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präsentiert eine Produktion von<br />

Günter Rohrbach<br />

Senator Film Produktion<br />

Relevant Film Produktion<br />

DER<br />

ZIMMERSPRINGBRUNNEN<br />

Ein Film von Peter Timm<br />

nach dem Roman von Jens Sparschuh<br />

Kinostart: 29. November 2001<br />

PRESSEHEFT<br />

Hoheluftchaussee 95 a, D - 20253 Hamburg, T. 040 - 413 27 10,<br />

Fax 040 – 413 27 177, Email info@<strong>relevant</strong>film.de


BESETZUNG<br />

Hinrich Lobek<br />

Julia Lobek<br />

Uwe Strüver<br />

Dr. Boldinger<br />

Thomas Hamann<br />

Conny Thiele<br />

Filzbach<br />

Müller-Burkhardt<br />

Frau Windisch<br />

u. a.<br />

Götz Schubert<br />

Simone Solga<br />

Gustav Peter Wöhler<br />

Hermann Lause<br />

Bastian Pastewka<br />

Nina Franoszek<br />

Christof Wackernagel<br />

Thomas Gimbel<br />

Christel Peters<br />

STAB<br />

Regie<br />

Drehbuch<br />

Produzent<br />

ausführende Produzentin<br />

Bildgestaltung<br />

Montage<br />

Szenenbild<br />

Kostümbild<br />

Musikkomposition<br />

Originalton<br />

Mischung<br />

Herstellungsleitung<br />

Gesamtleitung<br />

Peter Timm<br />

Kathrin Richter & Ralf Hertwig<br />

nach dem Roman von Jens Sparschuh<br />

Günter Rohrbach<br />

Heike Wiehle-Timm<br />

Achim Poulheim<br />

Barbara Hennings<br />

Lothar Holler<br />

Anne Jendritzko<br />

Rainer Oleak<br />

Robi Güver<br />

Richard Borowski<br />

Christian Springer<br />

Gerhard von Halem<br />

Länge 99 Minuten<br />

Bildformat 1:1,85<br />

Tonformat Dolby SRD<br />

Eine Günter Rohrbach / Senator Film / Relevant Film Produktion.<br />

Gedreht von Dezember 2000 bis Februar 2001 in Köln, Berlin und Leipzig.<br />

Gefördert durch die FFA, die Filmstiftung NRW, die Mitteldeutsche<br />

Medienförderung MDM sowie das Filmboard Berlin-Brandenburg.<br />

Der Roman „Der Zimmerspringbrunnen“ von Jens Sparschuh ist erschienen bei<br />

Kiepenheuer & Witsch.<br />

2


KURZINHALT<br />

Weil Hinrich Lobek (Mitte 30) schon seit langem nicht mehr gebraucht wird, ist<br />

die horizontale Lage auf seinem Ostsofa in der Plattenbauwohnung zur<br />

Widerstandsform gegen die Geschäftigkeit der verwestlichten Außenwelt<br />

geworden. Als das Arbeitsamt ihm einen Job als Vertreter für<br />

Zimmerspringbrunnen aufbrummt, entwickelt Lobek eigene Marketingstrategien<br />

und kreiert in schönster DDR-Nostalgie (und damit erstmal gar nicht im Sinne<br />

seines Arbeitgebers) ein eigenes Springbrunnen-Modell: Der wasserspeiende<br />

Fernsehturm am Alex wird ein Verkaufsschlager und Lobek macht Karriere - doch<br />

die eigene Ehefrau will mit diesem neuen Helden nicht mehr ihr Leben teilen.<br />

PRESSENOTIZ<br />

Elf Jahre nach seiner erfolgreichen Komödie GO TRABI GO (1990) widmet sich<br />

Regisseur Peter Timm wieder einer Geschichte aus dem vereinten Deutschland.<br />

DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN – nach dem erfolgreichen Roman von Jens<br />

Sparschuh – erzählt die Geschichte des liebenswürdig-verschlafenen Hinrich<br />

Lobek. Lobek ist in der DDR aufgewachsen, hängt an seiner Vergangenheit und<br />

findet sich im neuen Deutschland zunächst nicht zurecht. Ausgerechnet dieser<br />

unaufdringliche Zeitgenosse macht als Vertreter mit ostdeutschem Pfiff und ohne<br />

Ellenbogen im westdeutschen Kapitalismus Karriere.<br />

DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN erzählt von der Sehnsucht nach Vertrautem, der<br />

Kraft der eigenen Kreativität und der schwierigen Anpassung Ost an West. Es ist<br />

eine heiter-lakonische Komödie aus dem Deutschland von heute mit vier<br />

ausgezeichneten Hauptdarstellern. Götz Schubert („Die Affäre Semmeling“)<br />

glänzt als charmant-tapsiger Vertreter mit Pfiff, als sein ehrgeiziger Westkollege<br />

überzeugt Gustav Peter Wöhler (ERLEUCHTUNG GARANTIERT). Ihr<br />

Leinwanddebüt geben die Kabarettistin Simone Solga („Scheibenwischer“, „7<br />

Tage, 7 Köpfe“) und Comedy Star Bastian Pastewka („Die Wochenshow“).<br />

INHALT<br />

In der DDR war Hinrich Lobek (Götz Schubert) ein „Vertreter der sozialistischen<br />

Ordnung“ bei der KWV, der Kommunalen Wohnungs-Verwaltung, zuständig für<br />

die riesigen Plattenbauten in Ost-Berlin. Nach dem Fall der Mauer konzentriert er<br />

sich auf die Rolle des arbeitslosen Hausmannes: Er gießt die Kakteen, kauft<br />

preiswert ein und geht mit seinem heiß geliebten Hund Henry Gassi. Auf die<br />

Idee, sich einen neuen Job zu suchen, kommt er nicht. Eine Situation, die Gattin<br />

Julia (Simone Solga) nicht mehr ertragen will. Die Architektin hat sich der neuen<br />

Arbeitswelt bestens angepasst: Sie ist erfolgreich, immer unterwegs und in Eile.<br />

Auf Drängen seiner Frau stapft Lobek eines Tages zum Arbeitsamt. Dort<br />

bekommt er ein Stellenangebot: Vertreter bei Panta Rhein, einer Firma für<br />

Zimmerspringbrunnen. Trotz einiger Skepsis bewirbt er sich und wird sogleich<br />

eingeladen - zur alljährlichen Firmenkonferenz nach Köln. Im Crashkurs versucht<br />

man ihn zum Vertreter westdeutschen Typs auszubilden: penetrant, verlogen,<br />

erfolgsorientiert. Schließlich hat Dr. Alois Boldinger (Hermann Lause), Chef von<br />

Panta Rhein, viel mit Lobek vor: Zusammen mit seinem Westkollegen Uwe<br />

Strüver (Gustav Peter Wöhler) soll er Ostdeutschland mit kitschigen<br />

Zimmerspringbrunnen beglücken.<br />

3


Zurück in der Hauptstadt hat Lobek bald seinen ersten Einsatz: Berlin-Marzahn,<br />

ein Gebiet, das er aus alten Zeiten wie seine Westentasche kennt. Strüver<br />

versucht zunächst den Neuzugang zu beeindrucken, doch mit seiner<br />

nassforschen Art läuft er in den Plattenbauten gegen verschlossene Türen. Ganz<br />

anders Lobek. Der einstige Vertreter der KWV kennt viele Mieter, tritt bescheiden<br />

auf und verkauft gleich beim ersten Versuch einen Brunnen der „Jona“-Serie.<br />

Glücklich über sein Geschick will er seine Frau im Büro überraschen. Dort wird<br />

gerade Geburtstag gefeiert. Julia unterhält sich mit Thomas Hamann (Bastian<br />

Pastewka). Seit längerem hat der Mittdreißiger ein Auge auf die verheiratete<br />

Kollegin geworfen. Julia genießt seine Aufmerksamkeit, der Auftritt ihres Gatten<br />

ist ihr eher unangenehm. Lobek ertränkt seinen Frust in Prosecco.<br />

Zweiter Tag im Vertreter-Leben: Das Geschäft läuft mies. Modell „Jona“ mit<br />

wasserspeiendem Wal kommt bei den Ostberlinern nicht besonders an. Am Ende<br />

des Tages erfährt Lobek, dass er von nun an alleine auf Tour gehen muss.<br />

Strüver lässt ihm einige Dutzend Zimmerspringbrunnen zur Verwahrung da. Als<br />

Julia am Abend mit Hamann nach Hause kommt, traut sie ihren Augen nicht:<br />

Ihre Wohnung ist zur Lagerhalle umfunktioniert worden. Hamann verabschiedet<br />

sich pikiert. Julia ist stinksauer auf ihren Göttergatten. Dem scheint das egal. Mit<br />

Hingabe studiert er die Verhaltensfibel für das patente Verkaufsgenie und<br />

kümmert sich weder um Hund noch Ehefrau. Auf ihre Vorwürfe reagiert er mit<br />

auswendig gelernten Vertretersprüchen. Wutentbrannt zerdeppert Julia einen<br />

Brunnen. Zerknirscht geht das Paar zu Bett.<br />

In der Nacht kann Lobek nicht schlafen: Er hat eine Idee. Aus dem kaputten<br />

„Jona“-Modell bastelt er ein neues Wasserspiel. Dabei erhebt sich zur Melodie<br />

von „Auferstanden aus Ruinen“ ein Miniatur-Fernsehturm aus einer Landschaft<br />

mit den Umrissen der DDR und spritzt los. Voller Stolz präsentiert er seiner Frau<br />

am nächsten Morgen die ostalgische Erfindung mit dem klangvollen Namen<br />

„Atlantis“. Für Julia ist klar: Ihr Mann ist endgültig übergeschnappt. Sie hat die<br />

Schnauze voll, packt ihre Koffer und zieht zu Freundin Conny (Nina Franoszek).<br />

Während seine Ehe in einer handfesten Krise steckt, entpuppt sich Lobeks Modell<br />

„Atlantis“ als Verkaufsschlager. Lobek hat den Nerv des Ostens getroffen. Mit der<br />

