Interferenz, Beugung, Polarisation - Universität Zürich
Interferenz, Beugung, Polarisation - Universität Zürich
Interferenz, Beugung, Polarisation - Universität Zürich
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Physik für Studierende der Biologie und der Wirtschaftschemie<br />
Universität Zürich, SS 2007, U. Straumann Version 18. Mai 2007<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
7 Optik 7.1<br />
7.3 <strong>Interferenz</strong> und <strong>Beugung</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1<br />
7.3.1 Kohärenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1<br />
7.3.2 Doppelstrahl-<strong>Interferenz</strong>en . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3<br />
7.3.3 Komplexere <strong>Interferenz</strong>muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4<br />
7.3.4 Blenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7<br />
7.4 <strong>Polarisation</strong>sphänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.9<br />
7.4.1 Polarisiertes Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.9<br />
7.4.2 <strong>Polarisation</strong> durch Streuung, Reflexion und Brechung . . . . . . . . . . . 7.10<br />
7 Optik<br />
Fortsetzung, dritter Teil<br />
7.3 <strong>Interferenz</strong> und <strong>Beugung</strong><br />
In der geometrischen Optik kümmern wir uns nicht um die Welleneigenschaften des Lichts,<br />
sondern behandeln es so, als ob es aus Strahlen, die auch Strahlen von Teilchen sein könnten,<br />
bestünde. Auch das Brechungs- und Reflexionsgesetz könnten damit erklärt werden (Fermat).<br />
Nur <strong>Beugung</strong>s- und vor allem <strong>Interferenz</strong>erscheinungen liefern den Beweis, dass Licht Wellennatur<br />
besitzt. Die Auslöschung zweier Strahlen z. B., die wir für Wellen leicht verstehen können,<br />
ist mit der Vorstellung von Teilchenstrahlen nicht verträglich.<br />
7.3.1 Kohärenz<br />
Wir betrachten zwei ebene Wellen gleicher Frequenz, Wellenlänge und Amplitude, die in +x-<br />
Richtung laufen.<br />
Erregung : u 1 (x,t) = Asin(kx − ωt) , Intensität : I 0 ∼ A 2<br />
Erregung : u 2 (x,t) = Asin(kx − ωt + δ) , Intensität : I 0 ∼ A 2 .<br />
Ihre Superposition ergibt die resultierende Erregung<br />
u(x,t) = u 1 + u 2 = A(sin(kx − ωt) + sin(kx − ωt + δ)) .<br />
7.1
Mit Hilfe der Beziehung<br />
sin α + sinβ = 2sin( α + β<br />
2<br />
)cos( α − β )<br />
2<br />
ergibt sich u(x,t) = 2Acos δ 2 sin(kx − ωt + δ 2 ) = u 0 sin(kx − ωt + δ 2 ) .<br />
Die resultierende ebene Welle hat dieselbe Frequenz und Wellenlänge wie die Teilwellen. Ihre<br />
Amplitude u 0 und damit die Intensität hängen aber von der relativen Phase ab,<br />
Amplitude : u 0 = 2Acos δ 2 , Intensität : I ∼ 4A2 cos δ 2 ∼ 4I 0 cos 2 δ 2 .<br />
Für die Grenzfälle, bei denen sich die beiden Wellen maximal verstärken (konstruktive <strong>Interferenz</strong>)<br />
bzw. auslöschen (destruktive <strong>Interferenz</strong>) (siehe auch Abbildung 7.1), findet man<br />
u 0 = u 0max = 2A , I max ∼ 4A 2 ∼ 4I 0 für δ = 0, ±2π, ±4π ;<br />
u 0 = u 0min = 0 , I min = 0 für δ = ±π, ±3π, ... .<br />
Abbildung 7.1: Kohärenz und <strong>Interferenz</strong>: Das linke Bild zeigt die Intensität und die Amplitude<br />
