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Zusammenfassung der SRT - Psiquadrat.de

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Kurzfassung <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen Relativitätstheorie<br />

Oliver Passon<br />

1 Raum, Zeit und Bewegungszustän<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Physik<br />

Bereits in <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Mechanik 1 (also <strong><strong>de</strong>r</strong> Theorie Newtons) gilt, dass sich keine<br />

„absolute“ Bewegung feststellen lässt. Damit ist gemeint, dass sich mit keinem<br />

(mechanischem) Experiment feststellen lässt, ob das Labor in Bezug auf die Er<strong>de</strong> ruht<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Lediglich falls das „Labor“ in Bezug auf<br />

die Er<strong>de</strong> beschleunigt wird, treten Unterschie<strong>de</strong> auf. Man <strong>de</strong>nke etwa an die Kurvenfahrt<br />

in einem Auto und die dabei auftreten<strong>de</strong>n „Scheinkräfte“. Ein „Bezugssystem“ in <strong>de</strong>m die<br />

Gesetze <strong><strong>de</strong>r</strong> Newtonschen Physik gelten, wird „Inertialsystem“ genannt (von lat. iners =<br />

träge, <strong>de</strong>nn in ihm gilt auch das Trägheitsgesetz: Je<strong><strong>de</strong>r</strong> Körper verharrt in Ruhe o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gleichförmiger Bewegung, wenn keine Kraft auf ihn wirkt.). Aus <strong>de</strong>m oben gesagten folgt<br />

dann, dass je<strong>de</strong>s System, das sich relativ zu einem Inertialsystem mit konstanter<br />

Geschwindigkeit bewegt, ebenfalls ein Inertialsystem ist.<br />

Untersuchen wir die Gleichberechtigung von<br />

Bezugssystemen, die sich relativ zueinan<strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

konstanter Geschwindigkeit bewegen, etwas<br />

technischer. Uns interessiert, wie die Messungen<br />

innerhalb dieser Systeme ineinan<strong><strong>de</strong>r</strong> umgerechnet<br />

wer<strong>de</strong>n können:<br />

1.1 Wechsel von Bezugssystemen<br />

Wir betrachten zwei Koordinatensysteme<br />

(„Bezugssysteme“), die sich relativ zueinan<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit v (längs <strong><strong>de</strong>r</strong> x-<br />

Achse) bewegen 2 . Es gelten also die folgen<strong>de</strong>n Beziehungen zwischen <strong>de</strong>n Koordinaten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Systeme: z = z′<br />

y = y′<br />

x = x′<br />

+ v ⋅ t . Gleichzeitig geht man in <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen<br />

Physik davon aus, dass die Zeit in bei<strong>de</strong>n Systemen gleich verstreicht, also für die<br />

„Zeitkoordinaten“ t = t′<br />

gilt. Ein Beobachter innerhalb eines <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Systeme kann sich<br />

selbst als „in Ruhe“ auffassen und wird <strong>de</strong>m jeweils an<strong><strong>de</strong>r</strong>en System die Geschwindigkeit<br />

v (bzw. -v) zuordnen.<br />

Lässt ein Beobachter im gestrichenen System einen Körper aus seiner Ruhelage fallen,<br />

beobachtet man aus <strong>de</strong>m ungestrichenen System also einen waagerechten Wurf mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Geschwindigkeit v längs <strong><strong>de</strong>r</strong> x-Achse (und umgekehrt)! Während die Koordinaten mit<br />

<strong>de</strong>nen die i<strong>de</strong>ntischen Vorgänge beschrieben wer<strong>de</strong>n also voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> abweichen, gibt es<br />

auch Größen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Werte in bei<strong>de</strong>n Systemen i<strong>de</strong>ntisch sind! Es gilt nämlich:<br />

● Die Differenzen ∆ x = x 2<br />

− x1<br />

und ∆ x ′ = x 2<br />

′ − x′<br />

1 zwischen zwei Ortskoordinaten in<br />

bei<strong>de</strong>n Bezugssystemen sind gleich groß, <strong>de</strong>nn ∆ x = x − x = ( x′<br />

+ vt)<br />

− ( x′<br />

+ vt)<br />

= ∆ x′<br />

1 2<br />

1<br />

Der gemeinsame Summand vt fällt durch die Subtraktion heraus.<br />

x x′<br />

x<br />

● Aus x = x′<br />

+ v ⋅ t folgt = + v . Bezeichnet man die Geschwindigkeiten mit u =<br />

t t′<br />

t<br />

2 .<br />

1 Durch die spezielle Relativitätstheorie wird die bisherige Mechanik zur „klassischen Mechanik“ – ähnlich wie durch<br />

die „mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Kunst“ die bisherigen Werke zu „Klassikern“ wer<strong>de</strong>n...<br />

2 Man <strong>de</strong>nke etwa an das System „Er<strong>de</strong>“ und einen mit konstanter Geschwindigkeit gera<strong>de</strong>aus fahren<strong>de</strong>n Zug...


x′<br />

und u′ = , gilt also u = u′<br />

+ v . Genau wie oben zeigt man, dass für die<br />

t′<br />

Geschwindigkeitsdifferenzen ∆ u = ∆ u′<br />

gilt.<br />

∆ u<br />

● Schließlich gilt auch ∆ t = ∆ t′<br />

. Da die Beschleunigung jedoch a = ist („für<br />

∆ t<br />

beliebig kleine Zeitdifferenzen“), gilt auch a = a′<br />

.<br />

Jetzt wird auch klar, warum in bei<strong>de</strong>n Systemen die selben mechanischen<br />

Gesetzmäßigkeiten gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n – bzw. keine Möglichkeit besteht festzustellen,<br />

welches System sich „in Wirklichkeit“ in Ruhe o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bewegung befin<strong>de</strong>t. In Puncto Länge,<br />

Geschwindigkeitsän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung und Beschleunigung (bzw. Kraft F = m ⋅ a . Hier verwen<strong>de</strong>t man<br />

also die zusätzlich Annahme, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Masse eines Körpers in bei<strong>de</strong>n Bezugssystemen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> selbe Wert zugeordnet wird.) stimmen schließlich die Messungen notwendig überein!<br />

Das bisher gesagte kann auf unterschiedliche Weise zusammengefasst wer<strong>de</strong>n:<br />

● Gelten die Gesetze <strong><strong>de</strong>r</strong> Mechanik in einem Bezugssystem, dann auch in allen, die<br />

sich relativ dazu mit konstanter Geschwindigkeit bewegen (Galileisches<br />

Relativitätsprinzip).<br />

● Durch kein mechanisches Experiment kann ein „absoluter“ Bewegungszustand<br />

nachgewiesen wer<strong>de</strong>n.<br />

Wir sehen also, dass innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Mechanik 3 gleichförmige Bewegung „relativ“ ist, d.h.<br />

nur in Bezug auf ein Koordinatensystem erklärt ist (<strong>de</strong>shalb spricht man auch von<br />

„Bezugssystem“). Das Konzept eines „absoluten“ Raums hat in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mechanik also keinen<br />

Platz (wohingegen die Zeit sehr wohl „absolut“ ist..). Die Gleichungen mit <strong><strong>de</strong>r</strong>en Hilfe wir<br />

die Koordinaten ineinan<strong><strong>de</strong>r</strong> umgerechnet haben ( t = t′<br />

z = z′<br />

y = y′<br />

x = x′<br />

+ v ⋅ t ) wer<strong>de</strong>n<br />

auch „Galilei Transformationen 4 “ genannt. Während sich die Ortskoordinaten und<br />

