natur und mensch - Rheinaubund
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<strong>natur</strong><br />
<strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong><br />
50. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2008<br />
La <strong>natur</strong>e et l’homme<br />
La <strong>natur</strong>a e l’uomo<br />
La natira e l’uman<br />
10 Jahre Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />
Flussrevitalisierungen <strong>und</strong> Fische<br />
Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />
Rheinaub<strong>und</strong>
<strong>natur</strong><br />
<strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong><br />
50. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2008<br />
Schweizerische Blätter<br />
für Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerische<br />
Arbeitsgemeinschaft für Natur <strong>und</strong> Heimat<br />
Redaktion:<br />
Günther Frauenlob (gf) Dipl. Geogr.<br />
Geschäftsstelle des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
<strong>und</strong> Redaktion:<br />
Weinsteig 192, Postfach 1157<br />
CH-8200 Schaffhausen<br />
Telefon: 052 625 26 58<br />
Telefon Redaktionsbüro:<br />
052 625 26 67<br />
Fax: 052 625 26 51<br />
E-mail: redaktion@rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />
www.rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />
Postcheck 82-3003-8 Schaffhausen<br />
Postbank Karlsruhe BLZ 660 100 75<br />
Konto 300 550 758<br />
Satz:<br />
Diener + Bachmann GmbH<br />
Martin Diener, Nordstr. 108, 8037 Zürich<br />
Layout:<br />
Günther Frauenlob, Christoph Frauenlob<br />
Druck <strong>und</strong> Spedition:<br />
Ropress Genossenschaft<br />
Baslerstr. 106, 8048 Zürich<br />
Abonnementspreise 2007:<br />
Inland Fr. 45.–, Ausland € 31.–,<br />
Einzelheft Fr. 8.–<br />
ISSN 0466-5899<br />
Erscheinungsweise 6 x jährlich<br />
Nachdruck von Beiträgen aus<br />
„Natur <strong>und</strong> Mensch“ werden gestattet unter<br />
Quellenangabe <strong>und</strong> Zusand von 2 Belegen.<br />
Die veröffentlichten Beiträge geben die<br />
Meinung der Autorinnen <strong>und</strong> Autoren wieder<br />
<strong>und</strong> müssen nicht immer der Auffassung des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es entsprechen.<br />
Titelbild:<br />
Foto: photocase.de<br />
Inhalt<br />
Gewässer<br />
2 Der Re<strong>natur</strong>ierungsfonds des Kantons Bern –<br />
Eine zehnjährige Erfolgsgeschichte<br />
Barbara Ringgenberg<br />
5 Was Fische wollen oder Flussrevitalisierungen<br />
als Herausforderung<br />
Christine Weber, Armin Peter<br />
Rheinaub<strong>und</strong><br />
10 Neukonzession des Kraftwerks Kembs am Oberrhein –<br />
gütliche Einigung oder Gerichtsfall?<br />
Jürg Bloesch<br />
15 Die Schaffhauser Fliessgewässer fördern<br />
Lukas Boller<br />
17 Das Kraftwerk Kradolf Schönenberg<br />
Ueli Rippmann<br />
18 Das Bündner Oberland austrocknen?<br />
Uwe Scheibler<br />
20 VivaRiva-Wasser macht Schule<br />
Kathrin Jaag<br />
22 Im Gedenken an Forstingenieur Dr. Alfred Huber<br />
Ruedi Schneider<br />
Jahresbericht 2007<br />
24 Tätigkeitsbericht Rheinaub<strong>und</strong> 2007<br />
Uwe Scheibler<br />
34 Rechnung <strong>und</strong> Bilanz 2007<br />
Uwe Scheibler<br />
Buchbesprechungen<br />
36 Die Vögel der Schweiz Karin Schlude<br />
Letzte Seite<br />
37 Termine / Aktuelles<br />
Assoziierte Organisationen:<br />
Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Aare<br />
AQUA VIVA<br />
IG Bielersee<br />
ARGE Pro Thur<br />
PROTÖSS<br />
Bodensee-Stiftung<br />
Verband zum Schutze des Greifensees<br />
Schweizerische Greina-Stiftung<br />
Landschaftsschutzverband Vierwaldstättersee<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Editorial<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> im steten Kampf <strong>und</strong> Wandel!<br />
Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />
Während sich die Politiker noch mit der Verhinderungsinitiative der FDP herumschlagen,<br />
freuen wir uns schon jetzt auf einen profilierten Abstimmungskampf zur Verteidigung des<br />
Verbandsbeschwerderechts. Dieses wurde nach der am 1. Juli 2007 in Kraft gesetzten<br />
Gesetzesänderung schon genug beschnitten. In der kürzlich durchgeführten Vernehm lassung<br />
zu den Verordnungen über die beschwerdeberechtigten Verbände (VBO) <strong>und</strong> die Um<br />
weltverträglichkeitsprüfung (UVPV) haben wir uns vehement gegen eine weitere Verschärfung<br />
des Gesetzes durch den B<strong>und</strong> gewehrt. Die Unterminierung der Rechtsstaatlichkeit<br />
durch eine bürgerliche Partei kann ebenso wenig hingenommen werden wie die Einführung<br />
von verfassungswidrigen Verordnungen<br />
durch die Behörden. Die Natur braucht<br />
ihre Anwälte, <strong>und</strong> es stehen noch viele<br />
schwerwiegende Umweltthemen auf der<br />
Agenda: Die Landschaftsinitiative gegen<br />
den wilden <strong>und</strong> ungebremsten Bauboom<br />
im ganzen Land, die Etablierung von<br />
Pärken mit einem Management, das der<br />
Idee verpflichtet ist, die Eindämmung der<br />
neuerdings subventionierten Kleinkraft werke,<br />
das Forcieren von Gewässerrevitalisierungen<br />
bei Hochwasserschutzprojekten<br />
<strong>und</strong> die Mitwirkung bei ökologischen<br />
Baubegleitungen, um nur das Wichtigste<br />
zu nennen.<br />
Dieses Heft präsentiert Ihnen wie alle Jahre<br />
neben zwei Gastartikeln zum Thema Re<strong>natur</strong>ierung<br />
den Jahresbericht des Rheinaub<strong>und</strong>es.<br />
Die vielfältige <strong>und</strong> interessante<br />
Facharbeit kann nur bewältigt werden,<br />
wenn alle am gleichen Strang ziehen. Die<br />
mehr als 4000 ausgewiesenen freiwillig geleisteten<br />
Arbeitsst<strong>und</strong>en legen Zeugnis davon<br />
ab. Allen Mitarbeitern <strong>und</strong> Vorstandsmitgliedern<br />
sei ganz herzlich dafür gedankt.<br />
Es wäre sehr schön, wenn sich vermehrt<br />
junge Fachleute <strong>und</strong> engagierte Naturfreun<br />
de im Rheinaub<strong>und</strong> für unsere Landschaft<br />
<strong>und</strong> unsere Gewässer einsetzen würden.<br />
Meldet Euch beim Geschäftsführer!<br />
Unterschreiben Sie mit Gleichgesinnten den beiliegenden<br />
Unterschriftenbogen: Die Schweizer Landschaft braucht auch Ihre Stimme!<br />
Foto: photocase.de<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> macht Schule. Nicht nur bei VivaRiva, sondern auch am Rheinfall. Wir haben<br />
mit den Behörden der Kantone Schaffhausen <strong>und</strong> Zürich Kontakt aufgenommen, um<br />
die geplanten touristischen Attraktionen mit ökologischem Inhalt zu versehen <strong>und</strong> auch<br />
etwas für die Eigenwerbung zu tun.<br />
Ihnen, liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser, danke ich ganz herzlich für Ihre langjährige<br />
Treue <strong>und</strong> die moralische <strong>und</strong> finanzielle Unterstützung. Farbe bekennen <strong>und</strong> an<br />
die Urnen, wenn es um Natur <strong>und</strong> Umweltschutz geht!<br />
Mit den besten Wünschen,<br />
Ihr Jürg Bloesch<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 1
Gewässer<br />
Der Re<strong>natur</strong>ierungsfonds des Kantons Bern<br />
– Eine zehnjährige Erfolgsgeschichte<br />
Wer mit der Nutzung der natürlichen Ressource Wasserkraft Geld verdient, soll<br />
einen Teil dieser Einnahmen auch wieder für Naturwerte einsetzen. Diese bestechend<br />
einfache Idee wird im Kanton Bern mit dem Re<strong>natur</strong>ierungsfonds seit zehn<br />
Jahren erfolgreich umgesetzt. Mit den vorhandenen Geldern wird im Bereich<br />
Revitalisierung vieles möglich.<br />
von Barbara Ringgenberg<br />
Der Re<strong>natur</strong>ierungsfonds des Kantons Bern<br />
RenF <strong>und</strong> der Rheinaub<strong>und</strong> haben ein gemeinsames<br />
Ziel: Beide Organisationen setzen<br />
sich für die Wiederherstellung <strong>und</strong> Erhaltung<br />
natürlicher Gewässer ein. Urte nenbach,<br />
Aare, Krebsbach, Kander, Birs <strong>und</strong> viele<br />
andere Berner Gewässer wurden in den letzten<br />
zehn Jahren zumindest abschnittsweise<br />
dank den Beiträgen des RenF <strong>und</strong> anderer<br />
Kostenträger revitalisiert <strong>und</strong> somit als natürliche<br />
Lebensräume aufgewertet.<br />
Einfache Idee, grosse Wirkung<br />
Die Idee, welche dem Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />
zugr<strong>und</strong>e liegt, ist einfach. Die Kraftwerksbetreiber<br />
verdienen ihr Geld mit der Nutzung<br />
einer natürlichen Ressource, der Wasserkraft.<br />
Daher soll ein Teil der Einnahmen<br />
wieder dieser natürlichen Ressource zugute<br />
kommen <strong>und</strong> für die Revitalisierung von beeinträchtigten<br />
Gewässern eingesetzt werden.<br />
Zehn Prozent der jährlichen Wassernutzungszinsen,<br />
welche der Kanton von den<br />
Kraftwerksbetreibern erhält, fliessen in den<br />
Fonds. Daraus wird die Erhaltung <strong>und</strong> Wiederherstellung<br />
natürlicher Gewässer finanziert.<br />
Manchmal ist es der desolate Zustand<br />
der vorhandenen Verbauungen <strong>und</strong> die Aussicht<br />
auf teure Unterhaltsarbeiten, manchmal<br />
schlicht der Wunsch nach <strong>natur</strong>nahen<br />
Erholungsräumen, welche den Aus löser für<br />
eine Revitalisierung geben. Auch bei den<br />
folgenden Projektbeispielen war die Ausgangslage<br />
jeweils unterschiedlich.<br />
Mehr Raum für die Kander<br />
Im Falle der Kander im Berner Oberland im<br />
Bereich Augand waren der Auenschutz einerseits<br />
<strong>und</strong> der desolate Zustand der vorhandenen<br />
Flussverbauungen andererseits<br />
wichtige Auslöser. Mit diesen Bauwerken<br />
konnte der Hochwasserschutz nicht mehr<br />
gewährleistet werden <strong>und</strong> die Aue verlor zusehends<br />
ihren Charakter. So kam es 2006 auf<br />
Initiative des Fischereiinspektorates <strong>und</strong> mit<br />
der Unterstützung des RenF zu der grössten<br />
bisher im Kanton Bern realisierten Flussaufweitung.<br />
Das Augand befindet sich oberhalb<br />
der Kanderschlucht auf dem Gebiet der<br />
Gemeinden Spiez <strong>und</strong> Reutigen. Seit dem<br />
Kanderdurchstich von 1714 bestand hier<br />
das Problem einer stetigen, rückwärtsschreitenden<br />
Sohlenerosion. Da der verbaute<br />
Fluss relativ wenig Platz hatte, frass er sich<br />
immer mehr in den Untergr<strong>und</strong> ein. Heute<br />
liegt die Sohle 40 Meter tiefer als vor dem<br />
Durchstich. Die Zeit war reif für neue<br />
Lösungsansätze. Gemäss den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
des modernen Hochwasserschutzes, in dem<br />
nicht nur auf harte Verbauungen gesetzt<br />
wird, sollte dem Fluss mit einer Fluss aufweitung<br />
wieder mehr Raum zugestanden<br />
werden. Die verbliebenen Mauer- <strong>und</strong> Betonbuhnen<br />
wurden abgebrochen <strong>und</strong> der Wald<br />
im Uferbereich auf einer Länge von 1300<br />
Meter gerodet. Beim Zusammenfluss von<br />
Kander <strong>und</strong> Simme wurde die Sohle um<br />
bis zu 2 Meter angehoben, <strong>und</strong> zum Schutz<br />
der oberliegenden Bauwerke wurde eine<br />
sogenannte aufgelöste Blockrampe erstellt.<br />
So konnte ohne aufwändige Sanierungen<br />
Bild links: Heute hat die<br />
Kander im Bereich Augnad<br />
genügend Raum zur Ges -<br />
taltung einer abwechslungsreichen<br />
Fluss landschaft.<br />
(Foto: Lukas Hunzinger)<br />
Bild rechts: Die neue Fluss<strong>und</strong><br />
Ufer land schaft an der<br />
Aare in der Hunzigenau mit<br />
Seitenarm <strong>und</strong> Insel.<br />
(Foto: Monica Schulthess<br />
Zettel)<br />
Seite 2 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
der Hochwasserschutz wieder gewährleistet<br />
<strong>und</strong> die Sohlenerosion gestoppt werden. Zudem<br />
erfuhr die Auenlandschaft im Uferbereich<br />
eine Aufwertung. Dank der Aufweitung<br />
kam die natürliche Dynamik des Flusses wieder<br />
in Gang. Das Wasser kann sich nun eigene<br />
Wege suchen, Kiesinseln bilden <strong>und</strong> diese<br />
bei Hochwasser wieder wegschwemmen.<br />
Auentypische Tiere <strong>und</strong> Pflanzen erhalten<br />
so ihren natürlichen Lebensraum zurück.<br />
Neue Flusslandschaft an der Aare<br />
Auch im Aaretal zwischen Thun <strong>und</strong> Bern<br />
waren die stetige Abtiefung der Aare durch<br />
Erosion <strong>und</strong> zunehmende Hochwasserereignisse<br />
Auslöser für ein weiteres vom RenF<br />
unterstütztes, wegweisendes Projekt. In der<br />
Hunzigenau auf dem Gebiet der Gemeinde<br />
Rubigen ist im Jahre 2006 eine komplett<br />
neue Uferlandschaft entstanden. Auslöser<br />
für die umfassende Umgestaltung war der<br />
dringend notwendige Schutz der Autobahn<br />
A6 vor Überflutungen. Im Rahmen von<br />
Sofortmassnahmen wurde ein Hochwasserschutzdamm<br />
errichtet, der zugleich den<br />
Autobahnlärm im Naherholungsgebiet an<br />
der Aare dämpft. Um Synergien zu nutzen,<br />
Bild links: Vor der Revitalisierung<br />
durchschnitt der<br />
Limpach als monotones<br />
Gerinne die Landschaft.<br />
(Foto: W. Jordi)<br />
Bild rechts: Nach der Revitalisierung<br />
ist der Limpach zu<br />
einem lebendigen Gewässer<br />
geworden.<br />
(Foto: Re<strong>natur</strong>ierungsfonds)<br />
wurde im gleichen Zug auch die in der<br />
Planung schon weit fortgeschrittene Aareverbreiterung<br />
umgesetzt. Die Aare ist 30 bis<br />
50 Meter breiter geworden. Neue Seitenarme<br />
<strong>und</strong> zwei Inselchen prägen die Landschaft.<br />
Ein attraktiver Spazierweg führt über die<br />
nördliche Insel <strong>und</strong> schlängelt sich dem<br />
neuen Seitenarm entlang. So viele Menschen<br />
wie nie zuvor nutzen die einladend flachen<br />
Ufer <strong>und</strong> die Spazierwege für Erholung <strong>und</strong><br />
Sport. Ein Gewinn ist die Aareverbreiterung<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 3
Gewässer<br />
auch für die Natur: Die Aare gestaltet die<br />
neuen Flächen aufgr<strong>und</strong> ihrer natürlichen<br />
Dynamik selbst. So können auch hier wieder<br />
wertvolle Lebensräume für auentypische<br />
Pflanzen- <strong>und</strong> Tierarten entstehen.<br />
Revitalisierung<br />
dank Landumlegung<br />
Manchmal bietet auch eine Landumlegung<br />
die Chance zu einer Revitalisierung. Dies war<br />
im Aaretal in der Nähe von Thun der Fall.<br />
Hier konnte im Rahmen einer Landumlegung,<br />
an der Landeigentümer aus fünf Gemeinden<br />
beteiligt waren, Kulturland für die<br />
Ausdolung <strong>und</strong> Revitalisierung des Limpaches<br />
ausgeschieden werden. Auslöser war<br />
die Erneu erung des alten Entwässerungssys<br />
tems. Mit dem Hinweis auf Beiträge aus<br />
dem RenF konnte die zuständige Flurgenossen<br />
schaft für die gleichzeitige Revitalisierung<br />
des Lim paches gewonnen werden. Auf einer<br />
Länge von drei Kilometern wurden die<br />
Betonhalb schalen entfernt, in denen das<br />
Gewässer gefasst war. Und auf einer Länge<br />
von einem Kilometer war gar die Ausdolung<br />
möglich. Die Bachsohle wurde mit Kiessand<br />
neu gestaltet. Die Bachböschungen wurden<br />
abgeflacht, mit einer Blumengrasmischung<br />
angesät <strong>und</strong> teilweise mit einheimischen<br />
Sträu chern <strong>und</strong> Hochstammobstbäumen<br />
be pflanzt. Anstelle eines kanalisierten, teilweise<br />
unsichtbaren Rinnsales schlängelt<br />
sich nun wieder ein lebendiges Gewässer<br />
durch das Tal.<br />
Gewässer als Gestalter<br />
Der RenF hat bei vielen Projekten nicht die<br />
Wiederherstellung eines ursprünglichen<br />
Naturzustandes als Ziel, sondern die Erstellung<br />
eines <strong>natur</strong>nahen Gewässer in einer<br />
Kulturlandschaft. Dabei soll nicht die Gestaltung<br />
eines Idealzustandes vorweggenommen<br />
werden, sondern der Gewässerlauf<br />
Die Autobahn A6 bei<br />
Rubigen im August 2005<br />
Foto: Tiefbauamt<br />
des Kantons Bern<br />
soll längerfristig genügend eigene Gestaltungs<br />
möglichkeiten erhalten. Entscheidend<br />
für eine erfolgreiche Umsetzung ist jeweils<br />
auch der Einbezug aller Beteiligten <strong>und</strong> somit<br />
die Erreichung einer breiten Akzeptanz.<br />
Nur wenn die betroffenen Gr<strong>und</strong>eigentümer,<br />
Gemeindevertreter <strong>und</strong> Naturschutzorganisationen<br />
das Vorhaben akzeptieren, ist die<br />
Umsetzung schlussendlich erfolgreich. Zudem<br />
unterstützt der RenF nur Revita lisierungen,<br />
für welche bereits eine akzeptierte<br />
Projektidee vorliegt <strong>und</strong> dies immer in Zusam<br />
menarbeit mit anderen Kostenträgern<br />
wie der öffentlichen Hand oder privaten<br />
Organisationen.<br />
Breite Unterstützung<br />
Bei der Berner Bevölkerung ist der RenF breit<br />
abgestützt. Das Finanzierungsmodell wurde<br />
1997 vom Bernisch Kantonalen Fischerei-<br />
Verband <strong>und</strong> von Pro Natura Bern als Volksvorschlag<br />
lanciert. Bereits bei der Unterschriftensammlung<br />
kamen statt der erforderlichen<br />
10 000 erfreulicherweise 22 447<br />
Unterschriften zusammen. Daraufhin wurde<br />
der Volksvorschlag vom Berner Stimmvolk<br />
klar angenommen. Die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage<br />
dazu bildet das Wasser nutzungsgesetz<br />
(WNG), welches 1998 in Kraft trat. Weil der<br />
Grosse Rat den Kraft werksbetreibern Rabatte<br />
bei der Ausrichtung der Wasserzinse<br />
gewähren wollte, kam es 2002 noch einmal<br />
zu einer Volksabstim mung. Dem Kanton wären<br />
dadurch Ein nahme aus fälle von 3,5 bis<br />
10 Millionen Franken entstanden. Auch hier<br />
unterstützte der Souverän die Anliegen des<br />
Fonds klar <strong>und</strong> lehnte die Sparübung auf<br />
dessen Kosten ab.<br />
„Läbigs Bärner Wasser“ –<br />
Modell für die ganze Schweiz?<br />
Die gute Idee, die sich nun seit zehn Jahren<br />
bewährt, findet Nachahmung. Auf B<strong>und</strong>esebene<br />
wurde durch den schweizerischen Fischereiverband<br />
die neue Volksinitiative „Lebendiges<br />
Wasser“ lanciert. Sie fordert die<br />
Schaffung eines Re<strong>natur</strong>ierungsfonds nach<br />
Berner Vorbild in jedem Kanton. Zudem ist<br />
die Einhaltung der Restwasservorschriften<br />
eine weitere Forderung im Initiativtext. Die<br />
Initiative wurde mit über 160 000 Unterschriften<br />
eingereicht <strong>und</strong> wartet momentan<br />
auf die Beratung durch das Parlament. Diese<br />
Bestrebungen, das Berner Modell auf die<br />
ganze Schweiz auszudehnen, sind der beste<br />
Beweis für den Erfolg des RenF.<br />
Erfolg dank vielen Beteiligten<br />
Nach zehn Jahren intensiver Tätigkeit hat<br />
der RenF allen Gr<strong>und</strong> zum Feiern. Im<br />
Jubiläumsjahr sind verschiedene Aktivitäten<br />
geplant. Beispielsweise wird im Juni der revitalisierte<br />
Gummenbach in der Nähe von<br />
Aarberg im Beisein von Regierungsrat Andreas<br />
Rickenbacher als eines von vielen gelungenen<br />
RenF-Projekten den Medien vorgestellt.<br />
Im Herbst ist zudem eine Preis verleihung<br />
der besonderen Art geplant: die<br />
Vergabe des Grünen Baggerführers. Diese<br />
Auszeichnung erhalten Bauarbeiter, welche<br />
bei der Schaffung von neuen Gerinnen<br />
durch besonderes Gestaltungsgeschick <strong>und</strong><br />
Engagement auffallen. Nur mit interessierten<br />
Baggerführern, innovativen Bauunternehmungen,<br />
aber auch kooperativen Gr<strong>und</strong>eigentümern,<br />
flexiblen Bewirtschaftern <strong>und</strong><br />
aufgeschlossenen Gemeinden ist eine erfolgreiche<br />
Projektumsetzung für den RenF<br />
möglich. Es braucht viele Beteiligte, die ihren<br />
Anteil dazu beitragen, damit aus verbauten<br />
Gewässern wieder <strong>natur</strong>nahe Lebensräume<br />
werden.<br />
Barbara Ringgenberg<br />
<strong>natur</strong>aqua PBK<br />
Elisabethenstrasse 51<br />
3014 Bern<br />
Tel. 031 331 38 41<br />
b.ringgenberg@<strong>natur</strong>aqua.ch<br />
Seite 4 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Was Fische wollen –<br />
oder Flussrevitalisierungen als Herausforderung<br />
Weltweit werden Fliessgewässer mit grossem Aufwand revitalisiert. Dazu gibt es<br />
einige erfolgreiche Beispiele. Doch leider stellt sich der angestrebte ökologische<br />
Erfolg nicht immer ein, ein abgeschlossenes Projekt ist also nicht automatisch auch<br />
ein erfolgreiches. Für einen effizienten Einsatz der begrenzten finanziellen Mittel<br />
ist deshalb ein besseres Verständnis der ablaufenden ökologischen Prozesse sowie<br />
der anhaltenden Defizite nötig. Unsere fischökologischen Untersuchungen an<br />
Rhone <strong>und</strong> Thur zeigen die Bedeutung von grossräumigen, langfristigen Revitalisierungsmassnahmen<br />
sowie die Notwendigkeit eines Vergleichs mit <strong>natur</strong>nahen<br />
Referenzbedingungen.<br />
von Christine Weber <strong>und</strong> Armin Peter<br />
Revitalisierung <strong>und</strong> Rena turierung<br />
verfolgen unterschiedliche<br />
Ziele. In beiden<br />
Fällen soll der Endzustand<br />
aber über verbesserte Ökosystem-Strukturen<br />
(z.B.<br />
Artendiversität) <strong>und</strong> -Funktionen<br />
(z.B. Vernetzung)<br />
verfügen (nach [8] ).<br />
Kanalisierung, Hochwasserschutz, Abwas ser -<br />
ableitung, Wasserkraftnutzung: Die Mehr heit<br />
der Flüsse weltweit ist stark durch den<br />
Menschen genutzt. R<strong>und</strong> 24 Pro zent der<br />
Schweizer Fliessgewässer zeigen grosse De -<br />
fizite in ihrer Struktur, daneben unterbrechen<br />
mindestens 80‘000 künstliche Über fälle<br />
(> 0.5 m) das natürliche Fliess kontinuum<br />
[1] . Der <strong>mensch</strong>liche Einfluss wirkt sich<br />
vielerorts negativ auf die aquatischen Lebensgemeinschaften<br />
aus. So sind weltweit zahlreiche<br />
Flussfischarten in ihrem Überleben<br />
gefährdet, von den ursprünglich 55 einheimischen<br />
Fischarten der Schweiz sind acht bereits<br />
ausgestorben <strong>und</strong> nur 12 Arten gelten<br />
als ungefährdet (VBGF). Aber auch für den<br />
Menschen wichtige Ökosystemleistungen<br />
sind betroffen, so etwa die Versorgung mit<br />
Trinkwasser oder der Hochwasser rück halt.<br />
Mit Revitalisierungsprojekten wird seit einigen<br />
Jahren versucht, Flüsse <strong>und</strong> Bäche wieder<br />
in einen <strong>natur</strong>näheren Zustand zurückzuführen.<br />
Eine Re<strong>natur</strong>ierung, also eine<br />
Wiederherstellung des natürlichen Ursprungs<br />
zustands, ist heute kaum mehr möglich:<br />
Grossräumige Einflüsse des Menschen<br />
lassen sich nicht mehr rückgängig machen,<br />
so etwa die Trockenlegung einst ausgedehnter<br />
Feuchtgebiete oder der Bau von<br />
Siedlungen in früheren Schwemm flächen.<br />
Häufig steht bei Revitalisierungen die Wieder<br />
herstellung einer <strong>natur</strong>nahen Gewäs serstruktur<br />
im Vordergr<strong>und</strong>, von der man sich<br />
eine positive Wirkung auf die aquatischen<br />
Lebewesen erhofft. In zahlreichen Projekten<br />
ist diese biologische Reaktion aber ausgeblieben<br />
[2] . Hier stellt sich Wissenschaft <strong>und</strong><br />
Praxis die spannende Aufgabe, die ver antwortlichen<br />
Prozesse zu identifizieren <strong>und</strong><br />
damit zu einer verbesserten Revita lisierungspraxis<br />
beizutragen.<br />
Das Rhone-Thur Projekt<br />
Im Rahmen des Rhone-Thur-Projekts * ) von<br />
Eawag, WSL, VAW, BAFU <strong>und</strong> EPFL wurden<br />
aktuelle <strong>und</strong> künftige Flussbauprojekte mit<br />
Fokus auf Hochwasserschutz <strong>und</strong> Revita lisierung<br />
durch problemorientierte wissenschaftliche<br />
Beiträge unterstützt. Als Un tersuchungsgewässer<br />
diente einerseits die<br />
Rhone im Wallis, die vor grossräumigen Auf -<br />
wertungen im Rahmen der dritten Korrektion<br />
steht. Zum anderen fanden Aufnahmen<br />
an der unteren Thur statt, wo seit<br />
Beginn der 1990er Jahre mehrere Revi talisierungsprojekte<br />
realisiert wurden, darunter<br />
auch drei Aufweitungen bei Pfyn, Niederneunforn<br />
<strong>und</strong> Gütighausen.<br />
Der Schwerpunkt der hier präsentierten<br />