einer ebenen Welle, die sich aus der Überlagerung zweier Wellen mit gleicher Wellenlänge und<br />
fester Phasendifferenz δ ergibt in Funktion von δ. Das rechte Bild zeigt typische Sequenzen von<br />
zwei unabhängigen Lichtquellen, die während einer kurzen Zeit τ = L/c Wellen der gleichen<br />
Wellenlänge aussenden. Die Phasendifferenzen zwischen den einzelnen Wellenzügen sind zufällig<br />
verteilt.<br />
Oft kommt die Phasenverschiebung δ der beiden Teilwellen dadurch zustande, dass sie von<br />
einer gemeinsamen Quelle bis zur Überlagerung verschiedene Wege zurückgelegt haben, bzw.<br />
verschiedene Lichtwege in Medien mit n ≠ 1. Zwischen dem Wegunterschied ∆ und der Phasenverschiebung<br />
δ besteht die Beziehung<br />
δ = ∆ 2π = k∆ .<br />
λ<br />
Konstruktive <strong>Interferenz</strong> erhalten wir für<br />
∆ = λδ<br />
2π = mλ ,<br />
destruktive <strong>Interferenz</strong> für ∆ = (m + 1/2)λ (m ganz) .<br />
Bisher wurde angenommen, dass die relative Phase δ zwischen zwei interferierenden Wellen von<br />
der Zeit unabhängig ist. Solche Wellen sind miteinander kohärent. Lichtwellen, die von verschiedenen<br />
Quellen stammen, sind nicht kohärent. Dies beruht darauf, dass die Emissionsdauer der<br />
7.2
emittierenden Atome sehr kurz ist (τ ≤ 10 −8 s). Lichtwellen bestehen also aus vielen einzelnen<br />
Wellenzügen mit einer Länge L ≃ cτ ≤ 3 m, die zeitlich ganz zufällig verteilt sind, wie dies<br />
Abbildung 7.1 illustriert, und daher auch eine Phasesendifferenz δ = δ(t) aufweisen, die sich mit<br />
der Zeit schnell und zufällig verändert. Unser Auge und i. a. auch optische Geräte können diesen<br />
raschen Änderungen nicht folgen, sondern registrieren zeitliche Mittelwerte. Für die Intensität<br />
zweier überlagerter Wellen ergibt sich dann die Summe der Einzelintensitäten:<br />
I ∼ 4A 2 cos 2 δ(t)<br />
2 = 4A21 2 = 2A2 ∼ 2I 0 .<br />
Inkohärente Wellen sind nicht interferenzfähig. Sollen mit Licht <strong>Interferenz</strong>en sichtbar gemacht<br />
werden, so muss die Welle einer einzigen Quelle in Teilwellen zerlegt und diese müssen dann<br />
wieder überlagert werden. Solange der Wegunterschied ∆ klein ist gegenüber der oben berechneten<br />
sogenannten Kohärenzlänge L ≃ 3 m, sind die Teilwellen kohärent. Ein Laser (“Light<br />
Amplification by Stimulated Emission of Radiation”) emittiert Wellen, deren Kohärenzlänge L<br />
bis zu 1000 km betragen kann. Damit zwei Wellenzüge über diese räumliche Distanz nicht ausser<br />
Phase geraten, müssen ihre Wellenlängen sehr genau gleich sein. Laser sind sehr monochromatische<br />
Lichtquellen.<br />
7.3.2 Doppelstrahl-<strong>Interferenz</strong>en<br />
Einer der grundlegenden <strong>Interferenz</strong>versuche ist das Young’sche Doppelspaltexperiment. Eine<br />
Quelle beleuchtet in diesem Versuch zwei Spalte. Die einfallende ebene Welle lässt an den Spalten<br />
zwei Kugelwellen entstehen, und die Kohärenzbedingung kann so garantiert werden. Das<br />
Experiment (Abbildung 7.2) lässt sich mit Schallwellen, Wasserwellen, Mikrowellen oder monochromatischem<br />
Laserlicht durchführen, wichtig ist lediglich, dass die Spaltabstände vergleichbar<br />
mit der Wellenlänge sind.<br />
d<br />
α 1<br />
Q 1<br />
