas Dibowski, bisher vier Mal in Folge bester<br />
Deutscher in der Weltrangliste Vielseitigkeit, wird von<br />
<strong>Euroriding</strong> gesponsert. <strong>Euroriding</strong> News unterhielt sich<br />
mit ihm über das schwerste Vielseitigkeitsturnier der<br />
Welt, die zu Ende gegangene Saison und den Blick nach<br />
vorn auf die Olympischen Spiele in Athen.<br />
EURORIDING<br />
Du hast alle Zweifler eines Besseren<br />
belehrt. Bei Deinem zweiten<br />
Start mit Ginger in Badminton<br />
erreichtest du die beste<br />
Platzierung, die ein Deutscher<br />
dort jemals erzielt hat.<br />
Ja, wir wurden 2002 vierter und<br />
konnten die Prüfung mit dem<br />
Dressurergebnis beenden,<br />
ohne Strafpunkte in Gelände<br />
und Springparcours. Am Pferd<br />
hat es beim ersten Start auch<br />
nicht gelegen, sondern die Vorbereitung<br />
und das Management<br />
sind beim zweiten Mal<br />
viel besser gelaufen.<br />
Welche Gedanken hast du zur<br />
zu Ende gegangenen Saison,<br />
persönlich wie auch allgemein<br />
im Hinblick auf die deutsche<br />
Vielseitigkeitsreiterei ?<br />
Für mich persönlich sind die<br />
Ergebnisse der letzten Saison<br />
weit hinter meinem Anspruch<br />
an die eigene Leistung zurückgeblieben.<br />
Mit einer gründlichen<br />
Analyse werde ich mich<br />
jetzt zum Jahresausklang beschäftigen,<br />
und dann heißt es<br />
wieder Blick nach vorn – eine<br />
gewisse Steh-auf-Mentalität<br />
braucht man schon.<br />
Allgemein betrachtet denke<br />
ich, die Deutschen müssen hart<br />
daran arbeiten, eine konstant<br />
starke Mannschaft für die<br />
Championate aufzustellen. Der<br />
Handlungsbedarf ist groß, den<br />
Worten müssen Taten folgen.<br />
Was den Geländeaufbau angeht,<br />
ist man in Deutschland<br />
zu sehr bemüht, selektive Kurse<br />
zu schaffen. Doch wir brauchen<br />
in allen Klassen mehr aufbauende<br />
anstelle technischer<br />
Kurse. Man motiviert ein Pferd<br />
nicht mit einer geballten Ladung<br />
technischer Hindernisse,<br />
so lernt es eher, eben doch mal<br />
vorbeizulaufen.<br />
Du konntest bereits drei Pferde<br />
für die Olympischen Spiele<br />
2004 qualifizieren. Wie siehst<br />
du deine Chancen ?<br />
Meine beiden Favoriten sind<br />
Little Lemon B und Serve Well.<br />
Herakles ist der Dritte im Bunde.<br />
Ich will versuchen, noch<br />
zwei weitere Pferde zu qualifizieren:<br />
Ruprecht und Leonas<br />
Dancer. Letzterer hat bereits<br />
Olympia- und WM-Erfahrung,<br />
ist jedoch leider wenig vertrauenswürdig,<br />
gewiss etwas zwischen<br />
Genie und Wahnsinn.<br />
Im Jahr <strong>2003</strong> habe ich ihm eine<br />
Aus-Zeit gegönnt und hoffe,<br />
dass der Wallach kommende<br />
Saison gereift und ein wenig<br />
weiser wieder voll durchstartet.<br />
Er und Little Lemon wären für<br />
mich auch Kandidaten für Badminton,<br />
aber da der DOKR-<br />
Ausschuss entschieden hat,<br />
dass die Olympia-Pferde ausschließlich<br />
über kurze Prüfungen<br />
gesichtet werden, wird mit<br />
Lemon daraus nichts werden<br />
und mit Leonas Dancer bin ich<br />
noch am Überlegen.<br />
Interview: Beate Uhlenbrok