Untersuchungen [3, 4] lag bei der Fischfauna.<br />
Fische sind geeignete Organismen, um die<br />
Lebensbedingungen in Fliessgewässern zu<br />
Hinweis<br />
* Das Rhone-Thur-Projekt wurde 2005 abgeschlossen.<br />
Die Revitalisierungsthematik wird<br />
im Nachfolgeprojekt „Integrales Flussgebietsmanagement“<br />
mit denselben Partnern<br />
weiterverfolgt. www.rivermanagement.ch<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 5
Gewässer<br />
studieren, da sie relativ langlebig <strong>und</strong> mobil<br />
sind, zudem sind ihre ökologischen Ansprüche<br />
meist gut dokumentiert. Uns interessierte,<br />
wie die Fischfauna auf anthropogene<br />
Beeinträchtigungen des Fliessgewässers<br />
rea giert (Rhone) bzw. wie sie nach einer<br />
Revitalisierung den aufgewerteten Lebensraum<br />
nutzt (Thur).<br />
Die Thur bei Niederneunforn<br />
im Laufe der Zeit. Der<br />
Flusslauf wurde von<br />
topographischen Karten digitalisiert<br />
bzw. mittels GPS im<br />
Feld erhoben (2005).<br />
Um die Fischfauna zu beschreiben, führten<br />
wir elektrische Befischungen durch. Da in<br />
grossen Gewässern wie der Rhone <strong>und</strong> der<br />
Thur keine Befischung über die gesamte<br />
Flussbreite möglich ist, wurden Streifen befischt,<br />
die in sich bezüglich Fliess ge schwindigkeit,<br />
Tiefe <strong>und</strong> Struk turierung einheitlich<br />
sind. Die Zu sam mensetzung der beobachteten<br />
Fisch gemeinschaft lässt sich mit verschiedenen<br />
Grössen charakterisieren: Wieviele<br />
Fische kommen vor (Fischdichte) <strong>und</strong><br />
welchen Arten gehören sie an? Handelt es<br />
sich um standortgerechte Fischarten? Welches<br />
sind ihre Ansprüche bezüglich Wassertemperatur,<br />
Strukturierung des Ge wässers,<br />
Fliessgeschwindigkeit? Wie ist die Alters<br />
verteilung der gefangenen Fische?<br />
In Ergänzung zu den Befischungen dokumentierten<br />
wir den Fliessgewässerlebensraum,<br />
d.h. fisch-relevante Parameter wie Unterstandsangebot,<br />
Substrat zusammen setzung<br />
<strong>und</strong> Fliessmuster wurden bestimmt.<br />
Zusätzlich rekonstruierten wir den <strong>natur</strong>nahen<br />
Gewässerzustand anhand alter<br />
Quellen. Von topographischen Karten wurde<br />
der historische Flusslauf vor der Kanalisierung<br />
digitalisiert <strong>und</strong> anschliessend<br />
mit dem aktuellen Flusslauf verglichen. Beschreibende<br />
Angaben zur historischen Fischfauna<br />
fanden sich in alten Verbrei tungsbüchern.<br />
Die Rhone vor der dritten<br />
Korrektion<br />
Historische Quellen beschreiben die Rhone<br />
als wilden, weit verzweigten Fluss, der die<br />
Rhoneebene vollständig seiner Dyna mik<br />
unterwarf. Seither haben grossräumi ge morphologische<br />
Eingriffe wie die zwei Korrektionen<br />
(1863–1876 <strong>und</strong> 1932–1960) zu einer<br />
Verarmung des aquatischen Lebens raums<br />
geführt: Heute dominieren hohe Fliess geschwindigkeiten,<br />
strömungsberuhigte Abschnitte<br />
fehlen weitgehend. Auch die Wassertiefe<br />
variiert kaum, seichte <strong>und</strong> tiefe<br />
Stellen sind untervertreten. Diese gleichförmigen<br />
Fliessverhältnisse führen zu einer<br />
stark reduzierten Temperaturvielfalt, insbesondere<br />
im Gerinnequerschnitt.<br />
Sowohl die longitudinale als auch die laterale<br />
Vernetzung sind beeinträchtigt: Zahlreiche<br />
Wehre im Hauptfluss <strong>und</strong> in den<br />
Zuflüssen unterbrechen das Längskontinuum.<br />
Der Zugang in die Zuflüsse ist aufgr<strong>und</strong><br />
der Eintiefung des Hauptgerinnes häufig erschwert<br />
oder gar verunmöglicht. Auch fehlt<br />
für die Rhone unterhalb von Sierre eine<br />
Anbindung an grössere Feucht- oder Auengebiete.<br />
Das Abflussregime wird stark von<br />
der Elektrizitätsnutzung bestimmt <strong>und</strong><br />
verläuft weitgehend gegenläufig zur natürlichen<br />
Dynamik. Beispielsweise haben in<br />
Schwallstrecken die Winterabflüsse stark zugenommen.<br />
Die Rhone bietet kaum Fischunterstände,<br />
weder entlang der Ufer, noch in der Flussmitte.<br />
Ausnahmen bilden der Oberlauf im<br />
Goms sowie der ca. 6 km lange unverbaute<br />
Abschnitt im Pfynwald. Letzterer weist als<br />
Restwasserstrecke allerdings ein schwerwiegendes<br />
Abflussdefizit auf, was sich negativ<br />
auf die Fischlebensräume auswirkt.<br />
Wie sieht die Fischfauna unter diesen Beeinträchtigungen<br />
aus? Wir kombinierten zwei<br />
Ansätze von elektrischen Befischungen: In<br />
einem Systemüberblick im Frühjahr 2003<br />
wurden 36 Strecken von der Quelle bis zum<br />
Genfersee untersucht [3] . Daneben wurden<br />
sieben Strecken zwischen 2001 <strong>und</strong> 2004<br />
mehrfach befischt, um zeitliche Schwan kungen<br />
im Fischbestand zu erfassen.<br />
Mit sieben nachgewiesenen Arten beobachteten<br />
wir eine äusserst geringe Artenvielfalt.<br />
Mit Ausnahme von Bachforelle <strong>und</strong><br />
Groppe handelt es sich um Einzelfänge (Elritze,<br />
Egli, Gründling, Goldfisch <strong>und</strong> Regenbogenforelle).<br />
Dies steht in deutlichem Gegensatz<br />
zu historischen Aufnahmen, in<br />
denen für den Rhone-Hauptfluss 18 Fischarten<br />
dokumentiert sind [5] .<br />
Die Fischdichte ist äusserst gering, jedoch<br />
signifikant positiv korreliert mit dem Unterstandsangebot:<br />
Je höher der Anteil an<br />
Blöcken <strong>und</strong> tiefen, strömungsberuhigten<br />
Stellen, desto grösser die Bachforellenfänge<br />
pro befischter Fläche. Der Populationsaufbau<br />
der Bachforelle weicht deutlich von einer<br />
natürlichen Verteilung ab. In zahlrei chen<br />
Strecken, insbesondere in den stark Schwall-<br />
Sunk beeinflussten Abschnitten im Un terlauf,<br />
fehlen grössere Fische. Auch die jüngsten<br />
Jahrgänge sind generell untervertreten,<br />
die natürliche Fortpflanzung der Bachforelle<br />
funktioniert nur noch in den we nigen unverbauten<br />
Flussabschnitten. Viele der untersuchten<br />
Bachforellen weisen De formationen<br />
an Flossen oder Kiemen deckel auf. Dies sind<br />
Anomalien, wie sie für Zuchtfische typisch<br />
sind.<br />
Wo können Revitalisierungsmassnahmen ansetzen?<br />
In einem ursprünglich verzweigten<br />
System wie der Rhone besitzen grosse Aufweitungen<br />
ein beträchtliches Potenzial. Zum<br />
Seite 6 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Resultate einer GPS-Kartierung<br />
der Fischlebensräume<br />
an der Thur. Oben: Habitatsvielfalt<br />
im kanalisierten<br />
Abschnitt bei Frauenfeld<br />
(links) <strong>und</strong> in der Aufweitung<br />
Schäffäuli bei Niederneunforn<br />
(rechts). Unterschiedliche<br />
Habitatstypen sind<br />
unterschiedlich schattiert.<br />
Unten: Vorkommen verschiedener<br />
Wassertiefen resp.<br />
Fliessgeschwindigkeiten<br />
über die gesamte kartierte<br />
Fläche.<br />
einen stoppen sie die Eintiefung des Gerinnes,<br />
zum anderen können vielfältige aquatische<br />
<strong>und</strong> terrestrische Lebensräume entstehen.<br />
Zusätzlich braucht es für die Wiederbesiedlung<br />
aufgewerteter Abschnitte eine gute<br />
Vernetzung zu arten- <strong>und</strong> individuenreichen<br />
Lebensgemeinschaften. Bei Fisch pässen ist<br />
ein spezielles Augenmerk auf eine funktionierende<br />
Abwanderung zu richten.<br />
Eine zentrale Frage ist, wie sich Lebensraumverbesserungen<br />
in Schwall-Sunk-Strecken<br />
auswirken. Für die Obere Drau, Österreich,<br />
wurde gezeigt, dass sich Schwall-Sunk<br />
in der neu gebauten Aufweitung nachteilig<br />
auswirkt, besonders auf die 0+- Äschen<br />
(Sömmerlinge) [6] . An der Rhone sind in einem<br />
ersten Schritt innerhalb der Schwall-<br />
Sunk-Strecken die Effekte auf Fische <strong>und</strong><br />
andere Lebewesen abzuklären. In einem<br />
zweiten Schritt sind neue Aufweitungen<br />
möglichst rasch auf ihren ökologischen Erfolg<br />
zu überprüfen. Zusätzlich sind schwalldämpfende<br />
Massnahmen im Unterlauf der<br />
Rhone unerlässlich.<br />
Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wird die Thur<br />
zwecks Hochwasserschutz <strong>und</strong> Land gewinnung<br />
grossräumig kanalisiert. Bei Niederneunforn<br />
nimmt die Uferlänge von 4.5 km<br />
pro Fliesskilometer auf knapp 2 km/km ab.<br />
Damit reduziert sich der für den Fluss wichtige<br />
Austausch mit dem umgebenden Land<br />
gewaltig. Überschwemmte Flächen fehlen,<br />
<strong>und</strong> der Eintrag von Totholz geht zurück.<br />
Trotz der Korrektion verursachen Hochwasser<br />
weiterhin grosse Schäden. Ein Umdenken<br />
im Wasserbau führt ab 1990 zur Realisierung<br />
von 15 zunehmend grösser dimensionierten<br />
Revitalisierungsprojekten.<br />
2005 haben wir im Sommer <strong>und</strong> im Winter<br />
in den drei Aufweitungen sowie in fünf kanalisierten<br />
Abschnitten elektrische Befischun<br />
gen durchgeführt <strong>und</strong> mittels GPS exakte<br />
Karten der Fischlebensräume erstellt.<br />
In den Kanalstrecken <strong>und</strong> der kürzesten<br />
Aufweitung (
Rubrik<br />
Die revitalisierte Thur<br />
bei Niederneunforn.<br />
Photo: A. Peter<br />
Bachforellen <strong>und</strong> Groppen sind nur noch als<br />
Einzeltiere im Fang vertreten (0.5 Prozent).<br />
Die Vielfalt des Lebensraumes kann durch<br />
grosse Flussaufweitungen erhöht werden.<br />
Die beobachtete schwache Reak tion der<br />
Fischgemeinschaft widerspiegelt allerdings<br />
noch vorhandene Defizite, wie beispielsweise<br />
die geringe Temperatur viel falt.<br />
Zudem gilt es die Lebensraumsituation in<br />
der gesamten Thur zu beachten: In 65<br />
Prozent der unteren 90 km ist die Mor phologie<br />
nach wie vor deutlich beeinträchtigt,<br />
der Fluss ist durch Stauwehre fragmentiert<br />
oder führt Restwasser. Auch dürfte die<br />
Besiedlung des revitalisierten Lebensraums<br />
noch nicht abgeschlossen sein. Eine mehrjährige<br />
Erfolgskontrolle ist entsprechend<br />
sinnvoll.<br />
Schlussfolgerungen<br />
Unsere Untersuchungen zeigen, wie wertvoll<br />
die Kenntnis von <strong>natur</strong>nahen Fluss systemen<br />
im Revitalisierungsprozess ist. Ei nerseits<br />
ermöglichen <strong>natur</strong>nahe Referen zen,<br />
dass in der Planungsphase der Grad der<br />
Beeinträchtigung bestimmt <strong>und</strong> passende<br />
Massnahmen entwickelt werden können. So<br />
lässt sich ein flusstypspezifisches Leit bild<br />
formulieren, welches für alle ökologisch relevanten<br />
Gewässermerkmale langfristige<br />
Entwicklungsziele festhält. Ebenso wird eine<br />
Einschätzung möglich, in welchen Fluss abschnitten<br />
Revitalisierungen besonders dringlich<br />
sind. Andererseits sind <strong>natur</strong>nahe Referenzen<br />
wichtig für die Erfolgskontrolle: Erst<br />
die Gegenüberstellung mit der <strong>natur</strong>nahen<br />
Situation erlaubt die Abschät zung, ob mit<br />
der Revitalisierung tatsächlich eine erhöhte<br />
Naturnähe erreicht wurde. Mit einem alleinigen<br />
Vergleich zwischen kanalisierten <strong>und</strong><br />
revitalisierten Abschnitten ist dies nicht<br />
möglich.<br />
In einer vielseitig genutzten Kulturlandschaft<br />
wie der Schweiz sind Fliessgewässer oft unterschiedlichsten<br />
Beeinträchtigungen ausgesetzt.<br />
Die Studien an Rhone <strong>und</strong> Thur<br />
unterstreichen, dass grossräumige Mass nahmen<br />
nötig sind, um Revitalisierungsprojekten<br />
zum angestrebten Erfolg zu verhelfen (z.<br />
B. breite Aufweitungen von mehreren Kilometern<br />
Länge). Revitalisierungen sollen prioritär<br />
dort durchgeführt werden, wo lange<br />
zusammenhängende Strecken mit <strong>natur</strong>nahem<br />
Charakter entstehen. Auch die beststrukturierten<br />
Gewässerabschnitte werden<br />
nur schwerlich durch Organismen besiedelt,<br />
wenn sie räumlich isoliert sind. Die Vernetzung<br />
ist von zentraler Bedeutung: Eine<br />
rasche Besiedlung revitalisierter Strecken<br />
durch Fische erfolgt nur bei gegebener<br />
Längsvernetzung. Eine mehrjährige Erfolgskontrolle<br />
ist für grössere Projekte in jedem<br />
Fall wichtig.<br />
Dank<br />
Den Fischereiverwaltungen der Kantone<br />
Wallis, Thurgau, Zürich <strong>und</strong> Waadt, den Vertretern<br />
der lokalen Fischereivereine sowie<br />
den zahlreichen Helferinnen <strong>und</strong> Helfern bei<br />
der Feldarbeit danken wir herzlich für die<br />
gute Zusammenarbeit <strong>und</strong> Unterstützung.<br />
Literaturangaben<br />
[1] Notter B., Aschwanden H., Klauser H., Staub E.<br />
& v. Blücher U. 2007: Ökomorphologischer<br />
Zustand der Schweizer Fliessgewässer:<br />
Zwischenauswertung aufgr<strong>und</strong> der<br />
Erhebungen aus 18 Kantonen. B<strong>und</strong>esamt für<br />
Umwelt, Bern, 9 S.<br />
[2] Roni P., Hanson K., Beechie T.J., Pess G.R.,<br />
Pollock M.M. & Bartley D.M. 2005. Habitat<br />
rehabilitation for inland fisheries. Global<br />
review of effectiveness and guidance for<br />
rehabilitation of freshwater ecosystems. FAO,<br />
Rome, 116 S.<br />
[3] Weber C., Peter A. & Zanini F. 2007. Spatiotemporal<br />
analysis of fish and their habitat: a<br />
case study on a highly degraded Swiss river<br />
system prior to extensive rehabilitation.<br />
Aquatic Sciences 69: 162-172.<br />
[4] Weber C., Schager E. & Peter A. Habitat<br />
diversity and fish assemblage structure in<br />
local river widenings: a case study on a Swiss<br />
river. Artikel für Publikation akzeptiert in<br />
River Research and Applications.<br />
[5] Fatio, V. 1882/ 1890. Histoire <strong>natur</strong>elle des<br />
poissons – Première/ Deuxième partie. H.<br />
Georg, Geneva, Basel, 786/ 576 S.<br />
[6] Unfer G., Schmutz S., Wiesner C., Habersack<br />
H., Formann E., Komposch C. & Paill W. 2004.<br />
The effects of hydropeaking on the sucess of<br />
river-restoration measures within the LIFE-<br />
Project „Auenverb<strong>und</strong> Obere Drau“.<br />
Proceedings of the Fifth International<br />
Symposium on Ecohydraulics, Madrid, 741-<br />
746.<br />
[7] Wehrli E. 1892. Fischleben der kleinen thurg.<br />
Gewässer - Beitrag zu einer Fauna des<br />
Kantons Thurgau. Mitteilungen der<br />
Thurgauischen Naturforschenden<br />
Gesellschaft 10: 61-104.<br />
[8] Bradshaw A.D. 1997. What do we mean by<br />
restoration? In: Urbanska K.M., Webb N.R. & P.<br />
J. Edwards (Hrsg.): Restoration ecology and<br />
sustainable development. Cambridge<br />
University Press, Cambridge, 8-14.<br />
Christine Weber<br />
Dr. sc. nat., Biologin<br />
Eawag: Das Wasserforschungs-<br />
Institut des ETH-Bereichs<br />
Seestrasse 79<br />
6047 Kastanienbaum<br />
christine.weber@eawag.ch<br />
Armin Peter<br />
Dr. sc. nat., Biologe<br />
Eawag: Das Wasserforschungs-<br />
Institut des ETH-Bereichs<br />
Seestrasse 79<br />
6047 Kastanienbaum<br />
armin.peter@eawag.ch<br />
Seite 8 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Denn der stete Tropfen<br />
höhlt nicht nur den Stein …<br />
Nicht frankieren<br />
Ne pas affranchir<br />
Non affrancare<br />
Foto: photocase.de<br />
Geschäftsantwortsendung Invio commerciale-risposta<br />
Correspondance commerciale-résponse<br />
Rheinaub<strong>und</strong><br />
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<strong>und</strong><br />
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50 Jahre für<br />
Natur <strong>und</strong> Umwelt!<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 9
Rheinaub<strong>und</strong><br />
Neukonzession des Kraftwerks Kembs am Oberrhein<br />
– gütliche Einigung oder Gerichtsfall?<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> setzt sich seit seiner Gründung für Gewässer <strong>und</strong> Landschaften<br />
ein, also offene Ökosysteme. Deshalb ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass wir nicht nur<br />
am Hochrhein, sondern auch am Oberrhein tätig sind - schliesslich macht der Fluss<br />
nicht an der Grenze halt. Die Neukonzessionierung des Kraftwerks Kembs unterhalb<br />
Basels gibt Anlass dazu. Wie üblich geht es neben dem Geschiebehaushalt <strong>und</strong><br />
der Fischwanderung um die Revitalisierung der Flussdynamik <strong>und</strong> der Habitate im<br />
„Restrhein“.<br />
von Jürg Bloesch<br />
Besonders interessant an diesem Projekt ist,<br />
dass wir hier zum ersten Mal mit französischen<br />
Kon zessionsbehörden zu tun haben,<br />
die sich unter anderem noch auf den Versailler<br />
Vertrag von 1919 berufen <strong>und</strong> so trotz<br />
moderner EU-Wasserrahmenrichtlinie eine<br />
vernünftige Zusammenarbeit mit den Deutschen<br />
Nachbarn verunmöglichen. Schliesslich<br />
müssen die öko logischen Massnahmen<br />
am Ober rhein auch im Kontext des Programms<br />
„Lachs 2020“ gesehen werden,<br />
denn wir alle erwar ten mit Ungeduld den<br />
ersten Salmo salar in Basel!<br />
Streitfall Kraftwerk Kembs<br />
am Oberrhein.<br />
Foto: J. Lange<br />
Von der grandiosen Auenlandschaft<br />
zum Schifffahrtskanal<br />
Der berühmt-berüchtigte badische Oberst<br />
Johann Gottlieb Tulla hat von 1817–1885<br />
den damals frei fliessenden <strong>und</strong> stark verzweigten<br />
Oberrhein in mehreren Ausbauetappen<br />
zur Melioration <strong>und</strong> Festlegung der<br />
badisch-französischen Grenzlinie zum ersten<br />
Mal massiv korrigiert. Verschiedene<br />
Durchstiche verkürzten den Flusslauf um etwa<br />
82 km (23 Prozent), was die Tiefenerosion<br />
förderte, den Gr<strong>und</strong>wasserspiegel senkte,<br />
viele Inseln <strong>und</strong> Kiesbänke ausräumte <strong>und</strong><br />
die Auen zunächst zu Riedflächen degradierte.<br />
Eine zweite Ausbauetappe von 1900-<br />
1945 forcierte die Kanalisierung des Rheins,<br />
der zum heutigen Schifffahrtskanal verbaut<br />
wurde. 1932 wurde das Kraftwerk Kembs<br />
gebaut, um den Rhein zur Energiegewinnung<br />
zu nutzen. Von der ursprünglichen, grandiosen,<br />
natürlichen Auenlandschaft ist nur der<br />
sogenannte „Restrhein“ geblieben, der seinem<br />
Namen mit einer nur kümmerlichen<br />
Restwassermenge alle Ehre macht <strong>und</strong> ebenfalls<br />
verbaut ist. Obwohl dieser Flussabschnitt<br />
kaum als Referenzzustand tauglich<br />
ist, hat er immer noch ein grosses ökologisches<br />
Potenzial.<br />
Revitalisierung dringend nötig<br />
Die Revitalisierung des r<strong>und</strong> 50 km langen<br />
„Restrheins“ ist von deutscher Seite schon<br />
seit Jahren an die Hand genommen worden,<br />
Seite 10 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Peter Birmann 1758–1844:<br />
Blick vom Isteiner Klotz<br />
rheinaufwärts Richtung<br />
Basel. Kunstmuseum Basel<br />
<strong>und</strong> die Hochwasserschutzplanung ist soweit<br />
gediehen, dass bald mit den Arbeiten<br />
begonnen werden kann. Vorgesehen sind<br />
eine Abtragung des infolge der Fluss eintiefung<br />
isolierten rechten Ufers, eine damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Verbreiterung des Flussbettes<br />
<strong>und</strong> eine Dynamisierung der Uferverzahnung,<br />
sowie die Schaffung von Retentionsräumen.<br />
Die anstehende Neukonzessionierung des<br />
Kraftwerk Kembs gab Anlass, diese Revitalisierung<br />
mit ökologischen Massnahmen im<br />
Rahmen der Konzession zu unterstützen<br />
<strong>und</strong> zu fördern. Zunächst einmal durch eine<br />
signifikante Erhöhung der Restwassermenge,<br />
sodann durch eine Gewährleistung der<br />
Fischwanderung mit Fischaufstiegshilfen,<br />
<strong>und</strong> schliesslich durch eine Aufwertung der<br />
Sohle, der Lebensräume <strong>und</strong> der Ufererosion,<br />
um die verloren gegangene ökologische<br />
Funktion <strong>und</strong> Dynamik des „Restrheins“ <strong>und</strong><br />
der Restauen wieder einigermassen zu gewährleisten.<br />
Der Oberrhein bei Kembs ist eine internationale<br />
Angelegenheit zwischen Frankreich,<br />
Deutschland <strong>und</strong> der Schweiz (siehe auch<br />
Espoo-Konvention). [1] Dies insbesondere darum,<br />
weil es im Rahmen der Europäischen<br />
Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) um das<br />
(Teil-) Management eines ganzen Flusses<br />
geht, <strong>und</strong> weil Geschiebehaushalt <strong>und</strong><br />
Fischwanderung keine Staatsgrenzen kennen.<br />
Gemäss WRRL muss bis 2015 ein „guter<br />
ökologischer Zustand“ aller Gewässer ausgewiesen<br />
sein. Die Konzessionserneuerung<br />
des KW Kembs (vorgesehen ab 1.1.2008) unterliegt<br />
dem französischen <strong>und</strong> dem schweizerischen<br />
Recht. Die Schweiz ist dabei als<br />
Oberlieger vom Einstau bis zu den Basler<br />
Rheinhäfen betroffen. Eine Deutsche Konzession<br />
ist nicht nötig (Versailler Vertrag), obwohl<br />
die Deutschen Anrainer sind (rechtes<br />
Rheinufer). Rechtlich gesehen sind nebst<br />
den einschlägigen französischen <strong>und</strong> schweizerischen<br />
Gesetzen (GschG, BGF, B<strong>und</strong>esgesetz<br />
über den Wasserbau) die internationalen<br />
Übereinkommen zum Schutz des<br />
Rheins vom 12. April 1999 sowie die darauf<br />
basierenden Beschlüsse der Rheinministerkonferenzen<br />
massgebend. Zudem gilt es<br />
auch die Empfehlungen <strong>und</strong> Vorgaben der<br />
Internationalen Kommission zum Schutz<br />
des Rheins (IKSR) zu berücksichtigen, in der<br />
alle drei Länder vertreten sind. Die Arge<br />
Hochrhein, deren Mitglied der Rheinaub<strong>und</strong><br />
ist, hat Beobachterstatus in der IKSR <strong>und</strong> unterstützt<br />
die Massnahmen zur Revitalisierung<br />
des Rheins. Die Schifffahrt ist durch internationale<br />
Verträge geregelt <strong>und</strong> privilegiert.<br />
Konzessionsgesuch <strong>und</strong> UVP<br />
umstritten<br />
Das erste Konzessionsgesuch von 2004 wurde<br />
aufgr<strong>und</strong> der Interventionen aus Umweltverbänden<br />
(insbesondere der Na ture d’Alsace)<br />
stark verbessert. Der Electricité de<br />
France (EDF) kann eine gute Gr<strong>und</strong>einstellung<br />
(integraler Ansatz) <strong>und</strong> der Wille attestiert<br />
werden, ökologische Verbesserungen<br />
realisieren <strong>und</strong> finanzieren zu wollen. Dazu<br />
gehören zum Beispiel die Revitalisierung<br />
der Wiese bei Basel, eine markante Erhöhung<br />
der Restwassermenge, die Initiierung der<br />
Ufererosion <strong>und</strong> damit eine Erhöhung der<br />
Auendynamik in der Restwasserstrecke, <strong>und</strong><br />
ein neuer funktionstüchtiger Fischpass beim<br />
Wehr.<br />
Wie üblich sitzt der Teufel jedoch im Detail.<br />
Unsere Einsprache im März 2007 wurde von<br />
der EDF im Sommer beantwortet, <strong>und</strong> nach<br />
einer kurzen Duplik im September fanden<br />
am 6. Dezember 2007 die Einspracheverhandlungen<br />
in Basel statt. Da sich die Konzessionierung<br />
verzögert, hat das BFE die<br />
laufende Konzession ohne Bedingungen um<br />
drei Jahre verlängert, was rechtlich gesehen<br />
äusserst bedenklich <strong>und</strong> eigentlich nicht akzeptabel<br />
ist.<br />
Restwasserstrecke <strong>und</strong><br />
Auendynamik<br />
Die vorgeschlagenen Massnahmen bezüglich<br />
einer Erhöhung der Restwassermengen<br />
<strong>und</strong> struktureller Eingriffe zur Förderung der<br />
Ufererosion <strong>und</strong> natürlichen Auflandungen<br />
sind zweifellos ein wertvoller Revitalisierungsschritt.<br />
Sie ergänzen die im Rahmen<br />
des Integrierten Rheinprogramms (IRP) am<br />
deutschen Ufer vorgesehenen Massnahmen<br />
Grenzüberschreitendes Flussmanagement-Theorie<br />
<strong>und</strong> Praxis<br />
Oberrhein bei Breisach:<br />
1828 vor der Regulierung,<br />
1872 nach der Korrektur<br />
durch Tulla <strong>und</strong> 1963 nach<br />
weiterer Kanalisierung.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 11
Rheinaub<strong>und</strong><br />
zur Vergrösserung der Auenfläche <strong>und</strong> Erhöhung<br />
des Hochwasser-Retentionspotenzials<br />
um r<strong>und</strong> 400 ha bzw. 35 mio m 3 in idealer<br />
Weise (Abtragung der Dämme <strong>und</strong> des<br />
Waldsaums auf das Niveau des eingetieften<br />
„Restrheins“). Mit der saisonal variablen<br />
