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natur und mensch - Rheinaubund

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<strong>natur</strong><br />

<strong>und</strong><br />

<strong>mensch</strong><br />

50. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2008<br />

La <strong>natur</strong>e et l’homme<br />

La <strong>natur</strong>a e l’uomo<br />

La natira e l’uman<br />

10 Jahre Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />

Flussrevitalisierungen <strong>und</strong> Fische<br />

Jahresbericht Rheinaub<strong>und</strong><br />

Rheinaub<strong>und</strong>


<strong>natur</strong><br />

<strong>und</strong><br />

<strong>mensch</strong><br />

50. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2008<br />

Schweizerische Blätter<br />

für Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerische<br />

Arbeitsgemeinschaft für Natur <strong>und</strong> Heimat<br />

Redaktion:<br />

Günther Frauenlob (gf) Dipl. Geogr.<br />

Geschäftsstelle des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />

<strong>und</strong> Redaktion:<br />

Weinsteig 192, Postfach 1157<br />

CH-8200 Schaffhausen<br />

Telefon: 052 625 26 58<br />

Telefon Redaktionsbüro:<br />

052 625 26 67<br />

Fax: 052 625 26 51<br />

E-mail: redaktion@rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />

www.rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />

Postcheck 82-3003-8 Schaffhausen<br />

Postbank Karlsruhe BLZ 660 100 75<br />

Konto 300 550 758<br />

Satz:<br />

Diener + Bachmann GmbH<br />

Martin Diener, Nordstr. 108, 8037 Zürich<br />

Layout:<br />

Günther Frauenlob, Christoph Frauenlob<br />

Druck <strong>und</strong> Spedition:<br />

Ropress Genossenschaft<br />

Baslerstr. 106, 8048 Zürich<br />

Abonnementspreise 2007:<br />

Inland Fr. 45.–, Ausland € 31.–,<br />

Einzelheft Fr. 8.–<br />

ISSN 0466-5899<br />

Erscheinungsweise 6 x jährlich<br />

Nachdruck von Beiträgen aus<br />

„Natur <strong>und</strong> Mensch“ werden gestattet unter<br />

Quellenangabe <strong>und</strong> Zusand von 2 Belegen.<br />

Die veröffentlichten Beiträge geben die<br />

Meinung der Autorinnen <strong>und</strong> Autoren wieder<br />

<strong>und</strong> müssen nicht immer der Auffassung des<br />

Rheinaub<strong>und</strong>es entsprechen.<br />

Titelbild:<br />

Foto: photocase.de<br />

Inhalt<br />

Gewässer<br />

2 Der Re<strong>natur</strong>ierungsfonds des Kantons Bern –<br />

Eine zehnjährige Erfolgsgeschichte<br />

Barbara Ringgenberg<br />

5 Was Fische wollen oder Flussrevitalisierungen<br />

als Herausforderung<br />

Christine Weber, Armin Peter<br />

Rheinaub<strong>und</strong><br />

10 Neukonzession des Kraftwerks Kembs am Oberrhein –<br />

gütliche Einigung oder Gerichtsfall?<br />

Jürg Bloesch<br />

15 Die Schaffhauser Fliessgewässer fördern<br />

Lukas Boller<br />

17 Das Kraftwerk Kradolf Schönenberg<br />

Ueli Rippmann<br />

18 Das Bündner Oberland austrocknen?<br />

Uwe Scheibler<br />

20 VivaRiva-Wasser macht Schule<br />

Kathrin Jaag<br />

22 Im Gedenken an Forstingenieur Dr. Alfred Huber<br />

Ruedi Schneider<br />

Jahresbericht 2007<br />

24 Tätigkeitsbericht Rheinaub<strong>und</strong> 2007<br />

Uwe Scheibler<br />

34 Rechnung <strong>und</strong> Bilanz 2007<br />

Uwe Scheibler<br />

Buchbesprechungen<br />

36 Die Vögel der Schweiz Karin Schlude<br />

Letzte Seite<br />

37 Termine / Aktuelles<br />

Assoziierte Organisationen:<br />

Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Aare<br />

AQUA VIVA<br />

IG Bielersee<br />

ARGE Pro Thur<br />

PROTÖSS<br />

Bodensee-Stiftung<br />

Verband zum Schutze des Greifensees<br />

Schweizerische Greina-Stiftung<br />

Landschaftsschutzverband Vierwaldstättersee<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Editorial<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> im steten Kampf <strong>und</strong> Wandel!<br />

Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />

Während sich die Politiker noch mit der Verhinderungsinitiative der FDP herumschlagen,<br />

freuen wir uns schon jetzt auf einen profilierten Abstimmungskampf zur Verteidigung des<br />

Verbandsbeschwerderechts. Dieses wurde nach der am 1. Juli 2007 in Kraft gesetzten<br />

Gesetzesänderung schon genug beschnitten. In der kürzlich durchgeführten Vernehm lassung<br />

zu den Verordnungen über die beschwerdeberechtigten Verbände (VBO) <strong>und</strong> die Um<br />

weltverträglichkeitsprüfung (UVPV) haben wir uns vehement gegen eine weitere Verschärfung<br />

des Gesetzes durch den B<strong>und</strong> gewehrt. Die Unterminierung der Rechtsstaatlichkeit<br />

durch eine bürgerliche Partei kann ebenso wenig hingenommen werden wie die Einführung<br />

von verfassungswidrigen Verordnungen<br />

durch die Behörden. Die Natur braucht<br />

ihre Anwälte, <strong>und</strong> es stehen noch viele<br />

schwerwiegende Umweltthemen auf der<br />

Agenda: Die Landschaftsinitiative gegen<br />

den wilden <strong>und</strong> ungebremsten Bauboom<br />

im ganzen Land, die Etablierung von<br />

Pärken mit einem Management, das der<br />

Idee verpflichtet ist, die Eindämmung der<br />

neuerdings subventionierten Kleinkraft werke,<br />

das Forcieren von Gewässerrevitalisierungen<br />

bei Hochwasserschutzprojekten<br />

<strong>und</strong> die Mitwirkung bei ökologischen<br />

Baubegleitungen, um nur das Wichtigste<br />

zu nennen.<br />

Dieses Heft präsentiert Ihnen wie alle Jahre<br />

neben zwei Gastartikeln zum Thema Re<strong>natur</strong>ierung<br />

den Jahresbericht des Rheinaub<strong>und</strong>es.<br />

Die vielfältige <strong>und</strong> interessante<br />

Facharbeit kann nur bewältigt werden,<br />

wenn alle am gleichen Strang ziehen. Die<br />

mehr als 4000 ausgewiesenen freiwillig geleisteten<br />

Arbeitsst<strong>und</strong>en legen Zeugnis davon<br />

ab. Allen Mitarbeitern <strong>und</strong> Vorstandsmitgliedern<br />

sei ganz herzlich dafür gedankt.<br />

Es wäre sehr schön, wenn sich vermehrt<br />

junge Fachleute <strong>und</strong> engagierte Naturfreun<br />

de im Rheinaub<strong>und</strong> für unsere Landschaft<br />

<strong>und</strong> unsere Gewässer einsetzen würden.<br />

Meldet Euch beim Geschäftsführer!<br />

Unterschreiben Sie mit Gleichgesinnten den beiliegenden<br />

Unterschriftenbogen: Die Schweizer Landschaft braucht auch Ihre Stimme!<br />

Foto: photocase.de<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> macht Schule. Nicht nur bei VivaRiva, sondern auch am Rheinfall. Wir haben<br />

mit den Behörden der Kantone Schaffhausen <strong>und</strong> Zürich Kontakt aufgenommen, um<br />

die geplanten touristischen Attraktionen mit ökologischem Inhalt zu versehen <strong>und</strong> auch<br />

etwas für die Eigenwerbung zu tun.<br />

Ihnen, liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser, danke ich ganz herzlich für Ihre langjährige<br />

Treue <strong>und</strong> die moralische <strong>und</strong> finanzielle Unterstützung. Farbe bekennen <strong>und</strong> an<br />

die Urnen, wenn es um Natur <strong>und</strong> Umweltschutz geht!<br />

Mit den besten Wünschen,<br />

Ihr Jürg Bloesch<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 1


Gewässer<br />

Der Re<strong>natur</strong>ierungsfonds des Kantons Bern<br />

– Eine zehnjährige Erfolgsgeschichte<br />

Wer mit der Nutzung der natürlichen Ressource Wasserkraft Geld verdient, soll<br />

einen Teil dieser Einnahmen auch wieder für Naturwerte einsetzen. Diese bestechend<br />

einfache Idee wird im Kanton Bern mit dem Re<strong>natur</strong>ierungsfonds seit zehn<br />

Jahren erfolgreich umgesetzt. Mit den vorhandenen Geldern wird im Bereich<br />

Revitalisierung vieles möglich.<br />

von Barbara Ringgenberg<br />

Der Re<strong>natur</strong>ierungsfonds des Kantons Bern<br />

RenF <strong>und</strong> der Rheinaub<strong>und</strong> haben ein gemeinsames<br />

