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Bioklimatischen Hauses auf Kreta - FH Aachen, Elektrolabor

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Blitzschutzkonzept für die Hybridanlage des <strong>Bioklimatischen</strong> <strong>Hauses</strong> <strong>auf</strong><br />

<strong>Kreta</strong><br />

Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern / Dipl.-Ing Frank Krichel<br />

Blitzschutzkonzept für die<br />

Hybridanlage des <strong>Bioklimatischen</strong><br />

<strong>Hauses</strong> <strong>auf</strong> <strong>Kreta</strong><br />

erstellt von Prof. Dr.-Ing A. Kern und<br />

Dipl.-Ing. Frank Krichel<br />

in der Fachhochschule <strong>Aachen</strong>, Abt. Jülich im<br />

Rahmen des von der AG-Solar NRW<br />

geförderten Forschungsprojekts<br />

„Blitzschutz-Konzept für netz-autarke<br />

Hybridanlagen“<br />

FKZ: 26111401<br />

Adresse: Fachhochschule <strong>Aachen</strong>, Abt. Jülich<br />

Ginsterweg 1, <strong>Elektrolabor</strong> (L3)<br />

52428 Jülich<br />

Tel.: 02461-993231 oder 02461-993167<br />

Fax 02461-993260<br />

Mails a.kern@fh-aachen.de<br />

krichel@fh-aachen.de


Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern / Dipl.-Ing. Frank Krichel Blitzschutzkonzept bioklimatisches Haus<br />

Das bioklimatische Haus<br />

Die Fachhochschule in Heraklion (T.E.I.) beschäftigt sich in Zusammenarbeit mit der<br />

Fachhochschule <strong>Aachen</strong>, Abteilung Jülich, verstärkt mit der Erforschung von<br />

Nutzungsmöglichkeiten regenerativer Energien. Eines von vielen Projekten ist das<br />

sogenannte bioklimatische Haus. Der griechische Professor Andreas Vlissidis und<br />

seine Mitarbeiter untersuchen dabei die Möglichkeit, ein kleines Gebäude von der<br />

Größe eines Ferienhauses ausschließlich mit regenerativer Energie zu versorgen.<br />

Das Gebäude wurde nach passivsolaren Gesichtspunkten errichtet und verfügt über<br />

einen Wind- und Solargenerator zur Stromerzeugung. Der Warmwasserbedarf soll in<br />

Zukunft von Sonnenkollektoren gedeckt werden, die Räume werden mittels<br />

Luftkollektor und Kamin beheizt. Das Haus wird derzeit als Büro des Fachbereichs<br />

„Regenerative Energien“ genutzt, die meisten Verbraucher sind daher PC´s.<br />

Ansicht des bioklimatischen <strong>Hauses</strong><br />

Funktionsprinzip des <strong>Hauses</strong><br />

Das Gebäude, welches als kleines Wohnhaus mit ca. 50m 2 Grundfläche konzipiert<br />

wurde, befindet sich <strong>auf</strong> dem Gelände des Windparks des T.E.I. Es ist mit einem<br />

Badezimmer, einer Küche und einem Raum zur Unterbringung der technischen<br />

Einrichtungen ausgestattet. Zwei weitere Räume werden als Büro des<br />

Studienganges Regenerative Energien genutzt.<br />

Das Haus ist nach Süden ausgerichtet und gut isoliert. Zwei Rohre, die an der<br />

Nordfassade angebracht sind und über den Keller in einer Tiefe von 0,80 m in das<br />

Innere des <strong>Hauses</strong> führen, sorgen für Kühlung im Sommer. Die Luft wird durch die<br />

nördlichen Öffnungen der Rohre durch eine Gesteinsschicht geleitet, worin sie sich<br />

abkühlt und anschließend durch die Innenrohröffnungen im Haus verteilt wird.<br />

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Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern / Dipl.-Ing. Frank Krichel Blitzschutzkonzept bioklimatisches Haus<br />

Im Winter wird die warme Luft aus dem Glasdach mit Hilfe von Ventilatoren direkt in<br />

das Innere des <strong>Hauses</strong> geführt. So wird eine Kühlung im Sommer erreicht und im<br />

Winter die Temperatur <strong>auf</strong> einem erträglichen Niveau gehalten.<br />