Geschwindigkeiten bei dieser Umrechnung also än<strong><strong>de</strong>r</strong>n, sind Ortsdifferenzen,<br />

Geschwindigkeitsdifferenzen sowie Beschleunigungen in allen Inertialsystemen gleich.<br />

Man sagt, diese Größen sind „invariant“ (d.h. unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>lich) bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Galilei-Transformationen.<br />

1.2 Elektromagnetische Wellen und Bezugssysteme<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorhersage elektromagnetischer Wellen durch James Maxwell (1864) und ihrem<br />

Nachweis durch Heinrich Hertz (1886) stellt sich die Frage nach ihrem Medium. Es wur<strong>de</strong><br />

damals wie selbstverständlich angenommen, dass es ein solches geben müsse – <strong>de</strong>n sog.<br />

„Äther“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Licht-Äther“. Dieser „Stoff“ müsse im wesentlichen das gesamte Universum<br />

ausfüllen und die gemessene Lichtgeschwindigkeit wür<strong>de</strong> dann von <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Lichtquelle relativ zum Äther abhängen. Das Inertialsystem, das relativ zum Äther<br />

ruhen wür<strong>de</strong>, hätte plötzlich eine ausgezeichnete Rolle und durch optische bzw.<br />

elektromagnetische Experimente könnte ein (in diesem Sinne) „absoluter“<br />

Bewegungszustand festgestellt wer<strong>de</strong>n. Alle Versuche, diese Relativbewegung<br />

nachzuweisen, scheiterten jedoch! Einstein folgerte aus diesem und weiteren Grün<strong>de</strong>n,<br />

dass es keinen Äther gibt. Anscheinend schien die Geschwindigkeit <strong>de</strong>s Lichts nicht von<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bewegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Quelle abzuhängen und auch mit diesen Versuchen ließ sich<br />

Bewegung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ruhe in keinem „absoluten“ Sinne nachweisen. Das Relativitätsprinzip<br />

3 Die Beschränkung auf die Mechanik erfolgt im Wesentlichen dadurch, dass wir nur die Umrechnung von Längen<br />

und Zeit betrachten...<br />

4 Wir betrachten hier <strong>de</strong>n Spezialfall, dass die Relativgeschwindigkeit längs <strong><strong>de</strong>r</strong> x-Achse gerichtet ist. Im allgemeinen<br />

kann diese natürlich in eine beliebige Richtung zeigen. Die Gleichungen wer<strong>de</strong>n dann komplizierter – am Prinzip<br />

än<strong><strong>de</strong>r</strong>t sich jedoch nichts...


schien also nicht nur für die Mechanik zu gelten. Damit wären die bei<strong>de</strong>n Postulate <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

speziellen Relativitätstheorie (Einstein, 1905) motiviert:<br />

Relativitätsprinzip<br />

Die physikalischen Gesetze haben in allen Inertialsystemen dieselbe Form (d.h. alle<br />

Inertialsysteme sind gleichberechtigt und man kann nicht sinnvoll von absoluter Ruhe<br />

sprechen)<br />

Konstanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Lichtgeschwindigkeit<br />

Die (Vakuum-)Lichtgeschwindigkeit c hat in je<strong>de</strong>m Inertialsystem <strong>de</strong>nselben Wert<br />

(299792458m/s), ist also vom Bewegungszustand <strong><strong>de</strong>r</strong> Quelle ebenso unabhängig wie<br />

von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s Beobachters.<br />

Diese Postulate können nicht bewiesen wer<strong>de</strong>n und statt<strong>de</strong>ssen wer<strong>de</strong>n wir ihre<br />

(erstaunlichen) Folgerungen untersuchen. Diese sind tatsächlich experimentell glänzend<br />

bestätigt wor<strong>de</strong>n. Innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Physik stehen diese Postulate in einem<br />

Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch, <strong>de</strong>nn bei Wechsel in ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Bezugssystem müsste je<strong>de</strong><br />

Geschwindigkeit (also auch die Lichtgeschwindigkeit) transformiert wer<strong>de</strong>n. Aus Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Relativitätstheorie muss also eine <strong><strong>de</strong>r</strong> intuitiven Annahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Mechanik<br />

(bzw. <strong><strong>de</strong>r</strong> Galilei-Transformationen) unzutreffend sein. Einstein i<strong>de</strong>ntifizierte die Definition<br />

von „Gleichzeitigkeit“ als die experimentell ungeprüfte Voraussetzung – wie im folgen<strong>de</strong>n<br />

noch genauer gezeigt wer<strong>de</strong>n wird.<br />

2 Die spezielle Relativitätstheorie<br />

Wir untersuchen nun die Folgerungen aus <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n obigen Postulaten. Wir wer<strong>de</strong>n also<br />

neue Transformationvorschriften für die Umrechnung von Orts- und Zeitkoordinaten<br />

verschie<strong>de</strong>ner Bezugssysteme brauchen. Neben diesem „kinematischen Teil“ wer<strong>de</strong>n wir<br />

anschließend fragen müssen, welche Auswirkungen die spezielle Relativitätstheorie auf<br />

die „Dynamik“ hat, also die Begriffe Impuls, Kraft, Masse und Energie.<br />

2.1 Die Lichtuhr (bewegte Uhren gehen langsamer – Zeitdilatation)<br />

Wir betrachten im Folgen<strong>de</strong>n zwei Uhren, die aus zwei parallelen Spiegeln im Abstand d<br />

bestehen, zwischen <strong>de</strong>nen ein Lichtblitz hin und her reflektiert wird. Je<strong>de</strong>s mal wenn <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lichtblitz einen Spiegel trifft soll die Uhr „ticken“.<br />

Abbildung 1: Lichtuhr zur Begründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitdilatation<br />

Zunächst sollen bei<strong>de</strong> Uhren ruhen und synchron laufen. Ihre „Ticks“ wer<strong>de</strong>n also im


d<br />

Zeitabstand t = erfolgen. Nun soll Uhr B relativ zu Uhr A mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit v<br />

c<br />

bewegt wer<strong>de</strong>n (siehe Abbildung 1). Ein Beobachter, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich relativ zu Uhr A in Ruhe<br />

befin<strong>de</strong>t, sieht also einen längeren Lichtweg <strong><strong>de</strong>r</strong> B-Uhr. Da sich dieses Lichtsignal mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gleichen Geschwindigkeit ausbreitet („Konstanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Lichtgeschwindigkeit“) wird also<br />

eine längere Zeit t′ zwischen zwei Ticks liegen. Aus Abbildung 1 ersieht man, dass<br />

2 2 2<br />

( c t′ ) = ( vt′<br />

) + ( ct)<br />

gilt. Auflösen nach <strong><strong>de</strong>r</strong> „B-Zeit“ ergibt:<br />

t′<br />

2<br />

⋅ ( c<br />

2<br />

( ct′<br />

)<br />

− v<br />

2<br />

t′<br />

2<br />

= ( vt′<br />

)<br />

2<br />

) = c t<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

c 2<br />

= t<br />

2 2<br />

( c − v )<br />

2 1<br />

t′<br />

=<br />

2<br />

⎛ v<br />

⎜ 1−<br />

2<br />

⎝ c<br />

1<br />

t′<br />

=<br />

2<br />

v<br />

1−<br />

2<br />

c<br />

+ ( ct)<br />

Mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Worten wird die bewegte Uhr aus Sicht <strong>de</strong>s mit Uhr A ruhen<strong>de</strong>n Beobachters<br />