Ziel: Beide Organisationen setzen<br />

sich für die Wiederherstellung <strong>und</strong> Erhaltung<br />

natürlicher Gewässer ein. Urte nenbach,<br />

Aare, Krebsbach, Kander, Birs <strong>und</strong> viele<br />

andere Berner Gewässer wurden in den letzten<br />

zehn Jahren zumindest abschnittsweise<br />

dank den Beiträgen des RenF <strong>und</strong> anderer<br />

Kostenträger revitalisiert <strong>und</strong> somit als natürliche<br />

Lebensräume aufgewertet.<br />

Einfache Idee, grosse Wirkung<br />

Die Idee, welche dem Re<strong>natur</strong>ierungsfonds<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt, ist einfach. Die Kraftwerksbetreiber<br />

verdienen ihr Geld mit der Nutzung<br />

einer natürlichen Ressource, der Wasserkraft.<br />

Daher soll ein Teil der Einnahmen<br />

wieder dieser natürlichen Ressource zugute<br />

kommen <strong>und</strong> für die Revitalisierung von beeinträchtigten<br />

Gewässern eingesetzt werden.<br />

Zehn Prozent der jährlichen Wassernutzungszinsen,<br />

welche der Kanton von den<br />

Kraftwerksbetreibern erhält, fliessen in den<br />

Fonds. Daraus wird die Erhaltung <strong>und</strong> Wiederherstellung<br />

natürlicher Gewässer finanziert.<br />

Manchmal ist es der desolate Zustand<br />

der vorhandenen Verbauungen <strong>und</strong> die Aussicht<br />

auf teure Unterhaltsarbeiten, manchmal<br />

schlicht der Wunsch nach <strong>natur</strong>nahen<br />

Erholungsräumen, welche den Aus löser für<br />

eine Revitalisierung geben. Auch bei den<br />

folgenden Projektbeispielen war die Ausgangslage<br />

jeweils unterschiedlich.<br />

Mehr Raum für die Kander<br />

Im Falle der Kander im Berner Oberland im<br />

Bereich Augand waren der Auenschutz einerseits<br />

<strong>und</strong> der desolate Zustand der vorhandenen<br />

Flussverbauungen andererseits<br />

wichtige Auslöser. Mit diesen Bauwerken<br />

konnte der Hochwasserschutz nicht mehr<br />

gewährleistet werden <strong>und</strong> die Aue verlor zusehends<br />

ihren Charakter. So kam es 2006 auf<br />

Initiative des Fischereiinspektorates <strong>und</strong> mit<br />

der Unterstützung des RenF zu der grössten<br />

bisher im Kanton Bern realisierten Flussaufweitung.<br />

Das Augand befindet sich oberhalb<br />

der Kanderschlucht auf dem Gebiet der<br />

Gemeinden Spiez <strong>und</strong> Reutigen. Seit dem<br />

Kanderdurchstich von 1714 bestand hier<br />

das Problem einer stetigen, rückwärtsschreitenden<br />

Sohlenerosion. Da der verbaute<br />

Fluss relativ wenig Platz hatte, frass er sich<br />

immer mehr in den Untergr<strong>und</strong> ein. Heute<br />

liegt die Sohle 40 Meter tiefer als vor dem<br />

Durchstich. Die Zeit war reif für neue<br />

Lösungsansätze. Gemäss den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

des modernen Hochwasserschutzes, in dem<br />

nicht nur auf harte Verbauungen gesetzt<br />

wird, sollte dem Fluss mit einer Fluss aufweitung<br />

wieder mehr Raum zugestanden<br />

werden. Die verbliebenen Mauer- <strong>und</strong> Betonbuhnen<br />

wurden abgebrochen <strong>und</strong> der Wald<br />

im Uferbereich auf einer Länge von 1300<br />

Meter gerodet. Beim Zusammenfluss von<br />

Kander <strong>und</strong> Simme wurde die Sohle um<br />

bis zu 2 Meter angehoben, <strong>und</strong> zum Schutz<br />

der oberliegenden Bauwerke wurde eine<br />

sogenannte aufgelöste Blockrampe erstellt.<br />

So konnte ohne aufwändige Sanierungen<br />

Bild links: Heute hat die<br />

Kander im Bereich Augnad<br />

genügend Raum zur Ges -<br />

taltung einer abwechslungsreichen<br />

Fluss landschaft.<br />

(Foto: Lukas Hunzinger)<br />

Bild rechts: Die neue Fluss<strong>und</strong><br />

Ufer land schaft an der<br />

Aare in der Hunzigenau mit<br />

Seitenarm <strong>und</strong> Insel.<br />

(Foto: Monica Schulthess<br />

Zettel)<br />

Seite 2 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


der Hochwasserschutz wieder gewährleistet<br />

<strong>und</strong> die Sohlenerosion gestoppt werden. Zudem<br />

erfuhr die Auenlandschaft im Uferbereich<br />

eine Aufwertung. Dank der Aufweitung<br />

kam die natürliche Dynamik des Flusses wieder<br />

in Gang. Das Wasser kann sich nun eigene<br />

Wege suchen, Kiesinseln bilden <strong>und</strong> diese<br />

bei Hochwasser wieder wegschwemmen.<br />

Auentypische Tiere <strong>und</strong> Pflanzen erhalten<br />

so ihren natürlichen Lebensraum zurück.<br />

Neue Flusslandschaft an der Aare<br />

Auch im Aaretal zwischen Thun <strong>und</strong> Bern<br />

waren die stetige Abtiefung der Aare durch<br />

Erosion <strong>und</strong> zunehmende Hochwasserereignisse<br />

Auslöser für ein weiteres vom RenF<br />

unterstütztes, wegweisendes Projekt. In der<br />

Hunzigenau auf dem Gebiet der Gemeinde<br />

Rubigen ist im Jahre 2006 eine komplett<br />

neue Uferlandschaft entstanden. Auslöser<br />

für die umfassende Umgestaltung war der<br />

dringend notwendige Schutz der Autobahn<br />

A6 vor Überflutungen. Im Rahmen von<br />

Sofortmassnahmen wurde ein Hochwasserschutzdamm<br />

errichtet, der zugleich den<br />

Autobahnlärm im Naherholungsgebiet an<br />

der Aare dämpft. Um Synergien zu nutzen,<br />

Bild links: Vor der Revitalisierung<br />

durchschnitt der<br />

Limpach als monotones<br />

Gerinne die Landschaft.<br />

(Foto: W. Jordi)<br />

Bild rechts: Nach der Revitalisierung<br />

ist der Limpach zu<br />

einem lebendigen Gewässer<br />

geworden.<br />

(Foto: Re<strong>natur</strong>ierungsfonds)<br />

wurde im gleichen Zug auch die in der<br />

Planung schon weit fortgeschrittene Aareverbreiterung<br />

umgesetzt. Die Aare ist 30 bis<br />

50 Meter breiter geworden. Neue Seitenarme<br />

<strong>und</strong> zwei Inselchen prägen die Landschaft.<br />

Ein attraktiver Spazierweg führt über die<br />

nördliche Insel <strong>und</strong> schlängelt sich dem<br />

neuen Seitenarm entlang. So viele Menschen<br />

wie nie zuvor nutzen die einladend flachen<br />

Ufer <strong>und</strong> die Spazierwege für Erholung <strong>und</strong><br />

Sport. Ein Gewinn ist die Aareverbreiterung<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 3