Kühlprinzip für den Sommer Heizprinzip für den Winter<br />

Energieversorgung des <strong>Hauses</strong><br />

Die elektrische Energieversorgung erfolgt durch eine Kombination von Sonnen- und<br />

Windenergie.<br />

Eine kleine Windkraftanlage mit Permanentmagnetgenerator kann eine elektrische<br />

Leistung von max. 1kW erzeugen. Der Drei-Phasen-Wechselstrom des Generators<br />

wird mit einem kombinierten Gleichrichter/Laderegler in einem Akkumulatorsatz mit<br />

einer Kapazität von 600 Ah bei 24 V Gleichspannung eingespeist.<br />

Windkraftgenerator<br />

Acht Solarmodule (Typ: Siemens Solar Industries Modul M 55, 53 Wp pro Modul,<br />

Kurzschlußstrom: 3,35 A, Bemessungsstrom: 3,05 A, Leerl<strong>auf</strong>spannung: 21,7 V,<br />

Bemessungsspannung: 17,4 V) mit insgesamt 440 Wattp werden durch ein 2achsiges<br />

System dem Sonnenstand nachgeführt.<br />

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Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern / Dipl.-Ing. Frank Krichel Blitzschutzkonzept bioklimatisches Haus<br />

Über einen entsprechenden Laderegler ( Typ: Shuntladeregler Solar Fabrik Freiburg<br />

SLR 114-001) wird nicht direkt verbrauchter Strom ebenfalls in dem Akkumulatorsatz<br />

gespeichert.<br />

Kombinierter Gleichrichter/Laderegler für die Windkraftanlage<br />

Photovoltaikgenerator<br />

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Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern / Dipl.-Ing. Frank Krichel Blitzschutzkonzept bioklimatisches Haus<br />

Laderegler für die PV-Anlage<br />

Akkumulatorsatz<br />

Das bioklimatische Haus ist ein Versuchsgebäude. Um für Forschungszwecke eine<br />

Versorgungssicherheit zu gewährleisten, gibt es neben der Versorgung durch<br />

regenerative Energiequellen zusätzlich einen Anschluss an das öffentliche<br />

Stromnetz. Die Erzeugung regenerativer Energie erfolgt über die Hybridanlage.<br />

Beide Anlagenteile sind über Laderegler an einen Akkumulatorsatz und einen<br />

Sinuswechselrichter (Typ: Studer Modell 2324, Bemessungsleistung: 2,3 kW )<br />

angeschlossen. Der Inverter speist 230 Volt Spannung in die elektrische<br />

Hausversorgung ein.<br />

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Sinuswechselrichter<br />

Vor dem Hausverteiler für die Versorgung der einzelnen Verbraucher ist eine<br />

Steuerung angebracht, die über eine Schützschaltung die Umschaltung zwischen<br />

öffentlichem Netz und Hybridanlage steuert. Die Schützschaltung ist so <strong>auf</strong>gebaut,<br />

dass die Anlage sowohl automatisch als auch manuell betrieben werden kann. Die<br />

erste Priorität der Anlage bei Automatikbetrieb ist die Versorgung des Hausnetzes<br />

mit Strom aus dem Hybridsystem bzw. dem Batteriespeicher. Bei zu hoher<br />

Leistungs<strong>auf</strong>nahme der Verbraucher schaltet die Anlage vollständig <strong>auf</strong> das<br />

öffentliche Netz um. Ist der Inverter wieder in der Lage genug Leistung zur Verfügung<br />

zu stellen, schaltet die Anlage erneut <strong>auf</strong> Versorgung durch das Hybridsystem. Im<br />

manuellen Betrieb kann die Anlage von Hand <strong>auf</strong> öffentliches Netz oder <strong>auf</strong><br />

Hybridsystem umgeschaltet werden. Der Aufbau der Energieversorgung ist <strong>auf</strong> dem<br />

folgenden Übersichtsdiagramm zu erkennen.<br />

Solarpanel<br />

440 W<br />

Windrad<br />

1100 W<br />

öffentliches<br />

Stromnetz<br />

Aufbau der elektrischen Versorgung<br />

Solarladeregler<br />

Windladeregler<br />

Heiz-<br />

Widerstand<br />

Akkumulator<br />

600 Ah<br />

Sammelschiene<br />

und Messbox<br />

Sinuswechselrichter<br />

960 W Nennleistung<br />

Steuerung<br />

Hauselektrik<br />

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Konzept und Anforderungen für den Blitzschutz<br />