1<br />

γ =<br />

2<br />

um <strong>de</strong>n Faktor v langsamer gehen. Weil dieser Faktor in Berechnungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1−<br />

2<br />

c<br />

speziellen Relativitätstheorie so häufig vorkommt, hat man für ihn die Abkürzung γ<br />

(„gamma“) eingeführt. Natürlich wird auch umgekehrt ein Beobachter, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit Uhr B<br />

mitbewegt ist, die Uhr A um <strong>de</strong>n Faktor γ langsamer laufen sehen! Diese Verlangsamung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit wird „Zeitdilatation“ genannt (aus lat.: dilatare ‚ausbreiten‘, ‚aufschieben‘).<br />

● Folgerung aus <strong>de</strong>m Gedankenexperiment mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Lichtuhr: Es könnte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Eindruck entstan<strong>de</strong>n sein, dass wir hier lediglich eine erstaunliche Eigenschaft<br />

dieses speziellen „Uhrentyps“ aufge<strong>de</strong>ckt haben. Eine Frage lautet, ob auch<br />

gewöhnliche mechanische o<strong><strong>de</strong>r</strong> Quarzuhren in einem bewegten Bezugssystem<br />

langsamer laufen. Die Antwort innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen Relativitätstheorie muss<br />

lauten: „ja“ – alle Uhren verlangsamen ihren Lauf, <strong>de</strong>nn ansonsten wür<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vergleich zwischen „Lichtuhr“ und „gewöhnlicher“ Uhr erlauben, <strong>de</strong>n<br />

Bewegungszustand „absolut“ zu bestimmen. Dies wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spräche aber <strong>de</strong>m<br />

Relativitätsprinzip. Aus Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen Relativitätstheorie liegt keine<br />

Eigenschaft von Uhren vor, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine Eigenschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> „Zeit“. Bereits das<br />

Galileische Relativitätsprinzip hat <strong>de</strong>n „absoluten Raum“ abgeschafft, während die<br />

Zeit „absolut“ blieb ( t = t′<br />

). In <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen Relativitätstheorie wird auch diese<br />

absolute Bezugsgröße abgeschafft.<br />

● Als Nebenprodukt aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichung<br />

t′<br />

=<br />

t<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

v<br />

1−<br />

2<br />

c<br />

2<br />

t<br />

2<br />

⋅ t<br />

2<br />

gewinnen wir eine weitere<br />

physikalische Einsicht: Offensichtlich ist diese Gleichung nur für v < c sinnvoll, da<br />

sonst <strong><strong>de</strong>r</strong> Radikant negativ wird! Daraus können wir schließen, dass sich ein<br />

Inertialsystem relativ zu einem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en nur mit Unterlichtgeschwindigkeit bewegen<br />

kann. Daher kann sich kein materielles Objekt, das ja in Bezug auf ein<br />

Inertialsystem in Ruhe sein kann, mit einer Geschwindigkeit, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Betrag ≥c ist,


ewegen. Das trifft auf alle Teilchen und Körper zu, die eine nichtverschwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Masse haben. Lediglich „masselose Teilchen“ wie Photonen bil<strong>de</strong>n hier eine<br />

Ausnahme: sie bewegen sich immer genau mit Lichtgeschwindigkeit.<br />

● Experimentelle Überprüfung. Für diese Zeitverlangsamung („Zeitdilatation“) gibt<br />

es tatsächlich viele experimentelle Bestätigungen. Zum Beispiel haben die<br />

amerikanischen Physiker Hafele und Keating 1971 vier synchronisierte Atomuhren<br />

in Flugzeugen transportiert und die Zeitdifferenz zu einer auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> ruhen<strong>de</strong>n<br />

Uhr gemessen. Die Vorhersagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Relativitätstheorie wur<strong>de</strong>n bestätigt. Weitere<br />

experimentelle Bestätigungen wer<strong>de</strong>n wir noch diskutieren.<br />

2.2 Der optische Dopplereffekt<br />

Während die Lichtgeschwindigkeit nicht von <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewegung von Quelle (o<strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachter)<br />

abhängen, ist die Frequenz <strong>de</strong>s Signals sehr wohl von <strong><strong>de</strong>r</strong> Relativgeschwindigkeit<br />

zwischen Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> und Empfänger abhängig. Diesem „Dopplereffekt“ waren wir bereits bei<br />

Schallwellen begegnet. Weil hier tatsächlich die Bewegung relativ zu einem Medium<br />

betrachtet wer<strong>de</strong>n musste, waren die Fälle (i) bewegter Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> und ruhen<strong><strong>de</strong>r</strong> Empfänger<br />

sowie (ii) ruhen<strong>de</strong> Quelle und bewegter Empfänger zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />

Dies führte auf folgen<strong>de</strong> Beziehungen:<br />

f<br />

f<br />

E<br />

E<br />

=<br />

=<br />

⎛ ve<br />

⎞<br />

fS<br />

⎜ 1 − ⎟<br />

⎝ c ⎠<br />

1<br />

fS<br />

1 + v / c<br />

s<br />

Empfänger entfernt sich<br />

Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> entfernt sich<br />

(mit c <strong><strong>de</strong>r</strong> Schallgeschwindigkeit und v<br />

e<br />

bzw. vs<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit von Empfänger bzw.<br />

Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> relativ zur Luft). Bei Licht (also <strong>de</strong>m „optischen Dopplereffekt“) müssen (bzw.<br />

können) diese bei<strong>de</strong>n Fälle natürlich nicht mehr unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Wir wer<strong>de</strong>n sehen,<br />

dass unter Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitdilatation bei<strong>de</strong> Gleichungen die selbe Form<br />

annehmen. Im Folgen<strong>de</strong>n bezeichnet c die Lichtgeschwindigkeit und v die<br />

Relativgeschwindigkeit zwischen Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> und Empfänger.<br />

● Bewegter Sen<strong><strong>de</strong>r</strong>: Aus <strong>de</strong>m Ruhesystem <strong>de</strong>s Empfängers verläuft die Zeit <strong>de</strong>s<br />

bewegten Sen<strong><strong>de</strong>r</strong>s langsamer; die Sen<strong>de</strong>frequenz erscheint also um <strong>de</strong>n Faktor<br />

1 c<br />

2 2<br />

− v / kleiner (<br />

f<br />

2 2<br />

s<br />

→ fs<br />

⋅ 1 − v / c ).<br />

● Bewegter Empfänger: Aus <strong>de</strong>m Ruhesystems <strong><strong>de</strong>r</strong> Quelle geht die Zeit <strong>de</strong>s<br />

Empfängers langsamer. Ihm erscheint <strong><strong>de</strong>r</strong> Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>shalb eine um <strong>de</strong>n Faktor γ<br />

erhöhter Frequenz anzustrahlen ( f → f ⋅ γ ).<br />

s<br />

Setzt man diese Korrekturen in die Doppler-Gleichungen ein, fin<strong>de</strong>t man für bei<strong>de</strong><br />

1 − v / c<br />

1+<br />

v / c<br />

Ausdrücke: fE<br />

= fS<br />

bzw. λ<br />

E<br />

= λ<br />

S<br />

. Entfernen sich Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> und Empfänger<br />

1 + v / c<br />

1−<br />

v / c<br />

vergrößert sich also die Wellenlänge aus Sicht <strong>de</strong>s Empfängers und man spricht von<br />