Gewässer<br />

auch für die Natur: Die Aare gestaltet die<br />

neuen Flächen aufgr<strong>und</strong> ihrer natürlichen<br />

Dynamik selbst. So können auch hier wieder<br />

wertvolle Lebensräume für auentypische<br />

Pflanzen- <strong>und</strong> Tierarten entstehen.<br />

Revitalisierung<br />

dank Landumlegung<br />

Manchmal bietet auch eine Landumlegung<br />

die Chance zu einer Revitalisierung. Dies war<br />

im Aaretal in der Nähe von Thun der Fall.<br />

Hier konnte im Rahmen einer Landumlegung,<br />

an der Landeigentümer aus fünf Gemeinden<br />

beteiligt waren, Kulturland für die<br />

Ausdolung <strong>und</strong> Revitalisierung des Limpaches<br />

ausgeschieden werden. Auslöser war<br />

die Erneu erung des alten Entwässerungssys<br />

tems. Mit dem Hinweis auf Beiträge aus<br />

dem RenF konnte die zuständige Flurgenossen<br />

schaft für die gleichzeitige Revitalisierung<br />

des Lim paches gewonnen werden. Auf einer<br />

Länge von drei Kilometern wurden die<br />

Betonhalb schalen entfernt, in denen das<br />

Gewässer gefasst war. Und auf einer Länge<br />

von einem Kilometer war gar die Ausdolung<br />

möglich. Die Bachsohle wurde mit Kiessand<br />

neu gestaltet. Die Bachböschungen wurden<br />

abgeflacht, mit einer Blumengrasmischung<br />

angesät <strong>und</strong> teilweise mit einheimischen<br />

Sträu chern <strong>und</strong> Hochstammobstbäumen<br />

be pflanzt. Anstelle eines kanalisierten, teilweise<br />

unsichtbaren Rinnsales schlängelt<br />

sich nun wieder ein lebendiges Gewässer<br />

durch das Tal.<br />

Gewässer als Gestalter<br />

Der RenF hat bei vielen Projekten nicht die<br />

Wiederherstellung eines ursprünglichen<br />

Naturzustandes als Ziel, sondern die Erstellung<br />

eines <strong>natur</strong>nahen Gewässer in einer<br />

Kulturlandschaft. Dabei soll nicht die Gestaltung<br />

eines Idealzustandes vorweggenommen<br />

werden, sondern der Gewässerlauf<br />

Die Autobahn A6 bei<br />

Rubigen im August 2005<br />

Foto: Tiefbauamt<br />

des Kantons Bern<br />

soll längerfristig genügend eigene Gestaltungs<br />

möglichkeiten erhalten. Entscheidend<br />

für eine erfolgreiche Umsetzung ist jeweils<br />

auch der Einbezug aller Beteiligten <strong>und</strong> somit<br />

die Erreichung einer breiten Akzeptanz.<br />

Nur wenn die betroffenen Gr<strong>und</strong>eigentümer,<br />

Gemeindevertreter <strong>und</strong> Naturschutzorganisationen<br />

das Vorhaben akzeptieren, ist die<br />

Umsetzung schlussendlich erfolgreich. Zudem<br />

unterstützt der RenF nur Revita lisierungen,<br />

für welche bereits eine akzeptierte<br />

Projektidee vorliegt <strong>und</strong> dies immer in Zusam<br />

menarbeit mit anderen Kostenträgern<br />

wie der öffentlichen Hand oder privaten<br />

Organisationen.<br />

Breite Unterstützung<br />

Bei der Berner Bevölkerung ist der RenF breit<br />

abgestützt. Das Finanzierungsmodell wurde<br />

1997 vom Bernisch Kantonalen Fischerei-<br />

Verband <strong>und</strong> von Pro Natura Bern als Volksvorschlag<br />

lanciert. Bereits bei der Unterschriftensammlung<br />

kamen statt der erforderlichen<br />

10 000 erfreulicherweise 22 447<br />

Unterschriften zusammen. Daraufhin wurde<br />

der Volksvorschlag vom Berner Stimmvolk<br />

klar angenommen. Die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

dazu bildet das Wasser nutzungsgesetz<br />

(WNG), welches 1998 in Kraft trat. Weil der<br />

Grosse Rat den Kraft werksbetreibern Rabatte<br />

bei der Ausrichtung der Wasserzinse<br />

gewähren wollte, kam es 2002 noch einmal<br />

zu einer Volksabstim mung. Dem Kanton wären<br />

dadurch Ein nahme aus fälle von 3,5 bis<br />

10 Millionen Franken entstanden. Auch hier<br />

unterstützte der Souverän die Anliegen des<br />

Fonds klar <strong>und</strong> lehnte die Sparübung auf<br />

dessen Kosten ab.<br />

„Läbigs Bärner Wasser“ –<br />

Modell für die ganze Schweiz?<br />

Die gute Idee, die sich nun seit zehn Jahren<br />

bewährt, findet Nachahmung. Auf B<strong>und</strong>esebene<br />

wurde durch den schweizerischen Fischereiverband<br />

die neue Volksinitiative „Lebendiges<br />

Wasser“ lanciert. Sie fordert die<br />

Schaffung eines Re<strong>natur</strong>ierungsfonds nach<br />

Berner Vorbild in jedem Kanton. Zudem ist<br />

die Einhaltung der Restwasservorschriften<br />

eine weitere Forderung im Initiativtext. Die<br />

Initiative wurde mit über 160 000 Unterschriften<br />

eingereicht <strong>und</strong> wartet momentan<br />

auf die Beratung durch das Parlament. Diese<br />

Bestrebungen, das Berner Modell auf die<br />

ganze Schweiz auszudehnen, sind der beste<br />

Beweis für den Erfolg des RenF.<br />

Erfolg dank vielen Beteiligten<br />

Nach zehn Jahren intensiver Tätigkeit hat<br />

der RenF allen Gr<strong>und</strong> zum Feiern. Im<br />

Jubiläumsjahr sind verschiedene Aktivitäten<br />

geplant. Beispielsweise wird im Juni der revitalisierte<br />

Gummenbach in der Nähe von<br />

Aarberg im Beisein von Regierungsrat Andreas<br />

Rickenbacher als eines von vielen gelungenen<br />

RenF-Projekten den Medien vorgestellt.<br />

Im Herbst ist zudem eine Preis verleihung<br />

der besonderen Art geplant: die<br />

Vergabe des Grünen Baggerführers. Diese<br />

Auszeichnung erhalten Bauarbeiter, welche<br />

bei der Schaffung von neuen Gerinnen<br />

durch besonderes Gestaltungsgeschick <strong>und</strong><br />

Engagement auffallen. Nur mit interessierten<br />

Baggerführern, innovativen Bauunternehmungen,<br />

aber auch kooperativen Gr<strong>und</strong>eigentümern,<br />

flexiblen Bewirtschaftern <strong>und</strong><br />

aufgeschlossenen Gemeinden ist eine erfolgreiche<br />

Projektumsetzung für den RenF<br />

möglich. Es braucht viele Beteiligte, die ihren<br />

Anteil dazu beitragen, damit aus verbauten<br />

Gewässern wieder <strong>natur</strong>nahe Lebensräume<br />

werden.<br />

Barbara Ringgenberg<br />

<strong>natur</strong>aqua PBK<br />

Elisabethenstrasse 51<br />

3014 Bern<br />

Tel. 031 331 38 41<br />

b.ringgenberg@<strong>natur</strong>aqua.ch<br />

Seite 4 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Was Fische wollen –<br />

oder Flussrevitalisierungen als Herausforderung<br />

Weltweit werden Fliessgewässer mit grossem Aufwand revitalisiert. Dazu gibt es<br />

einige erfolgreiche Beispiele. Doch leider stellt sich der angestrebte ökologische<br />

Erfolg nicht immer ein, ein abgeschlossenes Projekt ist also nicht automatisch auch<br />

ein erfolgreiches. Für einen effizienten Einsatz der begrenzten finanziellen Mittel<br />

ist deshalb ein besseres Verständnis der ablaufenden ökologischen Prozesse sowie<br />

der anhaltenden Defizite nötig. Unsere fischökologischen Untersuchungen an<br />

Rhone <strong>und</strong> Thur zeigen die Bedeutung von grossräumigen, langfristigen Revitalisierungsmassnahmen<br />

sowie die Notwendigkeit eines Vergleichs mit <strong>natur</strong>nahen<br />

Referenzbedingungen.<br />

von Christine Weber <strong>und</strong> Armin Peter<br />

Revitalisierung <strong>und</strong> Rena turierung<br />

verfolgen unterschiedliche<br />

Ziele. In beiden<br />

Fällen soll der Endzustand<br />

aber über verbesserte Ökosystem-Strukturen<br />

(z.B.<br />

Artendiversität) <strong>und</strong> -Funktionen<br />

(z.B. Vernetzung)<br />

verfügen (nach [8] ).<br />

Kanalisierung, Hochwasserschutz, Abwas ser -<br />

ableitung, Wasserkraftnutzung: Die Mehr heit<br />

der Flüsse weltweit ist stark durch den<br />

Menschen genutzt. R<strong>und</strong> 24 Pro zent der<br />

Schweizer Fliessgewässer zeigen grosse De -<br />

fizite in ihrer Struktur, daneben unterbrechen<br />

mindestens 80‘000 künstliche Über fälle<br />

(> 0.5 m) das natürliche Fliess kontinuum<br />

[1] . Der <strong>mensch</strong>liche Einfluss wirkt sich<br />

vielerorts negativ auf die aquatischen Lebensgemeinschaften<br />

aus. So sind weltweit zahlreiche<br />

Flussfischarten in ihrem Überleben<br />

gefährdet, von den ursprünglich 55 einheimischen<br />

Fischarten der Schweiz sind acht bereits<br />

ausgestorben <strong>und</strong> nur 12 Arten gelten<br />

als ungefährdet (VBGF). Aber auch für den<br />

Menschen wichtige Ökosystemleistungen<br />

sind betroffen, so etwa die Versorgung mit<br />

Trinkwasser oder der Hochwasser rück halt.<br />

Mit Revitalisierungsprojekten wird seit einigen<br />

Jahren versucht, Flüsse <strong>und</strong> Bäche wieder<br />

in einen <strong>natur</strong>näheren Zustand zurückzuführen.<br />

Eine Re<strong>natur</strong>ierung, also eine<br />

Wiederherstellung des natürlichen Ursprungs<br />

zustands, ist heute kaum mehr möglich:<br />

Grossräumige Einflüsse des Menschen<br />

lassen sich nicht mehr rückgängig machen,<br />

so etwa die Trockenlegung einst ausgedehnter<br />

Feuchtgebiete oder der Bau von<br />

Siedlungen in früheren Schwemm flächen.<br />

Häufig steht bei Revitalisierungen die Wieder<br />

herstellung einer <strong>natur</strong>nahen Gewäs serstruktur<br />

im Vordergr<strong>und</strong>, von der man sich<br />

eine positive Wirkung auf die aquatischen<br />

Lebewesen erhofft. In zahlreichen Projekten<br />

ist diese biologische Reaktion aber ausgeblieben<br />

[2] . Hier stellt sich Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Praxis die spannende Aufgabe, die ver antwortlichen<br />

Prozesse zu identifizieren <strong>und</strong><br />

damit zu einer verbesserten Revita lisierungspraxis<br />

beizutragen.<br />

Das Rhone-Thur Projekt<br />

Im Rahmen des Rhone-Thur-Projekts * ) von<br />

Eawag, WSL, VAW, BAFU <strong>und</strong> EPFL wurden<br />

aktuelle <strong>und</strong> künftige Flussbauprojekte mit<br />

Fokus auf Hochwasserschutz <strong>und</strong> Revita lisierung<br />

durch problemorientierte wissenschaftliche<br />

Beiträge unterstützt. Als Un tersuchungsgewässer<br />

diente einerseits die<br />

Rhone im Wallis, die vor grossräumigen Auf -<br />

wertungen im Rahmen der dritten Korrektion<br />

steht. Zum anderen fanden Aufnahmen<br />

an der unteren Thur statt, wo seit<br />

Beginn der 1990er Jahre mehrere Revi talisierungsprojekte<br />

realisiert wurden, darunter<br />

auch drei Aufweitungen bei Pfyn, Niederneunforn<br />

<strong>und</strong> Gütighausen.<br />

Der Schwerpunkt der hier präsentierten<br />

Untersuchungen [3, 4] lag bei der Fischfauna.<br />

Fische sind geeignete Organismen, um die<br />

Lebensbedingungen in Fliessgewässern zu<br />

Hinweis<br />

* Das Rhone-Thur-Projekt wurde 2005 abgeschlossen.<br />

Die Revitalisierungsthematik wird<br />

im Nachfolgeprojekt „Integrales Flussgebietsmanagement“<br />

mit denselben Partnern<br />

weiterverfolgt. www.rivermanagement.ch<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 5