Das Blitzschutzkonzept für eine Hybridanlage muss grundsätzlich für zwei<br />

unterschiedliche Bedrohungsfälle ausgelegt sein:<br />

- Schutz vor den Auswirkungen direkter Blitzeinschläge in die<br />

Anlagenkomponenten selbst bzw. die Gebäude der Anlage;<br />

- Schutz vor Blitzüberspannungen an den Komponenten der Hybridanlage, die<br />

auch durch indirekte Blitzeinschläge hervorgerufen werden können.<br />

Um ein technisch/wirtschaftlich ausgewogenes Schutzkonzept zu erstellen, bedarf es<br />

einer sorgfältigen Risikoanalyse. Diese kann unter Zuhilfenahme der DIN VDE 0185<br />

Teil 2: Mai 2002 gemacht werden.<br />

Die daraus resultierenden Schutzmaßnahmen vor den Auswirkungen direkter<br />

Blitzeinschläge müssen entsprechend der DIN VDE 0185 Teil 3: Mai 2002 gemacht<br />

werden. Weitergehende Anforderungen an den Schutz vor Blitzüberspannungen<br />

(LEMP-Schutz) richten sich insbesondere nach der DIN VDE 0185 Teil 4: Mai 2002.<br />

Die Inhalte dieser Normen werden im hier beschriebenen Konzept grundsätzlich<br />

berücksichtigt.<br />

Das bioklimatische Haus besaß zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Konzepts<br />

keinen Blitzschutz.<br />

Die Risikoanalyse<br />

Die Risikoanalyse wurde anhand der von AixThor entwickelten, der DIN VDE 0185<br />

Teil 2 entsprechenden Software „Abschätzung des Schadensrisikos infolge<br />

Blitzschlags“ durchgeführt. Einen maßstäblichen Überblick der Anlage gibt das<br />

folgende Übersichtsbild.<br />

5 m 1 m<br />

7 m<br />

Bioklimatisches Haus<br />

Übersicht der Anlage<br />

7 m<br />

15 m<br />

Wettermast<br />

10 m<br />

4 m 2 m<br />

Windkraftgenerator<br />

11,5 m<br />

Photovoltaikgenerator<br />

2,5 m<br />

Ausleger ca. 2 m<br />

Tiefe ca. 1 m<br />

2 m<br />

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Der Photovoltaikgenerator steht lediglich 2 m neben dem Wettermast. Insofern würde<br />

er einen idealen äußeren Blitzschutz für den Generator darstellen. Dazu muss jedoch<br />

kontrolliert werden, ob die Höhe des Mastes für den Schutz des Generators<br />

ausreichend ist.<br />

hW = 10 m<br />

(Höhe Wettermast)<br />

r = 60 m<br />

(Radius Blitzkugel<br />

für Schutzklasse IV)<br />

hPV,max<br />

=max. Höhe<br />

der PV-Anlage)<br />

s = Abstand<br />

Wettermast-Erd-<br />

Berührungspunkt<br />

2<br />

r ( ) 2<br />

2<br />

= s + r − hW<br />

s ( ) 2<br />

2<br />

= r − r − h<br />

W<br />

s =<br />

2<br />

1100m<br />

s = 33,<br />

17m<br />

⇒ x = 28,<br />

67m<br />

2<br />

r ( ) ( ) 2<br />

2<br />

= , 67m<br />

+ r − h , max<br />

h PV , max<br />

hPV , max =<br />

28 PV<br />

= r −<br />

7,<br />

3m<br />

r<br />

2<br />

−<br />

( ) 2<br />

28, 67m<br />

Berechnung der Funktionalität des Wettermastes als Fangstange für den PV-Generator<br />

Die Berechnung zeigt, dass der Photovoltaikgenerator bis über 7m Höhe haben dürfte,<br />

um bei Schutzklasse IV noch im Schutzbereich des Wettermastes zu stehen. Damit<br />

braucht der Photovoltaikgenerator keinen eigenen äußeren Blitzschutz.<br />

Als nächstes ist interessant zu wissen, ob das Haus ebenfalls noch von dem<br />

Wettermast für Schutzklasse IV geschützt wird. Als erster Punkt wird die höchste Stelle<br />

des <strong>Hauses</strong> kontrolliert. Die Kaminspitze ist ca. 6 m hoch. Zuerst muss der Abstand des<br />