„Rotverschiebung“. Bewegen sich Sen<strong><strong>de</strong>r</strong> und Empfänger auf einan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu (für die<br />

Geschwindigkeit einen negativen Wert einsetzten!) verkleinert sich die Wellenlänge für <strong>de</strong>n<br />

Empfänger und man spricht von „Blauverschiebung“.<br />

s<br />

2.3 Die Lorentztransformationen<br />

Die Zeitdilatation wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spricht <strong><strong>de</strong>r</strong> Galilei-Transformation, gemäß <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

t = t′<br />

gilt. Wie sehen


die neuen Transformationsvorschriften aus, mit <strong><strong>de</strong>r</strong>en Hilfe die Orts- und Zeitkoordinaten<br />

verschie<strong>de</strong>ner Inertialsysteme in einan<strong><strong>de</strong>r</strong> umgerechnet wer<strong>de</strong>n? Wir wollen zwei<br />

Beobachter betrachten, die sich relativ zueinan<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit v bewegen.<br />

Wir nennen sie Herr X und Herr X ′ , die ihre Beobachtungen jeweils in <strong>de</strong>n Koordinaten<br />

( x , y,<br />

z,<br />

t)<br />

bzw. ( x ′,<br />

y′<br />

, z′<br />

, t′<br />

) ausrücken (siehe Abbildung). Wir betrachten wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einfachheit halber nur die Zeit und eine Ortskoordinate („x“ – längs dieser Richtung soll die<br />

Relativbewegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezugssysteme stattfin<strong>de</strong>n) 5 .<br />

Die gesuchten Gleichungen müssen linear sein, <strong>de</strong>nn die geradlinige Bewegung in einem<br />

System soll ebenfalls geradlinig im an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bezugssystem sein. Somit haben wir ein<br />

lineares Gleichungssystem mit vier Unbekannten zu lösen:<br />

x′<br />

=<br />

a ⋅ x + b ⋅ t<br />

(Gleichung1)<br />

t′<br />

= e ⋅ t + f ⋅ x (Gleichung 2)<br />

Die Galilei-Transformation haben die selbe Struktur (mit: a = 1 , b = v,<br />

e = 1und f = 0 )<br />

• Berechnung von e<br />

Ein in x=0 ruhen<strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachter sieht eine bewegte Uhr um γ langsamer gehen.<br />

Einsetzen in Gleichung 2 führt auf: t′ = γ ⋅ t + f ⋅ 0 – also e = γ .<br />

• Berechnung von b<br />

Für Herrn X ′ bewegt sich die Uhr mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit v nach rechts (siehe<br />

Abbildung). Er sieht sie also bei x ′ = vt′<br />

. Zusammen mit x=0 in Gleichung 2<br />

eingesetzt ergibt sich:<br />

vt′ = 0 + bt<br />

t′<br />

b = v<br />

t<br />

b = vγ<br />

Die letzte Umformung hat wie<strong><strong>de</strong>r</strong> die Beziehung t′ = γ ⋅ t ausgenutzt.<br />

• Berechnung von a<br />

Genausogut können wir uns vorstellen, dass eine Uhr im Ursprung von X ′ steht<br />

(also x ′ = 0 ) und Herr X ihr die Geschwindigkeit -v (Bewegung nach links) zuordnet<br />

– also x = − vt . Diese Werte in Gleichung 1 eingesetzt ergeben 0 = a ( − vt)<br />

+ ( vγ<br />

) t<br />

und somit a = γ .<br />

5 Es ist relativ leicht einzusehen, dass in die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Richtungen y ′ = y sowie z ′ = z gelten muss.


• Berechnung von f<br />

Hier verwen<strong>de</strong>n wir die Konstanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Lichtgeschwindigkeit. Für ein Lichtsignal<br />

beobachtet Herr X : x = ct und Herr X ′ : x ′ = ct′<br />

. Setzen wir dies in die Gleichungen<br />

1 und 2 ein, haben sie die Form:<br />

x′<br />

= γ ⋅ x + γ ⋅ v ⋅ t ⇒ ct′<br />

= γ ct + γ vt<br />

t′<br />

= γ ⋅ t +<br />

f ⋅ x<br />

⇒<br />

t′<br />

= γ t +<br />

Dividiert man diese bei<strong>de</strong>n Gleichungen durch einan<strong><strong>de</strong>r</strong> erhält man:<br />

aufgelöst nach f ergibt dies<br />

v<br />

f = γ<br />

2<br />

.<br />

c<br />

Damit sind die gesuchten Koeffizienten bestimmt und die Umrechnung zwischen<br />

Inertialsystemen erfolgt gemäß:<br />

x′<br />

= γ ⋅ x + γ ⋅ v ⋅ t = γ ( x + vt)<br />

t′<br />

=<br />

γ ⋅ t +<br />

v<br />

γ<br />

2<br />

c<br />

⋅ x = γ<br />

v<br />

( t + 2 x)<br />

Erinnern wir uns an die Definition von γ lautet die ausführliche Form also:<br />

x′<br />

=<br />

y′<br />

=<br />

z′<br />

=<br />

t′<br />

=<br />

y<br />

z<br />

x +<br />

1 −<br />

vt<br />

2<br />

v<br />

2<br />

c<br />

v<br />

t + x ⋅<br />

2<br />

c<br />

1 −<br />

2<br />

v<br />

2<br />

c<br />

c<br />

fct<br />

ct′<br />

t′<br />

γ ct + γ vt<br />

=<br />

γ t + fct<br />

Lorentztransformationen<br />

(bei Relativgeschwindigkeit längs <strong><strong>de</strong>r</strong> x-Achse)<br />

Für Geschwindigkeiten v , die sehr viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit sind (man<br />

schreibt auch v < < c ) wird γ ≈ 1 sowie v / c 2 ≈ 0 . Es ergeben sich dann die Gleichungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Galilei-Transformation. Dies drückt man durch die Formulierung aus, dass<br />

„relativistische Effekte“ erst bei großen Geschwindigkeiten eine Rolle spielen und die<br />

klassische Physik ein „Grenzfall“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Relativitätstheorie ist.<br />

Mit Hilfe dieser Gleichungen können wir die Konsequenzen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>SRT</strong> sehr viel leichter<br />

untersuchen als bisher. Betrachten wir als erste Anwendung die Längenmessung in<br />

verschie<strong>de</strong>nen Bezugssystemen.<br />

2.4 Folgerung: bewegte Maßstäbe sind kürzer – Lorentzkontraktion<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Mechanik gilt für Längen (also Ortsdifferenzen) ∆ x = ∆ x′<br />

. In <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>SRT</strong> gilt<br />

dies nicht mehr! Stellen wir uns einen Maßstab vor, <strong>de</strong>ssen En<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Ortskoordinaten<br />

x′<br />

1 und x′<br />

2 ruhen, <strong><strong>de</strong>r</strong> im gestrichenen System also die Länge ∆ x ′ = ( x 2<br />

′ − x′<br />

1)<br />

hat. Die<br />

Länge, die Herr X in seinem relativ dazu bewegten System feststellt, berechnet sich<br />

durch Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lorentztransformation: x′ 1<br />