Q 2<br />
α 2<br />
r 1<br />
r 2<br />
x<br />
D<br />
P (x)<br />
x<br />
Abbildung 7.2: Young’scher <strong>Interferenz</strong>versuch<br />
mit einem Doppelspalt.<br />
Die einfallende ebene<br />
Welle erzeugt an den Spalten<br />
kohärente Kugelwellen, die sich<br />
überlagern. Man beobachtet die<br />
Intensitätsverteilung in Punkten<br />
P im Abstand x vom Zentrum eines<br />
Schirms mit festem Abstand<br />
D zu den Spalten. Die Intensitätsverteilung<br />
zeigt ein Streifenmuster<br />
mit abwechselnd maximaler<br />
und minimaler Intensität.<br />
Die Kugelwellen von den beiden Spalten mit Abstand d werden auf einem Schirm im Abstand<br />
D beobachtet. Der Wegunterschied ∆ der bei Q 1 entstehenden Welle relativ zu der bei Q 2<br />
7.3
entstehenden Welle bis zum Punkt P(x) ist gegeben durch (x,d
entsprechend einer Intensität<br />
I(∆) = I 0<br />
sin 2 (Nk∆/2)<br />
sin 2 (k∆/2)<br />
.<br />
Die Hauptmaxima erhalten wir für<br />
sin(k∆/2) → 0 ,sin(Nk∆/2) → 0 , sin(Nk∆/2)<br />
sin(k∆/2)<br />
→ N ,<br />
d. h. bei<br />
k∆<br />
2 = 0, ±π, ±2π,... , π∆<br />
λ = ±nπ (n ganz) ⇒ ∆ = nλ , I N = N 2 I 0<br />
Wiederum ist der Weglängenunterschied<br />
ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge.<br />
Die Hauptmaxima sind umso intensiver<br />
und schärfer, je grösser die Zahl<br />
N der interferierenden Wellen ist. Zwischen<br />
den Maxima liegen Nullstellen bei<br />
sin(Nk∆/2) = 0 mit sin(k∆/2) ≠ 0, sowie<br />
kleine Nebenmaxima bei sin(Nk∆/2) =<br />
1 .<br />
I<br />
N 2 I 0<br />
1<br />
~<br />
N<br />
-4π -2π 0 +2π +4π<br />
-2λ -λ 0 +λ +2λ ∆ = d·sin α<br />
δ<br />
Fällt eine ebene Welle senkrecht auf eine Reihe von N<br />
äquidistanten Spalten, ein sogenanntes Strichgitter, so wirkt dieses<br />
wie N kohärente Quellen dar. Der Wegunterschied ist dann<br />
wie beim Doppelspalt vom Beobachtungswinkel α abhängig (∆ =<br />
dsin α). Die Hauptmaxima liegen bei<br />
d<br />
∆<br />
sin α = ∆ d = mλ d , m ganz .<br />
Ist der Spaltabstand d, auch Gitterkonstante genannt, bekannt, so<br />
lässt sich aus der Lage der Maxima die Wellenlänge λ bestimmen.<br />
Dies ist das Prinzip des Gitterspektrometers.<br />
(N-1)·∆<br />
Da in der nullten Ordnung, m = 0, beim Gitterspektrometer (siehe Abbildung 7.3) alle Wellenlängen<br />
zusammenfallen, muss mindestens in erster Ordnung, m = 1, beobachtet werden. Da<br />
dort λ = dsin α < d ist, muss die Gitterkonstante grösser als die zu messende Wellenlänge sein.<br />
Im sichtbaren Bereich (λ = 400 − 750 nm) werden geritzte Gitter, für Röntgenstrahlen (λ ≃ 0.1<br />
nm) Kristallgitter benützt. Ist umgekehrt die Wellenlänge der Röntgenstrahlen bekannt, so kann<br />
aus der Intensitätsverteilung im <strong>Interferenz</strong>muster auf die Gitterkonstante, bzw. die Struktur von<br />
Kristallen oder Makromolekülen geschlossen werden.<br />
7.5
Q<br />
α<br />
m = 1<br />
m = 0<br />
f 1 L1 Gitter L2 f 2<br />
Abbildung 7.3: Aufbau eines Gitterspektrometers: Die Linse L 1 , in deren Brennpunkt die Quelle<br />
steht, sorgt dafür, dass die auf das Gitter fallende Welle eben ist (Parallelstrahlen). Die Linse<br />
L 2 bewirkt, dass parallel unter dem Winkel α auslaufende Strahlen auf einem Punkt des Beobachtungsschirms<br />