Gewässer<br />

studieren, da sie relativ langlebig <strong>und</strong> mobil<br />

sind, zudem sind ihre ökologischen Ansprüche<br />

meist gut dokumentiert. Uns interessierte,<br />

wie die Fischfauna auf anthropogene<br />

Beeinträchtigungen des Fliessgewässers<br />

rea giert (Rhone) bzw. wie sie nach einer<br />

Revitalisierung den aufgewerteten Lebensraum<br />

nutzt (Thur).<br />

Die Thur bei Niederneunforn<br />

im Laufe der Zeit. Der<br />

Flusslauf wurde von<br />

topographischen Karten digitalisiert<br />

bzw. mittels GPS im<br />

Feld erhoben (2005).<br />

Um die Fischfauna zu beschreiben, führten<br />

wir elektrische Befischungen durch. Da in<br />

grossen Gewässern wie der Rhone <strong>und</strong> der<br />

Thur keine Befischung über die gesamte<br />

Flussbreite möglich ist, wurden Streifen befischt,<br />

die in sich bezüglich Fliess ge schwindigkeit,<br />

Tiefe <strong>und</strong> Struk turierung einheitlich<br />

sind. Die Zu sam mensetzung der beobachteten<br />

Fisch gemeinschaft lässt sich mit verschiedenen<br />

Grössen charakterisieren: Wieviele<br />

Fische kommen vor (Fischdichte) <strong>und</strong><br />

welchen Arten gehören sie an? Handelt es<br />

sich um standortgerechte Fischarten? Welches<br />

sind ihre Ansprüche bezüglich Wassertemperatur,<br />

Strukturierung des Ge wässers,<br />

Fliessgeschwindigkeit? Wie ist die Alters<br />

verteilung der gefangenen Fische?<br />

In Ergänzung zu den Befischungen dokumentierten<br />

wir den Fliessgewässerlebensraum,<br />

d.h. fisch-relevante Parameter wie Unterstandsangebot,<br />

Substrat zusammen setzung<br />

<strong>und</strong> Fliessmuster wurden bestimmt.<br />

Zusätzlich rekonstruierten wir den <strong>natur</strong>nahen<br />

Gewässerzustand anhand alter<br />

Quellen. Von topographischen Karten wurde<br />

der historische Flusslauf vor der Kanalisierung<br />

digitalisiert <strong>und</strong> anschliessend<br />

mit dem aktuellen Flusslauf verglichen. Beschreibende<br />

Angaben zur historischen Fischfauna<br />

fanden sich in alten Verbrei tungsbüchern.<br />

Die Rhone vor der dritten<br />

Korrektion<br />

Historische Quellen beschreiben die Rhone<br />

als wilden, weit verzweigten Fluss, der die<br />

Rhoneebene vollständig seiner Dyna mik<br />

unterwarf. Seither haben grossräumi ge morphologische<br />

Eingriffe wie die zwei Korrektionen<br />

(1863–1876 <strong>und</strong> 1932–1960) zu einer<br />

Verarmung des aquatischen Lebens raums<br />

geführt: Heute dominieren hohe Fliess geschwindigkeiten,<br />

strömungsberuhigte Abschnitte<br />

fehlen weitgehend. Auch die Wassertiefe<br />

variiert kaum, seichte <strong>und</strong> tiefe<br />

Stellen sind untervertreten. Diese gleichförmigen<br />

Fliessverhältnisse führen zu einer<br />

stark reduzierten Temperaturvielfalt, insbesondere<br />

im Gerinnequerschnitt.<br />

Sowohl die longitudinale als auch die laterale<br />

Vernetzung sind beeinträchtigt: Zahlreiche<br />

Wehre im Hauptfluss <strong>und</strong> in den<br />

Zuflüssen unterbrechen das Längskontinuum.<br />

Der Zugang in die Zuflüsse ist aufgr<strong>und</strong><br />

der Eintiefung des Hauptgerinnes häufig erschwert<br />

oder gar verunmöglicht. Auch fehlt<br />

für die Rhone unterhalb von Sierre eine<br />

Anbindung an grössere Feucht- oder Auengebiete.<br />

Das Abflussregime wird stark von<br />

der Elektrizitätsnutzung bestimmt <strong>und</strong><br />

verläuft weitgehend gegenläufig zur natürlichen<br />

Dynamik. Beispielsweise haben in<br />

Schwallstrecken die Winterabflüsse stark zugenommen.<br />

Die Rhone bietet kaum Fischunterstände,<br />

weder entlang der Ufer, noch in der Flussmitte.<br />

Ausnahmen bilden der Oberlauf im<br />

Goms sowie der ca. 6 km lange unverbaute<br />

Abschnitt im Pfynwald. Letzterer weist als<br />

Restwasserstrecke allerdings ein schwerwiegendes<br />

Abflussdefizit auf, was sich negativ<br />

auf die Fischlebensräume auswirkt.<br />

Wie sieht die Fischfauna unter diesen Beeinträchtigungen<br />

aus? Wir kombinierten zwei<br />

Ansätze von elektrischen Befischungen: In<br />

einem Systemüberblick im Frühjahr 2003<br />

wurden 36 Strecken von der Quelle bis zum<br />

Genfersee untersucht [3] . Daneben wurden<br />

sieben Strecken zwischen 2001 <strong>und</strong> 2004<br />

mehrfach befischt, um zeitliche Schwan kungen<br />

im Fischbestand zu erfassen.<br />

Mit sieben nachgewiesenen Arten beobachteten<br />

wir eine äusserst geringe Artenvielfalt.<br />

Mit Ausnahme von Bachforelle <strong>und</strong><br />

Groppe handelt es sich um Einzelfänge (Elritze,<br />

Egli, Gründling, Goldfisch <strong>und</strong> Regenbogenforelle).<br />

Dies steht in deutlichem Gegensatz<br />

zu historischen Aufnahmen, in<br />

denen für den Rhone-Hauptfluss 18 Fischarten<br />

dokumentiert sind [5] .<br />

Die Fischdichte ist äusserst gering, jedoch<br />

signifikant positiv korreliert mit dem Unterstandsangebot:<br />

Je höher der Anteil an<br />

Blöcken <strong>und</strong> tiefen, strömungsberuhigten<br />

Stellen, desto grösser die Bachforellenfänge<br />

pro befischter Fläche. Der Populationsaufbau<br />

der Bachforelle weicht deutlich von einer<br />

natürlichen Verteilung ab. In zahlrei chen<br />

Strecken, insbesondere in den stark Schwall-<br />

Sunk beeinflussten Abschnitten im Un terlauf,<br />

fehlen grössere Fische. Auch die jüngsten<br />

Jahrgänge sind generell untervertreten,<br />

die natürliche Fortpflanzung der Bachforelle<br />

funktioniert nur noch in den we nigen unverbauten<br />

Flussabschnitten. Viele der untersuchten<br />

Bachforellen weisen De formationen<br />

an Flossen oder Kiemen deckel auf. Dies sind<br />

Anomalien, wie sie für Zuchtfische typisch<br />

sind.<br />

Wo können Revitalisierungsmassnahmen ansetzen?<br />

In einem ursprünglich verzweigten<br />

System wie der Rhone besitzen grosse Aufweitungen<br />

ein beträchtliches Potenzial. Zum<br />

Seite 6 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Resultate einer GPS-Kartierung<br />

der Fischlebensräume<br />

an der Thur. Oben: Habitatsvielfalt<br />

im kanalisierten<br />

Abschnitt bei Frauenfeld<br />

(links) <strong>und</strong> in der Aufweitung<br />

Schäffäuli bei Niederneunforn<br />

(rechts). Unterschiedliche<br />

Habitatstypen sind<br />

unterschiedlich schattiert.<br />

Unten: Vorkommen verschiedener<br />

Wassertiefen resp.<br />

Fliessgeschwindigkeiten<br />

über die gesamte kartierte<br />

Fläche.<br />

einen stoppen sie die Eintiefung des Gerinnes,<br />

zum anderen können vielfältige aquatische<br />

<strong>und</strong> terrestrische Lebensräume entstehen.<br />

Zusätzlich braucht es für die Wiederbesiedlung<br />

aufgewerteter Abschnitte eine gute<br />

Vernetzung zu arten- <strong>und</strong> individuenreichen<br />

Lebensgemeinschaften. Bei Fisch pässen ist<br />

ein spezielles Augenmerk auf eine funktionierende<br />

Abwanderung zu richten.<br />

Eine zentrale Frage ist, wie sich Lebensraumverbesserungen<br />

in Schwall-Sunk-Strecken<br />

auswirken. Für die Obere Drau, Österreich,<br />

wurde gezeigt, dass sich Schwall-Sunk<br />

in der neu gebauten Aufweitung nachteilig<br />

auswirkt, besonders auf die 0+- Äschen<br />

(Sömmerlinge) [6] . An der Rhone sind in einem<br />

ersten Schritt innerhalb der Schwall-<br />

Sunk-Strecken die Effekte auf Fische <strong>und</strong><br />

andere Lebewesen abzuklären. In einem<br />

zweiten Schritt sind neue Aufweitungen<br />

möglichst rasch auf ihren ökologischen Erfolg<br />

zu überprüfen. Zusätzlich sind schwalldämpfende<br />

Massnahmen im Unterlauf der<br />

Rhone unerlässlich.<br />

Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wird die Thur<br />

zwecks Hochwasserschutz <strong>und</strong> Land gewinnung<br />

grossräumig kanalisiert. Bei Niederneunforn<br />

nimmt die Uferlänge von 4.5 km<br />

pro Fliesskilometer auf knapp 2 km/km ab.<br />

Damit reduziert sich der für den Fluss wichtige<br />

Austausch mit dem umgebenden Land<br />

gewaltig. Überschwemmte Flächen fehlen,<br />

<strong>und</strong> der Eintrag von Totholz geht zurück.<br />

Trotz der Korrektion verursachen Hochwasser<br />

weiterhin grosse Schäden. Ein Umdenken<br />

im Wasserbau führt ab 1990 zur Realisierung<br />

von 15 zunehmend grösser dimensionierten<br />

Revitalisierungsprojekten.<br />

2005 haben wir im Sommer <strong>und</strong> im Winter<br />

in den drei Aufweitungen sowie in fünf kanalisierten<br />

Abschnitten elektrische Befischun<br />

gen durchgeführt <strong>und</strong> mittels GPS exakte<br />

Karten der Fischlebensräume erstellt.<br />

In den Kanalstrecken <strong>und</strong> der kürzesten<br />

Aufweitung (


Rubrik<br />

Die revitalisierte Thur<br />

bei Niederneunforn.<br />

Photo: A. Peter<br />

Bachforellen <strong>und</strong> Groppen sind nur noch als<br />

Einzeltiere im Fang vertreten (0.5 Prozent).<br />

Die Vielfalt des Lebensraumes kann durch<br />

grosse Flussaufweitungen erhöht werden.<br />

Die beobachtete schwache Reak tion der<br />

Fischgemeinschaft widerspiegelt allerdings<br />

noch vorhandene Defizite, wie beispielsweise<br />

die geringe Temperatur viel falt.<br />

Zudem gilt es die Lebensraumsituation in<br />

der gesamten Thur zu beachten: In 65<br />

Prozent der unteren 90 km ist die Mor phologie<br />

nach wie vor deutlich beeinträchtigt,<br />

der Fluss ist durch Stauwehre fragmentiert<br />

oder führt Restwasser. Auch dürfte die<br />

Besiedlung des revitalisierten Lebensraums<br />

noch nicht abgeschlossen sein. Eine mehrjährige<br />

Erfolgskontrolle ist entsprechend<br />

sinnvoll.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Unsere Untersuchungen zeigen, wie wertvoll<br />

