Jubiläumsausgabe - Universität Passau
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Kommentar zur aktuellen Situation in Thailand<br />
von S. Helbardt, W. Hemtanon, J. Hitzler, R. Korff<br />
Lehrstuhl für Südostasienkunde II, Universität <strong>Passau</strong><br />
Verfolgte man die Berichterstattung der letzten Zeit, so war vor<br />
allem die Rede von den Rothemden als Anhänger Thaksins,<br />
sowie den Gelbhemden zusammengesetzt aus Royalisten,<br />
urbanem Mittelstand und Unternehmern. Hier geht es nicht<br />
nur um den Konflikt zweier Personen und deren Anhänger,<br />
sondern es handelt sich um eine größere Konstellation von<br />
Akteuren und deren Kampf um die politische Neuordnung des<br />
Landes.<br />
Die Unruhen während des thailändischen Neujahres (Songkran)<br />
sind eine Eskalation die in einem direkten Zusammenhang<br />
steht, mit Protestbewegungen ganz unterschiedlicher<br />
Gruppen seit dem Herbst 2005. Damals wurde Thaksin mit<br />
der städtischen Mittelschicht, die mit Thaksins autoritärem Stil<br />
unzufrieden war. Als Ausdruck ihrer Loyaltät zum König, trugen<br />
sie T-Shirts mit der Farbe des Königshaus: gelb.<br />
2006 putschte das Militär gegen Thaksin, der daraufhin das<br />
Land verlassen musste. Anfang 2008 wurde wiederum eine auf<br />
Wahlen basierende Regierung gebildet, unter Leitung der Thai<br />
People Partei, die Thaksin nahestand. Dagegen wandten sich<br />
die Gelbhemden denen es Ende November gelang, nach dem<br />
der internationale Flughafen Bangkoks für eine Woche besetzt<br />
worden war, die Regierung zu stürzen. Nachdem Abgeordnete<br />
der Mehrheitspartei mittels Gerichtsverfahren von der<br />
Politik ausgeschlossen wurden und andere durch Transfers<br />
substantieller Summen überzeugt wurden auf die Seite der<br />
Elitenallianz zu wechseln, konnte die Abhisit im Dezember<br />
2008 vom Parlament zum Regierungschef gewählt werden.<br />
Damit hatten die Gelbhemden ihr Zielerreicht. In Folge dessen<br />
24<br />
Springroll<br />
Ausgabe #2 Sommersemester 2009<br />
großer Mehrheit zum zweiten Mal wieder gewählt. Vor allem<br />
bei der bäuerlichen Bevölkerung ist Thaksin sehr beliebt,<br />
da sie durch seine populistische Politik erstmals Ansprüche<br />
auf staatliche Unterstützung direkt äußern konnten. Bis<br />
dato hatten vor allem das Militär, die Bürokratie, Königshaus<br />
und politische Cliquen den Staatshaushalt monopolisiert<br />
und sich bereichert. Gerade die Allianz aus den ersten drei<br />
Akteuren sah sich von Thaksins Popularität bedroht, denn<br />
diese Elite bezog einen Großteil ihrer Legitimität aus der (zum<br />
Teil inszenierten) Popularität der Königs. Zudem fürchtete<br />
die Allianz, dass sie nach dem Ableben des mittlerweile<br />
82-jährigen Königs an Macht, Einfluss und damit ökonomischen<br />
Ressourcen verlieren könnten. Als Thaksin 2005 sein<br />
milliardenschweres Medienunternehmen an eine Holding<br />
mit Sitz in Singapur verkaufte mobilisierte diese Elite eine<br />
Bewegung mit dem Vorwurf, er sei ein korrupter „Landesverräter“.<br />
Teilweise bestand diese Bewegung aus gekauften<br />
Demonstranten, aber auch aus Akademikern und Mitgliedern<br />
organisierten wiederum Thaksins Anhänger – die Rothemden<br />
– Demonstranten in den letzten drei Wochen. Unter anderem<br />
wurden Teile des Regierungsviertels von ihnen besetzt und<br />
das ASEAN-Treffen in Pattaya musste am 11.4 abgebrochen<br />
werden, weil Rothemden das Tagungshotel besetzten.<br />
Unabhängig von der Farbe der jeweiligen T-shirts wurden<br />
in den Demonstrationen Gesetze weitgehend ignoriert. So<br />
wurde bislang noch niemand für die Besetzung des Flughafens<br />
belangt, bzw. ein Führer der Gelbhemden, der aktiv bei der<br />
Besetzung beteiligt war, wurde Außenminister. Weniger<br />
aggressiv und gewalttätig als die Gelbhemden, doch ebenfalls<br />
mit nur geringer Berücksichtigung der Gesetze sind die<br />
Proteste der Rothemden. Es erstaunt, dass Demonstranten mit<br />
gelben Hemden Regierungsgebäude und Flughäfen besetzen.<br />
Hier scheint die Unterstützung durch die Eliten der entscheidende<br />
Faktor zu sein. Auch mit einem roten T-shirt können<br />
solche Gebäude besetzt werden, allerdings offensichtlich nicht