(und nicht erst im Unendlichen) zusammenkommen und interferieren. Durch<br />
die Linsen werden die <strong>Interferenz</strong>bedingungen nicht geändert, da die Unterschiede der Lichtwege<br />
gleich bleiben. Enthält das einfallende Licht verschiedene Wellenlängen, so liegen ihre Maxima<br />
an verschiedenen Orten. Wir erhalten eine Aufspaltung nach Farben.<br />
Mit einem Kreuzgitter, einem zweidimensionalen Strichgitter<br />
erhält man als <strong>Interferenz</strong>muster äquidistante Punkte<br />
in zwei Dimensionen. Eine von der Wellenlänge abhängige<br />
Aufspaltung des <strong>Interferenz</strong>musters findet sich nicht nur<br />
in Gitterspektrometern. Auch bei Zwei- oder Mehrstrahl-<br />
<strong>Interferenz</strong>en, die durch Reflexion zustande kommen, z. B.<br />
an dünnen Schichten, kann sie beobachtet werden. Die Farbselektivität<br />
ist dabei umso grösser, je mehr Strahlen interferieren.<br />
Als häufig angetroffene Beispiele für solche Effekte kann man Ölfilme, die Farben dünner Blättchen<br />
und die Strukturfarben von Schmetterlingen und Vögeln nennen. Technische Anwendung<br />
finden dünne Schichten u. a. bei der Vergütung von Linsensystemen. Abbildung 7.4 zeigt die sogenannten<br />
Newton’schen Ringe, die sich mit einer schwach gekrümmten Konvexlinse beobachten<br />
lassen.<br />
Abbildung 7.4: Parallel einfallendes<br />
Licht wird an der gewölbten<br />
Unterseite einer schwach gekrümmten<br />
Konvexlinse reflektiert<br />
und gebrochen. Das gebrochene<br />
Licht kann von der Linsenunterlage<br />
ebenfalls reflektiert<br />
und nach zwei weiteren Brechungen<br />
mit dem nur einmal gebrochenen<br />
und reflektierten interferieren.<br />
Die Intensitätsmaxima<br />
und -minima entsprechen konzentrischen<br />
Ringen.<br />
7.6
7.3.4 Blenden<br />
Bisher haben wir angenommen, dass die Öffnungen in einem Schirm so klein sind, dass sie als<br />
Punktzentren von Huygens’schen Sekundärwellen aufgefasst werden können. Dies gilt, solange<br />
ihr Durchmesser s klein gegenüber der Wellenlänge λ ist. Ausgedehnte Öffnungen bestehen aus<br />
einem Kontinuum von Punkten, von denen Sekundärwellen ausgehen, wobei die Phasen ebenfalls<br />
kontinuierlich verteilt sind.<br />
Wir leiten den Ausdruck für die Intensitätsverteilung von einem breiten Einzelspalt (Intensität<br />
I 0 ∼ u 2 0 ) her, in dem wir ihn als Sequenz von N Punkten im Abstand d = s/N darstellen, wobei<br />
von jedem eine Welle mit der Amplitude u 0 /N (I = I 0 /N 2 ) ausgehen soll. Beobachten wir unter<br />
dem Winkel α so ist der Wegunterschied zwischen den Wellenzügen von benachbarten Punkten<br />
wieder ∆ = dsin α. Die Intensitätsverteilung aus der Überlagerung der Anteile der N Punkte<br />
ist, wie wir aus dem vorigen Abschnitt wissen:<br />
I = I 0<br />
N 2 sin 2 (Nk∆/2)<br />
sin 2 (k∆/2)<br />
→ (k∆ klein) I = I 0<br />
sin 2 (Nk∆/2)<br />
(Nk∆/2) 2 .<br />
Wir ersetzen ∆ durch die Spaltbreite s und den Beobachtungswinkel α:<br />
N<br />
2 k∆ = s 2π<br />
2d λ dsin α = π λ s sin α ≡ g(α) , ⇒ I = I sin 2 g(α)<br />
0<br />
g(α) 2 .<br />
Das Hauptmaximum (Nenner = 0) liegt bei:<br />
sin g(α) = g(α) = sin α = α = 0 , I max = I 0 .<br />