die Kenntnis von <strong>natur</strong>nahen Fluss systemen<br />

im Revitalisierungsprozess ist. Ei nerseits<br />

ermöglichen <strong>natur</strong>nahe Referen zen,<br />

dass in der Planungsphase der Grad der<br />

Beeinträchtigung bestimmt <strong>und</strong> passende<br />

Massnahmen entwickelt werden können. So<br />

lässt sich ein flusstypspezifisches Leit bild<br />

formulieren, welches für alle ökologisch relevanten<br />

Gewässermerkmale langfristige<br />

Entwicklungsziele festhält. Ebenso wird eine<br />

Einschätzung möglich, in welchen Fluss abschnitten<br />

Revitalisierungen besonders dringlich<br />

sind. Andererseits sind <strong>natur</strong>nahe Referenzen<br />

wichtig für die Erfolgskontrolle: Erst<br />

die Gegenüberstellung mit der <strong>natur</strong>nahen<br />

Situation erlaubt die Abschät zung, ob mit<br />

der Revitalisierung tatsächlich eine erhöhte<br />

Naturnähe erreicht wurde. Mit einem alleinigen<br />

Vergleich zwischen kanalisierten <strong>und</strong><br />

revitalisierten Abschnitten ist dies nicht<br />

möglich.<br />

In einer vielseitig genutzten Kulturlandschaft<br />

wie der Schweiz sind Fliessgewässer oft unterschiedlichsten<br />

Beeinträchtigungen ausgesetzt.<br />

Die Studien an Rhone <strong>und</strong> Thur<br />

unterstreichen, dass grossräumige Mass nahmen<br />

nötig sind, um Revitalisierungsprojekten<br />

zum angestrebten Erfolg zu verhelfen (z.<br />

B. breite Aufweitungen von mehreren Kilometern<br />

Länge). Revitalisierungen sollen prioritär<br />

dort durchgeführt werden, wo lange<br />

zusammenhängende Strecken mit <strong>natur</strong>nahem<br />

Charakter entstehen. Auch die beststrukturierten<br />

Gewässerabschnitte werden<br />

nur schwerlich durch Organismen besiedelt,<br />

wenn sie räumlich isoliert sind. Die Vernetzung<br />

ist von zentraler Bedeutung: Eine<br />

rasche Besiedlung revitalisierter Strecken<br />

durch Fische erfolgt nur bei gegebener<br />

Längsvernetzung. Eine mehrjährige Erfolgskontrolle<br />

ist für grössere Projekte in jedem<br />

Fall wichtig.<br />

Dank<br />

Den Fischereiverwaltungen der Kantone<br />

Wallis, Thurgau, Zürich <strong>und</strong> Waadt, den Vertretern<br />

der lokalen Fischereivereine sowie<br />

den zahlreichen Helferinnen <strong>und</strong> Helfern bei<br />

der Feldarbeit danken wir herzlich für die<br />

gute Zusammenarbeit <strong>und</strong> Unterstützung.<br />

Literaturangaben<br />

[1] Notter B., Aschwanden H., Klauser H., Staub E.<br />

& v. Blücher U. 2007: Ökomorphologischer<br />

Zustand der Schweizer Fliessgewässer:<br />

Zwischenauswertung aufgr<strong>und</strong> der<br />

Erhebungen aus 18 Kantonen. B<strong>und</strong>esamt für<br />

Umwelt, Bern, 9 S.<br />

[2] Roni P., Hanson K., Beechie T.J., Pess G.R.,<br />

Pollock M.M. & Bartley D.M. 2005. Habitat<br />

rehabilitation for inland fisheries. Global<br />

review of effectiveness and guidance for<br />

rehabilitation of freshwater ecosystems. FAO,<br />

Rome, 116 S.<br />

[3] Weber C., Peter A. & Zanini F. 2007. Spatiotemporal<br />

analysis of fish and their habitat: a<br />

case study on a highly degraded Swiss river<br />

system prior to extensive rehabilitation.<br />

Aquatic Sciences 69: 162-172.<br />

[4] Weber C., Schager E. & Peter A. Habitat<br />

diversity and fish assemblage structure in<br />

local river widenings: a case study on a Swiss<br />

river. Artikel für Publikation akzeptiert in<br />

River Research and Applications.<br />

[5] Fatio, V. 1882/ 1890. Histoire <strong>natur</strong>elle des<br />

poissons – Première/ Deuxième partie. H.<br />

Georg, Geneva, Basel, 786/ 576 S.<br />

[6] Unfer G., Schmutz S., Wiesner C., Habersack<br />

H., Formann E., Komposch C. & Paill W. 2004.<br />

The effects of hydropeaking on the sucess of<br />

river-restoration measures within the LIFE-<br />

Project „Auenverb<strong>und</strong> Obere Drau“.<br />

Proceedings of the Fifth International<br />

Symposium on Ecohydraulics, Madrid, 741-<br />

746.<br />

[7] Wehrli E. 1892. Fischleben der kleinen thurg.<br />

Gewässer - Beitrag zu einer Fauna des<br />

Kantons Thurgau. Mitteilungen der<br />

Thurgauischen Naturforschenden<br />

Gesellschaft 10: 61-104.<br />

[8] Bradshaw A.D. 1997. What do we mean by<br />

restoration? In: Urbanska K.M., Webb N.R. & P.<br />

J. Edwards (Hrsg.): Restoration ecology and<br />

sustainable development. Cambridge<br />

University Press, Cambridge, 8-14.<br />

Christine Weber<br />

Dr. sc. nat., Biologin<br />

Eawag: Das Wasserforschungs-<br />

Institut des ETH-Bereichs<br />

Seestrasse 79<br />

6047 Kastanienbaum<br />

christine.weber@eawag.ch<br />

Armin Peter<br />

Dr. sc. nat., Biologe<br />

Eawag: Das Wasserforschungs-<br />

Institut des ETH-Bereichs<br />

Seestrasse 79<br />

6047 Kastanienbaum<br />

armin.peter@eawag.ch<br />

Seite 8 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Denn der stete Tropfen<br />

höhlt nicht nur den Stein …<br />

Nicht frankieren<br />

Ne pas affranchir<br />

Non affrancare<br />

Foto: photocase.de<br />

Geschäftsantwortsendung Invio commerciale-risposta<br />

Correspondance commerciale-résponse<br />

Rheinaub<strong>und</strong><br />

c/o <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong><br />

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<strong>und</strong><br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong><br />

50 Jahre für<br />

Natur <strong>und</strong> Umwelt!<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 9


Rheinaub<strong>und</strong><br />

Neukonzession des Kraftwerks Kembs am Oberrhein<br />

– gütliche Einigung oder Gerichtsfall?<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> setzt sich seit seiner Gründung für Gewässer <strong>und</strong> Landschaften<br />

ein, also offene Ökosysteme. Deshalb ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass wir nicht nur<br />

am Hochrhein, sondern auch am Oberrhein tätig sind - schliesslich macht der Fluss<br />

nicht an der Grenze halt. Die Neukonzessionierung des Kraftwerks Kembs unterhalb<br />

Basels gibt Anlass dazu. Wie üblich geht es neben dem Geschiebehaushalt <strong>und</strong><br />

der Fischwanderung um die Revitalisierung der Flussdynamik <strong>und</strong> der Habitate im<br />

„Restrhein“.<br />

von Jürg Bloesch<br />

Besonders interessant an diesem Projekt ist,<br />

dass wir hier zum ersten Mal mit französischen<br />

Kon zessionsbehörden zu tun haben,<br />

die sich unter anderem noch auf den Versailler<br />

Vertrag von 1919 berufen <strong>und</strong> so trotz<br />

moderner EU-Wasserrahmenrichtlinie eine<br />

vernünftige Zusammenarbeit mit den Deutschen<br />

Nachbarn verunmöglichen. Schliesslich<br />

müssen die öko logischen Massnahmen<br />

am Ober rhein auch im Kontext des Programms<br />

„Lachs 2020“ gesehen werden,<br />

denn wir alle erwar ten mit Ungeduld den<br />

ersten Salmo salar in Basel!<br />

Streitfall Kraftwerk Kembs<br />

am Oberrhein.<br />

Foto: J. Lange<br />

Von der grandiosen Auenlandschaft<br />

zum Schifffahrtskanal<br />

Der berühmt-berüchtigte badische Oberst<br />

Johann Gottlieb Tulla hat von 1817–1885<br />

den damals frei fliessenden <strong>und</strong> stark verzweigten<br />

Oberrhein in mehreren Ausbauetappen<br />

zur Melioration <strong>und</strong> Festlegung der<br />

badisch-französischen Grenzlinie zum ersten<br />

Mal massiv korrigiert. Verschiedene<br />

Durchstiche verkürzten den Flusslauf um etwa<br />

82 km (23 Prozent), was die Tiefenerosion<br />

förderte, den Gr<strong>und</strong>wasserspiegel senkte,<br />

viele Inseln <strong>und</strong> Kiesbänke ausräumte <strong>und</strong><br />

die Auen zunächst zu Riedflächen degradierte.<br />

Eine zweite Ausbauetappe von 1900-<br />

1945 forcierte die Kanalisierung des Rheins,<br />

der zum heutigen Schifffahrtskanal verbaut<br />

wurde. 1932 wurde das Kraftwerk Kembs<br />

gebaut, um den Rhein zur Energiegewinnung<br />

zu nutzen. Von der ursprünglichen, grandiosen,<br />

natürlichen Auenlandschaft ist nur der<br />

sogenannte „Restrhein“ geblieben, der seinem<br />

Namen mit einer nur kümmerlichen<br />

Restwassermenge alle Ehre macht <strong>und</strong> ebenfalls<br />

verbaut ist. Obwohl dieser Flussabschnitt<br />

kaum als Referenzzustand tauglich<br />

ist, hat er immer noch ein grosses ökologisches<br />

Potenzial.<br />

Revitalisierung dringend nötig<br />

Die Revitalisierung des r<strong>und</strong> 50 km langen<br />

„Restrheins“ ist von deutscher Seite schon<br />

seit Jahren an die Hand genommen worden,<br />

Seite 10 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Peter Birmann 1758–1844:<br />