= γ x1<br />

+ γ vt1<br />

sowie x′ 2<br />

= γ x2<br />

+ γ vt2<br />

. Die<br />

Differenz ergibt: ∆ x′<br />

= γ ( x2 − x1)<br />

+ γ v(<br />

t2<br />

− t1)<br />

. „Längen messen“ be<strong>de</strong>utet jedoch, die Orte zur<br />

selben Zeit zu bestimmen, also t<br />

2<br />

= t1<br />

. Daraus folgt jedoch ∆ x′<br />

= γ ( x2 − x1<br />

) = γ ⋅ ∆ x bzw.<br />

1<br />

∆ x = ∆ x′<br />

. Herr X misst also für <strong>de</strong>n bewegten Stab eine Länge, die um <strong>de</strong>n Faktor<br />

γ


2<br />

1 v<br />

= 1−<br />

verkürzt ist! Dies ist als Verkürzung <strong>de</strong>s „Raumes“ aufzufassen – also eine<br />

2<br />

γ c<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geometrie – und keine dynamische „Stauchung“ von bewegten<br />

Objekten.<br />

2.4.1 „Anschauliche“ Herleitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lorentzkontraktion<br />

Tatsächlich folgt die Lorentzkontraktion bereits aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitdilatation und kann auch ohne<br />

die Lorentztransformationen begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Betrachten wir eine Uhr, die mit<br />

Geschwindigkeit v an einem Maßstab vorbeifliegt. In seinem Ruhesystem habe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

LRuhe<br />

Maßstab die Länge L<br />

Ruhe und die Uhr braucht also ∆ t = um ihn zu „überfliegen“. Aus<br />

v<br />

Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> ruhen<strong>de</strong>n Uhr vergeht die Zeit jedoch schneller (Merke: bewegte Uhren gehen<br />

langsamer...). Deshalb wird hier ein kleineres Intervall für <strong>de</strong>n Überflug gemessen<br />

∆ t ⋅<br />

1−<br />

( v / c)<br />

2<br />

. Wie beurteilt man aus <strong>de</strong>m System <strong><strong>de</strong>r</strong> ruhen<strong>de</strong>n Uhr also die Länge <strong>de</strong>s<br />

mit Geschwindigkeit v bewegten Maßstabes? Als<br />

L<br />

L<br />

bewegt<br />

= v ⋅ ∆ t ⋅<br />

1 − ( v / c)<br />

2<br />

. Es gilt also<br />

2<br />

bewegt<br />

= LRuhe<br />

⋅ 1−<br />

( v / c)<br />

bzw. bewegte Maßstäbe sind in (in Bewegungsrichtung) um <strong>de</strong>n<br />

Faktor<br />

− 1<br />

γ kürzer als in ihrem Ruhesystem.<br />

Kombinierte Anwendungsaufgabe zu Zeitdilatation und Längenkontraktion<br />

Vom Standpunkt eines ruhen<strong>de</strong>n Beobachters X <strong>de</strong>hnt sich die Zeit in einem relativ zu<br />

ihm bewegten Bezugssystem X ′ aus während Strecken in Bewegungsrichtung verkürzt<br />

erscheinen. Diese Beziehung gilt jedoch wechselseitig, d.h. ein in X ′ ruhen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Beobachter sieht die Zeit in X langsamer verstreichen sowie die dortigen Strecken<br />

verkürzt.<br />

a) Myonen sind instabile Teilchen, die durch kosmische Strahlung in einer Höhe von ca.<br />

10km über <strong><strong>de</strong>r</strong> Erdoberfläche entstehen (sog. sekundäre kosmische Strahlung). Ihre<br />

Halbwertszeit beträgt τ = 0<br />

1, 5µ s . Ihre Geschwindigkeit liegt bei 99,5% <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lichtgeschwindigkeit. In einer Halbwertszeit legen sie somit eine Strecke von<br />

8 m<br />

− 6<br />

3 ⋅10<br />

⋅1,5<br />

⋅10<br />

s = 450m<br />

zurück. Rechnet man auf dieser Grundlage die<br />

s<br />

Wahrscheinlichkeit für ihr Auftreffen<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> aus erhält man einen viel<br />

zu geringen Wert. Im Gegensatz zur<br />

Beobachtung sollten praktisch keine<br />

Myonen die Erdoberfläche erreichen.<br />

Der Grund für diese Diskrepanz liegt<br />

darin, dass die obige Lebensdauer nur<br />

in ihrem Ruhesystem gilt! Aus Sicht<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> verläuft ihre Zeit langsamer<br />

und die Lebensdauer verlängert sich<br />

auf<br />

1,5 µ s<br />

τ<br />

0<br />

⋅ γ =<br />

≈ 15µ<br />

s<br />

2<br />

⎛ 0,995c<br />

⎞ . Abbildung 2: Links: Das Myon hat aus <strong>de</strong>m Ruhesystem<br />

1−<br />

⎜<br />

⎟<br />

⎝ c<br />

Er<strong>de</strong> eine längere Halbwertszeit und kann die Strecke von<br />

⎠<br />

10km zurücklegen. Rechts: Vom Ruhesystem <strong>de</strong>s Myons ist<br />

Die Messung <strong><strong>de</strong>r</strong> Myonrate bestätigt die Halbwertszeit geringer - aber die Entfernung zur Er<strong>de</strong><br />

verkürzt!


tatsächlich diesen durch die Zeitdilatation größeren Wert <strong><strong>de</strong>r</strong> Halbwertszeit.<br />

b) Warum erreicht das Myon aber aus Sicht seines eigenen Ruhesystems die<br />

Erdoberfläche? Hier beträgt die Halbwertszeit schließlich nur 1 ,5µ s ? Die Antwort liegt<br />

natürlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lorentz-Kontraktion. Im Ruhesystem <strong>de</strong>s Myons bewegt sich die Er<strong>de</strong> mit<br />

0,995-facher Lichtgeschwindigkeit in seine Richtung. Die Entfernung zur Er<strong>de</strong> wird<br />

dadurch durch <strong>de</strong>n Faktor 1 − 0,995<br />

2 ≈ 0, 1 verkürzt. Der Abstand erscheint aus <strong>de</strong>m<br />

Myon-System also auf ca. 1km geschrumpft (siehe Abbildung 2).<br />

2.5 Relativistische Addition von Geschwindigkeiten<br />

Mit Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Lorentztransformationen können wir uns nun auch leicht einen Überblick<br />

darüber verschaffen, welche Geschwindigkeit Beobachter aus verschie<strong>de</strong>nen<br />

x′<br />

Bezugssystemen einem Objekt zuordnen. Wir verwen<strong>de</strong>n die Beziehung u′ = und<br />

t′<br />

müssen also lediglich die bei<strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Gleichungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lorentz-Transformation<br />

durch einan<strong><strong>de</strong>r</strong> dividieren:<br />

u′<br />

=<br />

γ ( x + vt)<br />

⎛ v ⎞<br />

γ ⎜ t + x<br />

2 ⎟<br />

⎝ c ⎠<br />

| durch γ und t dividieren<br />

(Trick:<br />

x = u<br />

t<br />

)<br />

x<br />

+ v<br />

t u + v<br />

u′ =<br />

=<br />

x .<br />

t<br />

v uv<br />

1+<br />

1+<br />

2 2<br />

c c<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong> erkennt man, dass die newtonsche Geschwindigkeitsaddition u ′ = u + v<br />

abgewan<strong>de</strong>lt wird! Überprüfen wir noch, dass die neue Additionsregel tatsächlich die<br />

Konstanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Lichtgeschwindigkeit gewährleistet. Sei also u = c und dieses Lichtsignal<br />

wird aus einem System betrachtet, in <strong>de</strong>m die Quelle zusätzlich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit v<br />

c + v c + v c + v<br />

u ′ =<br />

= = = c<br />

bewegt ist. Dann misst dieser Beobachter: vc v c + v . Das ist allerdings<br />

1+<br />

1+<br />

2<br />

c c c<br />

spektakulär! Die relativistische Regel für die Addition von Geschwindigkeiten stellt also<br />

sicher, dass die Lichtgeschwindigkeit aus allen Bezugssystemen <strong>de</strong>n gleichen Wert hat!<br />

3 Relativistische Dynamik<br />

Wir wissen nun wie Abstän<strong>de</strong>, Geschwindigkeiten und Zeiten in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>SRT</strong> bei<br />

Bezugssystemwechsel transformiert wer<strong>de</strong>n. Wir wen<strong>de</strong>n uns nun <strong>de</strong>n Begriffen Impuls,<br />

Kraft und Energie zu! Tatsächlich wer<strong>de</strong>n hier die bei<strong>de</strong>n Postulate <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>SRT</strong> zur<br />

Begründung nicht mehr ausreichen! Die Darstellung bedient sich großzügig bei Franz<br />

Embacher (http://homepage.univie.ac.at/Franz.Embacher/<strong>SRT</strong>/).<br />

3.1 Relativistischer Impuls (o<strong><strong>de</strong>r</strong> „relativistische Massenzunahme“)<br />

Der Impuls (=Masse mal Geschwindigkeit) ist die eigentliche Grundgröße <strong><strong>de</strong>r</strong> Mechanik,<br />

<strong>de</strong>nn er ist erstens Erhaltungsgröße („in einem abgeschlossenen System ist die Summe<br />

aller Impulse konstant“) und zweitens ist seine zeitliche Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung gleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Kraft. Wie<br />

nicht an<strong><strong>de</strong>r</strong>s zu erwarten muss seine Definition in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>SRT</strong> abgewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, wenn er<br />

weiterhin diese ausgezeichneten Eigenschaften<br />

behalten soll. Aber <strong><strong>de</strong>r</strong> Reihe nach:<br />

• Wir betrachten einen Körper m, <strong><strong>de</strong>r</strong> auf ein<br />

ruhen<strong>de</strong>s Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nis trifft. Seine Masse sei so<br />

viel größer, dass er praktisch in Ruhe bleibt.


Außer<strong>de</strong>m sein die Geschwindigkeit viel kleiner als c ( u < < c ).<br />

• Die Situation sei so eingerichtet, dass die<br />

Eindringtiefe proportional zum Impuls (p=m u)<br />

<strong>de</strong>s Teilchens sei. Wir können mit diesem<br />

Versuch also <strong>de</strong>n Impuls messen! Wegen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

vorausgesetzten Kleinheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit<br />

u dürfen wir zu<strong>de</strong>m die klassische Definition<br />

<strong>de</strong>s Impulses verwen<strong>de</strong>n.<br />

• Nun betrachten wir die Situation aus einem<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bezugssystem, dass sich senkrecht zu<br />

unserem Aufprall mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschwindigkeit v<br />

bewegt. Diese Geschwindigkeit sei beliebig<br />

groß 6 . Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Perspektive dieses Systems sind<br />

die Körper in vertikaler Richtung<br />

Längenkontrahiert. In horizontaler Richtung sind<br />

die Strecken jedoch unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Dennoch<br />

än<strong><strong>de</strong>r</strong>t sich die Geschwindigkeit u (genauer: sie verringert sich). Dies liegt daran,<br />

dass aus Sicht dieses Bezugssystems die Zeit um <strong>de</strong>n Faktor γ langsamer<br />

vergeht! Es gilt somit u′ = γ ⋅ u<br />

• Nun betrachten wir <strong>de</strong>n Aufprall aus Sicht <strong>de</strong>s<br />

bewegten Bezugssystems. Die Eindringtiefe ist<br />

unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t, <strong>de</strong>nn die Lorentzkontraktion wirkt<br />

nur in Richtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Relativgeschwindigkeit.<br />

Jetzt erscheint es also so, als wenn ein<br />

langsamerer Körper ein Loch gleicher Tiefe<br />

schlagen kann! Das ist kurios, <strong>de</strong>nn die<br />

Eindringtiefe sollte ja ein Maß für <strong>de</strong>n Impuls<br />

sein, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich gemäß p ′ = m ⋅ u′<br />

verringert hat.<br />

Die Gültigkeit dieser Beziehung dürfen wir<br />

durchaus annehmen, <strong>de</strong>nn nach Voraussetzung ist u ja viel kleiner als c – und<br />

somit auch u′<br />

• Es gibt an dieser Stelle zwei Mögliche Auswege:<br />

➔ man nimmt an, dass die Masse aus Sicht <strong>de</strong>s gestrichenen Systems größer ist.<br />

m0<br />

Definiert man m′ = γ ⋅ m0<br />

=<br />

2 wird die kleinere Geschwindigkeit gera<strong>de</strong><br />

1−<br />

v<br />

2<br />

c<br />

ausgeglichen! Die Größe m′ wird dynamische o<strong><strong>de</strong>r</strong> relativistische Masse<br />

genannt. Im Unterschied dazu bezeichnet man m<br />

0 als Ruhemasse (also die<br />

Masse <strong>de</strong>s Körpers im Bezugssystem, in <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Körper ruht). Man spricht hier<br />

von einer relativistischen Massenzunahme 7 .<br />

6 Für unser Argument brauchen wir u < < v < c<br />

2 2 2<br />

. Auf diese Weise gilt auch u + v ≈ v .<br />

7 Dieses Konzept wird von einigen Autoren jedoch als irreführend betrachtet. Wir wer<strong>de</strong>n später sehen, dass die<br />

E<br />

relativistische Versionen von Impuls und Energie auf die Beziehung p = ⋅ v führt. Als Quelle <strong><strong>de</strong>r</strong> Trägheit<br />

2<br />

c<br />

sollte also eher die Gesamtenergie aufgefasst wer<strong>de</strong>n – und keine „geschwindigkeitsabhängige“ Masse <strong><strong>de</strong>r</strong> Form


➔ Statt die Masse zu transformieren, kann man die Größe<br />

<br />

p =<br />

<br />

m ⋅ v<br />

0<br />

1−<br />

2<br />

v<br />

2<br />

c<br />

als „neuen“<br />

(d.h. relativistischen) Impuls auffassen. Dann kann man auf die Unterscheidung<br />

von Ruhe- und dynamischer Masse auch verzichten.<br />

Entschei<strong>de</strong>n ist, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> so <strong>de</strong>finierte relativistische Impuls eine Erhaltungsgröße ist,<br />

d.h. in einem abgeschlossenen System än<strong><strong>de</strong>r</strong>t sich die Summe <strong><strong>de</strong>r</strong> relativistischen<br />

Impulse nicht. Die relativistische Verallgemeinerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kraft <strong>de</strong>finiert man nun (wie in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

newtonschen Physik) als zeitliche Ableitung <strong>de</strong>s (relativistischen) Impulses!<br />