Kamins vom Wettermast berechnet werden.<br />

Kamin<br />

3,5 m<br />

h w<br />

h PVmax<br />

4,5 m X<br />

s<br />

X<br />

7,5 m<br />

Abstandsberechnung Wettermast – Kamin<br />

r<br />

r<br />

x =<br />

x = 8,<br />

28m<br />

2 ( 7,<br />

5m)<br />

+ ( 3,<br />

5m)<br />

Nun kann errechnet werden, wie hoch die Kaminspitze bei dieser Anordnung und<br />

Schutzklasse IV höchstens sein darf.<br />

r<br />

.<br />

.<br />

MP<br />

Wettermast<br />

2<br />

Seite 7


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h w<br />

8,28 m 24,89m<br />

Berechnung der Funktionalität des Wettermastes als Fangstange für den PV-<br />

Generator<br />

h<br />

h<br />

Ka min, max<br />

Ka min, max<br />

= r − r<br />

= 5,<br />

4m<br />

2<br />

r<br />

r<br />

r<br />

− ( 33,<br />

17m<br />

−8,<br />

28m)<br />

Der Kamin dürfte maximal 5,4 m hoch sein. In Realität ist er aber ca. 6 m hoch. Aus<br />

diesem Grund steht das Gebäude nicht vollständig im Schutzbereich des<br />

Wettermastes. Wenn die Risikoanalyse einen äußeren Blitzschutz für das Haus<br />

fordert, muss er neu erstellt werden. Mit diesen Kenntnissen kann nun die Analyse<br />

mit Hilfe der Software gemacht werden.<br />

Eingabe Versorgungsleitungen<br />

.<br />

.<br />

2<br />

MP<br />

Seite 8


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Eingabe Versorgungsleitungen<br />

Netzzuleitung<br />

WEA-Leitung<br />

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Eingabe Versorgungsleitungen<br />

Eingabe Schadenswahrscheinlichkeiten und Reduktionsfaktoren<br />

Auswahl der relevanten Schadensarten<br />

Generatorhauptleitung<br />

Seite 10


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Schadensfaktoren der relevanten Schadensarten<br />

Ergebnis der Risikoanalyse<br />

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Die Analyse zeigt, dass die Risiken von Schäden (RA, RB und RC), hervorgerufen<br />

durch einen direkten Einschlag in die Anlage bzw. das Gebäude, gering sind. Die<br />

Maßnahmen konzentrieren sich <strong>auf</strong> die Minimierung der indirekten Blitzeinwirkungen.<br />

Hierbei steht die Störung bzw. Zerstörung von Anlagenteilen innerhalb des<br />

Gebäudes, hervorgerufen von Überspannungen, im Vordergrund. Menschenleben<br />

sind durch den Ausfall von Anlagenteilen in keiner Weise gefährdet.<br />

Hier erscheint die Errichtung einer äußeren Blitzschutzeinrichtung der Klasse IV für<br />

das Haus Grundlage für den weitergehenden Schutz der Anlagenteile innerhalb des<br />

Gebäudes. Das bedingt ebenfalls den Blitzschutzpotentialausgleich der Leitungen<br />

am Gebäudeeintritt, mit den entsprechenden Maßnahmen zum<br />

Überspannungsschutz.<br />

Die Modifikation innerhalb des Programms sieht folgendermaßen aus:<br />

Errichtung eines äußeren Blitzschutzes der Klasse IV<br />

Einbau von Blitzstromableitern in alle Versorgungsleitungen (hier nur für die<br />

Netzzuleitung zu sehen)<br />

Seite 12


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Die Modifikationen führen zu den folgenden Ergebnissen:<br />

Ergebnisse der Modifikationen<br />

Mit Hilfe dieser Schutzmaßnahmen, kann die Hybridanlage technisch/wirtschaftlich<br />

ausgewogen geschützt werden.<br />

Konkret heißt das:<br />

• Installation einer äußeren Fangeinrichtung für das bioklimatische Haus der<br />

Schutzklasse IV.<br />

• Der Photovoltaikgenerator ist bereits durch den Wettermast ausreichend<br />

gegen direkte Einschläge geschützt.<br />

• Der Windkraftgenerator erhält keine äußere Blitzfangeinrichtung, da sein<br />

Wiederbeschaffungswert geringer ist als die Installationskosten für die<br />

Fangstange<br />

• Blitzschutzpotentialausgleich aller eingeführten Leitungen, inklusive der<br />