Minima treten auf, wenn der Zähler verschwindet, der Nenner jedoch<br />
nicht, d. h. für<br />
πs sin α<br />
λ<br />
= ±nπ (n ≠ 0 , ganz) → sinα = ± nλ<br />
s .<br />
Nebenmaxima, deren Intensitäten mit n rasch kleiner werden, liegen<br />
bei<br />
sinα = ±(n + 1 2 )λ s , I max,n=1 ≃ 0.05 I 0 .<br />
I (α)<br />
α min<br />
α min<br />
S<br />
α<br />
Die Breite des Hauptmaximums ist bestimmt durch sin α min,1 = λ/s, d. h. sie ist umso grösser, je<br />
kleiner die Spaltbreite ist. Mit s → 0 erhalten wir die Huygens’sche Kugelwelle in allen Richtungen.<br />
Von grosser praktischer Bedeutung sind <strong>Beugung</strong>seffekte an kreisförmigen Öffnungen (Iris,<br />
Linse etc.). Das <strong>Interferenz</strong>muster ist aus Symmetriegründen kreisförmig. Das erste Minimum<br />
erscheint unter dem Winkel<br />
sin α min,1 = 1.22 λ D<br />
(D = Durchmesser der Öffnung) .<br />
Da im übrigen der Intensitätsverlauf ähnlich ist wie beim Spalt, sind die Nebenmaxima kaum<br />
sichtbar, es entsteht eine kreisförmige helle Scheibe (Airy-Scheibchen).<br />
7.7
<strong>Beugung</strong>seffekte treten immer auf, wenn eine Lichtwelle seitlich<br />
begrenzt wird, z. B. an Rändern vor Blenden und von<br />
Linsen. Sie sind um so ausgeprägter, je kleiner die Blenden<br />
und je grösser die Wellenlänge des Lichts ist. Da alle optischen<br />
Instrumente mit begrenzten Lichtbündeln arbeiten,<br />
ist <strong>Beugung</strong> unvermeidlich und limitiert das Auflösungsvermögen.<br />
Unter Auflösungsvermögen versteht man die minimale Distanz, bei der die <strong>Beugung</strong>sbilder zweier<br />
benachbarter Punkte gerade noch trennbar sind, also die entsprechenden Hauptmaxima gerade<br />
noch um den Winkel α min voneinander getrennt sind. Wir betrachten ein paar optische Systeme<br />
als Beispiele:<br />
Lochkamera: Ein einfaches abbildendes System ist die Lochkamera. Das Eintrittsloch schneidet<br />
aus jedem vom leuchtenden Objekt ausgehenden Strahlenbündel einen Strahl heraus, der auf<br />
dem Schirm ein Bild erzeugt. Wie gross soll das Loch gewählt werden ?<br />
Ist es gross, so ist das Bild eines Punkts kein Punkt, sondern eine<br />
helle Scheibe mit dem Durchmesser D des Lochs (geometrischer<br />
Schatten). Wird dieser deshalb immer kleiner gewählt, so wächst<br />
die Grösse des Airy-Scheibchens, dessen Durchmesser circa<br />
Lsinα min ≃ Lλ<br />
D beträgt.<br />
Der Bilddurchmesser wird am kleinsten, die Abbildung am schärfsten, wenn beide Beiträge etwa<br />
gleich gross sind, d. h.<br />
D ≃ Lλ<br />
D oder D ≃ √ Lλ .<br />
Einfache Linse: Auch eine Linse schneidet aus der einfallenden Lichtwelle ein Bündel mit dem<br />
Linsendurchmesser D heraus.<br />
G<br />
L<br />
B<br />
Ist die einfallende Welle eben (z. B. von einem unendlich entfernten<br />
Stern), so liegt das Bild in der Brennebene, ist aber kein Punkt,<br />
sondern wieder ein <strong>Beugung</strong>sscheibchen mit dem Winkeldurchmesser<br />
α min ∼ sin α min = 1.22 λ D , bzw. dem Durchmesser d m ≃ 1.22 λf<br />
D .<br />
D<br />
α<br />
Die Bilder von zwei Sternen gelten dann als getrennt, wenn ihr Winkelabstand gleich dem<br />
Durchmesser des Airy-Scheibchens ist. Die Auflösungsgrenze liegt daher bei α min . Je grösser<br />