Neuproduktion kommt er kaum nach. Jede Nacht bastelt er in liebevoller<br />

Kleinarbeit diverse „Jona“-Wasserspiele zu „Atlantis“-Brunnen um. Seine<br />

Versuche, mit Julia zu sprechen, scheitern an der feindseligen Conny.<br />

Währenddessen machen Lobeks Verkaufserfolge die Runde bei Panta Rhein. Dr.<br />

Boldinger möchte den erfolgreichsten Mann aus seinem Stall besser kennen<br />

lernen und besucht ihn mit Strüver auf einer Messe für Ostprodukte. Ziemlich<br />

baff sehen beide erstmals die umgebauten Jona-Modelle. Dr. Boldinger geht,<br />

ohne ein Wort zu sagen. Doch beim gemeinsamen Essen am selben Abend zeigt<br />

sich der Chef begeistert über die Eigeninitiative seines Mitarbeiters. Er verkündet,<br />

dass „Atlantis“ in Serie gehen soll, und befördert Lobek zum Vertriebsleiter Ost.<br />

Ein Schlag ins Gesicht für Strüver, denn eigentlich war er für diese Position<br />

vorgesehen. Lobek hat Mitleid mit seinem Kollegen und tröstet ihn.<br />

Julia hat sich immer noch nicht gemeldet. Lobek fühlt sich einsam, da bringt ihn<br />

ausgerechnet Strüver auf die rettende Idee: Heiligabend steht vor der Tür.<br />

Warum die Treulose nicht zum Weihnachtsbraten einladen? Gesagt, getan - doch<br />

Julia reagiert nicht auf Lobeks Einladung.<br />

24. Dezember, abends: Seit Tagen hat Lobek die Wohnung auf Vordermann<br />

gebracht, der Kaninchenbraten duftet köstlich im Ofen, Hund und Herrchen sind<br />

erwartungsfroh. Doch plötzlich fehlt Henrys Futter und Lobek eilt mit Henry noch<br />

schnell zum Supermarkt um die Ecke – kurz darauf trifft Julia in der Wohung ein.<br />

Als sie niemanden antrifft, hinterlässt sie traurig ihr Weihnachtsgeschenk und<br />

geht. Als Lobek zurückkehrt, findet er nur noch Julias Karte mit den Worten „Ich<br />

4


habe Dich sehr lieb, aber ich kann nicht mit Dir leben“. Lobek ist am Boden<br />

zerstört.<br />

Am nächsten Tag feiert Thomas Hamann das Heilige Fest, gemeinsam mit vielen<br />

Freunden, kitschigen Liedern und teurem Büffet. Julia ist auch da. Wie immer<br />

schmeichelt Thomas ihr mit Gesang und Geschenken, doch die Umschwärmte<br />

wendet sich ab. Der Grund: kurz vor Weihnachten ist ihr gekündigt worden, und<br />

ihr ach, so aufmerksamer Kollege weiß seit längerem davon. Enttäuscht von<br />

Hamanns Heuchelei, verlässt sie die Party.<br />

Lobek hingegen will endlich um seine Frau kämpfen. Connys Sohn verrät, dass<br />

Julia zu ihrer Mutter nach Magdeburg fahren will. Mit Henry verbringt Lobek eine<br />

ganze Nacht auf dem Bahnhof – doch keine Spur von Julia. Erst am Morgen steht<br />

sie endlich vor ihm auf dem Bahnsteig, doch es bleiben nur wenige Minuten, bis<br />

der Zug fährt. Ungelenk und schüchtern, wie er ist, schafft Lobek es nicht, Julia<br />

zu sagen, dass er sie liebt und vermisst. Julia steigt in den Zug.<br />

Einige Tage später: Vertreterkonferenz im Restaurant des Berliner Fernsehturms.<br />

Lobek steht vor der ganz großen Beförderung. Da kommt plötzlich Julia durch die<br />

Tür. Jetzt weiß er endlich, wie er sich entscheiden soll – und macht seinen<br />

Kollegen Strüver zum glücklichsten Vertreteter der Republik ...<br />

5


PRODUKTIONSNOTIZEN<br />

DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN – VON DER NOSTALGIE ZUR OSTALGIE<br />

1995 erschien ein kleiner Roman über einen Menschen, der in der DDR<br />

aufwächst und nach der Wende arbeitslos zu Hause herumhängt. Dieser Mensch<br />

macht mit einem Mal Karriere in der westdeutschen Marktwirtschaft als Vertreter,<br />

und das auf seine ganz eigene Weise. „Der Zimmerspringbrunnen“ -<br />

Verkaufsobjekt und Romantitel in einem - sorgte damals für ein ungeahntes<br />

Presseecho. Von der Nordsee bis zum Bodensee, vom Rhein bis zur Oder erntete<br />

Jens Sparschuh für seinen Roman einhelliges Kritikerlob. Selbst die Österreicher<br />

priesen die „wunderbare Satire auf westdeutsche Aasgeierei und ostdeutsche<br />

Wehklagelust, auf Kitschistan, einig Vaterland und auf die Befindlichkeiten der<br />

zwei Seelen in der deutschen Brust“. (Die Presse vom 7.10.95)<br />

Auch Produzent Günter Rohrbach wurde auf den Stoff aufmerksam, erkannte<br />

seine Kinoqualitäten und erwarb die Rechte. Eigentlich sollte Jens Sparschuh das<br />

Drehbuch verfassen. Doch nach dem ersten Versuch lehnte er ab: „Für mich war<br />

,Der Zimmerspringbrunnen´ ein perfektes Buch. Für eine neue Fassung hätte ich<br />

die Geschichte in ihre Einzelteile zerlegen müssen, um ein perfektes Drehbuch zu<br />

bekommen. Das fiel mir schwer. Ich hing zu sehr an den Figuren, so wie ich sie<br />

geschaffen hatte. Mir fehlte einfach die Distanz.“ Nach der Absage von Jens<br />

Sparschuh beauftragte Rohrbach die bewährten Autoren Kathrin Richter und Ralf<br />

Hertwig damit, die Filmversion von „Der Zimmerspringbrunnen“ zu schreiben.<br />

Zuvor zeichnete das Autorenteam für die Ingrid-Noll-Verfilmungen DIE<br />

APOTHEKERIN (1996) und KALT IST DER ABENDHAUCH (2000) verantwortlich,<br />

Produzent jeweils Günter Rohrbach, Regie Rainer Kaufmann.<br />

Mit dem fertigen Drehbuch in der Tasche besuchte Rohrbach Regisseur Peter<br />

Timm. Zweimal hatten die beiden bereits zusammengearbeitet: 1990 bei GO<br />

TRABI GO und vier Jahre später bei RENNSCHWEIN RUDI RÜSSEL. Die sehr<br />

erfolgreiche Zusammenarbeit machte Peter Timm zum Wunschkandidaten für die<br />

neue Produktion. „Erstens: Peter Timm hat einen klaren und genauen Sinn für<br />

Komik. Er weiß, wie man Pointen setzt, damit sie ihre Wirkung entfalten.<br />

Zweitens ist er ein Mensch, der sein Wissen und Bildungsrepertoire in die Arbeit<br />

einbringen kann. Das war für dieses Projekt, in dem es auch um Ost-<br />

Befindlichkeiten geht, besonders wichtig. Peter Timm kommt ja aus der DDR und<br />

kennt den Alltag dort. Schließlich macht es mir schlicht und einfach Vergnügen,<br />

mit ihm zusammenzuarbeiten. Wir verstehen uns gut.“<br />

Peter Timm mochte die Geschichte sofort und sagte zu: „Mir gefiel der<br />

Romanheld Hinrich Lobek. Auf den ersten Blick ist er nur ein verschlafener Typ,<br />

der partout nicht von seiner DDR-Nostalgie lassen will. Aber dieser Mann hat eine<br />

besondere Gabe: Er ist kreativ, er ist ein Fummler, ein Bastler. Und mit diesem<br />

Talent schafft er es, Erfolg zu haben und gleichzeitig sich selbst und seinen<br />

Idealen treu zu bleiben. Er kopiert als Vertreter eben nicht westdeutsche<br />

Verhaltensweisen, sondern bleibt charmant-schüchtern wie er ist. Er lässt sich<br />

nicht verbiegen. Das finde ich ganz wichtig.“<br />

Mit Drehbuch und Regisseur im Boot ging es an die Finanzierung. Von Anfang an<br />

stand Senator als Koproduzent fest. Mit der Zusage von Peter Timm kam auch<br />

Relevant Film als ausführende Produktionsgesellschaft mit ins Team. Nach<br />

langwierigen Verhandlungen mit den Förderungsanstalten (Filmstiftung NRW,<br />

FFA Filmförderungsanstalt, Mitteldeutsche Medienförderung und Filmboard<br />

Berlin-Brandenburg) stand das Budget fest: Knapp vier Millionen Mark - für einen<br />

Kinofilm ein bescheidener Rahmen.<br />

6


AUF DER SUCHE NACH OSSIS UND WESSIS<br />

Für die Besetzung waren sich Timm und Rohrbach einig: Die vier Hauptrollen<br />

sollten je nach ihrer Herkunft im Buch mit ost- respektive westdeutschen<br />

Schauspielern besetzt werden. „Auch den besten Schauspielern merkt man ihre<br />

Herkunft an. Das wollten wir für unsere Arbeit nutzen, denn wir haben vor Ort<br />

viel an den Figuren gefeilt. Ein Ostdeutscher versteht gewisse Parteislogans<br />

sofort, kann sich in bestimmte Verhaltensweisen leichter hineindenken, weil er<br />

den DDR-Alltag immer noch vor Augen hat. Das Gleiche gilt für die<br />

westdeutschen Charaktere. Unser Konzept ging auf: Man sieht den Wessis den<br />

Westen an und den Ossis den Osten“, so Peter Timm.<br />

Das Wichtigste war die Besetzung der Hauptrolle Hinrich Lobek. Man brauchte<br />

einen Schauspieler, der die Balance zwischen Komik und Tragik findet, zwischen<br />

tollpatschig und findungsreich, einer, der die Zwischentöne beherrscht. Auf eine<br />