Restwasserdotierung ist es möglich, unter<br />
Berücksichtigung des Hochwasserschutzes,<br />
eine Dynamisierung der Hydrologie <strong>und</strong> der<br />
Auen zu erreichen. Allerdings ist es höchst<br />
fraglich, ob der vorgeschlagene Winter-<br />
Sockelabfluss von 52 m 3 /s genügend ist. Als<br />
Sommermaximum sind 150 m 3 /s vorgesehen.<br />
Der resultierende mittlere Abfluss von<br />
123 m 3 /s entspricht zwar der in Frankreich<br />
gesetzlich geforderten Mindestrestwassermen<br />
ge von 10 Prozent des mittleren Abflusses<br />
(hier 1073 m 3 /s). Dass die Winter- <strong>und</strong><br />
Sommerwerte aber fraglich sind, wird aus<br />
einer Klausel im Konzessionsentwurf deutlich,<br />
die ab 2020 eine mögliche Erhöhung<br />
der Mindestabflussmenge auf 80 m 3 /s im<br />
Winter (= 10 Prozent des winterlichen QM<br />
Der Restrhein macht seinem<br />
Namen mit seiner derzeit<br />
kläglichen Restwassermenge<br />
alle Ehre. Im Hintergr<strong>und</strong><br />
der Grand Canal d’Alsace.<br />
Foto: J. Lange<br />
Auch die Geschiebesituation im Oberwasser<br />
ist ungenügend dokumentiert, weil die gemachten<br />
Profilvergleiche im Stauraum nur eine<br />
grobe Übersicht über Erosions- <strong>und</strong> Auflandungsstrecken<br />
bieten. Erschwerend hinzu<br />
kommen das Kiesmanagement <strong>und</strong> die Auflagen<br />
der Schifffahrt im Hafen Kleinhüningen<br />
<strong>und</strong> im Rheinkanal, die eine variable Staukotenregelung<br />
praktisch unmöglich machen.<br />
Offenbar kann das Geschiebe vom Hochrhein<br />
(KW Birsfelden) nicht bis zum Wehr Kembs<br />
transportiert werden, obwohl die Sohle unterhalb<br />
des KW Birsfelden erodiert wird. Da<br />
das Wehr Kembs geschiebedurchgängig ist,<br />
müsste genau abgeklärt werden, ob ein<br />
Geschiebetransport von Hochrhein, Wiese<br />
<strong>und</strong> Birs flussabwärts durch den Stauraum<br />
<strong>und</strong> durch das Wehr Kembs nicht doch mögvon<br />
r<strong>und</strong> 800 m 3 /s) <strong>und</strong> 240 m 3 /s im Sommer<br />
vorsieht. Das Bett des Altrheins ist auf<br />
100 m 3 /s ausgelegt, <strong>und</strong> die Dotierversuche<br />
2003 haben bestätigt, dass eine Erhöhung<br />
der Restwassermenge in diesem Ausmass<br />
möglich ist. Da zudem eine Dotierturbine<br />
eingebaut wird, kann die EDF das zusätzliche<br />
Restwasser zur Stromgewinnung nutzen.<br />
Die bei einer erhöhten Restwassermenge<br />
vergrösserten Produktionseinbussen der<br />
unterliegenden Kanalkraftwerke könnten<br />
durch den Mehrgewinn des KW Kembs zum<br />
Teil entschädigt werden.<br />
Geschiebehaushalt<br />
Der Geschiebehaushalt ist eng mit der<br />
Hydrologie, das heisst dem Abfluss gekoppelt,<br />
da die Fliessgeschwindigkeit bzw. die<br />
Schleppkraft entscheidet, ob <strong>und</strong> wie viel<br />
Geschiebe wie weit <strong>und</strong> wohin transportiert<br />
wird. Uns scheinen wesentliche Fragen dazu<br />
nicht genügend abgeklärt.<br />
Es ist umstritten, ob bei der „kontrollierten“<br />
Ufererosion das potenzielle (offenbar auf<br />
200 mio m 3 geschätzte) Material auch tatsächlich<br />
aktiviert werden kann <strong>und</strong> die<br />
durch die grössere Restwassermenge er-<br />
höhte Schleppkraft des Altrheins genügt,<br />
um das Geschiebe weiterzutransportieren.<br />
Ebenso ist unklar, ob die Rückgabe des<br />
Kiesaushubs, der beim Bau des Maschi nenhauses<br />
anfällt (156‘000 m 3 ), ausreicht oder<br />
ob es nebst dem Ufererosionsmaterial noch<br />
weitere Kieszugaben an noch zu definierenden<br />
Rückgabestellen braucht. Wir fordern,<br />
dass über die ganze Konzessionsdauer<br />
genügend Kies zur Verfügung steht.<br />
Seite 12 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
lich ist. Andernfalls müsste als Ersatz des natürlichen<br />
Ge schie betriebs das punktuelle<br />
Einbringen von Kiesbänken am Ufer im oberen<br />
Bereich des Stauraumes, in Absprache<br />
mit der Schifffahrt, in Betracht gezogen werden.<br />
Diese Fragen könnten von der im April<br />
2007 gegründeten „Geschiebegruppe Hochrhein“<br />
behandelt werden, in welcher der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> vertreten ist.<br />
Fischwanderung<br />
Der Neubau einer Fischaufstiegshilfe (FAH)<br />
beim Maschinenhaus <strong>und</strong> beim Wehr, für<br />
welche die EDF eine Arbeitsgruppe einsetzen<br />
<strong>und</strong> 300‘000 Euros bereitstellen will, ist zweifellos<br />
die Schlüsselstelle bezüglich Fischwanderung.<br />
Allerdings gibt es zur Zeit weder<br />
eine detaillierte Projektstudie noch ein genaues<br />
Pflichtenheft mit Kostenberech nung.<br />
Insbesondere fehlen entscheidende technische<br />
Details gemäss den Anforde run gen der<br />
DVWK (1996) <strong>und</strong> DWA (2006) betreffs Lage<br />
<strong>und</strong> Typ des Fischpasses, Becken dimensionen<br />
<strong>und</strong> korrekter Hydraulik, <strong>und</strong> genügender<br />
Lockwassermenge <strong>und</strong> -strömung. Zudem<br />
ist kein Monitoring über Funktion der FAH<br />
vorgesehen. Bezüglich Fisch abstieg (besonders<br />
für den Aal) ist die Studie völlig unverbindlich.<br />
Eine Untersu chung der Fischmortalität<br />
in den Kaplan turbinen ist offenbar nicht<br />
gemacht worden. Ferner ist nicht klar, ob der<br />
neu geplante fischökologische Altarm durch<br />
die Rheininsel im oberen Teil beim Wehr<br />
tatsächlich den Aufstieg in den Rheinkanal<br />
ermöglicht oder nicht. Auch hier müssten<br />
detailliertere Pläne vorgelegt werden.<br />
Schliesslich muss der Fischaufstieg beim KW<br />
Kembs im Kontext des Projekts Lachs 2000/<br />
2020 gesehen <strong>und</strong> mit dem hohen Standard<br />
der FAHs bei Iffezheim <strong>und</strong> Gambsheim (Inbetriebnahme<br />
2006) verglichen werden,<br />
auch bezüglich Aufstieg aller einheimischer<br />
Fischarten. Dazu gehören auch die FAHs<br />
beim Kulturwehr Breisach (Einstieg in den<br />
„Restrhein“), die als FAH eingesetzte Schiffsschleuse<br />
im Grand Canal d’Alsace <strong>und</strong> der<br />
vorgesehene Fischpass beim Drainage-Gegenkanal<br />
(KW Kembs) als Verbindung des<br />
Grand Canal d’Alsace zur Petite Camargue<br />
Alsacienne, deren Fauna allerdings durch<br />
mögliche Einwanderung von Neozoen vom<br />
Rhein her bedroht sein könnte.<br />
Damit die ausgedehnten<br />
Kiesbänken des Restrheins<br />
als Laichhabitate für den<br />
Lachs <strong>und</strong> andere Kieslaicher<br />
tauglich sind (im Bild ein<br />
Lachsbrütling), muss der<br />
Kieslückenraum gelockert<br />
<strong>und</strong> druchströmt werden,<br />
wofür es eine deutliche<br />
Erhöhung der Restwassermenge<br />
<strong>und</strong> einen Geschiebetransport<br />
durch das Wehr<br />
braucht.<br />
Ausgleichs- <strong>und</strong> Begleitmassnahmen:<br />
wird man sich einig?<br />
Den zentralen ökologischen Anforderungen<br />
der Fischwanderung <strong>und</strong> des Geschiebehaushaltes<br />
stehen verschiedene Ausgleichsmassnahmen<br />
gegenüber, welche die Eingriffe<br />
weiter vermindern. Auch hier gibt es<br />
noch ungeklärte Fragen.<br />
Im Kontext der modernen partizipativen<br />
Vorgehensweisen muss eine internationale<br />
Jürg Bloesch<br />
ist promovierter<br />
Limnologe <strong>und</strong><br />
forschte während<br />
mehr als 35 Jahren<br />
am Wasserforschungs-Institut<br />
der ETH im Bereich<br />
Sedimentation/Stoffhaushalt in Seen<br />
<strong>und</strong> Fliessgewässerökologie. Er widmete<br />
sich daneben auch der Beratung<br />
im In- <strong>und</strong> Ausland <strong>und</strong> kämpft seit<br />
Jahrzehnten aktiv für den Gewässerschutz<br />
<strong>und</strong> <strong>natur</strong>nahe Landschaften.<br />
Von 1998-2004 war er Präsident der<br />
Internationalen Arbeitsgemeinschaft<br />
Donauforschung (IAD), seit 1995 ist er<br />
Ko-Präsident des Rheinaub<strong>und</strong>es.<br />
Begleitkommission mit allen Stakeholdern<br />
(Interessensvertretern) etabliert werden,<br />
welche bei der langfristigen <strong>und</strong> pragmatischen<br />
Umsetzung der Revitalisierungs-<br />
Massnahmen mitreden <strong>und</strong> so weit möglich<br />
mitbestimmen kann. Es ist wichtig, dass laufend<br />
gute neue Ideen oder aber Kritik <strong>und</strong><br />
Korrekturen mitberücksichtigt <strong>und</strong> umgesetzt<br />
werden können.<br />
Bei all diesen löblichen <strong>und</strong> zum Teil noch zu<br />
erstreitenden Revitalisierungen können wir<br />
uns rückblickend interessiert fragen, was<br />
wohl der Herr Oberst Tulla dazu sagen würde.<br />
Zur weiteren Lektüre sei das Buch von<br />
W. A. Galluser <strong>und</strong> A. Schenker, (eds.) „Die<br />
Auen am Oberhein. Ausmass <strong>und</strong> Per spektiven<br />
des Landschaftswandels am südlichen<br />
<strong>und</strong> mittleren Oberrhein seit 1800. Eine umweltdidaktische<br />
Aufarbeitung.“, Birkhäuser<br />
Verlag, Basel, Boston, Berlin.ltd, 1992, empfohlen.<br />
Literaturangaben<br />
[1] Die Espoo (EIA) Convention (Convention on<br />
Environmental Impact Assessment in a<br />
Trans bo<strong>und</strong>ary Context) wurde in Espoo,<br />
Finn land, am 25. Februar 1991 von der UNO<br />
Ökonomie-Kommission für Europa beschlossen<br />
<strong>und</strong> 1997 in Kraft gesetzt. Die Unterzeichnerstaaten<br />
verpflichten sich auf gegenseitige<br />
Konsultation bei grenzüberschreitenden<br />
Um weltproblemen. Damit sollen Umweltbeeinträchtigungen<br />
über nationale Grenzen<br />
hinweg mit Beteiligung aller Betroffenen<br />
(Stakeholders) durch Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />
möglichst vermieden werden.<br />
Dr. Jürg Bloesch<br />
Stauffacherstr. 159<br />
8004 Zürich<br />
Tel. 044 / 241 11 19<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 13
Rheinaub<strong>und</strong><br />
Die Schaffhauser Fliessgewässer<br />
fördern<br />
Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> WWF sind im Kanton Schaffhausen in<br />
die Offensive gegangen, um Revitalisierungen <strong>und</strong> natürliche<br />
Fliessgewässer im Kanton stärker zu fördern. Sie lancierten<br />
eine kleine Studie, um alle gewässerrelevanten<br />
Daten zusammenzutragen <strong>und</strong> so dem Kanton eine kompakte<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> ein internes Arbeitsinstrument zur<br />
Verfügung zu stellen. Ziel ist die Entwicklung einer<br />
Strategie zur Verbesserung des ökologischen Zustands der<br />
Schaffhauser Fliessgewässer.<br />
von Lukas Boller<br />
weiteren wertvollen Gewässerstrecken. Hinsichtlich<br />
dem ökomorphologischen Zustand<br />
präsentiert sich Schaffhausen sehr unterschiedlich.<br />
Während die vorwiegend kleinen<br />
Bäche in Waldgebieten in einem natürlichen<br />
oder <strong>natur</strong>nahen Zustand sind, sieht es im<br />
Landwirtschaftsgebiet <strong>und</strong> im Siedlungs bereich<br />
dagegen schlecht bis sehr schlecht<br />
aus. Über die Hälfte der Gewässer in der<br />
Landwirtschaftszone <strong>und</strong> sogar mehr als 80<br />
Prozent in den Siedlungsräumen sind stark<br />
beeinträchtigt oder werden unterirdisch in<br />
Rohren geführt.<br />
Der Kanton Schaffhausen ist nicht gerade<br />
als gewässerreicher Kanton bekannt. Gegenüber<br />
den mit Wasser gesegneten Kantonen<br />
Bern, Aargau oder Zürich nimmt er mit seinen<br />
320 Fliesskilometern gemessen am Gewäs<br />
sernetz eine unbedeutende Stellung<br />
ein. Ganz anders im Bezug auf den Rhein:<br />
grenzt er doch mit seinen drei Kantonsteilen<br />
an drei der vier letzten frei fliessenden<br />
Abschnitte des Hochrheins. Ein kurzes Stück<br />
Wutach <strong>und</strong> vor allem der Biberunterlauf<br />
mitsamt Mündung in den Rhein zählen zu<br />
Die kleinen Fliessgewässer<br />
in den Waldgebieten des<br />
Kantons Schaffhausen sind<br />
in einem natürlichen oder<br />
<strong>natur</strong>nahen Zustand.<br />
Foto: G. Frauenlob<br />
Seite 14 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Es muss etwas geschehen<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist der Handlungsbedarf<br />
offensichtlich. Ende 2007 wurde ein<br />
Postulat im Kantonsrat zuhanden der Re gierung<br />
eingereicht mit dem Ziel, Revitalisierungen<br />
<strong>und</strong> natürliche Fliessgewässer im Kanton<br />
stärker zu fördern. Der Rheinaub<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> der WWF Schaffhausen wollten aktiv<br />
Ein fluss auf diesen Prozess nehmen <strong>und</strong> entschieden<br />
sich, gemeinsam eine kleine Studie<br />
zu lancieren, um alle gewässerrelevanten<br />
Daten zusammenzutragen <strong>und</strong> in einem<br />
Bericht festzuhalten. Dieser soll als kompakte<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> internes Arbeitsinstrument<br />
zur Entwicklung einer Strategie <strong>und</strong><br />
als Entscheidungshilfe zur Verbesserung des<br />
ökologischen Zustands der Schaffhauser<br />
Fliessgewässer beitragen. Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der auf nationaler Ebene eingereichten<br />
Initiative „Lebendiges Wasser“, welche in<br />
dieselbe Richtung zielt, sollte am Beispiel<br />
Schaffhausen die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung<br />
<strong>und</strong> anschliessender Einfluss<br />
nahme der Umweltverbände bei der<br />
Ausgestaltung einer Förderstrategie durchgespielt<br />
werden. Ein kleiner Kanton wie<br />
Schaffhausen mit relativ kleinem Gewässernetz,<br />
eignet sich dazu sehr gut. Positiv hervorzuheben<br />
ist an dieser Stelle die sehr<br />
offene Auskunftsbereitschaft der verschiedenen<br />
kantonalen Behörden.<br />
Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> WWF streben<br />
„pro-aktives“ Vorgehen an<br />
Ein häufiges Problem der Umweltverbände<br />
besteht darin, dass sie auf eine Umweltproblematik<br />
oder ein bevorstehendes Projekt<br />
mangels rechtzeitiger Informationen meist<br />
nur mithilfe eines Einspracheverfahrens reagieren<br />
können. Auf das Mittel des wichtigen<br />
Verbandsbeschwerderechts zurückzugreifen,<br />
mag in gewissen Fällen unverzichtbar<br />
sein, doch noch besser ist der frühzeitige<br />
Einbezug der Umweltverbände bei Entschei<br />
dungsfindungsprozessen <strong>und</strong> in wichtigen<br />
Planungsphasen. Auch die Möglichkeit ausserhalb<br />
von Sachzwängen der Behörden eigene<br />
Projekte anzustossen <strong>und</strong> Ideen einzubringen,<br />
basiert auf guter Information. Der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> der WWF streben genau<br />
ein solch „pro-aktives Vorgehen“ vermehrt<br />
Über die Hälfte der Gewässer<br />
in der Landwirtschaftszone<br />
– im Bild die Durach – sind<br />
stark beeinträchtigt.<br />
Foto: G. Frauenlob<br />
1. Als klares Defizit kann die fehlende Strategie<br />
zur Förderung von Revitalisierungen<br />
im Kanton Schaffhausen bezeichnet werden.<br />
Eine kantonale Richtlinie zur Aufhebung<br />
der vorwiegend strukturellen Defizite an<br />
den Schaffhauser Fliessgewässern existiert<br />
derzeit nicht. Dies führte dazu, dass bisher<br />
zu wenig unternommen wurde, um diesem<br />
Manko entscheidend entgegenzuwirken.<br />
Die Ursache ist zur Hauptsache im Wasserwirtschaftsgesetzt<br />
des Kantons zu finan.<br />
Der Bericht soll helfen, dies im Bereich<br />
von Fliessgewässern im Kanton Schaffhausen<br />
zu vereinfachen. Durch die gebündelten<br />
Informationen können beide Umweltverbände<br />
ergänzend <strong>und</strong> unterstützend zu den<br />
Behörden früher Vorschläge einbringen, so<br />
dass Einsprachen bei der Umsetzung kaum<br />
mehr notwendig sein dürften.<br />
An einer gut besuchten Expertenr<strong>und</strong>e mit<br />
hauptsächlich kantonalen Vertretern wurde<br />
über den Inhalt des Berichtes gesprochen<br />
<strong>und</strong> die Hauptschwierigkeiten bei der<br />
Umsetzung von Revitalisierungen im Kanton<br />
Schaffhausen engagiert diskutiert. Aus dem<br />
Bericht <strong>und</strong> der Expertenr<strong>und</strong>e kristallisierten<br />
sich zusammenfassend drei erhebliche<br />
Defizite heraus.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 15
Rheinaub<strong>und</strong><br />
den, welches die meisten Fliesskilometer<br />
(ca. 80 Prozent) in die Obhut der Gemeinden<br />
delegiert. Diesen fehlt aber häufig das Geld<br />
<strong>und</strong>/oder der Wille, entscheidende strukturelle<br />
Verbesserungen an den Fliessgewässern<br />
vorzunehmen. Andererseits fehlen aber<br />
auch auf der Kantonsseite gegenüber den<br />
mehrheitlich kleinen Gemeinden genügend<br />
Anreize <strong>und</strong> Kontrollmöglichkeiten.<br />
2. Im Wasserwirtschaftsgesetz des Kantons<br />
Schaffhausen wird ein Unterhalt der Gewässer<br />
nach ökologischen Kriterien verlangt.<br />
Allerdings werden diese nirgends genauer<br />
definiert. Die schon oben angesprochene<br />
Problematik, dass der Kanton nur für r<strong>und</strong> 7<br />
Prozent der Gewässer zuständig sind, führt<br />
Lukas Boller<br />
geb am 14.04.1977,<br />
Umwelt<strong>natur</strong>wissenschaftler<br />
/ ETH<br />
Zürich, beschäftigt<br />
sich bereits seit<br />
dem Beginn seines Studiums mit der<br />
Biologie aquatischer Systeme. Er ist seit<br />
2006 im Vorstand des Rheinaub<strong>und</strong>s,<br />
war bis Frühjahr 2008 Mandatsinhaber<br />
des Projekts „Kleine Gewässersanierungen<br />
mit dem Rheinaub<strong>und</strong>“, sowie<br />
Projektleiter bei der Stiftung Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Ökologie, SWO.<br />
Seit Februar 2008 arbeitet er als Gewässerökologe<br />
bei AquaPlus.<br />
dazu, dass leider nur in Ausnahmefälle von<br />
einem ökologischen Gewässerunterhalt gesprochen<br />
werden kann.<br />
3. Eine wesentliche Problematik stellt die<br />
Verfügbarkeit von Land dar. Häufig ist nicht<br />
das Geld die grösste Hürde bei der Umsetzung<br />
von Revitalisierungen, sondern das<br />
fehlende Land. Der Kanton ist meist nur im<br />
Besitz der eigentlichen Gewässerparzelle.<br />
Viele AnstösserInnen sind jedoch nicht gewillt,<br />
ihr Land für derartige Zwecke zu verkaufen<br />
oder umzunutzen, da die Nutzungsansprüche<br />
an den Boden anders gewichtet<br />
werden. Vorwiegend in Landwirtschafts zonen<br />
ist diese Haltung weit verbreitet. Dummerweise<br />
besteht gerade in diesen Gebieten<br />
ein erhöhtes ökomorphologisches Defizit.<br />
Lösungsansätze der oben erläuterten Problembereiche<br />
bietet die derzeitige Entwicklung<br />
einer kantonalen Strategie zur Förderung<br />
der Schaffhauser Fliessgewässer als<br />
Antwort auf das Postulat. Hiermit lassen sich<br />
gerade für finanziell schwache Gemeinden<br />
mehr Mittel zur Behebung struktureller<br />
Mängel an Fliessgewässern sichern. Darüber<br />
hinaus liesse sich ein Anreizsystem mit klaren<br />
Kriterien schaffen, welches den ökologischen<br />
Unterhalt der Gewässer entscheidend<br />
voranbringen könnte. Schliesslich<br />
wür de durch gezielten Landkauf durch den<br />
Kanton mehr Spielraum für Landabtausch<br />
entstehen <strong>und</strong> den Gewässern wieder mehr<br />
Raum zugestanden werden können.<br />
… <strong>und</strong> aus bist du. Für die<br />
Durach ist im Mühlental<br />
Schluss. Ab hier wird sie<br />
unterirdisch oder in einem<br />
Betonkorsett geführt.<br />
Foto: G. Frauenlob<br />
Mangelnde Rahmenahmenbedingungen<br />
erschweren<br />
Verbesserung der Gewässer<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass<br />
die Hauptschwierigkeiten bei der Umsetzung<br />
von Revitalisierungen im Kanton Schaff hausen<br />
vorwiegend bei den Rahmenbe dingungen<br />
liegen. Mangelnde Landverfügbarkeit<br />
<strong>und</strong> ein kantonales Gesetz, das den<br />
Gemeinden die Hauptverantwortungen zuschiebt,<br />
ohne diesen weder entsprechende<br />
Finanzen zuzusichern noch die Umsetzung<br />
voranbringen zu können. Es ist zu hoffen,<br />
dass durch den politischen Vorstoss <strong>und</strong> das<br />
Engagement von Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> WWF<br />
mittelfristig eine wesentliche Verbesserung<br />
der Gewässersituation im Kanton Schaffhausen<br />
erreicht wird. Und vielleicht darf die<br />
bisher gute Zusammenarbeit zwischen<br />
Schaff hauser Behörden <strong>und</strong> Umweltver bänden<br />
schon bald gesamtschweizerisch als Vorzeigebeispiel<br />
herhalten.<br />
Lukas Boller<br />
Dipl. Umwelt-Natw. ETH<br />
Bachstrasse 24<br />
8200 Schaffhausen<br />
pfatz@bluewin.ch<br />
Seite 16 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Das Kraftwerk<br />
Kradolf Schönenberg<br />
Dort, wo sich das Wasser der Thur eine ausgeprägte Schleife<br />
Richtung Nordwesten schuf, soll bei Kradolf Schönenberg<br />
ein neu geplantes Wasserkraftwerk entstehen. Gemäss Projekt<br />
ersetzt die als Laufkraftwerk geplante Anlage das alte<br />
Kanal kraft werk mit Wehr, Restwasserstrecke, Oberwasserkanal,<br />
Krafthaus <strong>und</strong> Unterwasser kanal. Eine nicht einfache<br />
Planung, die den Rheinaub<strong>und</strong> jetzt schon seit<br />
sieben Jahren beschäftigt.<br />
von Ueli Rippmann<br />
Weil die geplante Fischaufstiegshilfe (FAH)<br />
aus mehreren Gründen (Lage des Einstiegs,<br />
Betriebswassermenge <strong>und</strong> Lockwasser) dem<br />
modernen Funktionsstandard nicht genügte,<br />
<strong>und</strong> damit die freie Fischwanderung nach<br />
Artikel 9 B<strong>und</strong>esgesetz über die Fischerei<br />
nicht gewährleistet schien, erhoben Rheinaub<strong>und</strong>,<br />
Pro Natura <strong>und</strong> Fischerei vereine am<br />
23. Februar 2002 Einsprache gegen das<br />
Konzessions- <strong>und</strong> Baugesuch des neuen<br />
Kraftwerks.<br />
Die nötigen ökologischen Ausgleichsmassnahmen<br />
erachtete der Rheinaub<strong>und</strong> als ungenügend.<br />
Der Höherstau, die Massnahmen<br />
gegen unkontrollierte Stauraumspülungen<br />
<strong>und</strong> die Umsetzung nennenswerter Ausgleichsmassnahmen<br />
sollten besser abgeklärt<br />
werden, um die Auswirkungen genauer<br />
definieren zu können.<br />
Die Interpars Kraftwerke AG reichte erstmals<br />
im Mai 2001 ein Konzessionsprojekt ein. Wegen<br />
des Höherstaus um 45 cm <strong>und</strong> dem<br />
grösseren Stauraum, erweiterten die Projektanten<br />
ihre Untersuchungen <strong>und</strong> reichten<br />
ihrem Begeh ren bereits im Januar 2002 ergänzende<br />
Be richte über die Auswirkungen<br />
des Höherstaus nach, durch den die Thur in<br />
diesem Bereich über eine weite Strecke aufgestaut<br />
<strong>und</strong> so in einen grösseren Flussstau<br />
verwandelt werden würde.<br />
Das neue Kraftwerk hat aber auch positive<br />
Aspekte, weil es als Laufkraftwerk keine Restwasserstrecke<br />
mehr erzeugt <strong>und</strong> überdies<br />
ein Umgehungsgerinne als Fischaufstiegshilfe<br />
vorgesehen war. Ein Umweltbericht über<br />
die Auswirkungen des neuen Kraft werks auf<br />
die Gewässerlandschaft <strong>und</strong> das Gr<strong>und</strong>wasser<br />
fehlte jedoch, war aber auch nicht zwingend<br />
Ueli Rippmann<br />
geb. in Stein am<br />
Rhein, ist an der<br />
EAWAG/ETH<br />
promovierter<br />
Fischbiologe. Seit<br />
1988 betreibt er ein Beratungsbüro für<br />
Gewässerökologie <strong>und</strong> Fischbiologie in<br />
Auw (AG). Er ist seit 1978 Mitglied des<br />
Rheinaub<strong>und</strong>es <strong>und</strong> seit 2003<br />
Vizepräsident. Seit über 13 Jahren<br />
befasst er sich mit den Problemen der<br />
Durchwanderbarkeit der Fliessgewässer<br />
insbesondere mit der Fischwanderung<br />
an Kraftwerken.<br />
vorgeschrieben, da es sich beim neuen Wasserkraftwerk<br />
um eine An lage mit weniger als<br />
3 MW Leistung handelt. Im ordentlichen Bewilligungsverfahren<br />
müssen jedoch die geltenden<br />
Natur- <strong>und</strong> Umweltschutzbestimmun<br />
gen nach geltendem Recht eingehalten<br />
werden (NHG; BGF; GschG mit den entsprechenden<br />
Verord nungen).<br />
Pro Natura, Rheinaub<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> Fischereiverein melden<br />
Bedenken an<br />