3.2 Die Vakuumlichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit<br />

Wir hatten bereits erwähnt, dass die Lichtgeschwindigkeit als „Grenzgeschwindigkeit“<br />

betrachtet wer<strong>de</strong>n muss, d.h. kein (massiver) Körper kann bis auf diese Geschwindigkeit<br />

beschleunigt wer<strong>de</strong>n. Das formale<br />

Argument lautete, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

relativistische Gamma-Faktor<br />

1<br />

γ =<br />

2<br />

v für v = c unendlich wird.<br />

1−<br />

2<br />

c<br />

Nun könnte dies natürlich auch nur<br />

auf eine Grenze <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendbarkeit<br />

dieser Theorie <strong>de</strong>uten und diese<br />

Behauptung sollte experimentell<br />

überprüft wer<strong>de</strong>n. Genau dies wur<strong>de</strong><br />

von William Bertozzi 1964<br />

durchgeführt. Er beschleunigte<br />

Elektronen mit einer Spannung von<br />

0,5-15MeV und maß die Zeit, die sie Abbildung 3: Messwerte <strong>de</strong>s Bertozzi Versuchs.<br />

zum Zurücklegen einer bestimmten<br />

Strecke brauchen (also ihre Geschwindigkeit mit Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> „Laufzeit“). Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

2eU<br />

klassischen Beziehung v = hätte man bei diesen Spannungen eine<br />

m<br />

Geschwindigkeit vom bis zu 30-fachen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lichtgeschwindigkeit erwartet. Tatsächlich<br />

wur<strong>de</strong> c nicht übertroffen und er erhielt die Messwerte <strong><strong>de</strong>r</strong> Abbildung 3 (verbun<strong>de</strong>n durch<br />

die gestrichelte Linie). Es stellt sich also die Frage, wo die elektrische Energie geblieben<br />

ist, die gemäß <strong><strong>de</strong>r</strong> Beziehung E el<br />

= e ⋅ U in die Elektronen „investiert“ wur<strong>de</strong>. Dies führt<br />

uns auf die Diskussion <strong><strong>de</strong>r</strong> relativistischen Energie!<br />

3.3 Relativistische Energie<br />

Eine anschauliche Erklärung dafür, dass Bertozzi die Elektronen nicht auf<br />

Lichtgeschwindigkeit (geschweige <strong>de</strong>nn Überlichtgeschwindigkeit) bringen konnte liegt<br />

m0<br />

natürlich darin, dass die bewegte Masse zunimmt. Gemäß m( v)<br />

=<br />

2<br />

1 −<br />

v<br />

wür<strong>de</strong> sie bei<br />

2<br />

v=c über alle Grenzen wachsen – die Energie zu ihrer Beschleunigung müsste also<br />

ebenfalls unendlich sein. Offensichtlich ist die klassische Beziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> kinetischen<br />

c<br />

E<br />

m rel<br />

= . Statt von „Ruhemasse“ m<br />

2<br />

0 sollte <strong>de</strong>shalb auch besser einfach von <strong><strong>de</strong>r</strong> Masse m gesprochen wer<strong>de</strong>n.<br />

c


2<br />

Energie E 1<br />

kin<br />

=<br />

2<br />

mv nicht mehr anwendbar. In ihr einfach m durch die relativistische Masse<br />

zu ersetzen reicht aber ebenfalls nicht aus! Die Beziehung die wir suchen muss für kleine<br />

Geschwindigkeiten jedoch mit <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Vorhersage übereinstimmen! Wir<br />

verwen<strong>de</strong>n nun eine nützliche mathematische Näherung: Es gilt für kleine Werte von x<br />

1 x<br />

(d.h. x < < 1):<br />

≈ 1+<br />

. Für unseren Gamma-Faktor be<strong>de</strong>utet dies natürlich:<br />

1 − x 2<br />

2<br />

1 1 v<br />

≈ 1 +<br />

2 2 (bei v < < c ). Betrachten wir die relativistische Masse unter dieser<br />

1 − ( v / c)<br />

2 c<br />

Näherung erhalten wir:<br />

m 1 v<br />

m(<br />

v)<br />

= .<br />

1 −<br />

2<br />

0<br />

≈ m0<br />

+ m<br />

2 0 2<br />

v<br />

2<br />

2 c<br />

c<br />

Die relativistische Masse hat also zwei Anteile: die Ruhemasse sowie einen Ausdruck, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

E kin<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Form<br />

2 geschrieben wer<strong>de</strong>n kann! Eine naheliegen<strong>de</strong> Interpretation dieser<br />

c<br />

Gleichung lautet, dass die zugeführte kinetische Energie zu Masse wird – bzw. dass<br />

2<br />

Masse und Energie „äquivalent“ sind. Mann kann die Gleichung ebenfalls mit c<br />

2<br />

2 m0c<br />

2 1 2<br />

durchmultiplizieren und erhält m(<br />

v)<br />

c = ≈ m<br />

2 0c<br />

+ m0v<br />

1 −<br />

v<br />

2<br />

2<br />

. Es liegt dann nahe, <strong>de</strong>n<br />

Term<br />

m c 2<br />

als Ruheenergie aufzufassen (Energie bei v=0, auch 0<br />

E<br />

0 genannt) und<br />

2<br />

2 m0c<br />

m(<br />

v)<br />

⋅ c = als die relativistische Gesamtenergie:<br />

1−<br />

2<br />

v<br />

2<br />

c<br />

c<br />

2<br />

m0c<br />

2<br />

E<br />

ges<br />

=<br />

= m0c<br />

+<br />

1−<br />

2<br />

v<br />

2<br />

c<br />

E<br />

kin<br />

.<br />

Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass wir hier ein Gleichheitszeichen geschrieben<br />

haben (und kein " ≈ " ). Wir wollen diese Gleichung nämlich verwen<strong>de</strong>n, um die neue<br />

(„relativistische“)kinetische Energie zu <strong>de</strong>finieren:<br />

E<br />

kin<br />

2<br />

m ⎛<br />

⎞<br />

0c<br />

2 2 ⎜ 1<br />

= − m = ⋅<br />

− 1⎟<br />

2 0c<br />

m0c<br />

1−<br />

⎜<br />

2<br />

v<br />

⎟<br />

2<br />

⎝<br />

1 −<br />

v<br />

2<br />

c<br />

c ⎠<br />

1 x<br />

1 2<br />

Nähert man wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

≈ 1+<br />

erhält man natürlich: Ekin ≈ mv . Wir gewinnen also für<br />

1 − x 2<br />

2<br />

kleine Geschwindigkeiten die bekannte Beziehung für die kinetische Energie zurück. Mit<br />

dieser Gleichung für die (relativistische) kinetische Energie können wir nun erneut einen<br />

Blick auf Bertozzis Experiment (Abschnitt 3.2) werfen. Dieser hatte Elektronen die<br />

kinetische Energie = e ⋅ U zugeführt. Wir sind nun in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, die Geschwindigkeit zu<br />

E el<br />

berechnen, die die Elektronen dadurch erhalten:<br />

v ergibt:<br />

v = c ⋅<br />

1−<br />

⎛ eU<br />

⎜<br />

⎝ m0c<br />

1<br />

2<br />

⎞<br />

+ 1<br />

⎟<br />

⎠<br />

2<br />

⎛<br />

⎞<br />

2 ⎜ 1<br />

e ⋅ U = m ⋅<br />

− 1⎟<br />

0c<br />

⎜<br />

2<br />

⎟<br />

. Auflösen nach<br />

⎝<br />

1 −<br />

v<br />

2<br />

c ⎠<br />

. Man erkennt zu<strong>de</strong>m: Wächst die Spannung, nähert sich die


Wurzel immer mehr <strong><strong>de</strong>r</strong> 1 an. Die Geschwindigkeit nähert sich somit immer weiter <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lichtgeschwindigkeit – ohne sie zu erreichen. Einen Schönheitsfehler hat die Beziehung<br />