Empfehlung von Jens Sparschuh sahen sich Günter Rohrbach und Peter Timm<br />

das Solo-Stück „Helden wie wir“ (nach dem Roman von Thomas Brussig) in den<br />

Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin an. Hauptrolle: der in Sachsen<br />

geborene Götz Schubert. Als der Vorhang fiel, war beiden klar: Das wird ihr<br />

Hinrich Lobek. „Es war sensationell. Götz Schubert hat alle Rollen selber gespielt<br />

mit einer Kraft und einer Begeisterung, unglaublich mitreißend. Ich habe noch<br />

andere Inszenierungen gesehen, aber diese war bei weitem die Beste“, erinnert<br />

sich Günter Rohrbach.<br />

Götz Schubert zeigte sich sofort angetan von Rolle und Drehbuch. „Für mich war<br />

das gar nicht mal eine Ost-West-Geschichte - zumindest stand dieser Konflikt für<br />

mich nicht im Vordergrund. Es geht eher um die Selbstfindung des Hinrich Lobek.<br />

Heute wird uns in den Medien ja immer das Locker-Flockige, Erfolgreiche als<br />

Ideal vermittelt. Lobek ist aber eher verschlossen und ruhig. Mir gefällt, dass er<br />

dem sozialen Druck der Anpassung standhält. Trotzdem geht er seine Weg und<br />

hat Erfolg. Die Ost-West-Konstellation verstärkt nur die Unterschiede, macht sie<br />

deutlicher. Aber die Hauptgeschichte ist die einer Selbstfindung.“<br />

Schwieriger war die Suche nach der passenden Julia, Lobeks Frau. Es gab<br />

verschiedene bekannte Darstellerinnen, über die man nachdachte. Doch die<br />

Richtige war zunächst nicht darunter. Da kam ein Riesenzufall zu Hilfe. Die in<br />

Leipzig aufgewachsene Simone Solga erzählt: „Ich bekam einen Anruf von der<br />

ZBF in München. Die sagten, die Bavaria würde eine Kabarettistin für einen Film<br />

suchen. Ich sollte doch ein Video hinschicken. Aber just an diesem Tag war die<br />

gesamte Münchner Post wegen einer Generalversammlung geschlossen. Also<br />

habe ich das Band persönlich bei Christiane Teichgräber bei der Bavaria<br />

vorbeigebracht. Dabei erwähnte ich, dass es sicherlich besser sei, wenn sie sich<br />

meine Vorstellung ansehen würde. Ich spielte damals mein Soloprogramm ,Ich<br />

pack’s´. Christiane Teichgräber kam tatsächlich und am nächsten Tag auch<br />

Günter Rohrbach. Es folgte mein erstes Casting – und für meine Begriffe lief es<br />

furchtbar, ich dachte, daß ich total versagt hätte. Wütend über mich selber habe<br />

ich danach das Drehbuch weggeworfen. Doch es kam wirklich eine Zusage. Ich<br />

war so baff, dass ich erst einmal um Bedenkzeit bat. Ich hatte einfach Angst -<br />

schließlich hatte ich noch nie einen Kinofilm gedreht. Aber letztendlich konnte<br />

und wollte ich diese Rolle nicht ablehnen.“ Darüber hinaus gefiel Simone Solga<br />

die rührende Liebesgeschichte und die Möglichkeit, nach langer Zeit am Kabarett<br />

wieder eine ernsthafte Rolle zu spielen.<br />

7


Als nächstes stand die Besetzung des Thomas Hamann an, dem erfolgreichen<br />

Architekten vom Potsdamer Platz, der versucht, Julia zu verführen. Im Roman ist<br />

Hamann ein sonnengebräunter Yuppie mit Cabrio und Partyleben, ein<br />

unangenehmer Besserwessi. Doch für die Verfilmung wollte Peter Timm die Figur<br />

facettenreicher und weniger eindimensional gestalten. „Ich suchte einen<br />

Darsteller, der nicht einfach der große Konkurrent von Lobek sein sollte. Wir<br />

wollten jemanden, der zwar charmant und witzig ist, aber auch eine gewisse<br />

Unsicherheit ausstrahlt.“ Peter Timm entschied sich für den gebürtigen Bochumer<br />

Bastian Pastewka, den Comedy-Star aus der SAT.1 „Wochenshow“. „Bastian ist<br />

ein Komiker, der immer einen Witz auf Lager hat. Er brachte die richtige<br />

ironische Note für den Charakter. Außerdem brauchten wir jemanden, der den<br />

Mut hatte, live zu singen. Bastian kann gut Klavier spielen und traute sich das<br />

zu.“<br />

Bastian Pastewka musste nicht lange überlegen, als ihm die Rolle angeboten<br />

wurde. „Natürlich war ich begeistert, aber ich hatte auch Bedenken, da es meine<br />

erste Kinorolle war. Von meinen Drei-Minuten-Sketchen kenne ich das Agieren<br />

vor der Kamera, aber das waren Stereotype.“ Thomas Hamann dagegen ist eine<br />

komplexe Rolle: Einerseits ein beruflicher Überflieger und Angeber, andererseits<br />

ein vereinsamter Single, auf den die einstige DDR eine seltsame Anziehungskraft<br />

ausübt. Peter Timms Einfall war es, Hamann alte Ostschnulzen singen zu lassen,<br />

um Julia zu gefallen. „Das war natürlich genau das Richtige für mich. Ich habe zu<br />

Hause ein riesiges Amiga-Archiv, vor allem die DDR-Schlager der 50er und 60er<br />

Jahre. Die Idee war, dass Hamann Julia wie ein mittelalterlicher Minnesänger<br />

bezirzen soll. Blieb die Frage, mit welchen Liedern. Peter Timm und ich haben<br />

uns zwei Abende durch mein Archiv durchgehört und schließlich die zwei Titel<br />

gefunden, die für uns die Essenz dieses DDR-Musikgenres waren. Zum einen<br />

Frank Schöbels ,Wie ein Stern´ und Karat mit ,Über sieben Brücken musst du<br />

gehen´. Ich hatte keine Scheu vor der Kamera zu singen, auch wenn ich sicher<br />

nicht die beste Stimme habe. Aber im nachhinein waren das für mich die<br />

schwierigsten Szenen. Es war eng und heiß. Ich musste gleichzeitig Klavier<br />

spielen, den richtigen Ton treffen und verliebt spielen. Das war hart.“<br />

Fehlte noch Uwe Strüver, der Vertreterkollege aus dem Westen, der Lobek in die<br />

Geheimnisse der bundesdeutschen Tür-zu-Tür-Geschäfte einweisen soll. Auch<br />

hier war die Wahl nicht ganz leicht. Man verhandelte mit mehreren Darstellern,<br />

doch am Ende entschied man sich für Gustav Peter Wöhler. „Heute weiß ich,<br />

dass Gustav Peter von Anfang an die Idealbesetzung war. Er gibt hier eine seiner<br />

besten Vorstellungen“, lobt Günter Rohrbach. „Ich hatte ihn in ERLEUCHTUNG<br />

GARANTIERT von Doris Dörrie gesehen und fand ihn da schon sehr gut. Aber in<br />

DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN ist er schlichtweg phänomenal.“<br />

„Für mich war es eines der besten Drehbücher, das ich je gelesen hatte. Ich war<br />

hin und weg. Danach habe ich den Roman gelesen, ich bin Literaturfan, und war<br />

ebenso begeistert. Für mich war das keine typische Ost-West-Geschichte. Es geht<br />

um etwas Grundsätzliches: Die Sehnsucht nach Verstanden werden, Geliebt sein<br />

und Anerkannt werden, das Gefühl zu haben, es ist gut, dass ich da bin. Diese<br />

Bedürfnisse kennt jeder.“ Vom Vertretermilieu hatte Wöhler ziemlich genaue<br />

Vorstellungen: „Als Kind dachte ich immer, diese Männer kommen in die<br />

Wohnung und fallen als erstes über die Hausfrau her. Ich weiß, naives Klischee.<br />

Vor kurzem habe ich die DIE BLUME DER HAUSFRAU gesehen, eine<br />

phantastische Dokumentation über Vertreter. Da wurde mir die ganze<br />

Trostlosigkeit dieses Berufs bewusst. Die saugen zwanghaft fröhlich und ständig<br />

plappernd den Fußboden bei fremden Leuten, die apathisch herumsitzen, und<br />

verkaufen meist doch nichts. Dann leben sie oft in diesen deprimierenden<br />

8


Pensionen. Kein Wunder, dass viele Alkoholiker sind.“ Letztendlich überzeugte<br />

Wöhler aber die Vielschichtigkeit der Rolle: „Uwe Strüver stellt sich einzig und<br />

allein durch seine Arbeit dar. Deswegen klappt er auch so zusammen, als er nicht<br />

befördert wird. Seine Homosexualität lebt er nicht aus. Er ist ein sehr einsamer<br />

Mensch, dessen einziges Hobby der Finkensport ist. Finkensport – wie absurd.<br />

Andererseits kann er sich in seiner Arbeit gut verkaufen. Und er hat etwas<br />

Warmherziges, er ist nicht so ein Abgebrühter. Eine Rolle mit so vielen Facetten,<br />

die so viel Tragik in sich birgt, ist ein Fest für jeden Schauspieler.“<br />

DREHARBEITEN MIT HUND<br />

Am 11. Dezember 2000 wurde die erste Szene in Köln gefilmt. Im Januar 2001<br />

zog das Team nach Berlin und Leipzig. Am 16. Februar fiel die letzte Klappe.<br />