Maßnahmen gegen Überspannungen.<br />

Seite 13


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Schutz vor direkten Blitzeinschlägen<br />

Die Analyse bzw. die Überlegungen zum Schutz der Anlage gegen direkte<br />

Blitzbedrohungen führten zu dem Ergebnis, dass das Haus eine äußere<br />

Fangeinrichtung der Klasse IV erhalten soll. Aufgrund der Geometrie des <strong>Hauses</strong><br />

ist es hier zweckmäßig, am Dachmittelpunkt, der gleichzeitig die höchste Stelle<br />

des Gebäudes darstellt, eine Fangstange zu errichten. Die Höhe der Fangstange<br />

soll nun ermittelt werden.<br />

h F+H<br />

h Ecke<br />

X Y<br />

r<br />

r<br />

.<br />

r<br />

.<br />

MP<br />

hF+H=Höhe Haus + Fangstange<br />

hEcke=Höhe Hausecke=3m<br />

= 3600m<br />

= 18,<br />

73m<br />

2 ( r − h )<br />

2<br />

− ( 60m<br />

− 3m)<br />

2<br />

Y = r − Ecke<br />

Abstandsberechnung Ecke Haus / Erdberührpunkt der Blitzkugel<br />

Als nächstes muss der Abstand der Hausecke zum Kamin errechnet werden. Er<br />

ergibt sich geometrisch zu:<br />

Kamin<br />

Berechnung Abstand Ecke Haus/Kamin<br />

X<br />

Grundfläche des<br />

<strong>Hauses</strong><br />

Y<br />

Y<br />

Ecke des <strong>Hauses</strong><br />

x =<br />

2<br />

y +<br />

x = ( ) ( ) 2<br />

2<br />

3, 5m<br />

+ 3,<br />

5m<br />

y<br />

x = 4, 95m<br />

≈ 5m<br />

2<br />

2<br />

Seite 14


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Vor dem Haus befindet sich noch ein Überdach aus Holz und Kunststoff (ca. 5m x<br />

2m). Damit dieses sich noch sicher im Schutzbereich befindet, wird die Strecke x<br />

noch um 2 m vergrößert. Damit ergibt sich für x eine Länge von ca. 7 m.<br />

Mit diesem Ergebnis läßt sich nun die Höhe der Fangstange errechnen.<br />

hF + H<br />

= r −<br />

r<br />

2<br />

−<br />

2<br />

2<br />

2<br />

( x + y)<br />

= 60m<br />

− 3600m<br />

− ( 25,<br />

73m)<br />

= 5,<br />

8m<br />

Das Ergebnis zeigt, dass der Kamin als Fangeinrichtung ausreichen würde. Hier darf<br />

jedoch kein direkter Blitzeinschlag stattfinden, da ansonsten Blitzströme in das Innere<br />

des <strong>Hauses</strong> eindringen würden. Das muss durch die Errichtung einer isolierten<br />

Fangeinrichtung vermieden werden. Aus diesem Grund wird eine Fangstange <strong>auf</strong><br />

dem Dach installiert, die den Kamin um ca. 50 cm überragt. Hier muss der<br />

notwendige Sicherheitsabstand zwischen Fangstange und Kamin eingehalten<br />

werden. Dieser berechnet sich zu:<br />

kc<br />

d = ki<br />

⋅ ⋅l<br />

in m<br />

k<br />

mit: ki =Faktor, der von der gewählten Schutzklasse der Blitzschutzanlage abhängt<br />

m<br />

kc =Faktor, der von der geometrischen Anordnung abhängt<br />

km =Faktor, der vom Material in der Näherungsstrecke abhängt<br />

l =Länge der Blitzableitung, gemessen zwischen der betrachteten<br />

Näherungsstelle und der dazugehörigen Potentialausgleichsebene in m<br />

Für den konkreten Fall ergibt dieser sich zu:<br />

1<br />

d = 0 , 05⋅<br />

⋅10m<br />

= 0,<br />

5m<br />

1<br />

Das bedeutet, dass zwischen der Fangstange und dem Kamin ein Abstand von<br />

mindestens 0,5 m eingehalten werden muss. Befestigt wird die Fangstange am<br />

Kamin mit einer Isolierstütze. Um den Blitzstrom zumindest in zwei Teile <strong>auf</strong>zuteilen,<br />

werden zwei Ableitungen von der Fangstange zur Erdungsanlage installiert, die an<br />

entgegensetzt gelegten Stellen des <strong>Hauses</strong> heruntergeführt werden.<br />