Die Naturschutzorganisationen Pro Natura<br />
Thurgau, der Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> die örtlichen<br />
Sportfischervereine meldeten Bedenken<br />
gegen das Vorhaben an, weil massive<br />
Eingriffe in die Gewässerlandschaft <strong>und</strong> ihre<br />
Ufer, sowie nachteilige Einflüsse auf die<br />
Umwelt allgemein zu befürchten waren.<br />
Wertvolle Lebensräume wie die Auenlandschaft<br />
im Siedlungsgebiet der Gemeinde<br />
Schönenwerd entlang der Innerkurve der<br />
Thur oder der entomologisch bedeutende<br />
Eichenwald zwischen dem heutigen Kanalaustritt<br />
beim Stauwehr <strong>und</strong> dem Fluss wären<br />
dem Kraftwerksneubau ohne adäquate<br />
Ersatzmassnahmen geopfert worden, <strong>und</strong><br />
schliesslich käme das neue Kraftwerk gemäss<br />
Landschaftsentwicklungskonzept ausgerech<br />
net in einen kantonal wichtigen Vernet<br />
zungskorridor zu liegen.<br />
Planungsverlauf<br />
<strong>und</strong> Einspracheverhandlung<br />
Daraufhin wurden von Kraftwerkseite bis<br />
2004 Projektanpassungen hinsichtlich Hochwasserschutz<br />
<strong>und</strong> Schutz der angrenzenden<br />
SBB Linie erarbeitet <strong>und</strong> im September 2005<br />
informierte das kantonale Baudepartement<br />
über den aktuellen Stand des Verfahrens.<br />
Dazwischen vervollständigte die Interpars<br />
AG die Projektstudien, so dass Ende September<br />
eine Projektpräsentation stattfinden<br />
konnte. Anfang Dezember 2006 fanden die<br />
Einspracheverhandlungen statt, bei denen<br />
Pro Natura, Sportfischerverbände <strong>und</strong> der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> ihre Anliegen vorbrach ten.<br />
Wie meistens konnte nicht in allen Einsprache<br />
punkten Einigkeit erzielt werden, insbesondere<br />
nicht über die Funktions tüchtigkeit<br />
des Umgehungsgerinnes, das als Fischaufstiegs<br />
hilfe des Kraftwerks vorgesehen war.<br />
Noch vor Weihnachten reichte der Rheinaub<strong>und</strong><br />
in seiner Stellungnahme alle Präzisierun<br />
gen zu den Ergebnissen der Ein sprachever<br />
hand lungen ein.<br />
Bis heute gingen beim Rheinaub<strong>und</strong> keine<br />
weiteren Berichte über den Stand der Projektierung<br />
des Kraftwerks Kradolf Schönenberg<br />
mehr ein.<br />
Dr. Ueli Rippmann<br />
Büro für Gewässerökologie<br />
Bergstrasse 4b<br />
5644 Auw<br />
Tel. 056 668 07 80<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 17
Rheinaub<strong>und</strong><br />
Das Bündner Oberland austrocknen?<br />
Auch in den Bergen zwischen Thusis <strong>und</strong> Lukmanier – dem Quellgebiet des Rheins!<br />
– sind durch eine exzessive Wassernutzung viele Täler ausgetrocknet <strong>und</strong> warten<br />
vergebens auf die Umsetzung der Restwasserbestimmungen von 1992. Ein neues<br />
Projekt der Zervreila-Kraftwerke AG möchte diesen Zustand noch verschlimmern<br />
<strong>und</strong> aus dem oberen Einzugsgebiet des Glenners noch mehr Wasser ableiten <strong>und</strong><br />
über eine Rohrleitung ins Domlesch verfrachten.<br />
von Uwe Scheibler<br />
Die Kraftwerke Zervreila AG (KWZ) mit Sitz<br />
im bündnerischen Vals beabsichtigen, die<br />
Wasservorkommen im hinteren Lugnez auf<br />
Gebiet der Gemeinden Vrin <strong>und</strong> Lumbrein<br />
zu fassen <strong>und</strong> in das unterhalb des Stausees<br />
Zervreila gelegene Ausgleichsbecken überzuleiten.<br />
Dies bedingt den Bau von Wasserfassungen<br />
<strong>und</strong> r<strong>und</strong> 10 km unterirdische<br />
Stol len. Mit diesem zusätzlichen Wasser<br />
kann in den bestehenden Anlagen der KWZ<br />
im Safiental <strong>und</strong> in Rothenbrunnen jährlich<br />
ca. 100 GWh zusätzlicher Strom produziert<br />
werden. Dies entspricht etwa der Hälfte des<br />
jährlichen Stromverbrauchs der Stadt Chur.<br />
Das geplante Vorhaben löst Investitionen<br />
von gegen Fr. 100 Mio. aus.<br />
Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit<br />
mit den neuen <strong>und</strong> bisherigen Konzessionsgemeinden<br />
<strong>und</strong> den kantonalen Behörden<br />
erarbeitet <strong>und</strong> im Herbst 2007 den Umweltorganisationen<br />
sowie dem Bündner Fi scherei<br />
verband vorgestellt. Mit dabei sind Pro<br />
Natura <strong>und</strong> der WWF Graubünden sowie die<br />
Stiftung Landschaftsschutz <strong>und</strong> der Rheinaub<strong>und</strong>.<br />
Das Projekt<br />
Das Vorhaben bedingt eine intensive Zusammenarbeit<br />
zwischen den bisherigen<br />
KWZ-Konzessionsgemeinden, den neuen<br />
Konzessionsgemeinden (v.a. Vrin <strong>und</strong> Lumbrein),<br />
dem Kanton Graubünden sowie der<br />
KWZ. Im Hinblick auf eine möglichst effiziente<br />
Projektbegleitung wurde deshalb eine<br />
Arbeitsgruppe mit Vertretern von Gemeinden,<br />
Kanton <strong>und</strong> Bauherrschaft gebildet.<br />
Nicht ganz unerwartet fehlen dabei die<br />
Umweltverbände <strong>und</strong> die Fischerei. Eine<br />
grosse planerische Herausforderung ist die<br />
Koordination der neuen Konzessionen für<br />
die Überleitung mit den Konzessionen für<br />
die bestehenden Anlagen, die bis Ende 2037<br />
weiterlaufen. Die neuen Anlagen sollen<br />
nach Angabe der KWZ, um wirtschaftlich zu<br />
sein, deutlich über das Jahr 2037 hinaus betrieben<br />
werden können.<br />
Ende November 2006 haben die involvierten<br />
Parteien ihre Absicht bek<strong>und</strong>et, das Projekt<br />
im Rahmen der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>und</strong> unter Wahrung der gegenseitigen Interessen<br />
zu unterstützen. Gestützt darauf<br />
hat der Verwaltungsrat der KWZ am 13.<br />
Dezember 2006 den Start des Konzessionsprojektes<br />
beschlossen. Das Projekt soll einen<br />
Beitrag zur Versorgungssicherheit in der<br />
Schweiz ohne zusätzliche CO2-Emmissionen<br />
leisten. Der Kanton <strong>und</strong> die Gemeinden,<br />
speziell Vrin <strong>und</strong> Lumbrein, würden durch<br />
das Projekt zusätzlichen Nutzen haben. Vor<br />
allem in Form von Wasserzinsen, Wasserwerk-,<br />
Liegenschafts-, Kapital- <strong>und</strong> Ertragssteuern<br />
flössen zusätzliche Beträge an die<br />
öffentliche Hand. Selbstverständlich soll<br />
auch den umweltrechtlichen Vorgaben, insbesondere<br />
den Vorschriften über die Restwassermengen,<br />
Rechnung getragen werden.<br />
Vorderrhein<br />
Ilanz<br />
Glenner<br />
Lumbrein<br />
Vrin<br />
Vals<br />
Hinterrhein<br />
Rabiusa<br />
Splügen<br />
Reichenau<br />
Thusis<br />
Projekt Überleitung<br />
Lugnez:<br />
Speicherbecken Zervreila<br />
Zentrale Zervreila<br />
Überleitstollen Zervreila-<br />
Wann<br />
Ausgleichsbecken Wanna<br />
Zentrale Safien Platz<br />
Ausgleichsbecken Safien<br />
Platz<br />
Zentrale Rothenbrunnen<br />
Ausgleichsbecken Egschi<br />
Zentrale Realta<br />
Grafik:<br />
Zervreila Kraftwerke AG<br />
Dieses Vorhaben decke sich einerseits mit<br />
den energiepolitischen Zielen der Bündner<br />
Regierung, andererseits mit dem im eidgenössischen<br />
Parlament klar bek<strong>und</strong>eten Bekenntnis<br />
zur Förderung der Wasserkraft. Das<br />
Projekt sei energiepolitisch <strong>und</strong> ökonomisch<br />
sinnvoll <strong>und</strong> kann umweltverträglich realisiert<br />
werden. Mit der Freigabe des Planungskredites<br />
wird das Konzessionsprojekt gestartet<br />
mit dem Ziel, es den zuständigen<br />
Gemeinden so rasch wie möglich einzureichen.<br />
Vor Erlangung der Konzession ist eine<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen<br />
<strong>und</strong> mit den Gemeinden sind die<br />
konzessionsrechtlichen Verträge auszuhandeln.<br />
Zudem müssen die bautechnischen<br />
Studien vertieft werden, namentlich im<br />
Seite 18 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Bereich der Geologie. Die KWZ sei zuversichtlich,<br />
die Bewilligungen im Jahre 2009<br />
zu erhalten, damit ab 2011 mit dem neu zugeführten<br />
Wasser Strom erzeugt werden<br />
könne. So steht es im Projektbeschrieb der<br />
KWZ.<br />
Wir brauchen<br />
eine neue „Energiekultur“<br />
Dazu ein paar Gedanken: Natürlich steigt<br />
der Stromverbrauch in der Schweiz weiter<br />
an. Wer sich aber die Mühe macht <strong>und</strong> prüft,<br />
wozu denn dieser Strom gebraucht wird,<br />
der wird das Wort „Versorgungssicherheit“<br />
nicht mehr mit gutem Gewissen im M<strong>und</strong>e<br />
führen. Zu gross ist die Verschwendung, die<br />
Ineffizienz der eingesetzten Geräte <strong>und</strong> die<br />
Vernachlässigung grosser Energiepotenziale<br />
im Siedlungsgebiet. Und dann müssten wir<br />
auch dringend einmal eine Diskussion über<br />
unsere „Energiekultur“ – Alles überall <strong>und</strong> jederzeit<br />
für alle – führen. Das Problem unserer<br />
Gesellschaft ist offensichtlich nicht ein<br />
Zuwenig, sondern ein Energie-Überfluss,<br />
mit dem wir nicht mehr vernünftig umgehen<br />
können!<br />
Natürlich ist die Verringerung der CO2-<br />
Produktion eine Verpflichtung der ganzen<br />
Schweiz <strong>und</strong> ein wichtiges Ziel der Umweltverbände.<br />
Wenn aber ohne ausreichende<br />
Begründung – einfach um noch mehr Energie<br />
zur Verfügung zu haben – die auch touristisch<br />
wertvolle Berglandschaft weiter ausgetrocknet,<br />
den Fischen der Lebensraum<br />
entzogen <strong>und</strong> der grossräumige Wasserhaushalt<br />
massiv beeinträchtigt wird, dann<br />
reicht der Hinweis auf die CO2-Neutralität<br />
nicht aus. Abgesehen davon, müsste erst<br />
einmal nachgewiesen werden, dass das<br />
Bauvolumen <strong>und</strong> die Unterhaltsarbeiten<br />
über die gesamte Betriebsdauer <strong>und</strong> der<br />
Rückbau die CO2-Bilanz nicht doch vielleicht<br />
ein bisschen trüben könnten ...<br />
Natürlich ist es verständlich, wenn die<br />
Schweizer Stromproduzenten nach zusätzlichen<br />
Möglichkeiten suchen, um die Produktion<br />
aus Wasserkraft weiter zu erhöhen.<br />
Das haben sie schliesslich in den letzten 100<br />
Jahren so erfolgreich gemacht, dass unsere<br />
Fliessgewässer weitgehend zu Stauräumen<br />
verkommen sind, ganze Einzugsgebiete in<br />
ihrem Wasserhaushalt durcheinander gebracht<br />
wurden, viele Bergtäler heute eher<br />
einem afrikanischen Trockental gleichen<br />
<strong>und</strong> die Wanderung der gewässertypischen<br />
Pflanzen <strong>und</strong> Tiere vielfach unterbrochen<br />
ist. Vielleicht wäre es an der Zeit, das viele<br />
Geld, das sich angesammelt hat, stärker in<br />
die Energieproduktion im Siedlungsgebiet<br />
zu investieren. Dach- <strong>und</strong> Fassadenflächen<br />
sowie Energiespartechnologien bieten sich<br />
hier an.<br />
Bergregionen brauchen mehr<br />
als Strom <strong>und</strong> Geld.<br />
Natürlich ist die Förderung der Bergregionen<br />
ein hehres Ziel, es steht schliesslich auch im<br />
Artikel 104 der Schweizerischen B<strong>und</strong>esverfassung.<br />
Es sei aber die Frage erlaubt, ob solche<br />
plötzlich hereinbrechende Rieseninvestitionen<br />
geeignet sind, Erwerbs mög lichkeiten<br />
auf Dauer zu sichern <strong>und</strong> ob die „Bestechung“<br />
mit billigem Strom (die extrem<br />
umweltschädliche Nachspeicherheizung ist<br />
in diesen Gebieten weit verbreitet!) statthaft<br />
ist. Gleichzeitig wird schliesslich auch das<br />
Landschaftsbild schwerwiegend verändert<br />
– man erinnere sich nur an die scheusslichen<br />
Staubecken im hinteren Linthal oder Safiental,<br />
an die vielen Überlandleitungen, an<br />
die Kanäle <strong>und</strong> eben, an die ausgetrockneten<br />
Bachbetten, die für den künftigen<br />
Tourismus nicht gerade positiv wirken.<br />
Momentan wird die Diskussion über dieses<br />
Projekt in den betroffenen Gemeinden ziemlich<br />
heftig geführt. Dabei reichen die<br />
Noch fliesst der Glenner ...<br />
wie lange noch?<br />
Positionen von „selber die Wasserkraft für<br />
die kommunalen EW ausnutzen“ bis zu „jetzt<br />
ist es genug mit der Wasserkraftnutzung“.<br />
Mittlerweile haben sich auch die Riverrafter<br />
<strong>und</strong> die Kanuten zur Widerstandsgruppe<br />
gesellt. Der ehrgeizige Fahrplan der KWZ<br />
wird wohl noch ein paar Verspätungen akzeptieren<br />
müssen!<br />
Uwe Scheibler<br />
Uwe Scheibler<br />
(Jahrgang 1957)<br />
ist Landschaftsarchitekt<br />
<strong>und</strong> seit<br />
Sommer 2007<br />
Geschäftsführer des Rheinaub<strong>und</strong>s.<br />
Als langjähriger Mitarbeiter des Landschaftsplanungsbüros<br />
Grün-Plan AG in<br />
Wetzikon ZH waren seine Schwerpunkte<br />
die Entwicklung partizipativer Planungsinstrumente<br />
in Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutz<br />
sowie der <strong>natur</strong>nahe Garten<strong>und</strong><br />
Landschaftsbau.<br />
Uwe Scheibler<br />
Geschäftsführer Rheinaub<strong>und</strong><br />
Weinsteig 192<br />
8291 Schaffhausen<br />
Tel. 052 625 26 58<br />
info@rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 19
Rheinaub<strong>und</strong><br />
VivaRiva-Wasser macht Schule<br />
2007 war ein grosses Jahr für VivaRiva. Nach dem zögerlichen<br />
Startjahr 2006, in dem das Projekt zuerst einmal in<br />
Bewegung gebracht werden musste, war besonders das<br />
Sommerhalbjahr 07 sehr intensiv: diverse Bäche der Nordostschweiz<br />
wurden von noch mehr Schulkindern erk<strong>und</strong>et,<br />
erforscht <strong>und</strong> unter die Lupe genommen. Obwohl die<br />
Akquisition von Klassen zum Teil aufwändig war <strong>und</strong> viel<br />
Zeit in Anspruch nahm, konnten schliesslich die selbst gesteckten<br />
Ziele erreicht <strong>und</strong> eine ansehnliche Zahl an<br />
Anlässen durchgeführt werden. Die Zahl der Leute, an die<br />
VivaRiva im Jahr 2007 gelangen konnte, hat unsere<br />
Erwartungen übertroffen: Über Tausend Personen hatten<br />
mit VivaRiva zu tun [1] .<br />
von Kathrin Jaag<br />
Damit sind die Erwartungen für dieses Jahr<br />
hoch. Natürlich wollen wir an die Erfolge des<br />
letzten Jahres anknüpfen <strong>und</strong> auch 2008<br />
weiter schwungvolle Umweltbildung betreiben.<br />
Wir danken folgenden Institutionen<br />
sowie allen Privatspendern, welche<br />
mit ihrer zum Teil sehr grosszügigen<br />
Unterstützung VivaRiva ermöglichen:<br />
• Vontobel Stiftung<br />
• Paul Schiller Stiftung<br />
• Stiftung Werner Amsler<br />
• Stiftung Mercator Schweiz<br />
• Anna Maria <strong>und</strong> Karl Kramer-Stiftung<br />
• The Ramsay Fo<strong>und</strong>ation<br />
• Stiftung Umweltbildung Schweiz SUB<br />
• Lotteriefonds Thurgau<br />
• B<strong>und</strong>esamt für Umwelt<br />
• Cilag AG<br />
• Georg Fischer AG<br />
• Emch+Berger AG<br />
• Zurich Versicherungen<br />
• CleanSolution Ökofonds<br />
• Städt. Werke Schaffhausen <strong>und</strong><br />
Neuhausen am Rheinfall<br />
• Ernst Basler + Partner AG<br />
• Canon Schweiz AG<br />
• Amt für Umwelt Thurgau<br />
wässer zu erk<strong>und</strong>en. Das Angebot eignet<br />
sich für fächerübergreifenden, nachhaltigen<br />
Unterricht <strong>und</strong> lässt sich leicht mit den<br />
Zielen des Lehrplans <strong>und</strong> den Wünschen der<br />
Klassen kombinieren.<br />
Bacherlebnistage<br />
An begleiteten Bacherlebnistagen werden<br />
die Schulkinder von einer VivaRiva-<br />
Fachperson in die Geheimnisse der lokalen<br />
Wasserwelt eingeführt. Mit abwechslungsreichen<br />
Bachuntersuchungen werden die<br />
Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen auf spielerische<br />
Weise in die Ökologie der Gewässer eingeführt.<br />
Die Forschungsexpedition mit Kescher,<br />
Lupe <strong>und</strong> Binokular erlaubt den Teilnehmenden,<br />
mit ihren Untersuchungen am<br />
Ende des Tages Aussagen über die Qualität<br />
ihres Dorfbachs zu machen. Ein positiver<br />
Bezug zum Lebensraum Wasser wird hergestellt,<br />
eine bekannte Welt frisch entdeckt.<br />
In diesem Jahr soll neu auch der Biber zum<br />
Thema werden. Der sympathische Wasserbewohner<br />
fasziniert als Botschafter für seinen<br />
Lebensraum. Dabei freuen wir uns auf<br />
eine gute Zusammenarbeit mit dem „Hallo<br />
Biber-Ostschweiz“-Verantwortlichen Philip<br />
Taxböck.<br />
Die Erlebnistage sind stufenspezifisch <strong>und</strong><br />
werden dem Wissensstand der Klassen angepasst.<br />
Auf Wunsch werden Spezialthemen<br />
behandelt; der Tag am Wasser kann auch als<br />
Teil einer Projektwoche durchgeführt werden.<br />
VivaRiva stellt für jede Klasse ein einzig-<br />
Kind mit Frosch:Immer mehr<br />
Kinder (<strong>und</strong> auch Lehrer)<br />
haben Freude an VivaRiva.<br />
Foto: VivaRiva<br />
Das Sommerhalbjahr lädt bereits wieder ein,<br />
für einen Entdeckungstag ins Wasser zu steigen.<br />
VivaRiva will Schulen motivieren, das<br />
Klassenzimmer zu verlassen <strong>und</strong> mit einer<br />
Forschungsreise den Lebensraum Fliessgeartiges,<br />
individuelles Programm zusammen.<br />
Es wird gesammelt, beobachtet, erforscht,<br />
gespielt <strong>und</strong> gebastelt: Das Wasser hat für<br />
alle viel Spannendes zu bieten.<br />
Lehrerweiterbildungen<br />
Für Lehrpersonen bietet VivaRiva zum gleichen<br />
Thema massgeschneiderte Fortbildungen<br />
an. Ein- oder mehrtägige Kurse für Teams<br />
vermitteln viel Wissenswertes <strong>und</strong> Inspiration<br />
zur Umweltbildung am Wasser. Ein Wechsel<br />
Seite 20 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
VivaRiva schafft Stellen<br />
von Theorie <strong>und</strong> Praxis befähigt die Lehrkräfte,<br />
spannenden <strong>und</strong> erlebnisreichen<br />
Unterricht zum Thema Fliessgewässer zu gestalten.<br />
Naturbegegnungen, biologisches Basis<br />
wissen <strong>und</strong> ökologische Zusammen hän ge<br />
sowie methodische Inputs sind ebenso Teil<br />
der Kurse wie der Austausch mit anderen<br />
Lehrpersonen <strong>und</strong> ein Überblick über hilfreiche<br />
Lehrmittel. Um einen grossen Praxisbezug<br />
<strong>und</strong> Einfachheit in der Umsetzung zu<br />
gewährleisten, finden die Kurse stets an den<br />
Gewässern der Region statt. Interessiert?<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />
www.vivariva.ch oder direkt bei VivaRiva:<br />
info@vivariva.ch <strong>und</strong> 052 625 26 67.<br />
Nach dem erfolgreichen VivaRiva-Jahr 2007<br />
haben sich auf Wunsch der Projektleiterin<br />
Kathrin Jaag sowohl der Vorstand des Rheinau<br />
b<strong>und</strong>es als auch der Beirat von VivaRiva<br />
dafür ausgesprochen, in ein weiteres Teilzeitpensum<br />
(30%) für VivaRiva zu investieren<br />
<strong>und</strong> so sicher zu gehen, dass VivaRiva in<br />
Fahrt bleibt. Ein Zweierteam hat die Möglichkeit<br />
zum Austausch, zur gegenseitigen Inspiration<br />
<strong>und</strong> zur Synergienutzung. Ausserdem<br />
gewährleistet das Jobsharing einen nachhaltigen<br />
Wissenstransfer <strong>und</strong> eine Qualitätssicherung<br />
innerhalb des Projekts.<br />
Kathrin Jaag<br />
ist seit dem Start<br />
Anfangs 2006 Pro -<br />
jektleiterin von<br />
VivaRiva. Sie ist<br />
Umwelt<strong>natur</strong>wissenschaftlerin<br />
<strong>und</strong> hat mehrjährige Erfahrung<br />
aus verschiedenen Umwelt-bildungsprojekten.<br />
Als langjährige Pfadileiterin<br />
hat sie Freude am Umgang mit<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>und</strong> als Exkursionsleiterin<br />
im Pro Natura Zentrum<br />
Aletsch VS sowie als Leiterin verschiedener<br />
Botanikkurse des Zürcher Vogelschutzes<br />
auch einschlägige Erfahrungen<br />
in der Erwachsenenbildung. Neben ihrer<br />
Tätigkeit beim Rheinaub<strong>und</strong> ist Kathrin<br />
Jaag als Workshopleiterin <strong>und</strong> Zooführerin<br />
im Zoo Zürich aktiv sowie bei der<br />
Umweltbildungsgruppe drosera.<br />
Karin Schlude<br />
Foto: privat<br />
Isabelle Gerber<br />
Foto: privat<br />
Es haben sich mehrere qualifizierte KandidatInnen<br />
für die Stelle interessiert <strong>und</strong><br />
schliess lich haben wir uns für eine „alte<br />
Bekannte“ entschieden. Karin Schlude arbeitet<br />
bereits seit seit Jahren zuverlässig für<br />
den Rheinaub<strong>und</strong>, bisher im Sekretariat. Sie<br />
ist diplomierte Geografin mit u.a. Schwerpunkt<br />
in Hydrologie. Als Mitleiterin einer<br />
Jugend<strong>natur</strong>gruppe, Mitglied des Beirats<br />
eines Waldkindergartens <strong>und</strong> Mutter von<br />
zwei kleinen Jungen ist die Umweltpädagogik<br />
kein neues Gebiet für sie. Ausserdem ist<br />
sie als Feldornithologin mit Exkursionsleiterausbildung<br />
auch die Leitung von Erwachsenen<br />
gruppen gewohnt. Wir freuen uns sehr,<br />
mit Karin eine kompetente Mitarbeiterin gef<strong>und</strong>en<br />
zu haben <strong>und</strong> mit ihr zusammen<br />
Viva-Riva weiter in Schwung zu halten!<br />
Zusätzlich schnuppert in diesem Sommerhalbjahr<br />
mit Isabelle Gerber eine Praktikantin<br />
beim Rheinaub<strong>und</strong> etwas Umweltbil dungsluft.<br />
Wir möchten damit ermöglichen, dass<br />
sich engagierte Leute eine authentische<br />
Idee von der Arbeit in den Bereichen Umweltbildung<br />
<strong>und</strong> NGO-Projektarbeit machen können<br />
<strong>und</strong> freuen uns natürlich im Gegenzug<br />
über neue Inputs <strong>und</strong> Ideen für VivaRiva <strong>und</strong><br />
den Rheinaub<strong>und</strong>. Isabelle Gerber hat einen<br />
Bachelor in Umweltwissenschaften <strong>und</strong> arbeitet<br />
seit Anfangs März mit grossem Engagement<br />
für VivaRiva.<br />
Hinweis<br />
[1] unter www.vivariva.ch/aktuell finden den<br />
Jahresbericht zum herunterladen.<br />
Kathrin Jaag<br />
Weinsteig 192<br />
8291 Schaffhausen<br />
Tel. 052 625 26 67<br />
info@vivariva.ch<br />
Seite 21
Rheinaub<strong>und</strong><br />
Im Gedenken an Forstingenieur Dr. Alfred Huber<br />
10. Juni 1918 – 12. März 2008<br />
Wir werden Alfred Huber<br />
(10. Juni 1918 – 12. März<br />
2008) voller Dankbarkeit in<br />
guter Erinnerung behalten.<br />
In der Nacht vom 11. auf den 12. März 2008<br />
ver starb Forstingenieur Dr. Alfred Huber im<br />
Alter von nahezu 90 Jahren. Sein Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
erlaubte ihm den Verbleib in<br />
seinem Heim an der Lahnstrasse bis zum<br />
letzten Tag. Das Studium seiner Akten ergibt<br />
eine unglaubliche Fülle verschiedenster<br />
Arbeitsfelder, insbesondere im Bereich der<br />
Forstwirtschaft. Die Liste der Einsatzorte<br />
umfasst viele Länder in fast allen Kontinenten<br />
dieser Erde. Während des Studiums der Forstwissenschaften<br />
in den Jahren 1937 bis 1944<br />
weckten in ihm einige begnadete Lehrer das<br />
„feu sacré“ für eine der Natur entsprechenden<br />
Waldbewirtschaftung, für welche er sich<br />
in seinem ganzen Leben engagiert hat. Halbe<br />
Sachen waren ihm zuwider, dementsprechend<br />
engagiert war sein Einsatz, dem sich<br />
alle anderen Lebensbereiche, auch seine<br />
Familie unterzuordnen hatten. Die nachfolgend<br />
beschrieben Stationen <strong>und</strong> Engagements<br />
im Leben von Alfred Huber vermögen<br />
die Fülle seines Lebenswerks nur<br />
fragmentarisch zu beleuchten, man könnte<br />
Bände damit füllen!<br />
Ein Leben für den Wald<br />
Nach dem Abschluss seines Studiums der<br />
Forstwissenschaften im Jahre 1944 arbeitete<br />
Alfred als Assistent an der ETH <strong>und</strong> schloss<br />
sein Doktorat im Jahre 1947 mit der Dissertation<br />
„Der Privatwald in der Schweiz“ ab.<br />
Sein Drang nach Reisen ins Ausland war<br />
unbändig, umso mehr fühlte er sich in den<br />
Kriegs jahren in der Schweiz als „eingesperrt“.<br />
Als nach dem Krieg der internationale<br />
Studentenaustausch wieder aufgenommen<br />
wurde, gelang es ihm – als erstem<br />
Schwei zer Austauschstudenten – in Vancouver<br />
an der Pazifikküste Kanadas an der dortigen<br />
Forsthochschule aufgenommen zu<br />
werden, wo er ein Zweitstudium in amerikanischer<br />
Forstwirtschaft begann. In dieser<br />
Zeit stand er bereits in Briefkontakt mit seiner<br />
späteren Ehefrau Hedi Meyer.<br />
Nach Abschluss dieses Studiums 1949 kam<br />