Insgesamt hatte man 27 Drehtage – ein recht enger Zeitrahmen. In Köln und<br />

Leipzig wurden vor allem Innenaufnahmen gefilmt, in Berlin die meisten<br />

Außenaufnahmen.<br />

Die Kulisse von Berlin spielt für die Geschichte eine zentrale Rolle. „Das<br />

Geschehen muss hier spielen, schon allein wegen des Fernsehturms am<br />

Alexanderplatz. Es gibt im Osten kein vergleichbares Symbol, das so für die<br />

gesamte DDR steht“, sagt Günter Rohrbach und Peter Timm ergänzt: „Ich meine<br />

sogar, dass der Fernsehturm mittlerweile das berühmteste Wahrzeichen von<br />

Berlin ist und dem Brandenburger Tor den Rang abgelaufen hat, besonders bei<br />

der jüngeren Generation.“ Und der Fernsehturm ist es auch, der das<br />

selbstgebastelte Brunnenmodell „Atlantis“ zum Verkaufsschlager macht und<br />

Lobeks Karriere ins Rollen bringt.<br />

Für Götz Schubert waren die Dreharbeiten eine kleine Zeitreise in die<br />

Vergangenheit. „Lobek wehrt sich im Film ironischerweise mit alten<br />

Parteiparolen". Ich komme glücklicherweise aus Sachsen, dem Tal der<br />

Ahnungslosen in der DDR. Ich wuchs dort praktisch ohne Einfluss der Medien<br />

auf. Jeder kannte die Sprüche, doch keiner hat sie ernstgenommen. Aber als ich<br />

in Berlin Schauspiel studierte, da wurde ich für ein Interview in der FDJ-Zeitung<br />

ausgewählt. Der Reporter fragte mich tatsächlich, inwieweit meine Arbeit auf der<br />

Bühne ,ein Kampfplatz für den Frieden´ sei. Da kam ich ganz schön ins<br />

Schwitzen und habe ziemlich verlogenes Zeug gesagt. Aber seitdem vergesse ich<br />

dieses Zitat nicht mehr. Und beim Drehen, da gibt es die Szene im Thai-<br />

Restaurant, in der Lobek befördert wird auf Kosten seines Westkollegen Strüver.<br />

Da habe ich spontan gesagt ,Mein Arbeitsplatz, mein Kampfplatz für den<br />

Frieden´ und alle waren begeistert. Das wurde dann übernommen.“<br />

Nur an eine Szene denkt Götz Schubert gar nicht gerne. Das hing mit Hund<br />

Henry zusammen, Lobeks ständigem Begleiter. „Das war ein dressierter Hund,<br />

ungemein lethargisch. Alle Szenen, in denen wir knuddelten oder er einfach nur<br />

treu schaute, klappten prima. Alles andere war schwierig. Am schlimmsten war<br />

es, als er von meinem Teller Spaghetti essen sollte. Das hat er einfach nicht<br />

hingekriegt, weil er für die Kamera nie nahe genug an den Teller gekommen ist.<br />

Zwanzigmal mussten wir diese Szene drehen. Ich bin fast verzweifelt, weil ich<br />

jedes Mal mit Heißhunger die Spaghetti hinunterschlingen musste. Irgendwann<br />

war das leckere Ketchup alle, da gab es nur noch komisches Curry-Ketchup.<br />

Danach war mir richtig schlecht.“<br />

Gleich zwei Darsteller geben in DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN ihr<br />

Leinwanddebüt: die Kabarettistin Simone Solga und der Comedy-Star Bastian<br />

Pastewka. Simone Solga war ihre Figur sofort vertraut. „Ich mochte die Julia von<br />

9


Anfang an, denn sie ist mir in vielem ähnlich. Ich kenne ihre Sehnsucht nach dem<br />

reichen, schicken, glitzernden Westen. Ich verstehe auch, dass eine Ehe<br />

irgendwann abgenutzt ist, dass Julia Bestätigung bei anderen sucht. Der Hamann<br />

hat eben alles, was Lobek Julia derzeit nicht bieten kann: Humor, Leichtigkeit,<br />

Erfolg, ein Auto, wenn man es braucht. Das lockt.“ Die ausgebildete<br />

Theaterschauspielerin stand schon mehrmals vor Fernsehkameras. Trotzdem war<br />

sie bis zum Ende unsicher am Set. „Ich bin ein Angsthase. Bis zum Schluss<br />

dachte ich, ich mache das nicht richtig oder ich spiele zu ernst. Aber Peter Timm<br />

war eine große Hilfe. Er hat alles mit mir besprochen, hat mir ein gutes Gefühl<br />

gegeben. Ich bin ihm heute noch dankbar, dass er sich auf das Risiko<br />

eingelassen hat, eine unbekannte und, was das Drehen angeht, relativ<br />

unerfahrene Darstellerin zu verpflichten.“<br />

Eine Einschätzung, die auch Bastian Pastewka teilt. „Ich habe nie eine<br />

Schauspielschule besucht, und das habe ich am Set oft vermisst. Ich hatte schon<br />

Schwierigkeiten, diese übertriebene Gestik und Mimik aus der Slapstick-Ecke<br />

abzustreifen. Das kam immer wieder hoch. Aber Peter Timm hatte sehr viel<br />

Geduld, hat mich immer da hinbekommen, wo er mich haben wollte. Er weiß<br />

einfach, was er will.“<br />

Trotz westlicher Verlockung und tiefer Ehekrise - am Ende umarmen sich Julia<br />

und Hinrich Lobek unter dem gewaltigen Berliner Fernsehturm. „Das hat mir<br />

besonders gefallen, dass sie zu ihm zurückkommt. Im Buch ist das anders. Die<br />

beiden kämpfen gemeinsam für ihre Beziehung und packen die Probleme an. Es<br />

wäre doch viel leichter, sich zu trennen“, meint Simone Solga und Gustav Peter<br />

Wöhler schließt: „Die Versöhnungsszene ist meine absolute Lieblingsszene.“<br />

Kurze Pause. „Ich bin eben eine alte Heulsuse“.<br />

10


VOR DER KAMERA<br />

GÖTZ SCHUBERT<br />

ist Hinrich Lobek<br />

Für Jens Sparschuh, Autor von DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN, war Götz<br />

Schubert der Wunschkandidat für seinen Hinrich Lobek. Eine Wahl, von der sich<br />

auch Günter Rohrbach und Peter Timm schnell überzeugen ließen.<br />

Berliner Theatergängern ist der Charakterkopf ein vertrautes Gesicht. An<br />

wichtigen Bühnen der Stadt prägte er herausragende Produktionen. So glänzte er<br />

1990 in dem Dauerbrenner „Mein Kampf“ am Maxim Gorki Theater. Die<br />

Inszenierung von Thomas Langhoff sorgte weltweit für Begeisterungsstürme und<br />

stand fast ein Jahrzehnt auf dem Spielplan. Für seine Darstellung des Hitler<br />

wurde er mit zwei Kritikerpreisen ausgezeichnet. Ende der 90er sorgte Götz<br />

Schubert erneut für Standing Ovations am Deutschen Theater mit seinem<br />

furiosen Solo-Abend „Helden wie wir“ nach dem Roman von Thomas Brussig.<br />

Im Fernsehen hat der 38-Jährige mit einigen der renommiertesten deutschen<br />

Regisseuren zusammengearbeitet: Wolf Gremm, Frank Beyer, Ottokar Runze und<br />

Bernd Böhlig. Demnächst ist er in der mit Spannung erwarteten Familiensaga<br />

„Die Affäre Semmeling“ von Dieter Wedel zu sehen.<br />

Sein Leinwanddebüt gab Götz Schubert vor zwei Jahren mit der Liebesgeschichte<br />

ANNA WUNDER (1999). DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN ist sein dritter Kinofilm<br />

und seine bislang größte Rolle.<br />

Geboren wurde Schubert 1963 in Pirna bei Dresden. Mit 20 Jahren ging er nach<br />

Berlin und besuchte die angesehene „Ernst Busch“ Schauspielschule. Im<br />

Anschluss war er festes Mitglied am Maxim Gorki Theater. 1993 wechselte er nur<br />

einige Straßen weiter an die Bühne der Klassiker, das Deutsche Theater, dem er<br />

bis Sommer 2001 angehörte. Trotz Kino- und Fernsehangeboten will der<br />

ausgebildete Klavierspieler der Bühne treu bleiben. Derzeit probt er für ein neues<br />

Soloprojekt am Maxim Gorki Theater und im kommenden Januar spielt er den<br />

umstrittenen Architekten Albert Speer in Potsdam. Mit Frau und zwei Kindern lebt<br />

Götz Schubert am Stadtrand von Berlin.<br />

Filmografie (Auswahl)<br />

Regie<br />

1988 Der Geisterseher Rainer Bär<br />

1991 Das Ende der Unschuld Frank Beyer<br />

1993 Goldstaub Ottokar Runze<br />

1996 Tanz auf dem Vulkan Jürgen Brauer<br />

1997 Der Hauptmann von Köpenick Frank Beyer<br />

1999 ANNA WUNDER Ulla Wagner<br />

2000 ZOOM Otto Alexander Jahrreiss<br />

2001 DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN Peter Timm<br />

2001 Die Affäre Semmeling Dieter Wedel<br />

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SIMONE SOLGA<br />

ist Julia Lobek<br />

Simone Solga gibt mit DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN ihren hinreißenden<br />

Einstand auf der Leinwand. Mit erfrischender Natürlichkeit spielt sie die<br />

vordergründig so erfolgreiche Julia, die herausfinden muss, ob sie ihren „Lobek“<br />

noch liebt.<br />

Simone Solga wurde am 6. August 1963 in Gera geboren und wuchs in Leipzig<br />

auf. Nach einer Lehre als Buchhändlerin entschied sie sich für die Bühne und<br />

begann ein Schauspielstudium in Leipzig und Magdeburg. Während ihrer Zeit als<br />

festes Ensemblemitglied an den Städtischen Theatern Leipzig entdeckte sie ihre<br />

Lust an Komik und Satire. Nach einem Gastvertrag 1988 an der Leipziger<br />

Pfeffermühle, wo sie unter anderem mit dem bekannten Regisseur Frank Beyer<br />

zusammenarbeitete, entschied sie sich für den endgültigen Wechsel ins<br />

Kabarettfach. Zwischen 1989 und 1993 war sie an der Pfeffermühle u. a. in den<br />

Programmen „Auf dich kommt es an, nicht auf alle“, „Wir machen alles gleich“<br />

und „Vor uns die Sintflut“ zu sehen und wechselte dann zur Münchner Lach- und<br />

Schießgesellschaft, wo sie fünf Jahre lang das Gesicht dieser bedeutenden<br />

satirischen Bühne mit prägte. Dazwischen engagierte sie Dieter Hildebrandt<br />

mehrmals für seinen „Scheibenwischer“ (1990, 1996, 1997). 1993 stand sie<br />

neben Katja Ebstein und Silvio Francesco in dem Musical „Victor und Victoria“ in<br />