Blick vom Isteiner Klotz<br />

rheinaufwärts Richtung<br />

Basel. Kunstmuseum Basel<br />

<strong>und</strong> die Hochwasserschutzplanung ist soweit<br />

gediehen, dass bald mit den Arbeiten<br />

begonnen werden kann. Vorgesehen sind<br />

eine Abtragung des infolge der Fluss eintiefung<br />

isolierten rechten Ufers, eine damit<br />

verb<strong>und</strong>ene Verbreiterung des Flussbettes<br />

<strong>und</strong> eine Dynamisierung der Uferverzahnung,<br />

sowie die Schaffung von Retentionsräumen.<br />

Die anstehende Neukonzessionierung des<br />

Kraftwerk Kembs gab Anlass, diese Revitalisierung<br />

mit ökologischen Massnahmen im<br />

Rahmen der Konzession zu unterstützen<br />

<strong>und</strong> zu fördern. Zunächst einmal durch eine<br />

signifikante Erhöhung der Restwassermenge,<br />

sodann durch eine Gewährleistung der<br />

Fischwanderung mit Fischaufstiegshilfen,<br />

<strong>und</strong> schliesslich durch eine Aufwertung der<br />

Sohle, der Lebensräume <strong>und</strong> der Ufererosion,<br />

um die verloren gegangene ökologische<br />

Funktion <strong>und</strong> Dynamik des „Restrheins“ <strong>und</strong><br />

der Restauen wieder einigermassen zu gewährleisten.<br />

Der Oberrhein bei Kembs ist eine internationale<br />

Angelegenheit zwischen Frankreich,<br />

Deutschland <strong>und</strong> der Schweiz (siehe auch<br />

Espoo-Konvention). [1] Dies insbesondere darum,<br />

weil es im Rahmen der Europäischen<br />

Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) um das<br />

(Teil-) Management eines ganzen Flusses<br />

geht, <strong>und</strong> weil Geschiebehaushalt <strong>und</strong><br />

Fischwanderung keine Staatsgrenzen kennen.<br />

Gemäss WRRL muss bis 2015 ein „guter<br />

ökologischer Zustand“ aller Gewässer ausgewiesen<br />

sein. Die Konzessionserneuerung<br />

des KW Kembs (vorgesehen ab 1.1.2008) unterliegt<br />

dem französischen <strong>und</strong> dem schweizerischen<br />

Recht. Die Schweiz ist dabei als<br />

Oberlieger vom Einstau bis zu den Basler<br />

Rheinhäfen betroffen. Eine Deutsche Konzession<br />

ist nicht nötig (Versailler Vertrag), obwohl<br />

die Deutschen Anrainer sind (rechtes<br />

Rheinufer). Rechtlich gesehen sind nebst<br />

den einschlägigen französischen <strong>und</strong> schweizerischen<br />

Gesetzen (GschG, BGF, B<strong>und</strong>esgesetz<br />

über den Wasserbau) die internationalen<br />

Übereinkommen zum Schutz des<br />

Rheins vom 12. April 1999 sowie die darauf<br />

basierenden Beschlüsse der Rheinministerkonferenzen<br />

massgebend. Zudem gilt es<br />

auch die Empfehlungen <strong>und</strong> Vorgaben der<br />

Internationalen Kommission zum Schutz<br />

des Rheins (IKSR) zu berücksichtigen, in der<br />

alle drei Länder vertreten sind. Die Arge<br />

Hochrhein, deren Mitglied der Rheinaub<strong>und</strong><br />

ist, hat Beobachterstatus in der IKSR <strong>und</strong> unterstützt<br />

die Massnahmen zur Revitalisierung<br />

des Rheins. Die Schifffahrt ist durch internationale<br />

Verträge geregelt <strong>und</strong> privilegiert.<br />

Konzessionsgesuch <strong>und</strong> UVP<br />

umstritten<br />

Das erste Konzessionsgesuch von 2004 wurde<br />

aufgr<strong>und</strong> der Interventionen aus Umweltverbänden<br />

(insbesondere der Na ture d’Alsace)<br />

stark verbessert. Der Electricité de<br />

France (EDF) kann eine gute Gr<strong>und</strong>einstellung<br />

(integraler Ansatz) <strong>und</strong> der Wille attestiert<br />

werden, ökologische Verbesserungen<br />

realisieren <strong>und</strong> finanzieren zu wollen. Dazu<br />

gehören zum Beispiel die Revitalisierung<br />

der Wiese bei Basel, eine markante Erhöhung<br />

der Restwassermenge, die Initiierung der<br />

Ufererosion <strong>und</strong> damit eine Erhöhung der<br />

Auendynamik in der Restwasserstrecke, <strong>und</strong><br />

ein neuer funktionstüchtiger Fischpass beim<br />

Wehr.<br />

Wie üblich sitzt der Teufel jedoch im Detail.<br />

Unsere Einsprache im März 2007 wurde von<br />

der EDF im Sommer beantwortet, <strong>und</strong> nach<br />

einer kurzen Duplik im September fanden<br />

am 6. Dezember 2007 die Einspracheverhandlungen<br />

in Basel statt. Da sich die Konzessionierung<br />

verzögert, hat das BFE die<br />

laufende Konzession ohne Bedingungen um<br />

drei Jahre verlängert, was rechtlich gesehen<br />

äusserst bedenklich <strong>und</strong> eigentlich nicht akzeptabel<br />

ist.<br />

Restwasserstrecke <strong>und</strong><br />

Auendynamik<br />

Die vorgeschlagenen Massnahmen bezüglich<br />

einer Erhöhung der Restwassermengen<br />

<strong>und</strong> struktureller Eingriffe zur Förderung der<br />

Ufererosion <strong>und</strong> natürlichen Auflandungen<br />

sind zweifellos ein wertvoller Revitalisierungsschritt.<br />

Sie ergänzen die im Rahmen<br />

des Integrierten Rheinprogramms (IRP) am<br />

deutschen Ufer vorgesehenen Massnahmen<br />

Grenzüberschreitendes Flussmanagement-Theorie<br />

<strong>und</strong> Praxis<br />

Oberrhein bei Breisach:<br />

1828 vor der Regulierung,<br />

1872 nach der Korrektur<br />

durch Tulla <strong>und</strong> 1963 nach<br />

weiterer Kanalisierung.<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 11


Rheinaub<strong>und</strong><br />

zur Vergrösserung der Auenfläche <strong>und</strong> Erhöhung<br />

des Hochwasser-Retentionspotenzials<br />

um r<strong>und</strong> 400 ha bzw. 35 mio m 3 in idealer<br />

Weise (Abtragung der Dämme <strong>und</strong> des<br />

Waldsaums auf das Niveau des eingetieften<br />

„Restrheins“). Mit der saisonal variablen<br />

Restwasserdotierung ist es möglich, unter<br />

Berücksichtigung des Hochwasserschutzes,<br />

eine Dynamisierung der Hydrologie <strong>und</strong> der<br />

Auen zu erreichen. Allerdings ist es höchst<br />

fraglich, ob der vorgeschlagene Winter-<br />

Sockelabfluss von 52 m 3 /s genügend ist. Als<br />

Sommermaximum sind 150 m 3 /s vorgesehen.<br />

Der resultierende mittlere Abfluss von<br />

123 m 3 /s entspricht zwar der in Frankreich<br />

gesetzlich geforderten Mindestrestwassermen<br />

ge von 10 Prozent des mittleren Abflusses<br />

(hier 1073 m 3 /s). Dass die Winter- <strong>und</strong><br />

Sommerwerte aber fraglich sind, wird aus<br />

einer Klausel im Konzessionsentwurf deutlich,<br />

die ab 2020 eine mögliche Erhöhung<br />

der Mindestabflussmenge auf 80 m 3 /s im<br />

Winter (= 10 Prozent des winterlichen QM<br />

Der Restrhein macht seinem<br />

Namen mit seiner derzeit<br />

kläglichen Restwassermenge<br />

alle Ehre. Im Hintergr<strong>und</strong><br />

der Grand Canal d’Alsace.<br />

Foto: J. Lange<br />

Auch die Geschiebesituation im Oberwasser<br />

ist ungenügend dokumentiert, weil die gemachten<br />

Profilvergleiche im Stauraum nur eine<br />

grobe Übersicht über Erosions- <strong>und</strong> Auflandungsstrecken<br />

bieten. Erschwerend hinzu<br />

kommen das Kiesmanagement <strong>und</strong> die Auflagen<br />

der Schifffahrt im Hafen Kleinhüningen<br />

<strong>und</strong> im Rheinkanal, die eine variable Staukotenregelung<br />

praktisch unmöglich machen.<br />

Offenbar kann das Geschiebe vom Hochrhein<br />

(KW Birsfelden) nicht bis zum Wehr Kembs<br />

transportiert werden, obwohl die Sohle unterhalb<br />

des KW Birsfelden erodiert wird. Da<br />

das Wehr Kembs geschiebedurchgängig ist,<br />

müsste genau abgeklärt werden, ob ein<br />

Geschiebetransport von Hochrhein, Wiese<br />

<strong>und</strong> Birs flussabwärts durch den Stauraum<br />

<strong>und</strong> durch das Wehr Kembs nicht doch mögvon<br />

r<strong>und</strong> 800 m 3 /s) <strong>und</strong> 240 m 3 /s im Sommer<br />