der Linsendurchmesser D ist, umso besser ist die Winkelauflösung eines Fernrohrs. Aus diesem<br />
Grund haben die besten Fernrohre Objektivdurchmesser von einigen Metern.<br />
7.8
Das menschliche Auge hat einen mittleren Brechungsindex von n = 1.34 bei einem Pupillendurchmesser<br />
D = 4 mm. Mit einer Wellenlänge im sichtbaren Bereich (λ = 600 nm)<br />
α min = 1.22 λ vac<br />
nD<br />
1.22 · 6 × 10−7<br />
=<br />
1.34 · 4 × 10 −3 = 1.37 × 10−4 rad = 1 ′<br />
.<br />
2<br />
Auf eine Distanz von 1 km können damit im besten Fall zwei leuchtende Punkte im Abstand<br />
von 14 cm aufgelöst werden. Beträgt die Brennweite des Auges f = 2.3 cm so ist der minimale<br />
Abstand von zwei aufgelösten Bildpunkten<br />
r min,1 = α min f = 3.1 × 10 −4 cm = 3.1 µm .<br />
Dieser Wert entspricht etwa dem Abstand benachbarter Zäpfchen der Netzhaut.<br />
Beim 200-Zoll Teleskop der Sternwarte auf dem Mt. Palomar in Kalifornien beträgt der Spiegeldurchmesser<br />
D = 5 m. Für Licht der Wellenlänge λ = 600 nm ist die Winkelauflösung<br />
α min = 1.22 λ D<br />
=<br />
1.22 · 6 × 10−7<br />
5<br />
= 1.5 × 10 −7 rad = 0.03 ′′ .<br />
Auf dem Mond können von der Erde aus zwei Punkte im Abstand<br />
getrennt gesehen werden.<br />
d = α min d EM = 1.5 × 10 −7 · 3.84 × 10 8 = 56 m<br />
Im Radioteleskop von Jodrell Bank (GB) werden elektromagnetische Wellen mit λ = 21 cm<br />
beobachtet. Der effektive Durchmesser der Antenne beträgt D = 75 m. Die Winkelauflösung ist<br />
somit<br />
α min = 1.22 λ 1.22 · 0.21<br />
= = 3.4 × 10 −3 rad = 11 ′ .<br />
D 75<br />
Sie ist also circa zwanzigmal kleiner als diejenige des Auges.<br />
7.4 <strong>Polarisation</strong>sphänomene<br />
7.4.1 Polarisiertes Licht<br />
Die bisherige Diskussion elektromagnetischer Wellen hat keine Tatsachen zutage gefördert, die<br />
nicht bei allen Wellentypen auftreten (Reflexion, Brechung, <strong>Beugung</strong>, <strong>Interferenz</strong>). <strong>Polarisation</strong><br />
dagegen ist eine Eigenschaft, welche nur transversale Wellen besitzen können.<br />
Wie Abbildung ?? zeigte, emittiert eine Dipol-Sendeantenne eine<br />
elektromagnetische Welle, bei der die Intensität vom Winkel θ abhängt:<br />
I(θ) = I 0 sin 2 θ. Sie ist maximal senkrecht zur Antenne,<br />
gleich Null parallel zur Antenne.<br />
θ<br />
7.9
Die elektrische Feldstärke ist parallel zur<br />
Schwingungsrichtung der Elektronen. Damit die<br />
Elektronen der Empfangsantenne zu Schwingungen<br />
angeregt werden, muss diese wieder parallel<br />
zu ⃗ E, d. h. zur Sendeantenne stehen. Wird<br />
sie um 90 ◦ gedreht, so empfängt sie kein Signal.<br />
Sender<br />
B<br />
E<br />
Empfänger<br />
Diese Tatsache zeigt, dass elektromagnetische Wellen transversal<br />
sind. Die beschriebene Welle ist zudem linear polarisiert,<br />
d. h. der ⃗ E-Vektor hat eine feste Richtung im Raum,<br />
die sogenannte <strong>Polarisation</strong>srichtung (ˆn ‖ ⃗ E). Unter zirkularpolarisierten<br />
Wellen versteht man solche, deren ⃗ E-Vektor sich<br />
um die Fortpflanzungsrichtung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit<br />
dreht.<br />
B<br />
z<br />
E<br />
n<br />
v, k<br />
y<br />
<strong>Polarisation</strong>svektor n || E<br />