er in Kontakt mit Unternehmern der Papierholzindustrie,<br />
welche Probleme mit der Holzgewinnung<br />
in schwierigem Gelände hatten.<br />
Alfred vermittelte den Kontakt mit der Fa.<br />
Wyssen Seilbahnen AG in Reichenbach, welche<br />
noch heute existiert. Wyssen stellte ihn<br />
kurzerhand ein <strong>und</strong> Alfred kehrte in die<br />
Schweiz zurück. Im Auftrag dieser Firma war<br />
er in Kanada <strong>und</strong> den USA unterwegs, evaluierte<br />
dort Einsatzmöglichkeiten zur Holzbring<br />
ung mit mobilen Transportseilbahnen<br />
<strong>und</strong> akquirierte K<strong>und</strong>en.<br />
In den Jahren 1950/51 herrschte infolge der<br />
Koreakrise akuter Papiermangel. Ein internationales<br />
Unternehmen der Papierindustrie<br />
versuchte sich das persönliche Netzwerk<br />
von Alfred bei der Beschaffung neuer Papierholzquellen<br />
für Europa zu Nutze zu machen.<br />
Im Auftrag dieser Firma reiste er daraufhin<br />
in der halben Welt herum. Dabei war er häufig<br />
in der Wildnis unterwegs <strong>und</strong> blieb<br />
manchmal für Wochen für seine Angehörigen<br />
unerreichbar.<br />
Durch seine wissenschaftlichen Publikationen<br />
wurde die Food and Agriculture Organization<br />
(FAO) der UNO auf den Waldwirtschaftsfachmann<br />
aufmerksam. Nach sporadischen<br />
Einsätzen als Berater für moderne<br />
Holznutzungstechnik, so im Himalaya <strong>und</strong><br />
im Auftrag der jugoslawischen Regierung in<br />
allen Teilrepubliken, bekam Alfred Huber eine<br />
Dauerstelle am Hauptsitz der FAO in Rom<br />
angeboten. Er zog mit der inzwischen gegründeten<br />
Familie nach Rom. Im Auftrag der<br />
FAO bereiste er viele Länder, insbesondere<br />
die Tropen als Berater für eine rücksichtsvolle<br />
(heute würde man sagen: nachhaltige)<br />
Bewirtschaftung von Regenwäldern.<br />
Ein vehementer Verfechter <strong>natur</strong>naher<br />
Waldbewirtschaftung<br />
Als vehementer Verfechter einer <strong>natur</strong>nahen<br />
Waldbewirtschaftung war er massgeblich<br />
am Aufbau der Arbeitsgemeinschaft für <strong>natur</strong>nahe<br />
Waldwirtschaft Deutschland <strong>und</strong><br />
deren Gründung im Juni 1950 in Schwäbisch<br />
Hall beteiligt. Er hatte sehr viele Fre<strong>und</strong>e in<br />
der B<strong>und</strong>es-ANW, wie sie in Deutschland<br />
auch genannt wird, die ihn als Fachmann<br />
aber auch als warmherzigen Menschen bis<br />
zum heutigen Tage hoch zu schätzen gelernt<br />
hatten. Alfred war auch Mitbegründer<br />
des 1992 gegründeten Pendents, der ANW-<br />
Schweiz. Die Schweizerische Stiftung Pro<br />
Silva Helvetica, deren Stiftungszweck die<br />
Förderung des Plenterprinzips ist, verlieh<br />
Alfred für seine grossen Verdienste im Sinne<br />
des Stiftungszwecks im Jahre 1998 die Kasthofer<br />
Medaille, benannt nach dem grossen<br />
Schweizerischen Forstmann Karl Kasthofer.<br />
Im Jahre 1955 starb der Schaffhauser Forstmeister<br />
Eduard Hitze <strong>und</strong> Alfred beschloss,<br />
sich als dessen Nachfolger zu bewerben,<br />
dies auch im Hinblick, sich dann besser für<br />
den geliebten Randen mit seine vielen botanischen<br />
<strong>und</strong> kulturhistorischen Beson derheiten<br />
engagieren zu können. Er erhielt diese<br />
Stelle <strong>und</strong> verstand sich sehr gut mit dem<br />
Chef des kantonalen Forstamtes, Arthur<br />
Ühlinger. Beide engagierten sich auch für<br />
Belange ausserhalb ihrer eigentlichen forstlichen<br />
Aufgaben: Wanderwege, Inventarisierung<br />
der Besonderheiten des Randens,<br />
Seite 22 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
dessen Planung <strong>und</strong> Schutz. Zusammen<br />
mit dem späteren Ständerat Kurt Bächtold<br />
waren sie die treibenden Kräfte bei der<br />
Gründung der Randenvereinigung, die<br />
Alfred von 1971 bis 1985 präsidierte. Er engagierte<br />
sich auch in der Politik, anfangs für<br />
die FDP im Kantonsrat, später für die Jungliberalen<br />
im grossen Stadtrat.<br />
Seine sehr häufigen <strong>und</strong> langen Ausland aufenthalte<br />
erklären, dass Alfred über den<br />
Rheinaukampf kaum orientiert war. Wäre dies<br />
der Fall gewesen, hätte er sicher mit an<br />
vorderster Front gestanden. Dies änderte<br />
sich mit seinem Domizilwechsel nach Schaffhausen,<br />
wo ihn Arthur Ühlinger sofort ins<br />
Vertrauen zog. Für die „ausserforstlichen Tätig<br />
keiten“ inkl. Rheinaub<strong>und</strong> stellte Arthur<br />
Ühlinger bereitwillig seine Büroinfrastruktur<br />
samt Sekretärin zur Verfügung.<br />
Trotz der 100%-Anstellung beim Kanton war<br />
Alfred zeitweise weiterhin für die FAO tätig.<br />
Dies bedeutete hin <strong>und</strong> wieder auch monatelange<br />
Auslandaufenthalte in aller Welt, so<br />
z.B. in Nigeria <strong>und</strong> Nicaragua. Dieses Doppelmandat<br />
war ein harte Probe für die Familie,<br />
denn Alfred war sozusagen Tag <strong>und</strong> Nacht<br />
an der Arbeit.<br />
Mit der Pensionierung von Arthur Ühlinger<br />
verlor Alfred sozusagen seine Heimat in der<br />
Forstverwaltung; der neue Chef hatte kein<br />
Verständnis dafür, dass die Amtsgeschäfte<br />
auf dem Forstamt mit Naturschutz, Randen<br />
<strong>und</strong> Umweltschutz, Rheinaub<strong>und</strong>, etc. vermischt<br />
wurden. Deshalb kündigte Alfred im<br />
Jahre 1968 die Stelle als Forstmeister <strong>und</strong> arbeitete<br />
fortan in Zürich in einem privaten<br />
Forstingenieurbüro. Der weiteren Zusammenarbeit<br />
mit Arthur Ühlinger stand dadurch<br />
nichts mehr im Wege. Seit 1976 betrieb<br />
Alfred ein eigenes Forstingenieurbüro<br />
in Schaffhausen. Auch während dieser Zeit<br />
hielt sich Alfred häufig im Ausland auf, so<br />
z.B. im Auftrag der Weltbank, der damaligen<br />
Direktion für Entwicklungszusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> Humanitäre Hilfe (DEH) <strong>und</strong> privater<br />
Auftraggeber.<br />
Mit dem Hinschied von Arthur Ühlinger im<br />
Jahre 1983 verlor der Rheinaub<strong>und</strong> eine<br />
hervorragende Führungspersönlichkeit <strong>und</strong><br />
den Redaktor seiner Zeitschrift „<strong>natur</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong>“. Trotz seines inzwischen erreichten<br />
Rentenalters entschloss sich Alfred, die<br />
Redaktion der Zeitschrift zu übernehmen.<br />
Die von Alfred redigierten Artikel in „<strong>natur</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“ waren stets f<strong>und</strong>iert <strong>und</strong> sehr<br />
gut recherchiert. In manchmal nächtelanger<br />
Arbeit füllte sich pro Heftausgabe jeweils<br />
mindestens ein B<strong>und</strong>esordner mit Recherchen<br />
<strong>und</strong> Autorenkorrespondenz.<br />
Alfred Huber war es, der mich im Jahre 1990<br />
in mein Amt als Geschäftsführer des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
eingeführt hat. Es war mir sofort bewusst,<br />
dass mein Mentor seine Anliegen als<br />
starke Persönlichkeit mit Vehemenz zu vertreten<br />
wusste <strong>und</strong> dabei auch mal ins<br />
Fettnäpfchen trat. Seinem Temperament entsprechend<br />
konnte er durchaus auch starke<br />
Worte gebrauchen. Niemals aber ging es<br />
ihm um seine Person, sondern immer um<br />
die Sache. Ein grosses Anliegen war Alfred,<br />
unsere Mitglieder <strong>und</strong> Abonnenten nicht<br />
nur als „Geschäftspartner“ wahrzunehmen,<br />
sondern immer den Menschen dahinter zu<br />
sehen. In seinem Sinne würdigt der Rheinaub<strong>und</strong><br />
seither die lange Treue seiner Mitglieder<br />
<strong>und</strong> Abonnenten in verschiedener Weise<br />
<strong>und</strong> wir führen den Status „Sozialtarif“ für<br />
LeserInnen mit finanziellen Problemen. Anlässlich<br />
der Mitgliederversammlung 1999<br />
trat Alfred aus dem Vorstand zurück <strong>und</strong><br />
wurde auf Gr<strong>und</strong> seiner Verdienste zum<br />
Ehrenmitglied ernannt.<br />
Auf dem Buechberg besass Alfred ein Stück<br />
Wald mit einer grossen Lichtung. Dies war<br />
sein Lieblingsort, den er hegte <strong>und</strong> pflegte<br />
<strong>und</strong> wo er mit seiner Familie viele schöne<br />
St<strong>und</strong>en verbrachte. Noch diesen Winter haben<br />
Alfred <strong>und</strong> ich Bäume zum Fällen gezeichnet.<br />
Noch zwei Wochen vor seinem<br />
Hinschied war Alfred mit seiner Familie beim<br />
Aufräumen nach dem Holzschlag dort <strong>und</strong><br />
genoss die Gewissheit, dass sein Ziel, an diesem<br />
Ort seltene Arten zu fördern in seinem<br />
Sinne weiter verfolgt wird.<br />
Mit dem Hinschied von Alfred Huber verliert<br />
die Region einen selbstlosen Anwalt der<br />
Natur, welcher mit seinem beharrlichen<br />
Engagement vielen Projekten zum Durchbruch<br />
verhalf <strong>und</strong> deren Wirkung noch weit<br />
in die Zukunft weisen wird.<br />
Ruedi Schneider<br />
Geschäftsführer des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
bis 2007<br />
Seite 23
Jahresbericht 2007<br />
Tätigkeitsbericht Rheinaub<strong>und</strong> 2007<br />
Dieser Bericht umfasst unsere Aktivitäten im Vereinsjahr 2007 in Kurzform. Er<br />
erlaubt einen Überblick über unser umfangreiches Engagement. Einzelne Projekte<br />
sind in diesem Heft ausführlich beschrieben. Zu den anderen Geschäften können<br />
selbstverständlich an der Mitgliederversammlung oder auf der Geschäfts stelle<br />
jederzeit zusätzliche Infos nachgefragt werden.<br />
Uwe Scheibler<br />
Gewässerschutz<br />
Gewässer-Übersicht im Kanton Schaffhausen<br />
(siehe ausführlicher Beitrag S.11ff)<br />
Furtbach Kt. Zürich<br />
Aus dem Furtbach werden erhebliche Wasser<br />
mengen für die Bewässerung von Gemüsekulturen<br />
entnommen. Dass dies vor allem<br />
im Sommer immer wieder zu schwierigen<br />
Situationen führt, ist klar. Die entsprechende<br />
Entnahmekonzession lief Ende Oktober<br />
2007 aus <strong>und</strong> eine neue Konzession ist nicht<br />
in Sicht. Wir haben unser Interesse bei den<br />
zuständigen Behörden (AWEL) k<strong>und</strong>getan,<br />
aber noch keine Reaktion erhalten.<br />
Garwidenbach, Gde. Mettmenstetten,<br />
Kt. Zürich<br />
Das amtliche Sanierungsprojekt sah die Wiedereindolung<br />
von zwei, durch die Kantonsstrasse<br />
getrennten Teilstücken einer Rohrleitung<br />
vor. Das eine Teilstück wurde aus<br />
Hochwasserschutzgründen schon vor Inkrafttreten<br />
der Verfügung saniert, wodurch<br />
vollendete Tatsachen geschaffen wurden.<br />
Eine offene Wasserführung wäre unserer<br />
Ansicht nach gr<strong>und</strong>sätzlich durch einen<br />
neuen sorgfältig gewählten Bachlauf ohne<br />
erhebliche Nachteile für die Landwirtschaft<br />
möglich gewesen. Auf einen Rekurs gegen<br />
die Verfügung wurde zur Wahrung der<br />
Verhältnismässigkeit verzichtet. Mit der<br />
Stellungnahme vom 04.04.2007 drückt der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> jedoch sein Bedauern über<br />
den unsachgemässen Verfahrensablauf aus,<br />
da er einen Präzedenzfall für mögliche ähnliche<br />
Situationen darstellt.<br />
In seiner Antwort weist das AWEL auf den<br />
Nachteil für die Landwirtschaft bei einer<br />
Ausdolung hin <strong>und</strong> erwähnt, dass der<br />
Garwidenbach sehr tief unter dem Boden läge<br />
<strong>und</strong> diverse Drainagen daran angeschlossen<br />
seien.<br />
Kiesbaggerungen an der Thurmündung,<br />
Kt. Zürich/Land Baden-Württemberg<br />
Die Thur ist heute der grösste Geschiebe zubringer<br />
am Hochrhein. Infolge des Einstaus<br />
der Thurmündung durch das Kraftwerk<br />
Eglisau bleibt das Geschiebe aber im<br />
Mündungsbereich liegen. Obwohl es sich<br />
um ein Auengebiet von nationaler Bedeutung<br />
handelt, werden die Geschiebeablagerungen<br />
daher regelmässig ausgebaggert,<br />
da ein Anstieg der Hochwasserstände befürchtet<br />
wird. Das Baggergut – zum grössten<br />
Teil bester R<strong>und</strong>kies – wurde bisher verkauft.<br />
In den wenigen noch frei fliessenden<br />
Flussabschnitten unterhalb der Thurmündung<br />
besteht deshalb ein grosses Geschiebedefizit.<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong>, obwohl nicht<br />
Fre<strong>und</strong> von Flussbaggerungen, begrüsst die<br />
teilweise Kiesrückgabe in den Rhein, die im<br />
Rahmen der Baubewilligung für das<br />
Kraftwerk Eglisau angestrebt wird. Bereits<br />
ausgeführt hat der Kanton Zürich einige<br />
Kiesschüttungen oberhalb der Thurmündung,<br />
auf der noch frei fliessenden Strecke<br />
zwischen Rheinau <strong>und</strong> Ellikon. Diese kann<br />
damit ökologisch aufgewertet werden.<br />
Kleine Gewässersanierungen –<br />
Beratungstätigkeit<br />
Diese Dienstleistung bietet fachliche Beratung<br />
für Gemeinden bei Revitalisierungsprojekten,<br />
die Prüfung bereits ausgearbeiteter<br />
Projekte <strong>und</strong> Beurteilung der ökologischen<br />
Qualität sowie die Erarbeitung von Konzepten<br />
zur Revitalisierung <strong>und</strong> Offenlegung von<br />
Bächen. Verschiedenes konnte bisher erreicht<br />
werden: Beratung zur fischgerechten<br />
Anschliessung des Maneggbaches an die<br />
Sihl in Zürich-Leimbach, Gutachten zur<br />
Sohlausgestaltung des geöffneten Kanal<br />
Andreasstrasse (Stadt Zürich), erfolgreicher<br />
Rekurs gegen die Wiedereindolung des<br />
Aarbaches (Herrliberg), ökologische Baubeglei<br />
tung am Mülibach (Gemeinde Winkel,<br />
ZH), Empfehlung zur Ausgestaltung eines<br />
rauen Beckenpasses an der Reppisch. Die<br />
Erfahrungen der letzten drei Jahre zeigen<br />
aber zunehmend, dass solche Beratun gen<br />
nur sinnvoll sind, wenn wir sehr frühzeitig<br />
beteiligt werden, weil dann die Ein griffsmöglichkeiten<br />
am grössten sind.<br />
Revitalisierung Thurauen, Kt. Zürich<br />
Dieses Projekt ist das umfangreichste Re<strong>natur</strong>ierungsvorhaben<br />
an der Thur <strong>und</strong> betrifft<br />
das grösste Auengebiet von nationaler Bedeutung.<br />
Bei diesem 42 Mio. Projekt werden<br />
Anliegen des Hochwasser schutzes, der Ökologie,<br />
des Auenschutzes, der Gewässerrevitalisierung,<br />
der Landwirt schaft <strong>und</strong> der Erholung<br />
so gebündelt, dass alle Betroffenen<br />
zufrieden sein können. Der Rheinaub<strong>und</strong><br />
hat Einsitz in der vom Regierungsrat eingesetzten<br />
Begleitkommis sion <strong>und</strong> wird die<br />
Umsetzung der beschlossenen Massnahmen<br />
konstruktiv mitverfolgen. Ein Defizit des<br />
Grossprojektes liegt in der nur rudimentär<br />
ausgearbeiteten Erho lungsplanung. Diese<br />
soll weitgehend von der Regionalplanung<br />
an die Hand genommen werden. Das hat<br />
zwar den Vorteil, dass erneut die Direktbetroffenen<br />
(v.a. Gemein den) gut integriert<br />
sind, birgt aber das Risiko einer blossen<br />
Fortsetzung des Ist-Zustandes. Das zeigt<br />
sich z.B. darin, dass trotz einer Änderung des<br />
Verkehrsrichtplanes verschiedene Parkplätze<br />
mitten im Auengebiet, im Waldareal <strong>und</strong><br />
teilweise sogar innerhalb der Beurtei lungslinien<br />
für eine dynamische Ent wicklung der<br />
Thur erhalten oder gar erweitert werden<br />
sollen.<br />
Thurkorrektion Weinfelden-Bürglen,<br />
Kt. Thurgau<br />
Der Raum der Thur zwischen Weinfelden<br />
<strong>und</strong> Bürglen im Kanton Thurgau wird für<br />
Hochwasserschutz <strong>und</strong> Re<strong>natur</strong>ierung vollständig<br />
neu gestaltet. Die im Rahmen der<br />
sogenannten 2. Thurkorrektion vorgesehenen<br />
Massnahmen sind noch immer in der<br />
Seite 24 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Projektierungsphase. Das Planungsverfahren<br />
wird von der Regionalen Arbeitsgruppe<br />
(RA) begleitet, in der alle am Vorhaben<br />
interessierten Kreise vertreten sind. Auch<br />
der Rheinaub<strong>und</strong> ist in diesem Gremium<br />
<strong>und</strong> wird durch das Vorstandsmitglied Dipl.-<br />
Ing. Landschaftsplanerin Anna Belser sowie<br />
durch den Geschäftsführer vertreten.<br />
Die im Herbst 2007 verspätet vorgelegten<br />
Vorprojekte waren unvollständig. Auch<br />
musste bemängelt werden, dass es für die<br />
hauptsächlich betroffenen Landwirte noch<br />
überhaupt keine Kompensationsüberlegungen<br />
gibt.<br />
Kleinkraftwerk am Ambauenwehr an der<br />
Engelberger Aa, Kt. Nidwalden<br />
Das Ambauenwehr an der Engelberger Aa<br />
unterbricht das Flusskontinuum <strong>und</strong> verhindert<br />
damit u.a. den Aufstieg der Seeforelle<br />
zu ihren Laichgründen. Gegen die Nutzungsänderung<br />
zur Stromerzeugung <strong>und</strong> Einspeisung<br />
ins Netz der seinerzeit zum Betrieb<br />
einer Säge erstellten Anlage erhoben wir<br />
Einsprache <strong>und</strong> forderten deren Rückbau.<br />
Das Verwaltungsgericht des Kt. Nidwalden<br />
hat den vorherigen positiven Entscheid des<br />
Regierungsrates aufgehoben <strong>und</strong> zur Neubeurteilung<br />
zurückgewiesen. Nach der<br />
Analyse des Verwaltungsgerichtsentscheides<br />
durch unseren Rechtsanwalt beschlossen<br />
wir, den Entscheid vor dem B<strong>und</strong>esgericht<br />
anzufechten. Das B<strong>und</strong>esgericht hat<br />
unsere Beschwerde leider abgewiesen. Der<br />
Kleinkraftwerkbetreiber muss nun die Auflagen<br />
des Gewässer schutzgesetzes einhalten<br />
<strong>und</strong> eine funk tions fähige Fischaufstiegsanlage<br />
erstellen. Die Projektvarianten<br />
waren Ende 2007 noch in der Ausarbeitung<br />
<strong>und</strong> werden im Frühjahr 2008 vom AfU Nidwalden<br />
vorgestellt, bevor die Konzession<br />
öffentlich aufgelegt wird.<br />
Kraftwerk Eglisau,<br />
Kt. Zürich/Land Baden-Württemberg<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> seine Mitstreiter<br />
mussten vom Beginn des Verfahrens an um<br />
elementare Anforderungen streiten, insbesondere<br />
um den Geschiebehaushalt, die<br />
freie Fischwanderung <strong>und</strong> um den Miteinbezug<br />
der Staustrecke in die Untersuchungen<br />
der Umweltverträglichkeit. Auch die zweimalige<br />
bedingungslose Verlängerung der<br />
alten Konzession haben wir gerügt.<br />
2006 kam es zu Einigungsverhandlungen.<br />
Obwohl Verbesserungen erzielt wurden,<br />
sind längst nicht alle ökologischen Anliegen<br />
erfüllt. So z.B. die Staukotenabsenkung, welche<br />
wegen der befürchteten Uferrut schungen<br />
politisch nicht machbar ist, die Dynamisierung<br />
des Alten Rheins bei Rüdlingen,<br />
welche am Widerstand des Kt. Schaffhausen<br />
gescheitert ist oder das Umgehungsgerinne<br />
auf deutscher Seite, welches aus Kosten-<br />
Nutzen-Überlegungen durch eine kombinierte<br />
Lösung mit Schiffsschleuse/Fischlift<br />
ersetzt worden ist.<br />
Aus verfahrenstechnischen Gründen müssen<br />
die meisten Anträge unserer Einsprache<br />
aufrechterhalten bleiben, auch wenn sich<br />
an der Verhandlung ein allgemeiner Konsens<br />
abgezeichnet hat. Letzter Prüfstein für den<br />
Entscheid bezüglich eines allfälligen Weiterzuges<br />
werden die Bestimmungen des<br />
Bauentscheides sein. Knackpunkte sind insbesondere<br />
noch die Verbesserung des<br />
Fischpasses beim Wehr <strong>und</strong> die Geschiebezugaben<br />
in der Stauwurzel (Aufwertung der<br />
Strecke zwischen Thur- <strong>und</strong> Tössmündung).<br />
Wir hoffen, dass unsere Anträge darin berücksichtigt<br />
werden.<br />
Kraftwerk Elm, Kt. Glarus<br />
Am bisher noch recht <strong>natur</strong>nahen Abschnitt<br />
des Sernf zwischen Elm <strong>und</strong> Matt im Glarner<br />
Chlital soll ein Wasserkraftwerk mit ca. 2,5<br />
MW Leistung gebaut werden. Auch auf der<br />
Höhe Sool ist ein weiteres Kraftwerk in Planung.<br />
Zusammen mit Pro Natura Glarus haben<br />
wir die Strecke besichtigt <strong>und</strong> bereiten<br />
uns für den Fall der Konzessionsaus schreibung<br />
vor.<br />
„KWO Plus“ Grimsel – Mauererhöhung<br />
gegen Moorlandschaft<br />
Beim Projekt „KWO Plus“, das uns im Verb<strong>und</strong><br />
mit anderen Umweltorganisationen seit<br />
1999 beschäftigt, geht es im Wesentlichen<br />
um die Fragen, ob die geplante Mehrproduktion<br />
bzw. Staumauererhöhung des<br />
Grimselsees von nationaler Bedeutung sei,<br />
Das Kraftwerk Eglisau<br />
beschäftigt den Rheinaub<strong>und</strong><br />
seit mehr als zehn<br />
Jahren.<br />
Foto EKZ<br />
<strong>und</strong> ob diese in der Interessenabwägung<br />
höher zu gewichten ist als die massiven<br />
Eingriffe in die BLN-Landschaft von nationaler<br />
Bedeutung bzw. der verfassungsmässig<br />
garantierte Schutz der einmaligen Gletscher-<br />
<strong>und</strong> Moorlandschaft. Das Wasserwirt -<br />
schaftsamt des Kantons Bern hat im März<br />
2007 das Projekt als umweltverträglich bewertet<br />
<strong>und</strong> bewilligt. Die Umweltverbände<br />
haben am 12. März 2007 mit einer Medieninformation<br />
ihren Standpunkt nochmals klar<br />
gemacht <strong>und</strong> beim Verwaltungsgericht des<br />
Kt. Bern Beschwerde eingereicht. Die Schriftenwechsel<br />
deuten darauf hin, dass sich das<br />
Gericht sehr kritisch mit dem gewählten –<br />
<strong>und</strong> von uns kritisierten Verfahren (baurechtlich<br />
statt Konzessionsänderung) auseinandersetzen<br />
wird (siehe Seite 37).<br />
Fischaufstieg beim KW Hard an der Töss,<br />
Stadt Winterthur, Kt. Zürich<br />
Die Forderung nach einem Fischpass am<br />
Wehr des Töss-Kraftwerks Hard bei Winterthur<br />
ist eine Vorgabe aus dem Öko strom-<br />
Zertifizierungsprozess 2002. Aus verschiedensten<br />
Gründen hat sich der Bau einer<br />
neuen Anlage verzögert. Ende 2007 wurde<br />
sie nun erstellt. Noch ist ihre Funktionstauglichkeit<br />
von den Betreibern nicht nachgewiesen,<br />
doch der Rheinaub<strong>und</strong> ist überzeugt,<br />
dass mit einer Betriebsoptimierung<br />
die Anlage nun dem Stand der Technik entspricht.<br />
Unklar bleibt, weshalb der Kanton in<br />
der Baubewilligung nicht auch die Auflage<br />
einer Erfolgskontrolle gemacht hat. Der<br />
Aufwand für die Behörden, den als „möglich“<br />
taxierten nachträglichen Umbau eines<br />
Beckens zur Kontrolle später auch wirklich<br />
einzufordern, ist ungleich grösser, als wenn<br />
diese Auflage gleich zu Beginn festgehalten<br />
würde.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 25
Jahresbericht 2007<br />
Rieter Ökostrom Zertifizierung,<br />
Kt. Zürich<br />
Für die beiden länger ausser Betrieb stehenden<br />
Tösskraftwerke der Firma Rieter in<br />
Winterthur ist eine mit Auflagen verknüpfte<br />
„Konzessionsverlängerung“ bewilligt worden.<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> hat im Rahmen seines<br />
Engagements in der ProTöss die Ökostromzertifizierung<br />
begleitet. Leider sieht<br />
die Betreiberin der Werke, die Nordstrom<br />
GmbH aus Schaffhausen, diese Begleitung<br />
eher als Belastung denn als Chance an, <strong>und</strong><br />
es muss sich im Rahmen des noch zu gründenen<br />
Ökofondsgremiums zeigen, welche<br />
Anliegen an eine möglichst <strong>natur</strong>nahe Töss<br />
noch eingebracht werden können. Positiv<br />
ist aber sicher, dass nun erstmals Restwassermengen<br />
bestimmt sind für die Ausleitstrecken,<br />
dass am Wehr ein moderner Fischpass<br />
errichtet wurde <strong>und</strong> ein Konzept für<br />
eine Funktionskontrolle in Arbeit ist.<br />
Kraftwerk am Isorno, Italien<br />
<strong>und</strong> Kt. Ticino<br />
Am Oberlauf des Isorno ist auf italienischer<br />
Seite ein Kleinkraftwerk geplant, das dieses<br />
Gewässer massiv beeinträchtigen würde. Im<br />
mitbetroffenen schweizerischen Onserno -<br />
ne tal wird über ein Parkprojekt diskutiert,<br />
das mit dem Kraftwerkbau erledigt wäre.<br />
Nun besteht eventuell die Möglichkeit, den<br />
Park ge danken auf das italienische Gebiet<br />
auszudehnen. Hier konnten wir beratend<br />
tätig wer den <strong>und</strong> verfolgen die weitere<br />
Projektentwicklung zusammen mit Pro<br />
Natura Tici no.<br />
Kraftwerk Kembs, Frankreich/Deutschland<br />
(siehe ausführlichen Beitrag Seite 10 ff)<br />
Kraftwerk Kradolf-Schönenberg, Kt. Thurgau<br />
(siehe ausführlichen Beitrag S. 17)<br />