vorsieht. Das Bett des Altrheins ist auf<br />

100 m 3 /s ausgelegt, <strong>und</strong> die Dotierversuche<br />

2003 haben bestätigt, dass eine Erhöhung<br />

der Restwassermenge in diesem Ausmass<br />

möglich ist. Da zudem eine Dotierturbine<br />

eingebaut wird, kann die EDF das zusätzliche<br />

Restwasser zur Stromgewinnung nutzen.<br />

Die bei einer erhöhten Restwassermenge<br />

vergrösserten Produktionseinbussen der<br />

unterliegenden Kanalkraftwerke könnten<br />

durch den Mehrgewinn des KW Kembs zum<br />

Teil entschädigt werden.<br />

Geschiebehaushalt<br />

Der Geschiebehaushalt ist eng mit der<br />

Hydrologie, das heisst dem Abfluss gekoppelt,<br />

da die Fliessgeschwindigkeit bzw. die<br />

Schleppkraft entscheidet, ob <strong>und</strong> wie viel<br />

Geschiebe wie weit <strong>und</strong> wohin transportiert<br />

wird. Uns scheinen wesentliche Fragen dazu<br />

nicht genügend abgeklärt.<br />

Es ist umstritten, ob bei der „kontrollierten“<br />

Ufererosion das potenzielle (offenbar auf<br />

200 mio m 3 geschätzte) Material auch tatsächlich<br />

aktiviert werden kann <strong>und</strong> die<br />

durch die grössere Restwassermenge er-<br />

höhte Schleppkraft des Altrheins genügt,<br />

um das Geschiebe weiterzutransportieren.<br />

Ebenso ist unklar, ob die Rückgabe des<br />

Kiesaushubs, der beim Bau des Maschi nenhauses<br />

anfällt (156‘000 m 3 ), ausreicht oder<br />

ob es nebst dem Ufererosionsmaterial noch<br />

weitere Kieszugaben an noch zu definierenden<br />

Rückgabestellen braucht. Wir fordern,<br />

dass über die ganze Konzessionsdauer<br />

genügend Kies zur Verfügung steht.<br />

Seite 12 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


lich ist. Andernfalls müsste als Ersatz des natürlichen<br />

Ge schie betriebs das punktuelle<br />

Einbringen von Kiesbänken am Ufer im oberen<br />

Bereich des Stauraumes, in Absprache<br />

mit der Schifffahrt, in Betracht gezogen werden.<br />

Diese Fragen könnten von der im April<br />

2007 gegründeten „Geschiebegruppe Hochrhein“<br />

behandelt werden, in welcher der<br />

Rheinaub<strong>und</strong> vertreten ist.<br />

Fischwanderung<br />

Der Neubau einer Fischaufstiegshilfe (FAH)<br />

beim Maschinenhaus <strong>und</strong> beim Wehr, für<br />

welche die EDF eine Arbeitsgruppe einsetzen<br />

<strong>und</strong> 300‘000 Euros bereitstellen will, ist zweifellos<br />

die Schlüsselstelle bezüglich Fischwanderung.<br />

Allerdings gibt es zur Zeit weder<br />

eine detaillierte Projektstudie noch ein genaues<br />

Pflichtenheft mit Kostenberech nung.<br />

Insbesondere fehlen entscheidende technische<br />

Details gemäss den Anforde run gen der<br />

DVWK (1996) <strong>und</strong> DWA (2006) betreffs Lage<br />

<strong>und</strong> Typ des Fischpasses, Becken dimensionen<br />

<strong>und</strong> korrekter Hydraulik, <strong>und</strong> genügender<br />

Lockwassermenge <strong>und</strong> -strömung. Zudem<br />

ist kein Monitoring über Funktion der FAH<br />

vorgesehen. Bezüglich Fisch abstieg (besonders<br />

für den Aal) ist die Studie völlig unverbindlich.<br />

Eine Untersu chung der Fischmortalität<br />

in den Kaplan turbinen ist offenbar nicht<br />

gemacht worden. Ferner ist nicht klar, ob der<br />

neu geplante fischökologische Altarm durch<br />

die Rheininsel im oberen Teil beim Wehr<br />

tatsächlich den Aufstieg in den Rheinkanal<br />

ermöglicht oder nicht. Auch hier müssten<br />

detailliertere Pläne vorgelegt werden.<br />

Schliesslich muss der Fischaufstieg beim KW<br />

Kembs im Kontext des Projekts Lachs 2000/<br />

2020 gesehen <strong>und</strong> mit dem hohen Standard<br />

der FAHs bei Iffezheim <strong>und</strong> Gambsheim (Inbetriebnahme<br />

2006) verglichen werden,<br />

auch bezüglich Aufstieg aller einheimischer<br />

Fischarten. Dazu gehören auch die FAHs<br />

beim Kulturwehr Breisach (Einstieg in den<br />

„Restrhein“), die als FAH eingesetzte Schiffsschleuse<br />

im Grand Canal d’Alsace <strong>und</strong> der<br />

vorgesehene Fischpass beim Drainage-Gegenkanal<br />

(KW Kembs) als Verbindung des<br />

Grand Canal d’Alsace zur Petite Camargue<br />

Alsacienne, deren Fauna allerdings durch<br />

mögliche Einwanderung von Neozoen vom<br />

Rhein her bedroht sein könnte.<br />

Damit die ausgedehnten<br />

Kiesbänken des Restrheins<br />

als Laichhabitate für den<br />

Lachs <strong>und</strong> andere Kieslaicher<br />

tauglich sind (im Bild ein<br />

Lachsbrütling), muss der<br />

Kieslückenraum gelockert<br />

<strong>und</strong> druchströmt werden,<br />

wofür es eine deutliche<br />

Erhöhung der Restwassermenge<br />

<strong>und</strong> einen Geschiebetransport<br />

durch das Wehr<br />

braucht.<br />

Ausgleichs- <strong>und</strong> Begleitmassnahmen:<br />

wird man sich einig?<br />

Den zentralen ökologischen Anforderungen<br />

der Fischwanderung <strong>und</strong> des Geschiebehaushaltes<br />

stehen verschiedene Ausgleichsmassnahmen<br />

gegenüber, welche die Eingriffe<br />

weiter vermindern. Auch hier gibt es<br />

noch ungeklärte Fragen.<br />

Im Kontext der modernen partizipativen<br />

Vorgehensweisen muss eine internationale<br />

Jürg Bloesch<br />

ist promovierter<br />

Limnologe <strong>und</strong><br />

forschte während<br />

mehr als 35 Jahren<br />

am Wasserforschungs-Institut<br />

der ETH im Bereich<br />

Sedimentation/Stoffhaushalt in Seen<br />

<strong>und</strong> Fliessgewässerökologie. Er widmete<br />

sich daneben auch der Beratung<br />

im In- <strong>und</strong> Ausland <strong>und</strong> kämpft seit<br />

Jahrzehnten aktiv für den Gewässerschutz<br />

<strong>und</strong> <strong>natur</strong>nahe Landschaften.<br />

Von 1998-2004 war er Präsident der<br />

Internationalen Arbeitsgemeinschaft<br />

Donauforschung (IAD), seit 1995 ist er<br />

Ko-Präsident des Rheinaub<strong>und</strong>es.<br />

Begleitkommission mit allen Stakeholdern<br />

(Interessensvertretern) etabliert werden,<br />

welche bei der langfristigen <strong>und</strong> pragmatischen<br />

Umsetzung der Revitalisierungs-<br />

Massnahmen mitreden <strong>und</strong> so weit möglich<br />

mitbestimmen kann. Es ist wichtig, dass laufend<br />

gute neue Ideen oder aber Kritik <strong>und</strong><br />

Korrekturen mitberücksichtigt <strong>und</strong> umgesetzt<br />

werden können.<br />

Bei all diesen löblichen <strong>und</strong> zum Teil noch zu<br />

erstreitenden Revitalisierungen können wir<br />

uns rückblickend interessiert fragen, was<br />

wohl der Herr Oberst Tulla dazu sagen würde.<br />

Zur weiteren Lektüre sei das Buch von<br />

W. A. Galluser <strong>und</strong> A. Schenker, (eds.) „Die<br />

Auen am Oberhein. Ausmass <strong>und</strong> Per spektiven<br />

des Landschaftswandels am südlichen<br />

<strong>und</strong> mittleren Oberrhein seit 1800. Eine umweltdidaktische<br />

Aufarbeitung.“, Birkhäuser<br />

Verlag, Basel, Boston, Berlin.ltd, 1992, empfohlen.<br />

Literaturangaben<br />

[1] Die Espoo (EIA) Convention (Convention on<br />

Environmental Impact Assessment in a<br />

Trans bo<strong>und</strong>ary Context) wurde in Espoo,<br />

Finn land, am 25. Februar 1991 von der UNO<br />

Ökonomie-Kommission für Europa beschlossen<br />

<strong>und</strong> 1997 in Kraft gesetzt. Die Unterzeichnerstaaten<br />

verpflichten sich auf gegenseitige<br />

Konsultation bei grenzüberschreitenden<br />

Um weltproblemen. Damit sollen Umweltbeeinträchtigungen<br />

über nationale Grenzen<br />

hinweg mit Beteiligung aller Betroffenen<br />

(Stakeholders) durch Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />

möglichst vermieden werden.<br />

Dr. Jürg Bloesch<br />

Stauffacherstr. 159<br />

8004 Zürich<br />

Tel. 044 / 241 11 19<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 13


Rheinaub<strong>und</strong><br />

Die Schaffhauser Fliessgewässer<br />

fördern<br />

Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> WWF sind im Kanton Schaffhausen in<br />

die Offensive gegangen, um Revitalisierungen <strong>und</strong> natürliche<br />