x<br />
Elektromagnetische Wellen, z. B. Licht, die von unabhängigen, nicht ausgerichteten Quellen, z. B.<br />
Atomen, emittiert werden, sind unpolarisiert. Dies heisst, dass alle transversalen ⃗ E-Richtungen<br />
gleich häufig und statistisch verteilt vorkommen. Damit solches Licht polarisiert wird, muss<br />
es in einem Polarisator einen Prozess durchlaufen, der bestimmte ⃗ E-Richtungen vor andern<br />
bevorzugt, z. B. Reflexion, Fortpflanzung in anisotropen Medien oder Streuung (siehe auch Abschnitt<br />
1.2.5 der Einleitung). Da unsere Augen polarisiertes Licht nicht von unpolarisiertem<br />
unterscheiden können, brauchen wir zum Nachweis einen Analysator mit denselben Eigenschaften<br />
wie der Polarisator, wobei sich, wie die Abbildung 7.5 zeigt, je nach seiner Stellung Intensitätsunterschiede<br />
zeigen.<br />
Longitudinale Wellen können prinzipiell nicht polarisiert werden, da die einzige Schwingungsrichtung<br />
die Fortpflanzungsrichtung ist.<br />
7.4.2 <strong>Polarisation</strong> durch Streuung, Reflexion und Brechung<br />
Sowohl durch Streuung an den Atomen eines Mediums als auch durch Reflexion und Brechung<br />
an der Trennfläche zwischen zwei Medien lassen sich elektromagnetische Wellen polarisieren.<br />
Trifft ein Lichtstrahl auf eine Glasplatte, so nennt man die Normalebene auf der Platte, welche<br />
den Strahl enthält, Einfallsebene. Die Intensitäten des reflektierten und des gebrochenen Strahls<br />
sind verschieden für die beiden Komponenten des elektrischen Felds parallel (E ‖ ) und senkrecht<br />
(E ⊥ ) zur Einfallsebene.<br />
7.10
Polaroid-Filter<br />
Polarisator<br />
Analysator<br />
I 1 = I 2 = I 0 I 1 = I 0 , I 2 = 0<br />
1<br />
3<br />
I 3 = I 0 I 3 = I 0 cos 2 φ 0<br />
2<br />
φ ο<br />
1 3 1 3<br />
2<br />
2<br />
1<br />
φ ο<br />
1<br />
φ ο<br />
3<br />
3<br />
1 3<br />
φ<br />
1 01 3<br />
1 3 1 3<br />
φ= 90 o<br />
I 1 = I 2 = I 0 I 1 = I 2 = 0<br />
I 3 = I 0 I 3 = 0<br />
I 1 = I 2 = I 0 I 1 = I 0 cos 2 φ , I 2 = 0<br />
I 3 = I 0<br />
I 3 = I 0 cos 2 φ 0 cos 2 φ<br />
Abbildung 7.5: Polaroidfilter als Polarisatoren und Analysatoren von Licht. Drei polarisierte<br />
Wellen fallen auf den Polarisator ein: I 1 mit ⃗ E ‖ Polarisator, I 2 mit ⃗ E ⊥ Polarisator, I 3 mit<br />
⃗E unter einem Winkel φ 0 zum Polarisator. Es werden ebenfalls drei Stellungen des Analysators<br />
relativ zum Polarisator betrachtet, parallel, senkrecht und unter dem Winkel φ. Die Intensität,<br />
die nach dem Analysator herauskommt ist angegeben.<br />
7.11
Ist der Winkel zwischen reflektiertem und gebrochenem<br />
Strahl gerade gleich π/2 (α + γ = 90 ◦ ), d. h. gilt<br />
sin α<br />
sin γ =<br />
sin α<br />
sin( π 2 − α) = tan α = n 2<br />
n 1<br />
,<br />
so enthält der reflektierte Strahl keinen Anteil E ‖ , d. h. er<br />
ist vollständig linear polarisiert. Bei benachbarten Winkeln<br />
ist der reflektierte Strahl teilweise polarisiert. Durchläuft er<br />
anschliessend einen Analysator, so wird er abgeschwächt. Eine<br />
Anwendung dieses Effekts findet man bei <strong>Polarisation</strong>sfiltern<br />
zur Unterdrückung von Reflexen beim Photographieren<br />
durch.<br />
α<br />
Einfallsebene<br />
γ<br />