Kraftwerk Lugnez, Kt. Graubünden<br />
(siehe ausführlichen Beitrag S. 18 ff)<br />
Kraftwerk Rheinfelden, Kt. Aargau <strong>und</strong> Land<br />
Baden-Württemberg<br />
Hier handelt es sich um das grösste Neubau-<br />
Projekt am Hochrhein. Der Neubau vernichtet<br />
zu einem grossen Teil einen der letzten<br />
„Laufen“ (Gwild) am Hochrhein durch Einstau<br />
<strong>und</strong> Austiefung (Sprengung). Die erste<br />
Einsprache gegen die Konzession erfolgte<br />
1988. Eine weitere Einsprache im Rahmen<br />
des Baubewilligungsverfahrens folgte 1996.<br />
Einigungsverhandlungen <strong>und</strong> bilaterale<br />
Ge spräche führten schliesslich zu einem<br />
akzeptablen Konsens. Wir sind mit Jürg<br />
Bloesch <strong>und</strong> Ueli Rippmann in der ökologischen<br />
Bau begleitung vertreten.<br />
Inzwischen sind grosse Teile des neuen<br />
Wehrs fertig gestellt. Teile des Gwildes sind<br />
schon gesprengt; die Flussbaggerung erfolgt<br />
schrittweise in Fliessrichtung mittels<br />
temporärer Schüttdämme <strong>und</strong> ist damit viel<br />
umweltverträglicher als ursprünglich geplant.<br />
Teile des Flusskieses werden für das<br />
grosse Umgehungsgerinne verwendet. Die<br />
KW Rheinfelden:<br />
Die Arbeiten am Ehr<br />
sind mittlerweile weit<br />
fortgeschritten.<br />
Foto: Energiedienst AG<br />
Ausgleichs- <strong>und</strong> Ersatzmassnahmen der<br />
Bauphase 2 werden jetzt in Angriff genommen<br />
(Oberwasser). Bis 2010 sollen die Turbinen<br />
in Betrieb genommen werden, bis<br />
2011 soll das Umgehungsgerinne in Funktion<br />
sein, womit man insgesamt ein Jahr gewonnen<br />
hätte.<br />
Kraftwerk Rüchlig bei Aarau, Kt. Aargau<br />
Durch das Sommerhochwasser im August<br />
wurden die Turbinen beim Kraftwerk Rüchlig<br />
schwer beschädigt. Fast gleichzeitig reichten<br />
die NOK ein Gesuch für die neue Konzession<br />
ein.<br />
Einige Punkte aus unserer Einsprache sollen<br />
hier beispielhaft kurz aufgeführt werden:<br />
– Der Kanton hat es versäumt, die Siedlungsplanung<br />
mit den Anforderungen an<br />
ein <strong>natur</strong>nahes Gewässer <strong>und</strong> an einen<br />
<strong>natur</strong>nahen Hochwasserschutz abzustimmen.<br />
Dadurch ergibt sich ein Sachzwang<br />
zu höheren Dämmen <strong>und</strong> weniger Spielraum<br />
für eine Re<strong>natur</strong>ierung.<br />
– Die angestrebte Konzessionsdauer ist mit<br />
80 Jahren eigentlich eine Frechheit. Wenn<br />
für grosse Kraftwerke an Hoch- <strong>und</strong><br />
Oberrhein 20 Jahre genügen, dann müssen<br />
auch die NOK mit 20-40 Jahren auskommen<br />
können. Innerhalb der Konzessions<br />
dauer sind nämlich zusätzliche Mass -<br />
nahmen zugunsten von Natur <strong>und</strong> Land -<br />
schaft kaum möglich.<br />
– Die Erhöhung der Staukote wird den unnatürlichen<br />
Zustand der Staustrecke noch<br />
verstärken. Mit einer besseren Technik<br />
kann der Wirkungsgrad auch ohne Er höhung<br />
der Staukote um einiges verbessert<br />
werden.<br />
– Die vorgesehene Restwassermenge ist für<br />
einen der grössten Flüsse unseres Landes<br />
deutlich zu gering. Ein Fluss muss fliessen<br />
können.<br />
– Die Fischgängigkeit ist mit den vorgesehenen<br />
Massnahmen wahrscheinlich nicht<br />
oder nur zu einem ungenügenden Teil erreichbar.<br />
Das Gewässerschutzgesetz fordert<br />
in diesem Punkt eindeutig mehr.<br />
– Für die ökologischen Ausgleichsmass nahmen<br />
ist eine Bilanz zu erstellen, damit die<br />
geplanten Massnahmen im Umfang überhaupt<br />
bewertet werden können.<br />
Seite 26 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Alter <strong>und</strong> neuer<br />
Geschäftsführer bei einem<br />
Ortstermin am Kraftwerk<br />
Rüchlig.<br />
Foto: Rheinaub<strong>und</strong><br />
– Der Umfang der ökologischen Ausgleichsmass<br />
nahmen ist im Verhältnis zum Eingriff<br />
zu gering <strong>und</strong> soll auch auf Massnahmen<br />
ausserhalb des Konzessionsbereichs ausgedehnt<br />
werden.<br />
– Die Durchgängigkeit für Geschiebe muss<br />
deutlich erhöht werden <strong>und</strong> es ist zu überlegen,<br />
an welchen Seitenbächen zusätzliches<br />
Geschiebe eingebracht werden<br />
könnte. Heute gehen gerade einmal 2,5<br />
Prozent der natürlichen Geschiebemenge<br />
durch.<br />
– Für den Betrieb des Kraftwerkes darf kein<br />
Gr<strong>und</strong>wasser genutzt werden.<br />
– Das Monitoring für <strong>natur</strong>- <strong>und</strong> umweltbezogene<br />
Parameter muss ausgebaut <strong>und</strong><br />
während der gesamten Betriebszeit durchgeführt<br />
werden.<br />
Für Anfang 2008 sind Einigungsver handlungen<br />
geplant.<br />
An den Aktivitäten waren zusammen mit<br />
den regionalen Umweltverbänden nebst<br />
Jürg Bloesch <strong>und</strong> Ueli Rippmann auch unsere<br />
Vorstandsmitglieder Anna Belser <strong>und</strong><br />
Konrad Knupp beteiligt.<br />
Kraftwerk Rhyburg-Schwörstadt (KRS),<br />
Kt. Aargau <strong>und</strong> Land Baden-Württemberg<br />
Dieses Kraftwerk soll im Jahre 2010 eine<br />
neue Konzession erhalten. Dabei sollen gravierende<br />
ökologische Beeinträchtigungen<br />
gemildert werden. Die Verbände wurden in<br />
vorbildlicher Weise frühzeitig eingeladen<br />
<strong>und</strong> informiert. Ein Teil unserer Vorschläge<br />
wurde ins Pflichtenheft übernommen. Die<br />
Auftragsvergabe für die Hauptuntersuchung<br />
(UVB) ist Mitte 2005 erfolgt. Am 28. Februar<br />
2007 hat die Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt<br />
AG das Konzessionsgesuch mit den Fachberichten<br />
bei den Amtsstellen in der Schweiz<br />
<strong>und</strong> in Deutschland eingereicht. Die Einspracheverhandlungen<br />
sollen im Frühling 2008<br />
stattfinden. Es ist zu hoffen, dass die letzten<br />
Probleme einvernehmlich gelöst werden<br />
können. Grössere Meinungsverschiedenheiten<br />
bestehen insbesondere bezüglich der<br />
Fischaufstiegshilfe beim Wehr.<br />
Kraftwerk Rheinau, Untersuchung<br />
Restwasserstrecke <strong>und</strong> Wehrsanierung,<br />
Kt. Zürich <strong>und</strong> Land Baden-Württemberg<br />
Unsere wissenschaftliche Untersuchung der<br />
Restwassertrecke Rheinau fand in der Öffentlichkeit,<br />
bei den Behörden <strong>und</strong> bei den<br />
Projektanten bekanntlich grosse Beachtung.<br />
Das B<strong>und</strong>esamt für Energie (BFE), zuständig<br />
für die Grenzkraftwerke, nutzt unsere Untersuchungsergebnisse<br />
<strong>und</strong> hat uns einen Teil<br />
unserer finanziellen Aufwendungen zurück<br />
erstattet. Die Modellberechnungen wurden<br />
im März 2006 mit 1:1 Dotierversuchen verifiziert,<br />
die eine hohe Beachtung in den Medien<br />
fanden. Problempunkt ist das von der<br />
ENHK eingeforderte heutige Landschaftsbild,<br />
das es zu erhalten gelte. Inzwischen hat<br />
das BFE die Elektrizitätswerk Rheinau AG<br />
(ERAG) aufgefordert, die Auswirkungen im<br />
Hinblick auf die wirtschaftliche Tragbarkeit<br />
mit saisonal variablen Dotierungen von 20–<br />
40m 3 /s; 40–60m 3 /s <strong>und</strong> 50–70m 3 /s zu verifizieren.<br />
Das BFE hat uns in einem Brief über<br />
die aktuelle Lage informiert <strong>und</strong> angedeutet,<br />
dass im Sommer 2008 die von den Behörden<br />
favorisierte Variante den Einsprechern<br />
vorgestellt werden soll, bevor das Projekt öffentlich<br />
aufgelegt wird. In unserem Antwortschreiben<br />
verlangen wir, dass nicht nur die<br />
untere Hälfte, sondern die ganze Restwasserstrecke<br />
ökologisch saniert werden muss.<br />
Auch die von der ERAG vorgenommene<br />
technische Revision der Hilfswehre wird gemäss<br />
den Behörden kein Präjudiz schaffen,<br />
da sie Unterhaltsmassnahmen innerhalb der<br />
geltenden Konzession sind.<br />
Kraftwerk Weseta, Gemeinde Engi, Kt. Glarus<br />
Am Mülibach existiert seit dem vorletzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert ein Klein-KW der Textilfabrik<br />
Weseta AG. Die Anlage sollte eigentlich zu<br />
Gunsten eines grösseren Kraftwerks oberhalb<br />
aufgegeben werden. Aus politischen<br />
Gründen wurde die 1998 erteilte Konzession<br />
bis heute nicht wahrgenommen <strong>und</strong> die<br />
Weseta sanierte in der Zwischenzeit ihre<br />
Anlage. Nun soll aber das oberliegende KW<br />
doch gebaut werden. Der Sanierungsbericht<br />
berücksichtigt diese Lage (kombinierter<br />
Eingriff) nicht <strong>und</strong> ist in sich wenig konsistent.<br />
Die Auflagen sollen nicht in einer<br />
Verfügung, sondern über einen Vertrag geregelt<br />
werden. Wichtige Unterlagen haben<br />
wir bisher nicht erhalten <strong>und</strong> haben deshalb<br />
zuhanden des Amtes für Umweltschutz<br />
(AfU), auch im Namen von pro Natura <strong>und</strong><br />
WWF Glarus, eine Stellungnahme erarbeitet.<br />
Im Januar 2008 fand zwischen allen Beteiligten<br />
ein gutes Gespräch statt, bei dem sich<br />
eine win-win Lösung abzeichnete: Das Klein-<br />
KW darf stehen bleiben unter der Bedingung,<br />
dass die Restwassermengen gemäss Gewässer<br />
schutzgesetz dotiert werden, ein Abflussmonitoring<br />
stattfindet, die Fischaufstiegshilfe<br />
am oberen Werk funktionstüchtig<br />
gebaut wird <strong>und</strong> noch auszuhandelnde<br />
Ausgleichs massnahmen im Ge wässersystem<br />
Mühli bach/Sernf erbracht wer den. An diesem<br />
Pro jekt sind beteiligt: Lukas Boller,<br />
Manuela Krähenbühl, Anna Kley, Jürg<br />
Bloesch <strong>und</strong> Konrad Knupp.<br />
Kraftwerk Wettingen an der Limmat,<br />
Kt. Aargau<br />
Die Stadt Zürich (EWZ) will ihr Kraftwerk in<br />
Wettingen für weitere 80 Jahre betreiben<br />
<strong>und</strong> das Werk erweitern. Mit dem Einbau einer<br />
Rohrturbinenanlage in das Wehr soll der<br />
neuen Gesetzgebung, insbesondere dem<br />
Gewässerschutzgesetz, Nachachtung verschaffen<br />
werden. Mit der geplanten Anlage<br />
lässt sich die Limmatschlaufe, welche bisher<br />
lediglich mit einer kläglichen Restwassermenge<br />
dotiert war, ökologisch aufwerten.<br />
Trotzdem waren Verhandlungen nötig, wobei<br />
ein von allen Seiten akzeptierter Konsens<br />
gef<strong>und</strong>en wurde. Der Rheinaub<strong>und</strong> ist mit<br />
Edda Rohe in der ökologischen Begleitgruppe<br />
vertreten. Der Kraftwerksumbau ist im<br />
vollem Gange. Nach dem bereits erstellten<br />
Fischaufstieg Schanzengraben <strong>und</strong> der ca.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 27
Rheinaub<strong>und</strong><br />
7 ha grosse Flussaufweitung bei Geroldswil<br />
wurde im Herbst 2007 das technisch<br />
sehr anspruchsvolle Umgehungsgerinne am<br />
Wehr fertig gestellt. Damit ist die Fischgängigkeit<br />
vom Wasserschloss bis in den Zürichsee<br />
endlich wieder hergestellt.<br />
Landschaftsschutz<br />
<strong>und</strong> Raumplanung<br />
Im Jahr 2007 entstand das<br />
technisch sehr anspruchsvolle<br />
Umgehungsgerinne<br />
am Wehr des KW Wettingen.<br />
Foto: G. Frauenlob<br />
Projektbegleitung Eisenbahn-Grossprojekte<br />
AlpTransit <strong>und</strong> Bahn 2000, Schweiz<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich erachten die Umweltschutzorganisationen<br />
den Bau der NEAT als sinnvolles<br />
Projekt zur umweltgerechteren Bewältigung<br />
der Mobilität von Personen <strong>und</strong><br />
Gütern. Allerdings bringt dieses Grossprojekt<br />
entsprechend grosse Eingriffe in die Natur,<br />
die Landschaft <strong>und</strong> die Siedlungen mit sich.<br />
Gewässer sind betroffen, Gr<strong>und</strong>wasser wird<br />
tangiert, Emissionen gelangen in die Luft,<br />
Böden werden hektarweise umgelagert <strong>und</strong><br />
Lebensräume mit Lärm beschallt. Die neuen<br />
Verkehrswege der Bahn durchschneiden<br />
Wildtierkorridore, oder diese werden im Zusammenhang<br />
mit den Ablagerungen des<br />
Ausbruchmaterials der Tunnels für lange<br />
Jahre unterbrochen.<br />
Es ist ein wichtiges Anliegen der Natur-,<br />
Um welt- <strong>und</strong> Heimatschutzorganisationen,<br />
dem Schutz der Umwelt, der Natur <strong>und</strong> der<br />
Heimat auch bei der Realisierung des Grossprojekts<br />
der Bahninfra struktur Nachachtung<br />
zu verschaffen. Zur Wahrnehmung dieser<br />
Aufgabe haben sieben gesamtschweizerische<br />
Organisationen, nämlich Pro Natura,<br />
Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerischer Heimatschutz<br />
SHS, Stiftung für Landschaftsschutz SL,<br />
Schweizerischer Vogelschutz SVS, Verkehrsclub<br />
der Schweiz VCS <strong>und</strong> WWF bereits im<br />
Jahr 1994 Martin Furter das Mandat zur<br />
Begleitung des Eisenbahn gross projekts erteilt.<br />
Nicht nur die Alptransit Gotthard AG<br />
begrüsst die vereinbarte Zusammenarbeit<br />
mit den Umweltverbänden. Das gewählte<br />
Kooperationsmodell wird auch jenseits der<br />
Landesgrenze als nachahmenswert beurteilt.<br />
Konkrete Beispiele für Erreichtes:<br />
– Die Neubaustrecke zwischen Mattstetten <strong>und</strong><br />
Rothrist ist schon lange in Betrieb <strong>und</strong> alle<br />
Rei senden können sich ein eigenes Bild von<br />
den beachtlichen, ökologischen Aufwertungs<br />
massnahmen machen. Ab- <strong>und</strong> Anschlussar<br />
beiten sind jedoch nicht abgeschlossen.<br />
– Sachgerechte Bewirtschaftung von Trockenwiesen<br />
beim Zwischenangriff Sedrun: Nach<br />
mehreren Interventionen ist es endlich gelungen,<br />
eine Bewirtschaftungsweise der gut<br />
30 Hektar Trockenwiesen im Raum Sedrun<br />
zu initiieren, die dem Ziel der Erhal tung,<br />
bzw. der Förderung der Arten vielfalt gerecht<br />
werden kann. Der Bericht vom November<br />
2007 über den Zustand <strong>und</strong> die Entwicklung<br />
der Wiesen seit der Anpassung der Bewirt<br />
schaftung belegt, dass die von uns ausgelösten<br />
Verbesserungen Wirkung zeigen.<br />
– Materialbewirtschaftung Sedrun: Für die Ablagerung<br />
von zusätzlichem Ausbruch ma terial<br />
im Fall des erweiterten Tunnelvortriebs<br />
von Sedrun her konnten Lösungen gef<strong>und</strong>en<br />
werden, die auch aus der Sicht des<br />
Umweltschutzes verantwortet werden können.<br />
So bleibt die wertvolle Böschung im<br />
Val Bugnei weitestgehend frei <strong>und</strong> der erforderliche<br />
Abtransport erfolgt per Bahn.<br />
– Reduktion der Bahndammhöhe im Kanton<br />
Uri: Landschaftlich besonders stark ins Gewicht<br />
fällt die auch mit Hilfe der Orga nisationen<br />
erreichte Überarbeitung des NEAT-<br />
Projekts in der Urner Reussebene, die nun<br />
einen Bahndamm von nur noch ca. 2 Metern<br />
Höhe statt der ursprünglich vorgesehenen<br />
5 bis 6 Meter ermöglichte.<br />
– Walenbrunnen im Kanton Uri: Die Re<strong>natur</strong>ierung<br />
des heute kanalisierten Walenbrunnens,<br />
die eigentliche Ersatzmassnahme<br />
für die Eingriffe in der Urner Reussebene,<br />
konnte dank unserem Einsatz wesentlich<br />
<strong>natur</strong>näher geplant <strong>und</strong> genehmigt werden,<br />
als dies zu Beginn vorgesehen war.<br />
– Massnahmen beim Lötschberg-Südportal /<br />
Raron: Der Sicherstellung der Uferbesto<br />
ckung am Rhoneufer wird Rechnung getragen<br />
<strong>und</strong> für die Ersatzmassnahmen im<br />
Ge biet Moos (Feuchtgebiet) wurden aufgr<strong>und</strong><br />
unserer Einsprache zusätzliche Massnahmen<br />
<strong>und</strong> Erfolgskontrollen verfügt.<br />
– Ceneri Basistunnel; Deponie Sigirino: Unsere<br />
Einflussnahme bei der Planung der zukünftigen<br />
Deponie des Ausbruchmaterials vom<br />
Ceneri Basistunnel in Sigirino hat verschiedene<br />
Anpassungen bei der landschaftlichen<br />
Endgestaltung bewirkt.<br />
– Ceneri Basistunnel; Verzicht auf neue Strasse<br />
im Val Vedeggio: Im Rahmen der Plangenehmigungsverfahren<br />
wehrten wir uns<br />
gegen die Beeinträchtigung des teilweise<br />
noch sehr <strong>natur</strong>nahen <strong>und</strong> sowohl landschaftlich<br />
als auch aus Sicht der Artenvielfalt<br />
wichtigen Val Vedeggio durch eine<br />
Transport strasse. AlpTransit hat ein neue<br />
Lösung für die Transporte gesucht <strong>und</strong> gef<strong>und</strong>en.<br />
So bleibt das Val Vedeggio nun<br />
von der Strasse <strong>und</strong> entsprechenden Rodungen<br />
verschont.<br />
Bau- <strong>und</strong> Zonenplanung<br />
Unterstammheim, Kt. ZH<br />
Um die Verpflichtung zur Ausdolung eines<br />
Baches zu umgehen, wollte die Gemeinde<br />
Un terstammheim mit Unterstützung des<br />
Seite 28 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Kantons das Gelände eines bestehenden<br />
Gewerbebetriebes in die Landwirtschaftszone<br />
umzonen. Als „Ersatz“ dafür sollte eine<br />
neue Gewerbezone in der heutigen Landwirtschaftszone<br />
ausgewiesen werden. Das<br />
Resultat wäre also eine erhebliche Ausdehnung<br />
der Siedlungsfläche auf Kosten der<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> die Umgehung einer<br />
gesetzlichen Verpflichtung zur Ausdolung<br />
einer ca. 300 m langen Bachstrecke gewesen.<br />
Zusam men mit Pro Natura haben wir<br />
dagegen Stellung bezogen <strong>und</strong> dieses<br />
Beispiel als verfehlte Raumplanung auch im<br />
persönli chen Gespräch dem Baudirektor des<br />
Kantons Zürich vorgestellt.<br />
Als Lösung haben wir den Gemeinden im<br />
Stammertal die Bildung eines Gewerbepools<br />
<strong>und</strong> die Beteiligung an einem Landschaftsentwicklungskonzept<br />
vorgeschlagen. Wir<br />
sind nun gespannt, für welches Vorgehen<br />
sich der Gemeinderat entscheiden wird.<br />
Porta Alpina: endlich „gestorben“<br />
Lange gab es keine definitiven Aussagen<br />
über das Schicksal dieser Schnapsidee. Das<br />
zeigt uns, dass auch unausgegorene Pläne<br />
durchaus langlebig sein können <strong>und</strong> möglicherweise<br />
dann plötzlich wieder zu einer<br />
Bedrohung für die Landschaft werden können.<br />
Der glücklicherweise negative Entscheid<br />
über das Projekt fiel im Oktober 2007<br />
<strong>und</strong> führte nochmals zu einiger Aufregung<br />
unter den Beteiligten.<br />
Rheinfall: Landkauf <strong>und</strong> Umnutzung,<br />
Kt. Schaffhausen <strong>und</strong> Kt. Zürich<br />
In Zusammenhang mit dem Kauf einer grossen<br />
Landparzelle direkt im Rheinfallbecken<br />
durch die Gemeinde Neuhausen wurde in<br />
Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessengruppen,<br />
so auch des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />
<strong>und</strong> des WWF ein Masterplan entwickelt.<br />
Das ist nötig, weil sich die Besucherzahlen in<br />
den letzten 15 Jahren massiv verringert<br />
haben <strong>und</strong> kaum <strong>natur</strong>k<strong>und</strong>liche Informationen<br />
vermittelt werden können. Der Besuch<br />
des Rheinfalls soll attraktiver gestaltet<br />
<strong>und</strong> die Verweildauer verlängert werden.<br />
Die Land schaft am Rheinfall soll durch ein<br />
verbessertes Pflegekonzept aufgewertet<br />
<strong>und</strong> einzelne Landschaftselemente sollen<br />
wie derhergestellt werden. Die Umgebung<br />
wird wieder den früheren parkähnlichen<br />
Cha rak ter erhalten. Neue Wege <strong>und</strong> Aussichtspunkte<br />
sollen bequeme <strong>und</strong> attraktive<br />
R<strong>und</strong>gänge ermöglichen. Für den Rheinfall<br />
gelten besondere Schutzbe stim mungen<br />
<strong>und</strong> planerische Gr<strong>und</strong>lagen, insbesondere<br />
handelt es sich um ein BLN-Gebiet. Der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> ist mit dem Geschäftsführer in<br />
der Begleit gruppe vertreten.<br />
Im Dezember 2007 hat der Kanton Zürich<br />
als Eigentümer der Liegenschaft Schloss<br />
Laufen öffentlich angekündigt, mit einem<br />
Bauvolumen von r<strong>und</strong> 15 Mio. Fr. die unbefriedigende<br />
Situation auf der Zürcher Seite<br />
zu verbessern. Hier werden wir sehr genau<br />
hinschauen müssen, damit die unwiederbringliche<br />
Rheinfall-Landschaft nicht einfach<br />
kommerzialisiert wird.<br />
Kantonaler Richtplan, Kt. Zürich<br />
Mit Beschluss vom 26.03.2007 beschloss der<br />
Kantonsrat den überarbeiteten Verkehrs richtplan.<br />
Trotz zahlreicher Einwendungen aus<br />
Umweltschutzkreisen hat dieser Plan mehr<br />
Ähnlichkeit mit einem Wunschkatalog der<br />
Lastwagenlobby <strong>und</strong> der Bauwirtschaft als<br />
mit einem seriösen Planungsinstrument.<br />
Ohne jegliche Rücksicht auf Bevölkerung <strong>und</strong><br />
Umwelt werden darin Projekte vorbereitet,<br />
die das genaue Gegenteil von nachhaltiger<br />
Verkehrsentwicklung bedeuten. Die schönen<br />
Worte der Zürcher Regierungs vertreterInnen<br />
werden damit brutal widerlegt.<br />
Im Herbst erfolgte die Auflage des Teil bereichs<br />
Landschaft, Gewässer, Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgung. Wir kritisierten hier den nach<br />
Der Rheinfall bietet<br />
ein imposantes Naturschauspiel.<br />
Foto: Max Baumann<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 29
Jahresbericht 2007<br />
wie vor auf völlig überholtem technischen<br />
Verständnis basierenden Umgang mit Fliessgewässern<br />
als Vorfluter, die ungenügende<br />
Berücksichtigung des Klimawandels für den<br />
Wasserhaushalt <strong>und</strong> eine sehr sektorielle<br />
Behandlung der Gewässer. Bei den Bereichen<br />
Materialdeponien <strong>und</strong> Materialabbau sah es<br />
leider auch nicht anders aus <strong>und</strong> unsere<br />
Einwendungen gerieten zwangsläufig recht<br />
lang. Im Energiebereich hat sich der Regierungsrat<br />
sogar wieder für den Bau neuer<br />
Atom kraftwerke ausgesprochen! Bei der im<br />
Frühling 2008 zu erwartenden Behandlung<br />
im Kantonsrat ist auch nicht zu erwarten,<br />
dass ein nachhaltiger Umgang mit Landschaft,<br />
Energie <strong>und</strong> Gewässern grösseres<br />
Gewicht erhält.<br />
Seeuferschutz Greifensee,<br />
Seerestaurant in Uster,<br />
Einsprache, Kt. Zürich<br />
Der „Verein Pavillon Nouvel“ hat aus Beständen<br />
der EXPO ein für die Arteplage in<br />
Murten konzipiertes Restaurantgebäude erstanden<br />
<strong>und</strong> will es bei der Niederustermer<br />
Schifflände wieder aufbauen. Das Gebäude<br />
beansprucht eine bisher offen gehaltene<br />
Wiese <strong>und</strong> überstellt mit der Terrasse sogar<br />
die Uferlinie. Im Oktober 2003 verweigerten<br />
sowohl die Volkswirtschaftsdirektion wie<br />
auch die Baudirektion die nötigen Bewilligungen,<br />
bejahten aber gr<strong>und</strong>sätzlich die<br />
Bewilligungsfähigkeit hinsichtlich Gr<strong>und</strong>was<br />
ser schutz. Gegen den ablehnenden Entscheid<br />
rekurrierten sowohl der Verein wie<br />
auch die Stadt Uster beim Regierungsrat.<br />
Dieser hob zur allgemeinen Verblüffung alle<br />
Verfügungen der eigenen Direktionen auf.<br />
Gegen diesen Entscheid erhob der Rheinaub<strong>und</strong><br />
wiederum Beschwerde beim Zürcher<br />
Verwaltungsgericht, welches die Beschwerde<br />
2006 teilweise guthiess <strong>und</strong> an die mitbeteiligten<br />
Direktionen zur erneuten Prüfung „im<br />
Sinne der Erwägungen“ zurückwies. Im selben<br />
Jahr haben wir uns bemüht, mit der<br />
Stadt <strong>und</strong> dem „Verein Pavillon Nouvel“ in<br />
Kontakt zu treten. Es kamen denn auch zwei<br />
Informations- <strong>und</strong> Verhandlungsr<strong>und</strong>en zustande.<br />
Leider konnte kein Konsens bezüglich<br />
eines alternativen Standorts gef<strong>und</strong>en<br />
werden, die Projektanten beharren auf dem<br />
ursprünglichen Standort. Im Sommer 2007<br />
wurde ein so genannter „Probebetrieb“ auf<br />
einer fahrlässig erteilten Bewilligung durchgeführt.<br />
Hier führten wir ebenfalls Rekurs<br />
<strong>und</strong> die Bewilligung musste zurückgezogen<br />
werden. Im Dezember 2007 reichte der<br />
Verein „Pavillon Nouvel“ ein neues Bau gesuch<br />
ohne Seeplattform ein. Da aber sowohl<br />
der Gewässerabstand als auch der Waldabstand<br />
immer noch massiv verletzt würden,<br />
beschloss der Vorstand auch hier wieder<br />
einstimmig, dagegen zu rekurrieren. Ein<br />
Entscheid der Baurekurskommission ist im<br />