2<br />

E = mc jedoch – sie versagt bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung masseloser Teilchen (wie etwa <strong>de</strong>n<br />

Photonen). Dieser Frage widmen wir uns im nächsten Abschnitt.<br />

Anwendungsaufgabe zu Geschwindigkeit und Energie<br />

In <strong>de</strong>n Experimenten <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilchenphysik treten Energien und Geschwindigkeiten auf,<br />

bei <strong>de</strong>nen relativistische Korrekturen eine große Rolle spielen. Etwa wur<strong>de</strong>n am<br />

Speicherring LEP im Forschungszentrum CERN bei Genf Elektronen auf eine Energie<br />

von 45GeV beschleunigt.<br />

Frage: Welche Geschwindigkeit hatten diese Elektronen?<br />

9<br />

− 19<br />

−<br />

45GeV (Gigaelektronenvolt) entspricht einer Energie von 45 ⋅10<br />

⋅1,6<br />

⋅10<br />

J = 7,2 ⋅10<br />

. Die Ruheenergie eines Elektrons beträgt lediglich<br />

2<br />

− 31<br />

8 2<br />

− 14<br />

E0 = m0c<br />

= 9,1 ⋅10<br />

kg ⋅ (3 ⋅10<br />

m / s)<br />

= 8,19 ⋅10<br />

J . Die Elektronenenergie beträgt also<br />

ca. das 88.000-fache <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruheenergie. Wir schreiben also:<br />

2<br />

2 m0c<br />

E = 88000m0c<br />

=<br />

2<br />

. Diese Gleichung kann nun leicht nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1−<br />

( v / c)<br />

1<br />

Geschwindigkeit aufgelöst wer<strong>de</strong>n: v = c ⋅ 1−<br />

≈ 0, 9999999999 ⋅ c . Das Zuführen<br />

2<br />

88000<br />

weiterer Energie vergrößert also kaum noch die Geschwindigkeit, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n lediglich die<br />

Trägheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Elektronen!<br />

9<br />

J<br />

3.4 Zusammenhang zwischen Energie und Impuls<br />

Tragen wir unsere Beziehungen noch einmal zusammen:<br />

m0<br />

⋅ v E<br />

Relativistischer Impuls: p = = ⋅ v<br />

2 2<br />

1−<br />

v<br />

2<br />

c<br />

c<br />

Relativistische Energie:<br />

E =<br />

m c<br />

0<br />

1−<br />

2<br />

2<br />

v<br />

2<br />

c<br />

=<br />

E<br />

1 −<br />

0<br />

2<br />

v<br />

2<br />

c<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> klassischen Physik kann man die kinetische Energie durch <strong>de</strong>n Impuls ausdrücken<br />

2<br />

p<br />

( E = kin<br />

). Etwas ähnliches fin<strong>de</strong>n wir auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>SRT</strong>. Aus <strong>de</strong>n obigen Gleichungen folgt<br />

2m<br />

(einfach <strong>de</strong>n relativistischen Impuls durch die relativistische Energie teilen):<br />

p<br />

E<br />

v<br />

= bzw. Ev<br />

= pc<br />

2<br />

c<br />

Die Beziehung für die relativistischen Energie kann zu<strong>de</strong>m wie folgt umgeschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n:<br />

E<br />

E<br />

E<br />

2<br />

2<br />

2<br />

1 −<br />

v<br />

2<br />

c<br />

=<br />

2<br />

( Ev)<br />

−<br />

2<br />

c<br />

2<br />

− ( pc)<br />

m c<br />

0<br />

0<br />

2<br />

2<br />

= ( m c )<br />

0<br />

2<br />

= ( m c )<br />

2<br />

2<br />

|<br />

2<br />

(*)<br />

| quadrieren und ausmultiplizieren<br />

einsetzen von (*)


Die letzte Gleichung wird oft auch nach E aufgelöst:<br />

E +<br />

2 2 2<br />

= ( pc)<br />

( m0c<br />

) Relativistischer Energiesatz<br />

Diese Beziehung wird auch als relativistischer Energiesatz bezeichnet.<br />

Masselose Teilchen<br />

Wir wissen bereits, dass massive Teilchen die Lichtgeschwindigkeit nicht erreichen<br />

können. Die sog. „Photonen“, die sich offensichtlich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen,<br />

haben also keine (Ruhe-)Masse. Sie nennt man auch „masselose“ Teilchen. Aus <strong>de</strong>m<br />

relativistischen Energiesatz kann (mit m = 0<br />

0 ) nun auch ihre Energie abgelesen wer<strong>de</strong>n:<br />

E<br />

E = pc bzw. p = . Für die Photonenenergie wissen wir aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Quantenmechanik,<br />

c<br />

c<br />

c<br />

h<br />

dass E = h ⋅ f = h gilt. Daraus entnehmen wir: pc = h bzw. p = . Diese Beziehung<br />

λ<br />

λ<br />

λ<br />

haben wir in <strong><strong>de</strong>r</strong> Quantenmechanik bereits kennengelernt. Es han<strong>de</strong>lt sich um die sog. <strong>de</strong><br />

Broglie-Relation für <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen Impuls und Wellenlänge bei<br />

Materieteilchen. Louis <strong>de</strong> Broglies Leistung bestand also darin, diese für Photonen aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>SRT</strong> folgen<strong>de</strong> Gleichung auch für z. Bsp. Elektronen zu postulieren.<br />

Aufgaben<br />

− 8<br />

1. Pionen haben eine (Ruhe-)Halbwertszeit von τ<br />

0<br />

= 1,8 ⋅10<br />

s . In Versuchen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Teilchenphysik können sie auf eine Geschwindigkeit von 99% <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lichtgeschwindigkeit gebracht wer<strong>de</strong>n.<br />

a) Berechnen sie, um welchen Faktor sich im Laborsystem die Lebensdauer<br />

erhöht.<br />

b) Berechnen sie die Strecke, die das Teilchen in dieser Zeit zurück gelegt hat.<br />

2. Ein Meterstab fliegt mit 0,6c an uns vorbei. Wie lang erscheint er uns?<br />

3. Zwei baugleiche Uhren bewegen sich aneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> mit konstanter Geschwindigkeit<br />

vorbei. Im Ruhesystem <strong><strong>de</strong>r</strong> einen Uhr erscheint die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e nur halb so schnell zu<br />

laufen. Berechnen sie die Relativgeschwindigkeit!<br />

4. Eine Wasserstofflinie <strong>de</strong>s Spiralnebels Hydra wird auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wellenlänge<br />

λ = 475nm gemessen, während man im Labor für die selbe Linie λ = 394nm<br />

misst.<br />

Berechnen sie die Fluchtgeschwindigkeit <strong>de</strong>s Spiralnebels.<br />

5. Berechnen sie zunächst „klassisch“ bei welcher Beschleunigungsspannung ein<br />

Elektron die Lichtgeschwindigkeit erreichen wür<strong>de</strong>. Geben sie anschließend an, wie<br />

groß die Geschwindigkeit bei dieser Beschleunigungsspannung gemäß <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>SRT</strong> ist.<br />

(Tipp: die Beziehung eU = Ekin<br />

bleibt korrekt – nur die Definition <strong><strong>de</strong>r</strong> kinetischen<br />

Energie hat sich geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t...).<br />

J<br />

6. Ein Kilogramm Gold (spezifische Wärmekapazität C = 130 ) wird um 10ºC<br />

kg ⋅ K<br />

erwärmt. Um welchen Betrag erhöht sich seine Masse?

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