Recklinghausen auf der Bühne. Seit knapp zwei Jahren schreibt Simone Solga<br />

auch eigene Kabarettprogramme. Beispiel: ihr Soloabend „Ich pack’s“ über die<br />

Nöte und Sorgen einer Frau aus Ostdeutschland. Derzeit tourt sie mit „Loriots<br />

Dramatischen Werken“ durch die Republik und ist als Gast in der RTL Comedy „7<br />

Tage, 7 Köpfe“ zu sehen.<br />

Zum Film kam die 38-Jährige durch „unglaublich viel Glück, eine engagierte<br />

Casting-Agentin und einen risikofreudigen Peter Timm“. Nun, nach DER<br />

ZIMMERSPRINGBRUNNEN hat sie diese Zufälle sicher nicht mehr nötig.<br />

BASTIAN PASTEWKA<br />

ist Thomas Hamann<br />

Ein Großteil seiner Fangemeinde kennt Bastian Pastewka in erster Linie in seinen<br />

Paraderollen als Brisko Schneider, Ottmar Zittlau oder glücklosen<br />

Sensationsreporter aus der SAT.1 „Wochenshow“. Mit seiner grenzenlosen<br />

Verwandlungskunst und mit seinen parodistischen Einlagen begeisterte er von<br />

1996 bis zum Sommer 2001 jeden Samstag Millionen Zuschauer. Hierfür erhielt<br />

er im Jahr 2000 die „Goldene Kamera“.<br />

Geboren wurde der Schauspieler 1972 in Bochum, wuchs aber in Bonn auf. Er<br />

studierte zunächst Pädagogik, Germanistik und Soziologie, bevor er sich 1992 der<br />

Truppe „Comedy Crocodiles“ anschloss. Mit ihrem Programm „Wer schwängerte<br />

Biene Maja?“ gastierte das Comedy-Trio unter anderem im Bonner Haus der<br />

Springmaus, am Hamburger Schmidt-Theater und dem Köln-Comedy-Festival.<br />

1995 stand der gebürtige Bonner für die Jugendsendungen „U30“ und „Lollo<br />

Rosso“ erstmals vor der Kamera, 1996 wurde „Die Wochenshow“ auf ihn<br />

aufmerksam. Der Rest ist bekannt: Die Wochenshow wurde zur erfolgreichsten<br />

Comedy im deutschen Fernsehen und Bastian Pastewka zum Star.<br />

12


Daneben synchronisierte er im Kinoerfolg STUART LITTLE (2000) die tierische<br />

Hauptrolle und lieh im Ottifanten-Epos KOMMANDO STÖRTEBEKER (2001) dem<br />

Dickhäuter Paul Bommel seine Stimme.<br />

In DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN spielt Naturtalent Pastewka zum ersten Mal in<br />

einem Kinofilm: ein Debüt, das ihm besonders am Herzen liegt. Zum einen kann<br />

er wieder einen skurrilen Charakter spielen. Zum anderen entspricht die<br />

Ausstattung des Films seiner großen Leidenschaft: Pastewka sammelt alles, was<br />

der DDR-Kultur entstammt, vorzugsweise Schallplatten. Er besitzt ein riesiges<br />

Amiga-Archiv und hat bei die Auswahl der Lieder für DER<br />

ZIMMERSPRINGBRUNNEN ein wichtiges Wort mitgesprochen.<br />

GUSTAV PETER WÖHLER<br />

ist Uwe Strüver<br />

Spätestens seit seiner fulminanten Darstellung des esoterisch bewegten<br />

Spießbürgers in ERLEUCHTUNG GARANTIERT (2000) von Doris Dörrie gehört<br />

Gustav Peter Wöhler zu den profiliertesten und anerkanntesten Kino- und<br />

Fernsehschauspielern unserer Republik. Ein Ruf, dem er in seiner vielschichtigen<br />

Darstellung des verklemmten Vertreters in DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN erneut<br />

gerecht wird.<br />

Vielseitigkeit bestimmt die Karriere des gebürtigen Ostwestfalen. Seit 15 Jahren<br />

dreht er regelmäßig fürs Fernsehen, glänzt im politischen Drama („Die<br />

Staatskanzlei“, „Wehner“, „Deutschlandspiel“), überzeugt sowohl im Krimi<br />

(„Tatort“, „Polizeiruf 110“, „SK Kölsch“) als auch in der Komödie („Das Gelbe vom<br />

Ei“) und der Familiensaga („Die Manns“).<br />

Im Kino hat er mit den erfolgreichsten Regisseuren zusammengearbeitet: Rainer<br />

Kaufmann, Sebastian Schipper und Doris Dörrie, mit der er auch privat<br />

befreundet ist. Demnächst ist er in Werner Herzogs internationaler Produktion<br />

INVINCIBLE an der Seite von Tim Roth zu sehen.<br />

Nach seiner Ausbildung in Bochum arbeitete er eine Spielzeit lang am dortigen<br />

Schauspielhaus. Danach ging er nach Hamburg, wo er auch heute noch lebt.<br />

Zwölf Jahre war er festes Mitglied am Schauspielhaus Hamburg, spielte unter<br />

bekannten Regisseuren wie Wilfried Minks, Peter Zadek und Frank Castorf.<br />

Daneben inszenierte er selbst: „Angst essen Seele auf“ und „Woyzeck“ in Kassel<br />

und „Liebe, Stärke, Mitgefühl“ am Hamburger Schauspielhaus.<br />

Geboren wurde Gustav Peter Wöhler am 31.7.1956 in Bielefeld. Nach der Schule<br />

begann er eine Lehre als Großhandelskaufmann und spielte mit dem Gedanken,<br />

Sozialpädagogik zu studieren. Seine große Leidenschaft galt aber schon damals<br />

der Musik. Bei einem Konzert mit seiner Band erkannte sein Religionslehrer das<br />

Talent des Charakterkopfs. Er gab ihm die Adresse der Schauspielschule Bochum,<br />

wo Wöhler auf Anhieb angenommen wurde. Trotz der beispiellosen<br />

Schauspielkarriere hat er das Singen nie ganz aufgegeben. Mit seiner Band spielt<br />

er viel zu selten in Hamburger Clubs – am liebsten Coverversionen von den<br />

Beatles, ABBA und Udo Jürgens.<br />

13


Filmografie (Auswahl)<br />

Regie<br />

1989 Die Staatskanzlei Heinrich Breloer<br />

1990 LEBWOHL FREMDE Tevfik Baser<br />

1992 DIE DENUNZIANTIN Thomas Mitscherlich<br />

1992 Wehner Heinrich Breloer<br />

1995 Ein falscher Schritt Hermine Huntgeburth<br />

1997 BIN ICH SCHÖN Doris Dörrie<br />

1998 THE LONG HELLO AND SHORT GOODBYE Rainer Kaufmann<br />

1998 Das Gelbe vom Ei Lars Becker<br />

1999 ABSOLUTE GIGANTEN Sebastian Schipper<br />

2000 ERLEUCHTUNG GARANTIERT Doris Dörrie<br />

2000 Bronski und Bernstein Sigi Rothemund<br />

2000 Die Manns Heinrich Breloer<br />

2001 DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN Peter Timm<br />

2001 INVINCIBLE Werner Herzog<br />

14


HINTER DER KAMERA<br />

PETER TIMM<br />

Regie<br />

Peter Timm ist einer der bekanntesten deutschen Komödienregisseure. Ihm<br />

verdanken wir das Ost-West-Lustspiel schlechthin, GO TRABI GO (1990) mit<br />

Wolfgang Stumph. Der Film entstand direkt nach der Wende und genießt heute<br />

Kultstatus in beiden Teilen der Republik. MANTA – DER FILM (1990) spielte als<br />

eine der ersten Komödien mit dem später so beliebten Proll-Schick. Schließlich<br />

schuf er mit RENNSCHWEIN RUDI RÜSSEL (1994, in den Hauptrollen Iris Berben<br />

und Ulrich Mühe) den ultimativen Ferkelfilm. Dafür gab es 1995 den Bayerischen<br />

Filmpreis.<br />

Peter Timm wurde 1950 in Ost-Berlin geboren. An der Humboldt Universität<br />

studierte er Russisch und Geschichte. Daneben nahm er Schauspielkurse. Nach<br />

seiner Ausweisung aus der DDR mit 23 Jahren schrieb er sich für Russisch und<br />

Germanistik an der FU Berlin ein.<br />

1976 zog Timm nach Frankfurt und verschrieb sich als Autor und Regisseur dem<br />

politischen Kabarett. Bereits sein erster Spielfilm MEIER (1985, Drehbuch und<br />

Regie) wurde mit Auszeichnungen überschüttet: Bayerischer Filmpreis, Ernst-<br />

Lubitsch-Preis und Gilde Filmpreis Gold. Desweiteren war Peter Timm auch als<br />

Dozent an der Neuen Münchner Schauspielschule tätig.<br />

Zusammen mit seiner Frau Heike Wiehle-Timm gründete er 1993 die<br />

Produktionsgesellschaft Relevant Film. Peter Timm lebt in Hamburg.<br />

Filmografie<br />

1985 MEIER (auch Drehbuch)<br />

1990 GO TRABI GO<br />

1990 MANTA – DER FILM<br />

1990 EIN MANN FÜR JEDE TONART<br />

1993 EINFACH NUR LIEBE<br />

1994 RENNSCHWEIN RUDI RÜSSEL<br />

1994 DIE PUTZFRAUENINSEL<br />

1995 DUMM GELAUFEN<br />

1996 Zwei Leben hat die Liebe<br />

1997 Ferkel Fritz<br />

1999 Millennium Love<br />

2001 DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN<br />

ÜBER PARTEILPAROLEN, SPIESSERTUM UND DAS GEHEIMNIS DER<br />

KOMIK<br />

Ein Gespräch mit Peter Timm<br />

Herr Timm, ist DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN „nur“ eine Komödie?<br />