Die Erdungsanlage wird als nicht geschlossener Ringerder ausgeführt. Die<br />

Verlegetiefe muss mindestens 50 cm betragen. Bei Flachdraht feuerverzinkt muss<br />

der Querschnitt 100 mm 2 betragen. Die Erdungsanlage verläuft komplett um den<br />

hinteren Teil des <strong>Hauses</strong> herum, von dort aus geht eine Stichleitung am Wettermast<br />

vorbei zum Photovoltaikgenerator. Sowohl der Wettermast wie auch der<br />

Photovoltaikgenerator werden mit der Erdungsanlage verbunden. Zum Mast des<br />

Windkraftgenerators wird keine Erdleitung gelegt, da der Generator weder gegen<br />

direkte noch gegen indirekte Blitzeinwirkungen geschützt werden soll. Die<br />

Generatorhauptleitung muss, da sie im Erdboden verlegt ist, gegen die galvanische<br />

Einkopplung von Blitzteilströmen geschützt werden. Dazu wird die bestehende<br />

Generatorhauptleitung zwischen dem Generator und dem Hauseingangspunkt gegen<br />

eine geschirmte Leitung ausgetauscht. Hierzu wird RADOX 125 Kabel der Firma<br />

HUBER+SUHNER AG aus der Schweiz mit 2 x 2,5 mm 2 eingesetzt.<br />

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Durch die Verwendung dieses Kabels kann man <strong>auf</strong> den Einsatz von<br />

entsprechenden Blitzstromableitern, die außerdem nicht für alle Anforderungen der<br />

Gleichstromseite zur Verfügung stehen, verzichten. Der Kabelschirm muss sowohl<br />

<strong>auf</strong> der Generatorseite, wie auch am Einführungspunkt in das Haus flächig und gut<br />

leitend mit der Erdungsanlage verbunden werden. Falls der ganze Blitzstrom geführt<br />

werden muss, dann ist eine Entlastungsleitung vorzusehen. Dies ist hier nicht<br />

notwendig, da lediglich Blitzteilströme galvanisch einkoppeln können. Der<br />

Schirmquerschnitt von 10 mm 2 reicht aus. Die Verwendung des geschirmten Kabels<br />

hat des weiteren im Hinblick <strong>auf</strong> die EMV-Problematik (Antennencharakteristik der<br />

Generatorhauptleitung) den Vorteil, dass die Abstrahlung elektromagnetischer<br />

Störungen von der Generatorhauptleitung deutlich reduziert wird. Außerdem besitzt<br />

das Kabel eine gute UV-Beständigkeit, die unter den dort herrschenden klimatischen<br />

Bedingungen sehr von Vorteil ist.<br />

2. Ableitung<br />

Fangstange (50 cm höher als der Kamin)<br />

Isolierstütze zur Befestigung<br />

(Abstand zum Kamin: 50 cm)<br />

1. Ableitung<br />

Prinzipieller Verl<strong>auf</strong> der äußeren Fangeinrichtung für das Haus<br />

Seite 16


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Erdungsanlage<br />

Fangstange<br />

2. Ableitung<br />

Verl<strong>auf</strong> der Erdungsanlage<br />

Bioklimatisches<br />

Haus<br />

1. Leiter:<br />

1<br />

2. Isolation:<br />

3. Schirm:<br />

4. Mantel<br />

1. Ableitung<br />

Anschluss 1. Ableitung<br />

an die Erdungsanlage<br />

Wettermast<br />

Anschluss<br />

Wettermast<br />

2 3 4<br />

Kupfer verzinnt nach IEC 228, Klasse 5<br />

RADOX 125 Aderfarben rot und blau<br />

Kupfer-Geflecht verzinnt, Querschnitt 10 mm<br />

RADOX 125 schwarz<br />

RADOX<br />

Kabel<br />

(erdverlegt)<br />

Erdungsanlage<br />

Windkraftgenerator<br />

Photovoltaikgenerator<br />

Aufbau RADOX 125 Kabel der Firma Huber+Suhner (Schweiz)<br />

Schutz vor indirekten Blitzeinschlägen<br />

Anschluss PV-Generator<br />

Am Eintritt der elektrischen Leitungen von den Generatoren und dem öffentlichen<br />