α<br />
Werden Elektronen in Atomen oder Molekülen durch eine einfallende Welle zum Schwingen angeregt,<br />
so emittieren sie elektromagnetische Wellen wie die Dipolantenne. Licht, welches unter<br />
90 ◦ gestreut wird, ist daher linear polarisiert. Das Licht des Tageshimmels ist an Luft gestreutes<br />
Sonnenlicht. Seine <strong>Polarisation</strong>srichtung hängt von der Stellung der Sonne ab. Das <strong>Polarisation</strong>smuster,<br />
welches ein Beobachter am Himmel sieht, wird von gewissen polarisationsempfindlichen<br />
Tierarten zur Navigation benützt (Bienen, Ameisen). Dies haben wir ausführlicher im Abschnitt<br />
1.2.5 diskutiert. Die gestreute Intensität hängt stark von der Frequenz des einfallenden Lichts<br />
ab:<br />
I(ω) ∼ ω 4 .<br />
Hohe Frequenzen, d. h. kurze Wellenlängen werden stärker gestreuut. Deswegen erscheint der<br />
klare Himmel blau. Das ungestreute direkte Sonnenlicht ist vor allem abends, wenn der Weg<br />
durch die Atmosphäre lang ist, rötlich.<br />
Die optischen Eigenschaften anisotroper Kristalle lassen sich nicht durch einen einzigen Brechungsindex<br />
charakterisieren. Dieser hängt von der ⃗ E-Richtung bezüglich der optischen Achse<br />
des Kristalls ab. Ein einfallender Strahl wird im allgemeinen in einen ordentlichen und einen<br />
auserordentlichen aufgespalten. Die beiden Strahlen sind senkrecht zueinander polarisiert und<br />
werden bei bestimmten Kristallstellungen geometrisch voneinander getrennt. Solche doppelbrechenden<br />
Eigenschaften können auch isotrope Körper annehmen, wenn sie mechanischen Spannungen<br />
oder elektrischen Feldern unterworfen werden (Spannungsdoppelbrechung, Kerr-Effekt).<br />
Auch die optische Aktivität beruht auf der Anisotropie im molekularen Bau gewisser Substanzen.<br />
Sie besteht darin, dass die <strong>Polarisation</strong>sebene eines Lichtstrahls gedreht wird. Der Drehwinkel<br />
ist z. B. in einer Zuckerlösung proportional zur Konzentration und zur Schichtdicke.<br />
Die gebräuchlichsten Polarisatoren sind heute die sogenannten Polaroid-Filter. Diese von Land<br />
1938 entwickelten Folien bestehen aus einem Plastik, in dem die Kohlenwasserstoffketten stark<br />
in einer Richtung auseinandergezogen sind. In einer Jodlösung lagert man an die Ketten von<br />
Makromolekülen Jod an und erhält damit freie Leitungselektronen entlang einer Richtung, der<br />
Absorptionsrichtung.<br />
7.12
Das dabei genützte physikalische Prinzip kann man<br />
z. B. mit einem Metallgitter und Mikrowellen demonstrieren.<br />
Die Komponente des elektrischen Felds senkrecht<br />
zum Gitter kommt durch, während für die Komponente<br />
parallel zum Gitter die einfallende Welle mit<br />
der vom Gitter emittierten Streuwelle destruktiv interferiert.<br />
Dieser Anteil wird also absorbiert.<br />
||<br />
Metallgitter<br />
E in<br />
E out<br />
Mikrowelle nur Komponente Gitter kommt durch<br />
Auch beim Polaroid-Filter wird von einer unpolarisierten Welle ein Anteil durchgelassen, der<br />
dazu senkrecht polarisierte absorbiert. Für unser Auge erscheint ein solcher Filter grau. Erst<br />
durch Drehung des Filters kann festgestellt werden, ob das einfallende Licht polarisiert ist.<br />
7.13