Ich sage immer: Die beste Komik entsteht vor einem tragischen Hintergrund.<br />

Unsere Ausgangssituation ist tragisch: Lobek hat seine Identität verloren. Er lebt<br />

ohne Aufgabe in den Tag hinein. Dieser etwas verschnarchte Mensch soll nun -<br />

rund zehn Jahre nach der Wende - lernen, ein Konsumprodukt zu verkaufen. Mit<br />

einem Schlag bricht der Kapitalismus über ihn ein, an den sich seine Frau längst<br />

gewöhnt hat. Zunächst will er nicht. Dann aber fängt er an, sich mit dem Produkt<br />

15


„Zimmerspringbrunnen“ so stark zu identifizieren, dass er alles andere<br />

vernachlässigt. Er schafft einen Verkaufsschlager und wird zum erfolgreichen<br />

Vertreter. Damit handelt er aber gegen seine alten Werte und wird so für seine<br />

Frau völlig unglaubwürdig. Sie versteht ihn nicht mehr und verlässt ihn.<br />

Ein großer Teil der Komik entsteht durch die charmante Verschrobenheit des<br />

Hinrich Lobek.<br />

Sie sind in Ost-Berlin geboren und mit 23 Jahren in den Westen emigriert. Hat<br />

Ihnen Ihre eigene Vita geholfen, den Stoff in Szene zu setzen?<br />

Ja, unbedingt. Diese markigen Parteisprüche, die eine wichtige Rolle im Film<br />

spielen, die prangten in der DDR ja an jeder Straßenecke und die haben mich bis<br />

in die Traumwelt verfolgt. Für die Hauptfigur Lobek sind diese Losungen ein<br />

Relikt aus der alten Zeit, an die er sich klammert. Das Ironische entsteht<br />

dadurch, dass Lobek diese sozialistischen Parolen immer dann anwendet, wenn<br />

er in der kapitalistischen Arbeitswelt für seine Verkaufserfolge gelobt wird.<br />

Das Schwierige an der filmischen Umsetzung des Romans war es, die Ironie des<br />

Autors zu transportieren. Das war manchmal nicht möglich, da wir die Mittel der<br />

Gestik und Mimik hatten und nicht das geschriebene Wort. Wir mussten auf<br />

einige Zitate verzichten, dafür haben wir andere hinzugefügt. Götz Schubert hat<br />

während des Drehs zum Beispiel eine Parole getauscht: “Mein Arbeitsplatz, mein<br />

Kampfplatz für den Frieden“. Das passte in der betreffenden Situation viel besser,<br />

weil Lobek seinem Westkollegen Strüver, ohne es zu wollen, gerade den Job<br />

weggenommen hatte.<br />

Wo sehen Sie die großen Unterschiede zwischen Ost und West, die für den Film<br />

von Bedeutung sind?<br />

Bei mir gibt es ein ganz starkes Bedürfnis nach einem Wir-Gefühl in der<br />

Gesellschaft. Dieses Gefühl vermisse ich oft in der westdeutschen Gesellschaft.<br />

Füreinander da sein, ohne Ellenbogen seinen Weg gehen - so bin ich erzogen<br />

worden und so war die DDR. Auch Lobek hat diesen Anspruch, deswegen<br />

verweigert er sich dem Kapitalismus. Und solche Menschen gibt es zuhauf in den<br />

neuen Bundesländern. Sie trauen sich nicht, haben nie gelernt, forsch<br />

aufzutreten und viele finden auch daher keine Arbeit. Der Westen hat damals<br />

gedacht, man muss den Ostdeutschen nur die Möglichkeiten aufweisen, dann<br />

laufen die schon von selber. Aber das stimmt nicht. Wie man im neuen System<br />

seinen eigenen Weg geht und trotzdem man selbst bleibt, davon erzählt die Figur<br />

Lobek. Insofern ist er stellvertretend für viele Ostdeutsche.<br />

Wofür steht der Zimmerspringbrunnen?<br />

Zimmerspringbrunnen kommen aus den 60er Jahren - und die 60er gab es sogar<br />

im Osten. In der Erinnerung ist das die kleinbürgerlichste Zeit, die Ost- und<br />

Westdeutschland erlebt haben. Ich selbst war damals auch stolzer Besitzer eines<br />

West-Brunnens, den mir meine Nachbarin geschenkt hatte. Als getreuer FDJ-<br />

Funktionär musste ich das Ding bei den Sitzungen zu Hause regelmäßig<br />

verschwinden lassen.<br />

Zimmerspringbrunnen stehen für etwas Spießiges, das man gar nicht braucht.<br />

Ulkigerweise erleben sie heute eine Renaissance als Luftbefeuchter. Da gibt es<br />

irrsinnige Modelle aus Granit und Marmor mit Kugeln oder Pyramiden.<br />

Unglaublich hässlich.<br />

Haben Sie Angst, dass Ihr Film nur von Ostdeutschen verstanden wird?<br />

Nein. Viele Menschen sind aufgeschlossener, als wir denken. Sie interessieren<br />

sich auch für Dinge, die außerhalb ihres Erfahrungshorizonts liegen. Die<br />

16


Geschichte muss das Fremdartige unterhaltsam vermitteln. Außerdem sind die<br />

Unterschiede nicht so groß. Das Kleinbürgerliche kennt doch jeder.<br />

Darüber hinaus war die DDR schon immer interessant für Westdeutsche, ob vor<br />

oder nach dem Mauerfall. Und das Reservoir an guten Stoffen ist noch lange<br />

nicht erschöpft.<br />

GÜNTER ROHRBACH<br />

Produzent<br />

Als Geschäftsführer der Bavaria Film hat Günter Rohrbach mit nationalen und<br />

internationalen Erfolgen deutsche Filmgeschichte geschrieben. Zwischen 1979<br />

und 1994 entstanden unter seiner Federführung etwa 30 Kinofilme, darunter<br />

Rainer Werner Fassbinders BERLIN ALEXANDERPLATZ (1979), Wolfgang<br />

Petersens DAS BOOT (1981), die beiden Loriot-Filme ÖDIPUSSI (1987) und<br />

PAPPA ANTE PORTAS (1990), die Schimanski-Kinofilme ZAHN UM ZAHN (1983)<br />

und ZABOU (1996), Helmut Dietls SCHTONK (1992), Dominik Grafs DIE KATZE<br />

und DIE SIEGER.<br />

Günter Rohrbach begann seine Karriere 1961 beim WDR. Dort war er Leiter des<br />

Fernsehspiels und später Leiter des Programmbereichs Fernsehspiel,<br />

Unterhaltung, Familie. Seit 1994 ist er als freier Produzent tätig. Zu seinen<br />

jüngsten Projekten gehören Rainer Kaufmanns DIE APOTHEKERIN (1997) und<br />

KALT IST DER ABENDHAUCH (2000), Roland Suso Richters „Die Bubi Scholz<br />

Story“ (1998) und EINE HAND VOLL GRAS (2000), Jan Schüttes FETTE WELT<br />

und Max Färberböcks AIMÉE UND JAGUAR (beide 1998). DER<br />

ZIMMERSPRINGBRUNNEN ist nach GO TRABI GO (1990) und RENNSCHWEIN<br />

RUDI RÜSSEL (1994) seine dritte Zusammenarbeit mit Regisseur Peter Timm.<br />

ÜBER DIE SCHWIERIGKEIT, DEUTSCHES KINO ZU PRODUZIEREN<br />

Ein Gespräch mit Günter Rohrbach<br />

Wie sind Sie auf die Geschichte „Der Zimmerspringbrunnen“ gestoßen?<br />

Den Roman habe ich mit sehr viel Vergnügen gelesen. Noch im Erscheinungsjahr<br />

1995 traf ich Jens Sparschuh auf der Frankfurter Buchmesse und sagte ihm, dass<br />

ich für Senator die Rechte erwerben werde. Zunächst wollte ich, dass der Autor<br />

selber das Drehbuch schreibt. Nach dem ersten Versuch hat Sparschuh aber<br />

abgelehnt und deswegen haben Katrin Richter und Ralf Hertwig das Buch<br />

verfasst.<br />

Das Schwierigste war dann die Finanzierung. Weder TV-Sender noch<br />

Förderanstalten interessierten sich für das Thema. Die meisten waren der<br />

Meinung, dass der Osten längst im Westen angekommen sei. Das stimmt aber<br />

nicht. Wir sehen heute, dass der Prozess der Annäherung noch lange dauern<br />

wird.<br />

Zuerst waren die Ostdeutschen so glücklich über ihre neue Freiheit, dass sie nur<br />

zu gerne ihre alte DDR-Geschichte über Bord warfen. Erst nach einigen Jahren<br />

merkten sie, dass nicht alles schlecht war. Alte DDR-Produkte und Lieder kamen<br />

wieder ins Bewusstsein, die sogenannte „Ostalgie“ erfasste die Massen in den<br />

neuen Ländern. Erst als dieses Thematik auch im Westen ankam, war es<br />

möglich, Sender und Förderer für eine Verfilmung zu interessieren.<br />

17


Wie und wann kam der Regisseur Peter Timm ins Spiel?<br />

Peter Timm und ich haben ja schon zweimal sehr erfolgreich zusammen<br />

gearbeitet. Unser erstes Projekt war GO TRABI GO. Dabei erlebten wir eine<br />

ähnliche Situation. Wir haben direkt nach dem Mauerfall gedreht und auch<br />

damals reagierten die TV-Anstalten abwehrend. Sie sagten, dass sich in zwei<br />

Jahren niemand mehr für Trabis interessieren würde. Inzwischen sind wir<br />

schlauer: Es gibt wenige Filme aus den letzten 20 Jahren, die so viele<br />

Wiederholungen im Fernsehen erlebt haben wie GO TRABI GO. Der Stoff ist also<br />

bis heute aktuell und beliebt - vielleicht gerade deshalb, weil es kaum noch<br />

Trabis gibt.<br />

Als das Drehbuch zu DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN fertig war, habe ich es Peter<br />

Timm vorgelegt. Für mich war das naheliegend, weil ich ihn für einen guten<br />

Komödienregisseur halte und weil er durch seine Geschichte die DDR und deren<br />