Netz in das Gebäude wird ein neuer Blitzschutzkasten installiert. Er beinhaltet sowohl<br />

Blitzstromableiter wie auch Überspannungsableiter, bzw. Kombinationsableiter. Aus<br />

diesem Grund muss eine möglichst kurze Erdverbindung (mind. 16 mm 2 ) durch den<br />

Anschluss an die Erdungsanlage realisiert werden. Weil alle Leitungen zentral links<br />

neben der Akkumulatorbatterie eingeführt werden, wird der Kasten<br />

zweckmäßigerweise an der im folgenden Bild gekennzeichneten Stelle angebracht.<br />

2<br />

Seite 17


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Positionierung des Blitzschutzkastens<br />

Blitzschutzkasten<br />

Das Drehstromsystem des Windkraftgenerators wird mittels eines<br />

Kombinationsableiters (DEHNventil DV TNS 255) geschützt, da hier Blitzströme <strong>auf</strong><br />

der Leitung <strong>auf</strong>treten können, da der Windkraftgenerator keine eigene<br />

Fangeinrichtung bekommt. Ein Kombinationsableiter stellt einen Blitzstromableiter mit<br />

integriertem Überspannungsableiter in einem Gehäuse dar.<br />

Die Generatorhauptleitung der Photovoltaikanlage ist blitzteilstromfrei, deshalb ist<br />

hier kein Blitzstromableiter erforderlich. Sogar <strong>auf</strong> einen Überspannungsableiter<br />

könnte verzichtet werden, wenn die Schirmung des Kabels optimal an beiden Enden<br />

angeschlossen werden könnte und über den Photovoltaikgenerator und den<br />

Anschlussstellen keine induzierten Spannungen <strong>auf</strong>treten würden. Da weder das<br />

Eine noch das Andere sichergestellt werden kann, wird vorsorglich am Eingang der<br />

Generatorhauptleitung in das Haus ein Überspannungsableiter (DEHNguard T 75)<br />

eingebaut. Es muss dar<strong>auf</strong> geachtet werden, dass der Schirm der<br />

Generatorhauptleitung im Blitzschutzkasten flächig mit Schirmanschlussklemmen an<br />

der Sammelschiene und damit an den Erder angeschlossen wird. Auf der Seite des<br />

Generators muss der Schirm mit dem Gestell verbunden werden. Nur so kann<br />

gewährleistet werden, dass die Leitung blitzteilstromfrei bleibt.<br />

Die Netzzuleitung wird ebenfalls mit einem Kombinationsableiter (DEHNventil DV<br />

TNS 255) geschützt.<br />

Eigentlich wären damit alle hybridsystemrelevanten Teile ausreichend geschützt. Da<br />

der Wettermast jedoch als Fangeinrichtung für den Photovoltaikgenerator dient,<br />

können <strong>auf</strong> den Leitungen der am Wettermast angebrachten Geräte bei einem<br />

Direkteinschlag Blitzströme fließen, die dann in das Haus eindringen können. Somit<br />

sind die Hybridanlagenteile innerhalb des <strong>Hauses</strong> gefährdet. Um diese Gefahr<br />

abzuwenden, müssen die Leitungen des Anemometers, der Windfahne, des<br />

Feuchtigkeitssensors (Hygrometer), des Barometers, des Kohlendioxyd-Messers,<br />

des Pyranometers und des Temperaturmessers beschaltet werden. Dies geschieht<br />

im gleichen Blitzschutzkasten, da auch diese Leitungen an der gleichen Stelle wie<br />

alle anderen in das Gebäude eintreten. Der verwendete Datalogger (Delta T DL 2-e)<br />

besitzt eine max. Signaleingangsspannung von +/-2.096V.<br />

Seite 18


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Als Eingangsschutz hat der Logger eine Karte mit Varistoren (+/- 50 Volt), so dass er<br />

vor Spannungen über 50 Volt in jedem Fall geschützt werden muss. Die Leitungen,<br />

die Signalspannungen führen, die direkt vom Logger verarbeitet werden können,<br />

werden mit Blitzductoren <strong>auf</strong> Schutzpegel unter 50 Volt beschaltet. Die anderen<br />

