Newsletter Ausgabe 4 Juli 2012 - Netzwerk - Pflege und ...
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Themenschwerpunkt:<br />
Zur Wohnsituation von Menschen mit geistiger Behinderung im<br />
Alter – Herausforderungen für Politik <strong>und</strong> Praxis in Niedersachsen<br />
Hintergr<strong>und</strong>:<br />
In Deutschland leben annähernd 450 000 Menschen mit geistiger Behinderung 1 . Per<br />
Gesetz wurde ihnen (wie allen Menschen mit Behinderungen) in den letzten<br />
Jahrzehnten sukzessive das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben zu gestanden 2 .<br />
Dies betrifft auch den für ein selbstbestimmtes Leben essentiellen Bereich des<br />
Wohnens. Das im SGB IX § 9 festgelegte Wunsch- <strong>und</strong> Wahlrecht für Menschen mit<br />
Behinderungen bezieht sich auch auf diesen Lebensbereich (Lebenshilfe, 2008).<br />
Demnach dürfen weder Leistungserbringer noch Träger der Sozialhilfe „einseitig oder<br />
gemeinsam über den behinderten Menschen verfügen (Lebenshilfe, 2008)“.<br />
Als Möglichkeiten des Wohnens im Rahmen der Behindertenhilfe stehen zur<br />
Verfügung:<br />
- Wohnen im Elternhaus<br />
- Anstalten bzw. Komplexeinrichtungen<br />
- gruppengegliedertes Wohnheim<br />
- Dorfgemeinschaften mit anthroposophischer oder christlicher Orientierung<br />
- betreute Wohngemeinschaften<br />
- betreutes Einzel- <strong>und</strong> Paarwohnen<br />
- Eltern-Kind Wohnen für Menschen mit geistiger Behinderung mit eigenen<br />
Kindern<br />
(Theunissen, Schirbort, 2006)<br />
Über ein Drittel der Erwachsenen lebt eigenständig oder bei Angehörigen<br />
(Dieckmann, <strong>2012</strong>). Als Begleitende Hilfen sind tagesstrukturierende Maßnahmen zu<br />
nennen sowie das sog. persönliche Budget. Dieses ist ein wichtiger Bestandteil der<br />
Selbstbestimmung.<br />
Seit einigen Jahren beschäftigen sich Behindertenverbände <strong>und</strong> auch Forschung<br />
(Komp, 2006; Dieckmann, <strong>2012</strong>) zunehmend mit der Tatsache, dass sich die<br />
Lebenserwartung geistig behinderter Menschen derjenigen von Menschen ohne<br />
Behinderungen in Zukunft angleichen wird. Zuverlässige Daten zur Lebenserwartung<br />
liegen jedoch nicht vor (Komp, 2006). In Bezug auf die Region Westfalen /Lippe<br />
führte Dieckmann (<strong>2012</strong>) jedoch Vorausberechnungen durch: So wies die<br />
Altersstruktur geistig behinderter Menschen im Jahr 2010 noch einen deutlich<br />
geringeren Anteil von 60-Jährigen<br />
1 (Schätzung auf der Basis von Statistiken der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO) (B<strong>und</strong>esvereinigung Lebenshilfe<br />
2000 zitiert bei Gusset-Bährer 2004, 24)<br />
2 1992 BtG Gesetz zur Reform des Rechts der Vorm<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Pflegschaft für Volljährig: Menschen mit geistiger<br />
Behinderung als „Rechtspersonen“, UN-Behindertenrechtskonvention<br />
1994 Artikel 3 Absatz 3 des Gr<strong>und</strong>gesetzes – keine Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen,<br />
2001 SGB IX „Rehabilitationsgesetz“ darin u.a. §9 „Wunsch- <strong>und</strong> Wahlrecht“ zum selbstbestimmten Leben<br />
NETZWERK PFLEGE- UND VERSORGUNGSFORSCHUNG, 4. AUSGABE JULI <strong>2012</strong> 2