Alltag sehr gut kennt. Er hat dem Buch viel Witz und Authentizität beigesteuert.<br />

Für diesen Stoff konnte ich mir gar keinen besseren Regisseur vorstellen.<br />

Der Film verknüpft mehrere Geschichten und Aspekte. Was ist für Sie das<br />

Hauptthema?<br />

Es geht darum, sein Selbstverständnis zu bewahren. Der Autor Jens Sparschuh<br />

ist ein bisschen wie Lobek. Auch Sparschuh hat immer im Osten gelebt und sich<br />

geweigert, alles wegzuwerfen und zu sagen, jetzt werde ich Westler. Er nimmt<br />

die neuen Möglichkeiten gerne an, aber bewahrt sich seine eigene Identität. Und<br />

das finde ich richtig und verständlich. Niemand will am Ende sagen: Ich habe 30<br />

Jahre lang in einem System gelebt, das auf einmal nichts mehr wert ist. Jetzt hat<br />

jeder vielleicht andere und bessere Möglichkeiten, trotzdem will man die eigene<br />

Geschichte, die einen geprägt hat, nicht verleugnen.<br />

Darüber hinaus hat die Geschichte etwas sehr Sympathisches: Lobek bejaht<br />

seinen ostdeutschen Lebensweg und macht sich gleichzeitig auch lustig darüber.<br />

Die DDR hatte ja auch etwas Ironisches, so eine ideologiegeprägte Puppenstube<br />

mit einem unmöglichen Lebenstraum, der verzweifelt gelebt und aufrecht<br />

erhalten wurde.<br />

Sie produzieren seit 20 Jahren deutsche Kinofilme. Wie sehen sie die ständige<br />

Kritik am heimischen Film?<br />

Ich finde sie absurd, denn die Möglichkeiten des deutschen Films werden nie im<br />

Vergleich zu seiner Finanzkraft gesehen. Kino ist amerikanisch, das ist ganz klar.<br />

Die haben Budgets von bis zu 300 Millionen Mark für einen Film - so viel Geld<br />

geben wir in einem Jahr für alle Kinoproduktionen aus. Die Amerikaner können<br />

daher ganz andere Filme produzieren und Stars aufbauen.<br />

Natürlich können die einzelnen Länder in gewissen Genres ihre Eigenheiten<br />

bewahren. Das gelingt uns Deutschen leider kaum. Aber das ist auch sehr<br />

schwer. Die Franzosen, die oft als Beispiel für eine gut funktionierende<br />

Kinoindustrie herhalten, schaffen das nur durch extreme Abschottung, staatliche<br />

Reglementierung im Fernsehen, hohe Subventionierung und scharfe<br />

Gesetzesauflagen. Außerdem hat „cinéma“ dort einen anderen Stellenwert. Bei<br />

uns fließen die meisten Subventionen in die Theater und die Opernhäuser, nicht<br />

aber ins Kino.<br />

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HEIKE WIEHLE-TIMM<br />

ausführende Produzentin<br />

Heike Wiehle-Timm (Jg. 1958) war nach dem Studium der<br />

Theaterwissenschaften, Germanistik und Publizistik in Berlin als Dramaturgin an<br />

der Freien Volksbühne Berlin und am Bayerischen Staatsschauspiel tätig. Nach<br />

einem Lehrauftrag an der Universität München für Gegenwartsdramatik und<br />

Dramaturgie arbeitete sie als Producerin für die Polyphon Film- und<br />

Fernsehgesellschaft Hamburg, und entwickelte dort zahlreiche Fernsehserien und<br />

-spiele (u. a. „Der kleine Vampir“, „Geboren 1999“, EIN MANN FÜR JEDE<br />

TONART). Seit 1993 ist sie selbstständig als Produzentin und Geschäftsführerin<br />

der RELEVANT FILM Produktionsgesellschaft tätig. Heike Wiehle-Timm lebt mit<br />

ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Hamburg.<br />

Filmografie<br />

Regie<br />

1990 EIN MANN FÜR JEDE TONART Peter Timm<br />

1993 EINFACH NUR LIEBE Peter Timm<br />

1995 DIE PUTZFRAUENINSEL Peter Timm<br />

1996 Zwei Leben hat die Liebe Peter Timm<br />

1996 DUMM GELAUFEN Peter Timm<br />

1997 Ferkel Fritz Peter Timm<br />

1997 Andrea und Marie Martin Enlen<br />

1997 Vergewaltigt – Eine Frau schlägt zurück Martin Enlen<br />

1998 Millennium Love Peter Timm<br />

1999 Und morgen geht die Sonne wieder auf Johannes Fabrick<br />

1999 Zärtliche Sterne Julian Roman Pölsler<br />

1999 Zwei Mädels auf Mallorca Dror Zahavi<br />

2000 Albtraum einer Ehe Johannes Fabrick<br />

2000 Die Salsa-Prinzessin Dror Zahavi<br />

2001 DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN Peter Timm<br />

in Vorbereitung: BLUEPRINT<br />

Rolf Schübel<br />

KATHRIN RICHTER & RALF HERTWIG<br />

Drehbuch<br />

Ralf Hertwig wechselte nach dem Studium der Rechtswissenschaften und<br />

Japanologie an die Hochschule für Fernsehen und Film in München, wo er Kathrin<br />

Richter als Kommilitonin kennen lernte. Die beiden sind inzwischen ein<br />

eingespieltes Autoren-Team und haben insgesamt mehr als zehn Drehbücher<br />

zusammen geschrieben, u. a. für Rainer Kaufmanns EINER MEINER ÄLTESTEN<br />

FREUNDE (1994), DIE APOTHEKERIN (1996) und KALT IST DER ABENDHAUCH<br />

(2000).<br />

Darüber hinaus ist Kathrin Richter auch als Regisseurin tätig. So zeichnete sie<br />

zum Beispiel bei der ZDF-Produktion „Mutproben“ (1996) für Buch und Regie<br />

verantwortlich.<br />

19


ACHIM POULHEIM<br />

Kamera<br />

Seit einem guten Jahrzehnt schafft Achim Poulheim die Bilder für die<br />

unterschiedlichsten Filme: vom preisgekrönten Politporträt „Wehner - die<br />

unerzählte Geschichte“ über den klassischen Thriller „Die Tote von Amelung“ bis<br />

hin zur leichten Liebeskomödie „Wer liebt, dem wachsen Flügel“. Dreimal wurde<br />

der Hamburger für den Kamerapreis nominiert: 1992, 1996 und im vergangenen<br />

Jahr für „Todesflug“. Viel Lob gab es auch für seine nüchternen Bilder in der<br />

Fallada-Verfilmung „Der Trinker“ mit Harald Juhnke. DER<br />

ZIMMERSPRINGBRUNNEN ist seine vierte Arbeit mit Regisseur Peter Timm:<br />

Gemeinsam haben sie „Zwei Leben hat die Liebe“, "Ferkel Fritz" und „Millennium<br />

Love“ gedreht.<br />

BARBARA HENNINGS<br />

Schnitt<br />

Barbara Hennings Karriere ist eng verbunden mit dem Regisseur Michael<br />

Verhoeven. Bei zweien seiner bedeutendsten Stoffe war sie für den Schnitt<br />

verantwortlich: DIE WEISSE ROSE (1982) und DAS SCHRECKLICHE MÄDCHEN<br />

(1989). Beide Filme wurden mit Preisen überhäuft, DAS SCHRECKLICHE<br />

MÄDCHEN wurde sogar für den Oscar nominiert.<br />

Seitdem gehört Barbara Hennings zu den profiliertesten Vertreterinnen ihrer<br />

Zunft. Sie schnitt die preisgekrönten „Bella Block“-Folgen „Kommissarin“ und<br />

„Liebestod“ von Max Färberböck. Mit dem gleichen Regisseur schuf sie sein<br />

ebenso ausgezeichnetes Debüt „Schlafende Hunde“ (1991, Bayerischer<br />

Filmpreis), sowie zuletzt die hoch gelobte Literaturverfilmung AIMÉE UND<br />

JAGUAR (1997), der Eröffnungsfilm der Berlinale 1998.<br />

Ausgezeichnet für den besten szenischen Schnitt wurde Barbara Hennings im<br />

vergangenen Jahr für „Und morgen geht die Sonne wieder auf“ (2000, Regie<br />

Johannes Fabrick, eine Produktion der RELEVANT FILM). Vor DER<br />

ZIMMERSPRINGBRUNNEN zeichnete sie für Joseph Vilsmaiers MARLENE (2000)<br />

verantwortlich.<br />

Soeben wurde sie nominiert für den Deutschen Fernsehpreis 2001 (Bester<br />

Schnitt" für eine Relevant-Film-Produktion: "Albtraum einer Ehe").<br />

RAINER OLEAK<br />

Musik<br />

Vordergründig ist Rainer Oleak ein Krimifan: auf sein Konto gehen gleich mehrere<br />

Dutzend Melodien zu „Tatort“, „Polizeiruf 110“, „Großstadtrevier“ oder „Ein Fall<br />

für zwei“. Darüber hinaus hat er die Musik zur Olympiakür von Katharina Witt<br />

geschrieben, ebenso wie Lieder für die „Sesamstraße“ und die Kinoproduktion<br />