Sommer 2008 zu erwarten.<br />
Zusammen mit den vielen anderen beteiligten<br />
Interessengruppen am See, Natur- <strong>und</strong><br />
Vogelschützer, Sportler, Fischer, wurde dank<br />
der Mithilfe von Vorstandsmitglied Paul<br />
Stopper ein guter Kontakt aufgebaut. Anfang<br />
2008 soll die Öffentlichkeit über die<br />
Beweggründe <strong>und</strong> die Ziele unseres Engagements<br />
informiert werden.<br />
Initiative „Raum für Mensch <strong>und</strong> Natur“<br />
Am 31. Januar 2007 wurde der Verein „ Ja zur<br />
Lebensraum-Initiative“ gegründet. Der<br />
Verein, zu dessen Gründungsmitgliedern<br />
auch der Rheinaub<strong>und</strong> gehört, bereitet die<br />
Unterschriftensammlung zur Eidgenössischen<br />
Volksinitiative „Raum für Mensch <strong>und</strong><br />
Natur“ vor. Jürg Bloesch ist Mitglied im<br />
Initiativkomitee. Als Kernpunkt verlangt die<br />
Initiative, dass die Gesamtfläche aller<br />
Bauzonen während 20 Jahren nicht vergrössert<br />
werden darf, wobei Erweiterungen von<br />
Bauzonen mit Rückzonungen an anderen<br />
Unsere Landschaft braucht<br />
auch Ihre Unterstützung.<br />
Bitte beachten Sie die<br />
Unterschriftenbögen!<br />
Foto Lukas Boller<br />
Orten kompensiert werden können. Ausnahmen<br />
von dieser Bauzonenbegrenzung<br />
soll der B<strong>und</strong>esrat nur in begründeten Fällen<br />
gewähren. Die Initiative schlägt weiter eine<br />
Neuformulierung <strong>und</strong> Konkretisierung des<br />
Verfassungsartikels über die Raumplanung<br />
(Art. 75 BV) vor. So werden in Absatz 1 die<br />
Kantone <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>, statt wie bisher einzig<br />
die Kantone, zum haushälterischen<br />
Umgang mit dem Boden verpflichtet. Neu<br />
wird die Trennung des Baugebiets vom<br />
Nichtbaugebiet <strong>und</strong> der Schutz des Kulturlandes<br />
explizit als Ziel erwähnt. Durch Absatz<br />
2 soll der B<strong>und</strong> zur Förderung der Siedlungs<br />
entwicklung nach innen verpflichtet<br />
werden.<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> hat sich zum Sammeln<br />
von 1‘000 Unterschriften verpflichtet.<br />
Stellungnahme zur Verordnung über die Pärke<br />
von nationaler Bedeutung<br />
Der Rheinaub<strong>und</strong> wurde eingeladen, sich<br />
zum Entwurf der Pärkeverordnung zu äussern.<br />
Nachfolgend eine vorläufige Ein schät zung.<br />
Die Änderungen zum „B<strong>und</strong>esgesetz über<br />
Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz“ (NHG) vom 6. Oktober<br />
2006 ermöglicht die Errichtung neuer<br />
Natur-Pärke von nationaler Bedeutung in<br />
der Schweiz. Der ausgezeichnete Gesetzes-<br />
Seite 30 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
text wurde von den Umweltschutzorganisationen<br />
als Durchbruch in Richtung grosser,<br />
zusammenhängender Naturschutzzonen begrüsst,<br />
ja als Erfolg gefeiert.<br />
Umso enttäuschender fällt der Entwurf der<br />
Pärkeverordnung im Bereich der regionalen<br />
Naturpärke aus. Denn es macht nicht den<br />
Anschein, als wollten die Verfasser Sinn <strong>und</strong><br />
Zweck des Gesetzes umsetzen. Im Gegenteil<br />
wird man den Eindruck nicht los, die Verordnung<br />
versuche, den Begriff des „nachhaltigen<br />
Wachstums“ so zu definieren, bis von<br />
der Nachhaltigkeit nichts mehr übrig bleibt.<br />
Erhärtet wird dieser Verdacht durch die erste<br />
Klausel der Charta des im Albula- <strong>und</strong><br />
Juliertal geplanten „parc ela“. Diese lautet:<br />
„Stärkung der Wirtschaft <strong>und</strong> Erhaltung bzw.<br />
Schaffung neuer Arbeitsplätze“.<br />
Änderung der Stromeinspeiseverordnung<br />
Unsere fristgerecht vor dem 15.10.2007 abgegebene<br />
Stellungnahme beinhaltet die<br />
Ablehnung einer generellen Vergütung des<br />
Stroms aus Wasserkraft (wenn schon, dann<br />
nur die Mehrproduktion), die Ablehnung<br />
der Unterstützung der Kleinstwasser kraftwerke,<br />
die Forderung nach einem Verbot<br />
der Förderung von Anlagen in Schutzgebieten<br />
<strong>und</strong> in Gewässerabschnitten mit<br />
schüt zenswerte Arten sowie die Forderung<br />
nach einer beschränkten Förderungsdauer<br />
von maximal 20 Jahren.<br />
Aktionsplan „Erneuerbare Energien“<br />
des UVEK<br />
Unsere Stellungnahme vom Herbst 2007<br />
enthält drei Schwerpunkte. Erstens muss der<br />
Gesamtenergieverbrauch gesenkt werden,<br />
zweitens müssen die Gewässer entlastet<br />
(<strong>und</strong> die Nutzung eben nicht weiter ausgebaut)<br />
werden <strong>und</strong> drittens müssen auch die<br />
neuen erneuerbaren Energien streng auf<br />
Nachhaltigkeitskriterien geprüft werden.<br />
Das bedeutet die Infragestellung einer staatlichen<br />
Förderung der Wasserkraft <strong>und</strong> der<br />
Biomasse.<br />
Neben dem Angebot der zwei Standardmodule<br />
war VivaRiva Teil des Schaffhauser<br />
Sommerferienangebotes „Snäck“. Jugend liche<br />
Naturforscher nahmen dabei den Spitzwiesenbach<br />
bei Herblingen genau unter die<br />
Lupe <strong>und</strong> erfuhren viel Spannendes über<br />
Was ser habitat, Bachlebewesen <strong>und</strong> Öko morphologie.<br />
Ein Anlass der besonderen Art mit speziell<br />
grossem Teilnehmererfolg fand im August<br />
in der Stadt Schaffhausen statt. VivaRiva<br />
lockte mit einem Standangebot an der Jagd,<br />
Forst- <strong>und</strong> Fischereiausstellung „Mensch<br />
<strong>und</strong> Natur“ mit Binokularen grosse Scharen<br />
zur Betrachtung von Wasser-Makro-Invertebraten<br />
<strong>und</strong> konnte in den nachfolgenden<br />
Tagen mit der Aktion „Grünes Klassenzimmer“<br />
36 Schulklassen über Faszination <strong>und</strong><br />
Wichtigkeit der kleinen Wasserbewohner informieren.<br />
Neben dem grossen Publikum,<br />
das an diesem Anlass erreicht wurde, ist<br />
auch die äusserst positive Zusammenarbeit<br />
insbesondere mit dem Fischereiverband zu<br />
erwähnen.<br />
VivaRiva konnte 2007 eine beeindruckende<br />
Menge an TeilnehmerInnen erreichen. Mehr<br />
als 1100 Personen haben sich mit VivaRiva<br />
aktiv mit Fliessgewässerlebensräumen <strong>und</strong><br />
Bachbewohnern auseinander gesetzt. Dabei<br />
soll erwähnt werden, dass besonders die<br />
Aktion „Grünes Klassenzimmer“ in kurzer<br />
Zeit sehr viele SchülerInnen erreichen konnte.<br />
Es darf aber auch darauf hingewiesen<br />
werden, dass die unzähligen Leute, welche<br />
den VivaRiva-Stand an der Ausstellung<br />
„Mensch <strong>und</strong> Natur“ als Laufpublikum besucht<br />
haben, nicht in die Statistik mit eingeflossen<br />
sind. Wir konnten vor allem Kinder<br />
der Mittelstufe <strong>und</strong> der Unterstufe erreichen,<br />
in geringerem Ausmass Jugendliche<br />
der Oberstufe. Dies ist wohl insbesondere<br />
darauf zurück zu führen, dass die Oberstufe<br />
häufig durch Fachlehrer unterrichtet wird,<br />
die selber das nötige Know-How zur Durchführung<br />
eines Gewässerthementages mitbringen.<br />
Ein Ziel des Jahres 2007 war es auch, VivaRiva<br />
durch verschiedene Medien in der Nordostschweiz<br />
bekannt zu machen. Der Medienspiegel<br />
zeigt die erstaunliche Medienpräsenz,<br />
welche VivaRiva bisher hatte. Neben<br />
vielen Beiträgen, die die Projektleitung initiiert<br />
(oder auch selber erfasst) hat, gab es<br />
erfreulicherweise auch bereits Artikel, die<br />
ohne Mitwirkung durch VivaRiva entstanden.<br />
Besonders hervorzuheben ist eine<br />
kurze Fernsehreportage im Schaffhauser<br />
Fernse hen (Ausstrahlung am 26.6.2007)<br />
über einen Bacherlebnistag am Spitzwiesenbach<br />
in Herblingen. Verschiedene Medientexte<br />
über VivaRiva sind auf der Website<br />
www.vivaria.ch einsehbar.<br />
Unser Beirat besteht aus Vertretern der Bildung,<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Politik sowie Fach personen<br />
aus dem Gewässerbereich. Diese unterstützen<br />
VivaRiva ideell sowie mit ihrem<br />
Fachwissen <strong>und</strong> Netzwerk <strong>und</strong> sorgen als<br />
externe Instanz für ein unabhängiges Moni-<br />
Bestimmung am Bach:<br />
VivaRiva erreicht<br />
immer mehr Menschen.<br />
Foto: VivaRiva<br />
Umweltbildung<br />
VIVARIVA<br />
Für das Jahr 2007 wurden 20 Anlässe angestrebt.<br />
Erfreulicherweise wurde diese Zahl<br />
mit insgesamt 24 Veranstaltungen übertroffen<br />
. Es dominieren klar die Bacherlebnistage.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 31
Jahresbericht 2007<br />
toring des Projekts. Der Beirat unterstützt<br />
die Projektleitung beratend <strong>und</strong> begleitet<br />
VivaRiva mit konstruktiv-kritischen Blick.<br />
Der Beirat setzt sich aus folgenden Personen<br />
zusammen: Lilith Claudia Hübscher, Medienschaffende,<br />
Kantonsrätin, Vorstands mitglied<br />
Grüne Kt. ZH; Dipl. Bauing. ETH Christian<br />
Göldi, ehemals Abteilungsleiter beim AWEL<br />
Kt. ZH; Dr. sc. nat. ETH Pius Stadelmann, ehemals<br />
Amt für Umweltschutz, Luzern; Thomas<br />
Feurer, Stadtrat Schaffhausen, Soziales <strong>und</strong><br />
Kultur; Leo Lorenzo Fosco, Sek<strong>und</strong>arlehrer,<br />
Präsident Pro Natura Zürich, ehem. Präsident<br />
des Zürcher Verfassungsrates.<br />
Der Beirat hat sich beim Herbsttreffen sehr<br />
positiv über den Projektverlauf geäussert.<br />
Neben dem Rückblick auf das Jahr 2007<br />
wurde auch die Zukunft von VivaRiva diskutiert.<br />
Als besonders wichtig erachtet wurde<br />
v.a., den jetzt vorhandenen Schwung nicht<br />
zu bremsen <strong>und</strong> die Motivation hoch halten.<br />
In diesem Zusammenhang wurde auch ein<br />
Stellenausbau bei VivaRiva diskutiert; bzw.<br />
die Schaffung einer zweiten Teilzeitstelle.<br />
Eine zweite Person bei VivaRiva bringt zusätzlichen<br />
Elan <strong>und</strong> Kreativität ins Projekt<br />
<strong>und</strong> hilft insbesondere bei den Spitzen monaten<br />
im Sommer. Ausserdem wird es wichtig<br />
sein, im Jahr 2008 die Projektfort füh rung<br />
vor allem auch in finanzieller Hinsicht sicher<br />
zu stellen.<br />
Verein Spürsinn<br />
Vielfältig <strong>und</strong> abwechslungsreich sind die<br />
Natur- <strong>und</strong> Kulturangebote r<strong>und</strong> um den<br />
Bodensee: Ob für Kinder oder Erwachsene,<br />
Einzelreisende oder Familien, Schulklassen<br />
oder andere Gruppen, der Bodensee bietet<br />
reichlich Erlebnisse in <strong>und</strong> mit der Natur.<br />
Doch durch diese Vielfalt an Möglichkeiten<br />
verlor der Besucher in der Vergangenheit<br />
häufig den Überblick über die zahlreichen<br />
Angebote. Zusammen mit vielen anderen<br />
Organisationen entstand das gemeinsame<br />
Leit bild <strong>und</strong> die Marke „Spürsinn – Um weltbildung<br />
am Bodensee“. Parallel dazu wurde<br />
eine umfassende Datenbank aufgebaut, für<br />
die der Rheinaub<strong>und</strong> einen wesentlichen<br />
Teil aus der Vorgängeraktion „Erlebnis Natur“<br />
beitragen konnte. Die Informationen sind<br />
für Besucher in dem anwenderfre<strong>und</strong>lichen<br />
Internetportal www.spürsinn-bodensee.info<br />
nachzulesen. Dort wird zudem über aktuelle<br />
Ausstellungen berichtet <strong>und</strong> über mögliche<br />
Gruppenüber nachtungen auf Bauernhöfen<br />
informiert. Auch kann der Besucher auf dieser<br />
Inter netseite Informationen über nachhaltig<br />
wirtschaftende Campingplätze oder<br />
Jugend häuser erhalten – einfach, schnell<br />
<strong>und</strong> kostenlos.<br />
Seit 2006 führt Spürsinn e.V. das Netzwerk<br />
nun als Verein weiter. Durch eigene Veranstaltungen,<br />
Seminare <strong>und</strong> die Zusam menarbeit<br />
mit Schulen unterstützt Spürsinn die<br />
Weiterentwicklung der regionalen Angebote<br />
<strong>und</strong> die Weiterbildung der Akteure. Darüber<br />
hinaus arbeitet Spürsinn an der Einführung<br />
<strong>und</strong> Einhaltung von Qualitätsstandards,<br />
durch die den K<strong>und</strong>en eine hohe <strong>und</strong> nachhaltige<br />
Angebotsqualität garantiert wird.<br />
Ge plant ist ein Qualitätssiegel, anhand dessen<br />
die Touristen künftig gezielt hochwertige<br />
Angebote erkennen können. VivaRiva<br />
ist hier sowohl im Angebot vertreten als<br />
auch durch die Projektmitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />
unser Vorstandsmitglied Uli Göttelmann. So<br />
wurden gemeinsam Rahmenbedingungen<br />
geschaffen, die eine kontinuierliche Zusammenarbeit<br />
der Umweltbildungseinrichtungen<br />
ermöglichen.<br />
Siehe auch: www.spuersinn-bodensee.info<br />
Kooperationen<br />
Internationale Bodensee-Stiftung <strong>und</strong><br />
Umweltrat Bodensee<br />
Stiftungszweck ist die Förderung von Aktivitäten<br />
zur Erhaltung <strong>und</strong> Entwicklung von<br />
Natur, Landschaft <strong>und</strong> natürlichen Ressourcen<br />
vornehmlich in der internationalen Boden<br />
seeregion. Der Zweck soll insbesondere<br />
durch finanzielle <strong>und</strong> ideelle Förderung,<br />
grenzüberschreitende Koordination sowie<br />
durch Öffent lich keitsarbeit verwirklicht werden.<br />
Der Stif tungsrat wird durch einen Beirat,<br />
den „Umweltrat Bodensee“ beraten <strong>und</strong><br />
unterstützt. Der Rheinaub<strong>und</strong>, vertreten<br />
durch Philip Taxböck, ist Mitglied des Umweltrates.<br />
(www.bodensee-stiftung.org)<br />
Die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK)<br />
erarbeitet ein neues Leitbild für die Re gion.<br />
Es ist – wieder einmal mehr – zu befürchten,<br />
dass dabei die kurzfristigen wirtschaftlichen<br />
Absichten über die notwendigen langfristigen<br />
Ziele für eine nachhaltige Entwicklung<br />
dominieren. Eine Vernehmlas sung ist für das<br />
erste Quartal 2008 vorgesehen.<br />
CIPRA – Schweiz<br />
Die CPRA Schweiz ist die nationale Vertretung<br />
in der Internationalen Alpenschutzkommission.<br />
Die CIPRA arbeitet für eine<br />
nachhaltige Entwicklung in den Alpen. Sie<br />
setzt sich für die Erhaltung des Natur- <strong>und</strong><br />
Kulturerbes, für die Erhaltung der regionalen<br />
Vielfalt <strong>und</strong> für Lösungen grenzüberschreitender<br />
Probleme im Alpenraum ein. Unsere<br />
Delegierte in der CIPRA-Schweiz ist Iris Scholl.<br />
(www.cipra.org/de/CIPRA/cipra-schweiz)<br />
Gen-Au Rheinau<br />
Rheinau ist ein Schwerpunkt der biologischdynamischen<br />
<strong>und</strong> biologischen Saatgut arbeit<br />
in Europa. Ein langfristiger, verbindlicher<br />
Schutz muss solche Zentren genetischer<br />
Vielfalt für die Landwirtschaft sichern! In ihrer<br />
Umgebung muss jede Art der Freisetzung<br />
gentechnisch veränderter Organismen vermieden<br />
<strong>und</strong> verboten werden. Die Stiftung<br />
Fin tan (Rheinau) <strong>und</strong> ihr Förderverein haben<br />
die Initiative ergriffen <strong>und</strong> Gen-Au Rheinau<br />
gegründet, bei welchem auch wir Mitglied<br />
sind. (www.gen-au-rheinau.ch/)<br />
Projektgruppe „Geschiebehaushalt<br />
Hochrhein“<br />
Das Geschiebemanagement am Hochrhein<br />
bedarf einer einheitlichen Lösung <strong>und</strong> kann<br />
nur gelöst werden, wenn die ganze Strecke<br />
integral behandelt wird <strong>und</strong> sich alle betroffenen<br />
Kreise an einen Tisch setzen. Was der<br />
Rheinaub<strong>und</strong> schon lange gefordert hat,<br />
wird nun endlich umgesetzt: Die Kraftwerke<br />
haben einen Finanzierungspool eingerichtet<br />
<strong>und</strong> ein Gremium von Fachleuten befasst<br />
sich mit der Geschiebefrage. Diese Projektgruppe<br />
operiert als Steuerungsorgan <strong>und</strong><br />
setzt sich wie folgt zusammen: je zwei<br />
Delegierte der Kraftwerke der nationalen<br />
<strong>und</strong> lokalen Behörden (BFE, BAFU, RPF; Kt.<br />
ZH <strong>und</strong> AG, Landkreis Lörrach <strong>und</strong> Waldshut),<br />
<strong>und</strong> der NGOs aus Deutschland <strong>und</strong> der<br />
Schweiz. Die Schweizer NGO-Delegation besteht<br />
aus Jürg Bloesch <strong>und</strong> Tobias Winzeler<br />
für die ARGE Re<strong>natur</strong>ierung Hochrhein.<br />
Nach der konstituierenden Sitzung am<br />
30.4.2007 wurde im Herbst das Pflichtenheft<br />
für einen Masterplan „Massnahmen zur Geschiebereaktivierung<br />
im Hochrhein“ ausgearbeitet.<br />
Die Ausschreibung wird anfangs<br />
Seite 32 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Das Geschiebe muss wieder<br />
in Bewegung kommen.<br />
Foto: Günther Frauenlob<br />
2008 erfolgen, anschliessend werden die<br />
eingegangenen Offerten beurteilt werden.<br />
Internationale Arbeitsgemeinschaft<br />
Re<strong>natur</strong>ierung des Hochrheins<br />
Zielsetzung dieser internationalen Vereinigung<br />
von Umwelt- <strong>und</strong> Fischereiver bänden<br />
ist die integrale Erhaltung der noch <strong>natur</strong>nahen<br />
Rheinabschnitte sowie die ökologische<br />
<strong>und</strong> landschaftliche Sanierung belasteter<br />
Flussstrecken. Der Rheinaub<strong>und</strong> ist<br />
hier durch Günther Frauenlob vertreten.<br />
Kraftwerk Schaffhausen-Begleitgruppe<br />
Ökostrom-Förderbeiträge (BÖF)<br />
Das Kraftwerk Schaffhausen ist nach den<br />
Kriterien von „Naturmade Star“ zertifiziert<br />
worden <strong>und</strong> verkauft diesen Strom unter<br />
der Marke „Clean Solution“. Eine der Auflagen<br />
für die Zertifizierung ist die Äufnung<br />
eine Öko-Fonds, dessen Mittel hauptsächlich<br />
für die Umsetzung der im Management-<br />
Plan vorgesehenen Aufwertungsmassnahmen<br />
eingesetzt werden müssen. Die Kontrolle<br />
über die Verwendung der Mittel <strong>und</strong><br />
Be schlüsse über allfällige weitere Mass nahmen<br />
ausserhalb des Managementplanes untersteht<br />
der Begleitgruppe (BÖF), in welcher<br />
der Rheinaub<strong>und</strong> mit Ruedi Schneider vertreten<br />
ist. Das grösste der bisherigen Projekte,<br />
der Rückbau von 300 Metern einer im<br />
Jahre 1938 erstellten sehr massiven 8 km<br />
langen Rheinufermauer konnte 2007 in Angriff<br />
genommen werden <strong>und</strong> wird gegen<br />
800 000 Fran ken kosten.<br />
(http://www.cleansolution.ch)<br />
Pro Thur<br />
Mit dieser Dachorganisation bemühen sich<br />
die Umweltorganisationen um eine Re<strong>natur</strong>ierung<br />
der Thur. Ihre Mitgliederverbände<br />
setzen sich seit vielen Jahren auf verschiedenen<br />
Ebenen für eine <strong>natur</strong>nahe Thur, insbesondere<br />
auf dem Gebiet des Kt. Zürich<br />
ein. Die ProThur ist Ansprechpartner der<br />
Behörden für Umweltfragen an der Thur <strong>und</strong><br />
Mit-Initiantin des Thurauenprojekts. Im<br />
September löste Uwe Scheibler an der GV<br />
den langjährigen Präsidenten Hans Sigg ab<br />
<strong>und</strong> der Geschäftssitz wurde nach Schaffhausen<br />
verlegt.<br />
Pro Töss<br />
Zusam<strong>mensch</strong>luss verschiedener Natur-,<br />
Heimat- <strong>und</strong> Umweltschutzorganisationen<br />
sowie Fischereivertretern. Die Pro Töss wirbt<br />
in der Öffentlichkeit <strong>und</strong> auf politischer<br />
Ebene für einen wirkungsvollen Gewässerschutz<br />
im Einzugsgebiet der Töss. Sie ist ein<br />
wichtiger Ansprechpartner für die Behörden.<br />
Unsere Vertretung wird durch Andri Bryner<br />
<strong>und</strong> Lukas Boller wahrgenommen.<br />
Pro Rheinlandschaft Diessenhofen<br />
Der Verein Pro Rheinlandschaft Diessenhofen<br />
bezweckt die Erhaltung <strong>und</strong> Respektierung<br />
unserer Landschaftsschutz- <strong>und</strong> Naherho<br />
lungs gebiete um Diessenhofen. Der<br />
Rhein aub<strong>und</strong> ist Mitglied <strong>und</strong> wird durch<br />
Ruedi Schneider vertreten. Ein Grossprojekt<br />
für ein Fun- <strong>und</strong> Wellnessbad scheiterte insbesondere<br />
auf Gr<strong>und</strong> der negativen Stellungnahme<br />
der Eidgenössisichen Natur<strong>und</strong><br />
Heimat schutz kommission. Nun hat der<br />
Stadtrat das Projekt eines ‚Klosterbades’<br />
westlich des ehe maligen Klosters St. Katharinental<br />
vorgestellt. Das Hotel <strong>und</strong> Thermalbad<br />
sollen nun in der Bauzone realisiert werden.<br />
Zudem könnte die unmittelbar daneben gelegene<br />
Reha-Klinik vom Bad profitieren. Der<br />
Verein wird das Projekt kritisch begleiten.<br />
Insbe sondere dem Denkmal- <strong>und</strong> Landschafts<br />
schutz muss gebührend Beachtung<br />
geschenkt werden.<br />
(http://www.prorhei landschaft.ch/)<br />
Flughafen Zürich: Beschwerde gegen<br />
Betriebsreglement immer noch hängig<br />
Unsere gemeinsam mit den Ärztinnen <strong>und</strong><br />
Ärzten für Umweltschutz erhobene Beschwerde<br />
vom 30.4.2005 ist immer noch<br />
hängig. Seit dem 1.1.2007 wird sie vom neuen<br />
B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht bearbeitet.<br />
Die Rekurskommission für Infrastruktur <strong>und</strong><br />
Umwelt (REKO INUM) ist aufgehoben worden.<br />
Sie hatte der Beschwerdegegnerin<br />
(Unique Flughafen Zürich AG) <strong>und</strong> dem<br />
B<strong>und</strong>esamt für Zivilluftfahrt (BAZL) einen<br />
umfassenden Katalog mit den in den vielen<br />
Beschwerden vorgebrachten Rügen <strong>und</strong> Anträgen<br />
unterbreitet.<br />
Den richterlichen Bescheid, ob unsere zentralen<br />
Begehren, Nachtruhe von 22.00 - 7.00<br />
Uhr, Begrenzung der Starts <strong>und</strong> Landungen<br />
auf insgesamt 250 000 pro Jahr sowie<br />
Begrenzung der Luftbelastung mit Stickoxiden,<br />
erfüllt werden, erwarten wir mit<br />
grossem Interesse. Besonders aber interessiert<br />
uns, ob bei der Entsorgung der Abwässer,<br />
die im Winter bei der Enteisung der<br />
Flugzeuge entstehen, der Gewässerschutz<br />
eingehalten wird.<br />
Am 17.09.2007 genehmigte das UVEK den<br />
neuen Abrollweg ab Piste 28 <strong>und</strong> verfügte<br />
einige der von uns geforderten Auflagen<br />
zum Natur- <strong>und</strong> Gewässerschutz. Insgesamt<br />
muss aber zu den bisherigen Aktivitäten festgestellt<br />
werden, dass sich die beteiligten<br />
B<strong>und</strong>es ämter alle Mühe geben, den Flugverkehr<br />
zu fördern, koste es die Bevölkerung<br />
<strong>und</strong> die Umwelt, was es wolle.<br />
Arbeitsgruppe Recht der Umweltverbände<br />
Diese Arbeitsgruppe ist Koordinations- <strong>und</strong><br />
Informationsplattform der nationalen Verbän<br />
de für Rechtsfälle. Nachdem die Umweltverbände<br />
die schmerzlichen Einschränkungen<br />
des Beschwerde rechtes durch die<br />
eidgenössischen Räte akzeptierten, ging es<br />
darum, sich gegen die daraus folgenden<br />
Anpassungen der Verordnungen im Rahmen<br />
der Vernehmlassungen zu wehren.<br />
Des Weiteren begleitete die AG-Recht die<br />
Arbeiten zur Bekämpfung der Initiative der<br />
Zürcher FDP, welche zur faktischen Abschaffung<br />
des Verbandsbeschwerderechtes<br />
führen würde (siehe „Nein zur Initiative des<br />
Zürcher Freisinns“).<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 33
Jahresbericht 2007<br />
Die AG-Recht erarbeitet <strong>und</strong> publiziert zudem<br />
die Statistik über alle Beschwerdefälle<br />
der Umweltorganisationen (www.pro<strong>natur</strong>a.ch/content/data/0803_VBR_Stat_d.pdf)<br />
Unser Vertreter ist Jean-Pierre Jaccard.<br />
Nationale Projektorganisation für das<br />
Verbandsbeschwerderecht / Verein<br />
„Nein zur Initiative des Zürcher Freisinns<br />
Zielsetzung der durch eine Vereinbarung vom<br />
Herbst 2004 geregelten Zusammen ar beit der<br />
Verbände ist die Verteidigung des Verbandsbeschwerderechts.<br />
Mit dem Ab schluss der<br />
Parlamentsberatung zur Neugestaltung von<br />
UVP <strong>und</strong> VBR ist die Kampagne ausgelaufen<br />
<strong>und</strong> wurde abgelöst durch den gemeinsamen<br />
Kampf gegen die Initiative des Zürcher<br />
Freisinns zur Abschaffung der Verbands<br />
be schwerde. Die Federführung hat<br />
Christof Dietler, Jürg Bloesch ist Mitglied des<br />
Initiativ komitees.<br />
(www.verbandsbeschwerde.ch/)<br />
Kt. Zürich: Externe Expertengruppe<br />
Plan ungs- <strong>und</strong> Baugesetz<br />
Die Vernehm lassung zur Totalrevision des<br />
PBG wurde seinerzeit für den Rheinaub<strong>und</strong><br />