Signale müssen, bevor sie den Logger erreichen, erst noch <strong>auf</strong> Werte bis zwei Volt<br />

umgesetzt werden. Die hierzu verwendeten Umsetzschaltungen müssen ebenfalls<br />

geschützt werden. Hier werden Überspannungsgeräte eingesetzt deren Schutzpegel<br />

unter 300 Volt ist. Dies sollte in jedem Falle einen Schaden an diesen Schaltungen<br />

verhindern.<br />

Vom Kasten aus muss eine kurze, daher niederimpedante Verbindung zum Erder<br />

geschaffen werden. Hierzu ist eine Leitung mit einem Querschnitt von mind. 16 mm 2<br />

vorzusehen.<br />

Anmerkung: Die installierten Gerätschaften <strong>auf</strong> dem Wettermast sind weiterhin durch<br />

direkte und indirekte Blitzeinwirkungen gefährdet. Sie sind nicht Bestandteil des<br />

Hybridsystems und werden daher nicht <strong>auf</strong> Kosten des Projekts geschützt! Falls hier<br />

ein Schutz der Elemente gewünscht wird, muss dieser separat erstellt und installiert<br />

werden. Die Kosten hierfür müssen vom Betreiber übernommen werden.<br />

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Netz<br />

Windg.<br />

PV<br />

N<br />

L<br />

-<br />

+<br />

Anemom.<br />

Windf.<br />

Pyranom.<br />

Thermistor.<br />

Aufbau Blitzschutzkasten<br />

Spannungsversorgung 5-15 Volt<br />

Messleitung Feuchtefühler bis 1000 mV<br />

Spannungsversorgung 10-30 Volt<br />

Messleitung Feuchtefühler bis 2,5 V<br />

Spannungsversorgung 20-30 Volt<br />

Messleitung Feuchtefühler bis 10 V<br />

DEHNventil DV 2P TN 255<br />

DEHNventil DV TNC 255<br />

DEHNguard DG T 75<br />

Blitzductor CT MOD BD 110<br />

+ BCT BAS<br />

Blitzductor CT MOD BD 110<br />

+ BCT BAS<br />

Blitzductor CT MOD BD 5<br />

+ BCT BAS<br />

Blitzductor CTMOD BD 5<br />

Blitzductor CTMOD BD 24<br />

+ BCT BAS<br />

Blitzductor CTMOD BD 30<br />

Blitzductor CTMOD BD 5<br />

+ BCT BAS<br />

Blitzductor CTMOD BD 30<br />

Blitzductor CTMOD BD 12<br />

+ BCT BAS<br />

Blitzductor CT MOD BD 110<br />

+ BCT BAS<br />

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Alle Blitzschutzmaßnahmen, insbesondere auch die Maßnahmen des<br />

Überspannungsschutzes, sollten fachmännisch unter Berücksichtigung der<br />

einschlägigen Installationshinweise eingebaut bzw. realisiert werden. Nach<br />

Installation aller Maßnahmen ist eine Überprüfung bzw. Abnahme durch einen<br />

unabhängigen Experten vorzusehen.<br />

Eventuelle Neuinstallationen (z.B. weitere Sensoren und Fühler <strong>auf</strong> dem Wettermast,<br />

weitere Photovoltaik- und Windkraftgeneratoren) müssen sich in das dargestellte<br />

Blitzschutz-Konzept einfügen. Dazu ist unbedingt vor Baubeginn mit den Planern des<br />

Blitzschutzsystems Rücksprache zu halten. Bei der Erweiterung dieser Anlage, bzw.<br />

allgemein beim Bau neuer netz-autarker Hybridanlagen, kann von einer Reduzierung<br />

der Kosten für Blitzschutzmaßnahmen gerechnet werden, wenn die<br />

blitzschutztechnisch relevanten Maßnahmen bereits in der Planungsphase mit<br />

berücksichtigt werden.<br />

Festzuhalten bleibt, dass dem Blitzschutz netz-autarker Anlagen zukünftig steigende<br />

Bedeutung zukommt. Dabei ist <strong>auf</strong> aus technisch/wirtschaftlicher Sicht ausgewogene<br />

bzw. sinnvolle Schutzmaßnahmen zu achten.<br />

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