„PINOCCHIO 2“ (2000) . Insgesamt hat Oleak Musik für mehr als 250 Filme<br />

komponiert.<br />

1998 wagte sich der studierte Pianist und Bandleader an neue Ufer: Er<br />

produzierte die CD „Ufer der Nacht“ der Puhdys – eine der Bands, deren<br />

unvergängliches Liedgut auch in DER ZIMMERSPRINGBRUNNEN zu hören ist.<br />

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DIE LIEDER<br />

„Über sieben Brücken mußt du gehn"<br />

M: Ulrich Swillms, T: Helmut Richter<br />

performed by BASTIAN PASTEWKA<br />

© 1980 Harth Musik Verlag<br />

„Wie ein Stern"<br />

M & T: Hans Georg Schmiedecke, Dieter Lietz<br />

performed by BASTIAN PASTEWKA<br />

© 1972 Lied der Zeit Musikverlag<br />

„Unsere Heimat"<br />

M & T: H. Naumilkat, H. Keller<br />

performed by PIONIERE<br />

© 1975 Lied der Zeit Musikverlag<br />

mit freundlicher Genehmigung der BMG Berlin Musik<br />

„Als ich fortging"<br />

M: Dirk Michaelis, T: Gisela Steineckert<br />

performed by DIRK MICHAELIS & KARUSSELL<br />

© 1987 Echo Musikverlag/Harth Musikverlag<br />

mit freundlicher Genehmigung der BMG Berlin Musik<br />

„Auferstanden aus Ruinen (Nationalhymne der DDR)"<br />

M: H.Eisler<br />

performed by RAINER OLEAK<br />

© 1949 C.F.Peters Musikverlag<br />

„Am Fenster"<br />

M: K. Gogow/ E. Bogdanov/F. Puppel/K. Selmke<br />

T: H. Rauchfuß / J. Rieley<br />

performed by CITY<br />

© 1977 Lied der Zeit Musikverlag / Platin Song Fritz Puppel<br />

mit freundlicher Genehmigung der BMG Berlin Musik<br />

„Dough right here"<br />

M: Quest, T: Littles/Clutchett<br />

performed by QUEST<br />

© 2001 Lava Jam & Andy K. Productions<br />

mit freundlicher Genehmigung der Zyx Music<br />

„Nasty"<br />

M: Mathey/Lindner, T: Littles/Clutchett<br />

performed by QUEST<br />

© 2001 Lava Jam & Andy K. Productions<br />

mit freundlicher Genehmigung der Zyx Music<br />

„Victime et Vicieux"<br />

M: Erchinger/Erchinger/ M'Baye, T: Denise M'Baye<br />

performed by DENISE M'BAYE<br />

© 2001 AMV Alster Musikverlag / D-Phunk Musik<br />

„Holy Night"<br />

M: Scheer/Woltmann/Brammertz, T: Scheer<br />

performed by SHARE<br />

© 2001 Andy K. Productions, Edition Stereogenuß<br />

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DER SCHRIFTSTELLER JENS SPARSCHUH<br />

Jens Sparschuh wurde 1955 in Karl-Marx Stadt, dem heutigen Chemnitz,<br />

geboren. Von 1973 bis 1978 studierte er Philosophie an der Universität von<br />

Leningrad (St. Petersburg). Die nächsten fünf Jahre war er als wissenschaftlicher<br />

Assistent an der Ost-Berliner Humboldt Universität tätig. 1983 promovierte er mit<br />

einer Arbeit über die Philosophie der Logik.<br />

Seitdem schreibt der Wahlberliner Gedichte, Essays und Romane. Als Autor von<br />

Hörspiel- und Feature-Produktionen fand er internationale Beachtung. So erhielt<br />

er noch in der DDR das Anna-Seghers-Stipendium der Akademie der Künste, den<br />

Ernst-Reuter-Hörspielpreis und 1989 den Hörspielpreis der Kriegsblinden.<br />

Bereits 1993 schrieb Sparschuh mit „Der Schneemensch“ einen Roman, in dem er<br />

die Schwierigkeiten der deutsch-deutschen Wiedervereinigung in eine Satire<br />

verpackte. Doch erst sein Heimatroman „Der Zimmerspringbrunnen“ machte ihn<br />

mit einem Schlag bekannt. Die witzige Geschichte um den charmant-biederen<br />

Lobek und dessen seltsame Vertreterkarriere wurde mit wahren Kritikerhymnen<br />

bedacht und entwickelte sich zu einem veritablen Bestseller.<br />

Im vergangenen Jahr hat der passionierte Pfeifenraucher sein zweites<br />

Kinderbuch fertiggesellt („Stinkstiefel“). Seitdem schreibt er an seinem neuen<br />

Werk, das voraussichtlich 2002 bei Kiepenhauer & Witsch erscheinen wird.<br />

Romane und Erzählungen (Auswahl)<br />

1985 Waldwärts. Ein Reiseroman<br />

1987 Der große Coup – Aus den geheimen Tage- und Nachtbüchern des Johann<br />

Peter Eckermann<br />

1993 Der Schneemensch<br />

1994 Parzival Pechvogel (Kinderbuch)<br />

1995 Der Zimmerspringbrunnen. Ein Heimatroman<br />

1997 Lavaters Maske<br />

2000 Stinkstiefel (Kinderbuch)<br />

DER AUTOR IM PARK – ÜBER MÄNNER MIT HUNDEN, HEIMAT UND DEN<br />

ZIMMERSPRINGBRUNNEN AN SICH<br />

Ein Interview mit Jens Sparschuh<br />

Wann und wie sind Sie auf die Idee zu „Der Zimmerspringbrunnen“ gekommen?<br />

Mir ist aufgefallen, dass nach 1990 vermehrt Männer mit ihren Hunden durch den<br />

Park liefen und Selbstgespräche führten. Als freier Autor war der Park vorher<br />

mein alleiniges Revier. Das schienen Menschen zu sein, die von einem Rad<br />

heruntergefallen waren, das sich jetzt schneller drehte. Früher hatten diese Leute<br />

vielleicht etwas zu sagen und jetzt nicht mehr. Es gab offensichtlich eine große<br />

Gruppe, die es nicht geschafft hatte, nach dem 3.10.1990 so schnell<br />

umzuschalten. Erstaunlicherweise waren das meistens Männer, Frauen selten. Im<br />

Buch ist die Julia ja auch die Erfolgreiche. Frauen waren in der DDR sehr<br />

emanzipiert, sie waren in das gesellschaftliche und berufliche Leben stark<br />

integriert. Vielleicht konnten sie sich deswegen auch schneller an die neue<br />

Situation anpassen. Die Männer mussten in der DDR weniger um ihr<br />

Selbstverständnis kämpfen, die Frauen dagegen haben ihre errungene Position<br />

verteidigt.<br />

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Warum spielt ihr Roman im Vertretermilieu?<br />

Als Autor reise ich viel herum und übernachte teilweise in billigen Unterkünften.<br />

Auf einer Tour durch den Schwarzwald war ich länger in einem dieser typischen<br />

Vertreterhotels und da lernte ich den Berufsstand in all seiner Größe und Tragik<br />

kennen. Wenn diese Menschen morgens hochmotiviert um die Badische Zeitung<br />

kämpfen und abends mit aufgerissenem Schlips und leicht lädiert wieder<br />

ankommen, erst mal am Tresen landen, kopfschüttelnd, weil sie wieder keine<br />

hundert Waschmaschinen verhökert haben, dann hat das etwas zutiefst<br />

Tragisches. Außerdem haben viele Ostdeutsche nach dem Wegfall ihres Jobs als<br />

Vertreter gearbeitet. Die neuen Länder waren unerschlossenes Gebiet, in dem<br />

man gute Geschäfte witterte.<br />

Der Hauptgrund für mich war aber die Vertretersituation an sich. Jemand will<br />

etwas verkaufen, was der andere nicht haben will. Trotzdem kauft er es am<br />

Ende. Das hat mit den Grundgeheimnissen der Warenwirtschaft zu tun.<br />

Marktwirtschaft zeigt sich in der Vertretersituation nackt und schonungslos: Wie<br />

schafft man es, in die Wohnung hineinzukommen, wie kann man aus einem<br />

unbescholtenen Bürger einen Käufer eines Zimmerspringbrunnen machen. Es<br />

geht um Verführung.<br />

Warum haben sie den Zimmerspringbrunnen als Objekt der Begierde<br />

ausgesucht?<br />

Erstens: Der Zimmerspringbrunnen ist nicht unbedingt nützlich. Andererseits<br />

steht er als Symbol für das, was nach 1990 passiert ist. Manche Dinge sehen<br />

schön aus, aber über den Gebrauchswert lässt sich streiten. Natürlich ist nicht<br />

alles schlecht an der westlichen Demokratie, aber manches ist zumindest<br />

kritikwürdig. Der Westen hatte in der DDR die Aura des Unerreichbaren. Das hat<br />

sich für viele entzaubert, als sie es kennen lernten.<br />

Dazu kam, dass es Zimmerspringbrunnen im Osten und im Westen gab. Im<br />

Osten waren das ziemlich klägliche Objekte und im Westen superschicke Teile für<br />

mehrere tausend Mark. Trotzdem hatten sie etwas Verbindendes - egal auf<br />

welcher Seite der Grenze: Die Brunnen waren immer potthässlich.<br />

Sie nennen Ihr Buch im Untertitel einen Heimatroman. Warum?<br />

Schlicht und einfach, weil der Held seine alte Heimat verloren hat. Ihm ist der<br />

Boden unter den Füssen weggezogen worden. Er macht sich auf die Suche nach<br />

einer neuen Identität, nach einer neuen Heimat. Wir leben in einer modernen<br />

Medienwelt, die durch die Globalisierung eine gewisse Zeit- und Ortlosigkeit hat.<br />

In dieser Welt ist das Heimatgefühl sehr wichtig. Der Mensch ist von seinen<br />

Instinkten her immer noch ein Tier. Er braucht sein Revier, in dem es sich zu<br />

Hause fühlt. Diese zeit- und ortlose Internetwelt macht mir Angst.<br />

Der Roman ist sechs Jahre alt. Wie hat sich die Situation in Deutschland seitdem<br />

verändert?<br />

Ich glaube, der Roman ist immer noch aktuell. An dem schwierigen Prozess des<br />

Zusammenwachsens von Ost und West hat sich nicht viel geändert. Es dauert<br />

eben sehr viel länger, als man gedacht hatte. Als Autor freut mich, das ich den<br />

Zeitgeist getroffen habe. Als Bürger stimmt mich das eher nachdenklich. Im Buch<br />

geht es nicht um kurzzeitige Probleme, sondern existentielle, wie Arbeitslosigkeit<br />

und Beziehungen. Es geht um etwas Grundsätzliches: wie kann der Mensch sich<br />

in einer Welt zurechtfinden, in der Werte dahinschwinden, in der Rationalisierung<br />

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und Effektivitätssteigerung auf Kosten der Menschen und ihrer Schicksale<br />

regieren. In diesen grundsätzlichen Problemen stecken wir genauso wie vor<br />

sechs Jahren.<br />

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