durch Martin Furter ausführlich beantwortet.<br />
In dieser Stel lung nahme wurden sehr<br />
bedenkliche Fest stel lungen gemacht. Auch<br />
von vielen anderen Seiten hagelte es Kritik,<br />
so dass der Kanton schliesslich von einer<br />
Totalrevision absah (Beschluss vom 19.7.06)<br />
<strong>und</strong> das Gesetz nur noch einer Teilrevision<br />
unterziehen will. Eine externe Expertengruppe<br />
soll nun die Eck punkte der Revision festlegen.<br />
In der völlig einseitig durch die Bauwirtschaft<br />
dominierten Arbeitsgruppe sind<br />
wir von Seiten der Umweltverbände nur mit<br />
unserem Vize präsidenten Ueli Rippmann<br />
<strong>und</strong> dem Rechts professor Alain Griffel vertreten.<br />
Die teilweise hanebüchenen Vorschläge seitens<br />
der Baudirektion waren aber derart „ungeniessbar“,<br />
dass sich nach nur zweimaligem<br />
Schlagabtausch die ganze Sache im<br />
Frühling 2007 ohne Ergebnis auflöste.<br />
Diverses<br />
Neuer Werbeflyer für den Rheinaub<strong>und</strong><br />
Mit dem neuen Logo sollte auch der Werbeauftritt<br />
etwas frischer <strong>und</strong> farbenfroher gestaltet<br />
werden. Eine Arbeitsgruppe mit Jürg<br />
Bloesch, Günther Frauenlob, Ruedi Schneider<br />
<strong>und</strong> Uwe Scheibler hat zusammen mit dem<br />
Velobüro Olten ein Konzept ausgearbeitet,<br />
Fotos zusammengesucht <strong>und</strong> die Texte<br />
mehr fach überarbeitet. Der Druck ist im<br />
Frühjahr 2008 erfolgt.<br />
Begegnung „Mensch <strong>und</strong> Natur“<br />
auf dem Herrenacker in Schaffhausen<br />
Die Schaffhauser Jagd- <strong>und</strong> Fischereiverbände<br />
haben zusammen mit der Forstverwaltung<br />
am 25./26. August 2007 einen Grossanlass<br />
auf dem Herrenacker in Schaffhausen<br />
durchgeführt. Die Organisatoren wollten<br />
der Öffentlichkeit damit die uralten Traditionen<br />
der Jagd <strong>und</strong> der Fischerei näher<br />
bringen <strong>und</strong> das Verständnis dafür durch<br />
Aufklärung verbessern. Die Projektleitung<br />
hatte zu diesem Anlass auch die lokalen<br />
Naturschutzverbände <strong>und</strong> den Rheinaub<strong>und</strong><br />
eingeladen. Mit einem Volumen von<br />
60 000 Litern war das Gross-Aquarium mit<br />
einheimischen Fischen mit Abstand die<br />
grösste Attraktion. Die Natur- <strong>und</strong> Umweltorgani<br />
sationen präsentierten sich an zwei<br />
Ständen <strong>und</strong> führten einen Wettbewerb<br />
nach einer Idee von Ruedi Schneider durch.<br />
Der Andrang war riesig, es wurden insgesamt<br />
347 Wettbewerbsformulare ausgefüllt.<br />
Die Teilnehmer waren vorwiegen Familien<br />
womit insgesamt ca. 1 000 Personen involviert<br />
gewesen sein dürften. Die Gesamtbesucher<br />
zahl wird auf 12–14 000 geschätzt.<br />
Als eigenständiges Angebot haben wir unter<br />
dem Projekt „VivaRiva“ dem Publikum<br />
Kleinst wasserlebewesen vorgeführt, welche<br />
unter den Binokularen betrachtet <strong>und</strong> bestimmt<br />
werden konnten. Das Schülerinteresse<br />
war hervorragend!<br />
Apero zur Ablösung der Geschäftsleitung<br />
Im Laufe der 17 Jahre als Geschäftsführer<br />
Daten, Zahlen, Fakten<br />
Kommentar zur Betriebsrechnung<br />
Die Ertragsseite lieferte 2007 ein erfreuliches<br />
Ergebnis.<br />
Die Mitglieder (1) <strong>und</strong> die Abonnenten (2)<br />
haben ihre Beiträge jeweils grosszügig aufger<strong>und</strong>et,<br />
so dass die Ziele erreicht werden<br />
konnten. Die Spenden auf Aussendungen<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es hat Ruedi Schneider<br />
viele angenehme <strong>und</strong> fruchtbare Bekanntschaften<br />
mit den Exponenten der lokalen<br />
Schutzverbände, der Fischereiverbände <strong>und</strong><br />
auch der Behörden gemacht. Deshalb wollte<br />
er sich von ihnen im geselligen Rahmen<br />
verabschieden. Der Anlass bot zudem Gelegenheit,<br />
unsere Geschäftsstellen-Crew <strong>und</strong><br />
deren Funktionen kennen zu lernen <strong>und</strong> einen<br />
Einblick in unsere Arbeit zu gewähren.<br />
Der Anlass konnte am 12. Sep tember durchgeführt<br />
werden.<br />
Anlass für Grossspender<br />
<strong>und</strong> treue Mitglieder<br />
Bereits seit Jahren versuchte Ruedi Schneider<br />
einen Anlass für unsere Grossspender <strong>und</strong><br />
treuen Mitglieder zu organisieren. Am 20.<br />
Oktober war es dann soweit. Das persönliche<br />
Kennenlernen festigt zweifelsohne die<br />
Bindung zum Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> ist eine<br />
Geste der Dankbarkeit an die eingeladenen<br />
Mitglieder. Den vorwiegend älteren Teilnehmerinnen<br />
<strong>und</strong> Teilnehmern wurde ein<br />
interessantes Rahmenprogramm mit einem<br />
einfachen Mittagessen geboten.<br />
Die etwa 20 Gäste trafen sich morgens im<br />
Schloss Laufen, wo nach der Begrüssung ein<br />
Vortrag von Jürg Bloesch über unser Rheinau-Projekt<br />
folgte. Um ca. 11 Uhr starteten<br />
wir eine Bootsfahrt nach Rheinau mit einer<br />
R<strong>und</strong>e im Rheinfallbecken. Beim Übersetzen<br />
über das Hauptwehr folgten weitere Erklärungen<br />
zum Kraftwerk Rheinau. Nach dem<br />
Mittag essen führte uns der versierte Lokalhistoriker<br />
Stefan Keller über die Kloster insel.<br />
Eine besondere Attraktion waren auch die<br />
historischen Räumlichkeiten des ehemaligen<br />
Klosters, welche nur auf Antrag für nachweislich<br />
kulturhistorisch interessierte Besucher<br />
möglich sind.<br />
(3) haben sowohl Budget als auch Vorjahr<br />
übertroffen. Auch die Projekte (7) wurden<br />
mit namhaften Beiträgen unterstützt.<br />
Durch die Anpassung der Wertschriftenbewertung<br />
an die „Fachempfehlung zur<br />
Rechnungslegung von Nonprofit-Orga nisationen“<br />
(GAP FER 21) wird die Differenz zwi-<br />
Seite 34 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Betriebsrechnung <strong>und</strong> Bilanz 2007<br />
Verteilung<br />
nach Arbeitsgebieten<br />
Umweltbildung<br />
14%<br />
Erträge 2006 2007 Budget 2007<br />
1 Mitglieder (Beiträge+Spenden) 66‘899 86‘577 79‘198<br />
2 Abo N+M (Abo+Spenden) 65‘904 61‘881 62‘908<br />
3 Spenden auf Aussendungen 63‘803 71‘433 65‘000<br />
4 Spenden allgemein 53‘738 44‘564 43‘935<br />
5 Beiträge der öffentlichen Hand 30‘000 30‘000 30‘000<br />
6 Finanzerträge 2‘416 3‘248 2‘600<br />
7 Projekte allgemein 769 13‘000 2‘000<br />
8 VivaRiva 82‘300 80‘902 68‘789<br />
9 Sonstige Erträge* 903 19‘688 700<br />
* Wertschriften neu nach aktuellem Kurswert bewertet<br />
Aufwendungen 2006 2007 Budget 2007<br />
10 Personal <strong>und</strong> Verwaltung* 139‘669 137‘927 124‘377<br />
11 Zeitschrift N+M 100‘433 104‘663 99‘435<br />
12 Marketing / Aussendungen 27‘319 22‘186 23‘767<br />
13 Projekte allgemein 33‘166 18‘519 34‘066<br />
14 VivaRiva 98‘989 95‘616 83‘3 69<br />
* inkl. Miete, Abschr., Aufw. Mitgliedsbeitr., andere Aufwendungen<br />
Zusammenfassung 2006 2007 Budget 2007<br />
15 Ertrag 366‘732 411‘293 355‘130<br />
16 Aufwand 399‘576 378‘911 365‘014<br />
17 Ergebnis ohne Wertberichtigung -32‘844 12‘694 -9‘884<br />
18 Ergebnis mit Wertberichtigung 32‘382<br />
Bilanz<br />
Aktiven 2006 2007/1 2007/2<br />
19 Flüssige Mittel 128‘641 92‘750 92‘750<br />
20 Transitorische Aktiven 7‘872 3‘756 3‘756<br />
21 Wertschriften 33‘310 83‘354 83‘354<br />
22 nicht realisierte Wertschriftengewinne 15‘906 15‘906<br />
23 Mobiliar 0 0 0<br />
24 Total Aktiven 169‘823 195‘766 195‘766<br />
Passiven 2006 2007/1 2007/2<br />
25 Kurzfristige Verpflichtungen 0 -3‘861 -3‘861<br />
26 Transitorische Passiven 30‘536 15‘139 15‘139<br />
27 Fondsvermögen 72‘637 85‘455 95‘455<br />
28 Freies Vermögen 99‘494 66‘650 89‘033<br />
29 Total Passiven 202‘667 163‘383 195‘766<br />
* 2007/1 vor Gewinnverteilung, 2007/2 nach Gewinnverteilung<br />
Betriebsgewinn 12‘694<br />
Werbung <strong>und</strong><br />
Öffentlichkeitsarbeit 8%<br />
Zeitschrift<br />
Natur <strong>und</strong> Mensch 16%<br />
Geschäftsstelle,<br />
Beratung u. Dokumentation<br />
22%<br />
angewandter Natur<strong>und</strong><br />
Landschaftsschutz<br />
<strong>und</strong> Gewässerprojekte 34%<br />
schen Ankauf <strong>und</strong> aktuellem Kurswert als<br />
„nichtrealisierter Gewinn“ ausgewiesen.<br />
Zusätzlich mit Gutschriften der Pensionskasse<br />
resultierten Fr. 19 688.– als „Sonstige<br />
Erträge“ (9).<br />
Bei den Aufwendungen gab es unter (10) Personal<br />
<strong>und</strong> Verwaltung etwas geringere Kos-<br />
Im Jahr 2007 geleistete St<strong>und</strong>en<br />
nach Arbeitsgebieten.<br />
Grafik: Rheinaub<strong>und</strong><br />
ten durch den Geschäftsführerwechsel. In<br />
den allgemeinen Projekten (13) sind weniger<br />
Anwaltskosten als budgetiert angefallen.<br />
Die Differenzen bei VivaRiva (8) <strong>und</strong> (14)<br />
entstanden durch die Offenlegung der<br />
Eigen leistungen des Rheinaub<strong>und</strong>es, auf<br />
das Gesamtergebnis hat das aber keinen<br />
Einfluss.<br />
Unter (25), kurzfristige Verpflichtungen, sind<br />
wegen Anstellungsänderungen zuviel bezahlte<br />
Versicherungsprämien ausgewiesen.<br />
Da die Erträge gegenüber dem Budget grösser<br />
<strong>und</strong> die Aufwendungen kleiner geworden<br />
sind, schliesst die Rechnung mit einem<br />
Betriebsgewinn von Fr. 12 694 ab.<br />
Der Gesamtgewinn (also inklusive Sonstige<br />
Erträge) wird zu Fr. 10 000 dem Fonds <strong>und</strong> zu<br />
Fr. 22 382 dem freien Vermögen zugeteilt.<br />
Die Rechnung wurde von den Revisoren Hans<br />
Minder <strong>und</strong> Walter Schmid am 13. Februar<br />
2008 geprüft <strong>und</strong> für richtig bef<strong>und</strong>en.<br />
Arbeitsaufwand<br />
<strong>und</strong> Bestandsentwicklung<br />
Die Projekte <strong>und</strong> Aufgaben gehen uns nicht<br />
aus <strong>und</strong> auch die Begeisterung unserer<br />
Mitglieder ist ungebrochen. Deutlich wird<br />
dies wieder einmal durch die hohe Zahl der<br />
ehrenamtlich geleisteten St<strong>und</strong>en. Von insgesamt<br />
9574 für den Rheinaub<strong>und</strong> geleisteten<br />
St<strong>und</strong>en, wurden sage <strong>und</strong> schreibe 53<br />
Prozent ehrenamtlich geleistet. Das grosse<br />
Wachstum gegenüber dem letzten Jahr erklärt<br />
sich durch die vollständige Erfassung<br />
der St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> das riesige Engagement<br />
von Ruedi Schneider <strong>und</strong> Konrad Knupp.<br />
Unsere Mitglieder sind nach wie vor mit viel<br />
Herzblut dabei, wenn es darum geht, sich<br />
mit all ihrer Kompetenz für die Belange der<br />
Umwelt einzusetzen.<br />
Leider wirkt sich dies allerdings noch nicht<br />
auf die Bestandsentwicklung im Rheinaub<strong>und</strong><br />
aus. Auch die immer wieder positive<br />
Resonnanz auf unsere redaktionelle Arbeit<br />
<strong>und</strong> unser seit letztem Jahr neu gestaltetes<br />
Heft „<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“ hat bis jetzt noch<br />
nicht zu einer Steigerung der Mitglieder<strong>und</strong><br />
Abonnentenzahlen führen können. Die<br />
Bestandszahlen per Ende 2007 sind 1456<br />
Abonnenten <strong>und</strong> 955 Mitglieder.<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 35
Buchbesprechungen<br />
Die Vögel der Schweiz<br />
Lionel Maumary, Laurent Vallotton,<br />
<strong>und</strong> Peter Kraus<br />
Schweizerische Vogelwarte Sempach<br />
<strong>und</strong> Nos Oiseaux, Montmollin 2007<br />
848 Seiten / 2370 Farbfotos<br />
ISBN 978-3-9523006-2-6<br />
CHF 188.00 / € 115.00<br />
(Das Buch ist auch auf französisch erhältlich:<br />
„Les oiseaux de Suisse“<br />
ISBN 978-3-9523006-1-9)<br />
Das neue schwergewichtige Standardwerk<br />
der Vogelwarte Sempach ist mit seinen<br />
knappen 5 kg ein Muss für alle interessierten<br />
Laien- als auch Fachornithologen. Klar,<br />
Gewicht sagt noch nichts über Qualität aus.<br />
Doch was da während den letzten Jahren an<br />
Informationen zusammengetragen, ausgewertet<br />
<strong>und</strong> schriftlich als auch bildlich dargeboten<br />
wird ist ansehnlich.<br />
Die Vogelwarte selbst bezeichnet ihr Werk<br />
als „ein Jahrh<strong>und</strong>ertwerk zur Schweizer Vogel<br />
k<strong>und</strong>e“. Präsentiert wird darin das gesamte<br />
Fachwissen über Vorkommen, Biologie<br />
<strong>und</strong> Schutz aller 419 in der Schweiz<br />
<strong>und</strong> im grenznahen Ausland nachgewiesenen<br />
Arten. Ergänzt wird das Werk mit 2370<br />
Farbfotos <strong>und</strong> jeweils mehreren h<strong>und</strong>ert Verbreitungskarten,<br />
Ring f<strong>und</strong> karten, Durchzugsdia<br />
grammen <strong>und</strong> Gra fiken zur Bestandes<br />
entwicklung. Ein Buchzeichen, mit den<br />
wichtigsten Abkür zungen <strong>und</strong> Interpretationsgr<strong>und</strong>lagen<br />
der vorkommenden Tabellen<br />
erleichtert das Nach schla gen auf der<br />
Einführungsseite. Soviel zu den technischen<br />
Daten, auf denen das Werk basiert.<br />
Doch was macht das Buch so kostbar? Schon<br />
in der 70-seitigen Einleitung werden alle relevanten<br />
Themen, die das Vogelleben in<br />
grös serem als auch kleinerem Stil beeinflussen,<br />
in kurzen, prägnanten Texten angeschnitten.<br />
Die Lebensräume, die Bestan desveränderungen<br />
verschiedener Arten <strong>und</strong><br />
möglicher Ursachen durch negative (Siedlungsstrukturveränderung,<br />
intensivierter<br />
Landwirtschaft, ehemaliger Gebrauch von<br />
DDT, Vogeljagd) als auch positive <strong>mensch</strong>liche<br />
Ein flüsse (Vogelschutz, Habitatschutz,<br />
Gewässerschutz, …) werden durch zahlreiche<br />
Beispiele, Diagramme <strong>und</strong> Tabellen<br />
unterlegt.<br />
Im Hauptteil werden 419 Vogelarten vorgestellt.<br />
In Einleitungstexten werden die typischsten<br />
Verhaltensweisen oder Auffälligkeiten<br />
einer Art besprochen.<br />
Das Kapitel Verbreitung behandelt die Brutverbreitung<br />
der jeweiligen Art mit den<br />
grössten Brutbeständen Europas, dem Zugverhalten<br />
sowie der Verbreitung in der<br />
Schweiz während der Brutzeit, des Durchzugs<br />
<strong>und</strong> im Winter. Weitere Kapitel wie<br />
Wanderungen, Bestandesentwicklung (in<br />
der Schweiz bis weltweit), Lebensraum <strong>und</strong><br />
Verhalten, Brutbiologie <strong>und</strong> Schutz (mit gegebenenfalls<br />
erwähnten Artenförderungsmassnahmen)<br />
r<strong>und</strong>en die wichtigsten Informationen<br />
ab.<br />
Bei manchen Arten werden Ringf<strong>und</strong>karten<br />
angestellt, bei denen auf einen Blick die maximalen<br />
Distanzen sowie die eingeschlagenen<br />
Zugrichtungen ersichtlich werden.<br />
Kommentiert werden die kleinen Karten<br />
durch ausführliche Ringf<strong>und</strong>kommentare.<br />
Bei einer so reichen Datenfülle fragt es sich,<br />
was das Werk nicht beinhaltet. Mir fallen dazu<br />
nur die typischen Artkennzeichen als<br />
auch ein kurzer Stimmenbeschrieb ein.<br />
Das Gesamturteil ist positiv, da die einzelnen<br />
Vogelarten bis nahezu ins letzte Detail<br />
besprochen werden. Die Autoren waren<br />
sichtlich betrübt über den Redaktionsschluss.<br />
Auf Seite 840 erfolgte noch ein Nachtrag<br />
über den Bartlaubsänger <strong>und</strong> in der Bildlegende<br />
des Bartgeiers unter dem Vorwort<br />
wird erwähnt, dass die drei Brutnachweise<br />
des Bartgeiers im Buch (leider) nicht mehr<br />
behandelt werden konnten.<br />
Dennoch gibt es auch bei grossartigen<br />
Werken Kritik. Meine persönlich grösste<br />
Kritik liegt an der Schriftgrösse. Jedes Mal<br />
wenn ich das Werk aufschlage, bin ich überrascht,<br />
dass ich meinen Kopf so tief ins Buch<br />
stecken muss. Zugunsten der Schriftgrösse<br />
hätte meiner Meinung nach auf das eine<br />
oder andere Bild verzichtet werden müssen.<br />
Zumal die Auswahl der Bilder bezüglich der<br />
Qualität <strong>und</strong> Aussagekraft nicht immer die<br />
beste ist. Auch ist das Layout mit all den<br />
Karten, Fotos <strong>und</strong> bunten Rahmen zu wenig<br />
überdacht <strong>und</strong> wirkt durch die Menge an<br />
verschiedenen Elementen eher unübersichtlich.<br />
Rahmentexte mit ca. 180 Schriftzeichen<br />
pro Zeile! in noch kleinerer Schrift am Ende<br />
der jeweiligen Artbeschriebe sind eher leserfeindlich.<br />
Selbst wenn durch unterschiedliche<br />
Schrifttypen versucht wird, eine gewisse<br />
Übersichtsstruktur hineinzubringen,<br />
scheitert dies infolge der langen Zeichenflut.<br />
Manchmal wäre etwas weniger eben doch<br />
mehr.<br />
Zum Abschluss noch die Fragen. Wem <strong>und</strong><br />
wann dient das Werk? Die Vögel der Schweiz<br />
ist ein Fachbuch, das sich in erster Linie an<br />
interessierte Ornithologen, Exkursionsleiter<br />
<strong>und</strong> Fachleute richtet. In Folge des Gewichtes<br />
<strong>und</strong> des Formats dient es zum Studium<br />
auf einem freigehaltenen Bürotisch im stillen<br />
Kämmerlein.<br />
Karin Schlude, Jestetten<br />
Seite 36 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008
Termine / Aktuelles<br />
Herzlichen Dank!<br />
Unser verstorbenes Ehrenmitglied, Dr. Alfred<br />
Huber, hatte bereits zu Lebzeiten verfügt,<br />
bei seinem Hinschied anstelle von Blumenspenden<br />
des Rheinaub<strong>und</strong>es zu gedenken.<br />
Die Trauergemeinde war äusserst spendenfreudig:<br />
Zusammen mit der Kollekte an der<br />
Trauerfeier selber <strong>und</strong> den Überweisungen<br />
auf unser Postkonto bzw. an die Trauerfamilie<br />
kamen per 7. April 2008 über 3000 Franken<br />
zusammen. Dafür möchten wir allen Spenderinnen<br />
<strong>und</strong> Spendern herzlich danken. Aber<br />
auch die Trauerfamilie bedankt sich dafür<br />
herzlich. Sie freut sich mit uns, dass der<br />
Wunsch des Verstorbenen derart grosszügig<br />
erfüllt worden ist.<br />
In eigener Sache –<br />
Aushangplätze gesucht!<br />
Um auch an eine junge Leserschaft zu gelangen,<br />
haben wir eine neue Abonnentenkategorie<br />
geschaffen. Nun gibt’s ein Studenten<br />
bzw. Lehrlingsabo zu einem deutlich<br />
reduzierten Preis. Um dafür Werbung zu machen,<br />
suchen wir Lehrpersonen <strong>und</strong> Studenten<br />
an Hochschulen, Universitäten <strong>und</strong> an -<br />
de ren Ausbildungsstätten, welche bereit<br />
sind, einen Aushang in ihrer Ausbil dungsstätte<br />
durchzuführen. Beim Aushang handelt<br />
es sich um ein sehr originelles A3-Plakat<br />
mit Prospekthalter, welches mit Pins auf einer<br />
Infotafel befestigt werden kann. Bitte,<br />
melden Sie sich dafür auf unserem Sekretariat,<br />
Telefon 052 625 26 5y8.<br />
SommerUni Davos 2008:<br />
Starke Städte – starke Alpen<br />
Die SommerUni Davos 2008 widmet sich<br />
vom 18. bis 22 August dem Solidaritätsgedanken<br />
quer durch die Schweiz <strong>und</strong> darüber<br />
hinaus sowie der Partnerschaft <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit zwischen Regionen, zwischen<br />
Menschen, zwischen Institutionen<br />
<strong>und</strong> zwischen verschiedenen Fachdisziplinen.<br />
Alt Regierungsrat Klaus Huber lieferte<br />
an der letztjährigen SommerUni mit dem<br />
Satz „Ohne Graubünden ist Zürich austauschbar<br />
– ein Plädoyer für Partnerschaft“<br />
das Motto für das diesjährige Thema „Metropole<br />
Schweiz: Starke Städte – starke Alpen“.<br />
Während einer Woche nehmen Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter aus Wissenschaft,<br />
Politik <strong>und</strong> Praxis zu Europäischen Metropolregionen,<br />
Schweizer Raumkonzepten,<br />
Regionalentwicklung, Innovationsprozessen<br />
<strong>und</strong> vielem mehr Stellung. Auf dem Programm<br />
stehen Vorträge, Diskussionen, Filme<br />
<strong>und</strong> gemeinsame Exkursionen. Die deutschsprachige<br />
SommerUni richtet sich an Laien,<br />
Fachleute <strong>und</strong> Studierende.<br />
Programm <strong>und</strong> Anmeldung:<br />
http://www.vhsbb.ch/unifenster.htm<br />
Quelle: AlpMedia<br />
Umstrittene Gesetzesnovelle<br />
für den Triglav-Nationalpark<br />
Die neue Gesetzesnovelle für den slowenischen<br />
Triglav-Nationalpark, welche die<br />
Slowenische Regierung vor kurzem verabschiedet<br />
hat, ist aus Sicht des Natur- <strong>und</strong><br />
Landschaftsschutzes noch bedenklicher ausgefallen<br />
als die erste Version vor vier Jahren.<br />
Die Zonierung <strong>und</strong> die vielen Ausnah meregelungen<br />
sehen vor, die Kernzone des<br />
Parks auf ein Drittel der Gesamtfläche zu<br />
reduzieren. Die Novelle gibt zudem weder<br />
Anregungen für eine nachhaltige Entwicklung<br />
noch garantiert sie finanzielle<br />
Mittel dafür. Das Umweltministerium hat<br />
keinen der Vorschläge der NGOs <strong>und</strong> der lokalen<br />
Gemeinschaften berücksichtigt <strong>und</strong><br />
ist auch nicht auf die Forderungen des<br />
Europarats, des Natura 2000 Netzwerkes<br />
<strong>und</strong> des UNESCO-Biosphärenparks Julische<br />
Alpen eingegangen. Besonders befremdend<br />
ist, dass das Ministerium für dieses wichtige<br />
Gesetz ein beschleunigtes Verfahren vorschlägt.<br />
Die Gesetzesnovelle geht nun für<br />
die nächsten zwei Monate in die öffentliche<br />
Vernehmlassung.<br />
Quelle <strong>und</strong> Infos:<br />
AlpMedia / CIPRA Slowenien<br />
Generalversammlung<br />
Rheinaub<strong>und</strong><br />
Die diesjährige Generalversammlung, zu<br />
der wir alle Rheinaub<strong>und</strong>-Mitglieder<br />
herzlich einladen, wird am<br />
28. Juni in Wettingen<br />
stattfinden. Es wird dort Ge legenheit<br />
geben, das frisch sanierte <strong>und</strong> mit einer<br />
imposanten Fischaufstiegshilfe ausgestattete<br />
Limmat kraft werk zu besichtigen.<br />
Das genaue Programm <strong>und</strong> die<br />
Einladung folgen per Post. Reservieren<br />
Sie sich aber bereits jetzt diesen Termin!<br />
Teilerfolg an der Grimsel<br />
Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren<br />
im Zusammenhang mit der Vergrösserung<br />
des Grimselsees durch Erhöhung der Staumauern<br />
von Amtes wegen aufgehoben. Das<br />
Projekt der KWO Kraftwerke Oberhasli AG<br />
geht wesentlich über die bestehenden Nutzungsrechte<br />
gemäss Gesamtkonzession hinaus<br />
<strong>und</strong> hätte deshalb nicht im Bau bewilligungsverfahren<br />
beurteilt werden dürfen;<br />
vielmehr bedarf es einer Anpassung der<br />
Konzession. Die Umweltverbände erhalten<br />
eine Prozessentschädigung von r<strong>und</strong> 23‘000<br />
Franken.<br />
Das Gericht hat in dieser Teilfrage zu unseren<br />
Gunsten entschieden, sich allerdings<br />
noch nicht mit den uns hauptsächlich interessierenden<br />
Rechtsfragen (Moorschutz, Art.<br />
6 NHG) befasst.<br />
Quelle: http://www.jgk.be.ch/vg<br />
<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />
Seite 37
<strong>natur</strong><br />
<strong>und</strong><br />
<strong>mensch</strong><br />
50. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2008<br />
Jährlich 6 Nummern • Erscheinungsdatum 9.5.2008<br />
Herausgeber: Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerische<br />
Arbeitsgemeinschaft für Natur <strong>und</strong> Heimat<br />
Autoren dieser Ausgabe:<br />
Barbara Ringgenberg<br />
Christine Weber<br />
Armin Peter<br />
Jürg Bloesch<br />
Lukas Boller<br />
Ueli Rippmann<br />
Uwe Scheibler<br />
Kathrin Jaag<br />
Ruedi Schneider<br />
Karin Schlude<br />
Auch im Geschäftsjahr 2007 standen der<br />
Rhein <strong>und</strong> die aktuellen Kraftwerksprojekte<br />
im Vordergr<strong>und</strong> der Rheinaub<strong>und</strong>-Tätigkeit.<br />
Einige dieser Projekte ziehen sich mittlerweile<br />
schon länger als zehn Jahre hin. Doch<br />
während wir früher mitunter als reine Verhinderer<br />
aufgefasst wurden, sieht man uns<br />
heute mehr <strong>und</strong> mehr als kompetente Ges<br />
prächspartner, die sich mit all ihrem Fachwissen<br />
für die Belange der Umwelt einsetzen.<br />
Im Bild die Bauarbeiten am neuen Wehr des<br />
Kraftwerks Rheinfelden.<br />
Beitrag Seite 24 ff<br />
Foto: Energiedienst AG<br />
www.rheinaub<strong>und</strong>.ch