Fliessgewässer im Kanton stärker zu fördern. Sie lancierten<br />

eine kleine Studie, um alle gewässerrelevanten<br />

Daten zusammenzutragen <strong>und</strong> so dem Kanton eine kompakte<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> ein internes Arbeitsinstrument zur<br />

Verfügung zu stellen. Ziel ist die Entwicklung einer<br />

Strategie zur Verbesserung des ökologischen Zustands der<br />

Schaffhauser Fliessgewässer.<br />

von Lukas Boller<br />

weiteren wertvollen Gewässerstrecken. Hinsichtlich<br />

dem ökomorphologischen Zustand<br />

präsentiert sich Schaffhausen sehr unterschiedlich.<br />

Während die vorwiegend kleinen<br />

Bäche in Waldgebieten in einem natürlichen<br />

oder <strong>natur</strong>nahen Zustand sind, sieht es im<br />

Landwirtschaftsgebiet <strong>und</strong> im Siedlungs bereich<br />

dagegen schlecht bis sehr schlecht<br />

aus. Über die Hälfte der Gewässer in der<br />

Landwirtschaftszone <strong>und</strong> sogar mehr als 80<br />

Prozent in den Siedlungsräumen sind stark<br />

beeinträchtigt oder werden unterirdisch in<br />

Rohren geführt.<br />

Der Kanton Schaffhausen ist nicht gerade<br />

als gewässerreicher Kanton bekannt. Gegenüber<br />

den mit Wasser gesegneten Kantonen<br />

Bern, Aargau oder Zürich nimmt er mit seinen<br />

320 Fliesskilometern gemessen am Gewäs<br />

sernetz eine unbedeutende Stellung<br />

ein. Ganz anders im Bezug auf den Rhein:<br />

grenzt er doch mit seinen drei Kantonsteilen<br />

an drei der vier letzten frei fliessenden<br />

Abschnitte des Hochrheins. Ein kurzes Stück<br />

Wutach <strong>und</strong> vor allem der Biberunterlauf<br />

mitsamt Mündung in den Rhein zählen zu<br />

Die kleinen Fliessgewässer<br />

in den Waldgebieten des<br />

Kantons Schaffhausen sind<br />

in einem natürlichen oder<br />

<strong>natur</strong>nahen Zustand.<br />

Foto: G. Frauenlob<br />

Seite 14 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Es muss etwas geschehen<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist der Handlungsbedarf<br />

offensichtlich. Ende 2007 wurde ein<br />

Postulat im Kantonsrat zuhanden der Re gierung<br />

eingereicht mit dem Ziel, Revitalisierungen<br />

<strong>und</strong> natürliche Fliessgewässer im Kanton<br />

stärker zu fördern. Der Rheinaub<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> der WWF Schaffhausen wollten aktiv<br />

Ein fluss auf diesen Prozess nehmen <strong>und</strong> entschieden<br />

sich, gemeinsam eine kleine Studie<br />

zu lancieren, um alle gewässerrelevanten<br />

Daten zusammenzutragen <strong>und</strong> in einem<br />

Bericht festzuhalten. Dieser soll als kompakte<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> internes Arbeitsinstrument<br />

zur Entwicklung einer Strategie <strong>und</strong><br />

als Entscheidungshilfe zur Verbesserung des<br />

ökologischen Zustands der Schaffhauser<br />

Fliessgewässer beitragen. Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der auf nationaler Ebene eingereichten<br />

Initiative „Lebendiges Wasser“, welche in<br />

dieselbe Richtung zielt, sollte am Beispiel<br />

Schaffhausen die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung<br />

<strong>und</strong> anschliessender Einfluss<br />

nahme der Umweltverbände bei der<br />

Ausgestaltung einer Förderstrategie durchgespielt<br />

werden. Ein kleiner Kanton wie<br />

Schaffhausen mit relativ kleinem Gewässernetz,<br />

eignet sich dazu sehr gut. Positiv hervorzuheben<br />

ist an dieser Stelle die sehr<br />

offene Auskunftsbereitschaft der verschiedenen<br />

kantonalen Behörden.<br />

Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> WWF streben<br />

„pro-aktives“ Vorgehen an<br />

Ein häufiges Problem der Umweltverbände<br />

besteht darin, dass sie auf eine Umweltproblematik<br />

oder ein bevorstehendes Projekt<br />

mangels rechtzeitiger Informationen meist<br />

nur mithilfe eines Einspracheverfahrens reagieren<br />

können. Auf das Mittel des wichtigen<br />

Verbandsbeschwerderechts zurückzugreifen,<br />

mag in gewissen Fällen unverzichtbar<br />

sein, doch noch besser ist der frühzeitige<br />

Einbezug der Umweltverbände bei Entschei<br />

dungsfindungsprozessen <strong>und</strong> in wichtigen<br />

Planungsphasen. Auch die Möglichkeit ausserhalb<br />

von Sachzwängen der Behörden eigene<br />

Projekte anzustossen <strong>und</strong> Ideen einzubringen,<br />

basiert auf guter Information. Der<br />

Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> der WWF streben genau<br />

ein solch „pro-aktives Vorgehen“ vermehrt<br />

Über die Hälfte der Gewässer<br />

in der Landwirtschaftszone<br />

– im Bild die Durach – sind<br />

stark beeinträchtigt.<br />

Foto: G. Frauenlob<br />

1. Als klares Defizit kann die fehlende Strategie<br />

zur Förderung von Revitalisierungen<br />

im Kanton Schaffhausen bezeichnet werden.<br />

Eine kantonale Richtlinie zur Aufhebung<br />

der vorwiegend strukturellen Defizite an<br />

den Schaffhauser Fliessgewässern existiert<br />

derzeit nicht. Dies führte dazu, dass bisher<br />

zu wenig unternommen wurde, um diesem<br />

Manko entscheidend entgegenzuwirken.<br />

Die Ursache ist zur Hauptsache im Wasserwirtschaftsgesetzt<br />

des Kantons zu finan.<br />

Der Bericht soll helfen, dies im Bereich<br />

von Fliessgewässern im Kanton Schaffhausen<br />

zu vereinfachen. Durch die gebündelten<br />

Informationen können beide Umweltverbände<br />

ergänzend <strong>und</strong> unterstützend zu den<br />

Behörden früher Vorschläge einbringen, so<br />

dass Einsprachen bei der Umsetzung kaum<br />

mehr notwendig sein dürften.<br />

An einer gut besuchten Expertenr<strong>und</strong>e mit<br />

hauptsächlich kantonalen Vertretern wurde<br />

über den Inhalt des Berichtes gesprochen<br />

<strong>und</strong> die Hauptschwierigkeiten bei der<br />

Umsetzung von Revitalisierungen im Kanton<br />

Schaffhausen engagiert diskutiert. Aus dem<br />

Bericht <strong>und</strong> der Expertenr<strong>und</strong>e kristallisierten<br />

sich zusammenfassend drei erhebliche<br />

Defizite heraus.<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 15


Rheinaub<strong>und</strong><br />

den, welches die meisten Fliesskilometer<br />

(ca. 80 Prozent) in die Obhut der Gemeinden<br />

delegiert. Diesen fehlt aber häufig das Geld<br />

<strong>und</strong>/oder der Wille, entscheidende strukturelle<br />

Verbesserungen an den Fliessgewässern<br />

vorzunehmen. Andererseits fehlen aber<br />

auch auf der Kantonsseite gegenüber den<br />

mehrheitlich kleinen Gemeinden genügend<br />

Anreize <strong>und</strong> Kontrollmöglichkeiten.<br />

2. Im Wasserwirtschaftsgesetz des Kantons<br />

Schaffhausen wird ein Unterhalt der Gewässer<br />

nach ökologischen Kriterien verlangt.<br />

Allerdings werden diese nirgends genauer<br />

definiert. Die schon oben angesprochene<br />

Problematik, dass der Kanton nur für r<strong>und</strong> 7<br />

Prozent der Gewässer zuständig sind, führt<br />

Lukas Boller<br />

geb am 14.04.1977,<br />

Umwelt<strong>natur</strong>wissenschaftler<br />

/ ETH<br />

Zürich, beschäftigt<br />

sich bereits seit<br />

dem Beginn seines Studiums mit der<br />

Biologie aquatischer Systeme. Er ist seit<br />

2006 im Vorstand des Rheinaub<strong>und</strong>s,<br />

war bis Frühjahr 2008 Mandatsinhaber<br />

des Projekts „Kleine Gewässersanierungen<br />

mit dem Rheinaub<strong>und</strong>“, sowie<br />

Projektleiter bei der Stiftung Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Ökologie, SWO.<br />

Seit Februar 2008 arbeitet er als Gewässerökologe<br />

bei AquaPlus.<br />

dazu, dass leider nur in Ausnahmefälle von<br />

einem ökologischen Gewässerunterhalt gesprochen<br />

werden kann.<br />

3. Eine wesentliche Problematik stellt die<br />

Verfügbarkeit von Land dar. Häufig ist nicht<br />

das Geld die grösste Hürde bei der Umsetzung<br />

von Revitalisierungen, sondern das<br />

fehlende Land. Der Kanton ist meist nur im<br />

Besitz der eigentlichen Gewässerparzelle.<br />

Viele AnstösserInnen sind jedoch nicht gewillt,<br />

ihr Land für derartige Zwecke zu verkaufen<br />

oder umzunutzen, da die Nutzungsansprüche<br />

an den Boden anders gewichtet<br />

werden. Vorwiegend in Landwirtschafts zonen<br />

ist diese Haltung weit verbreitet. Dummerweise<br />

besteht gerade in diesen Gebieten<br />

ein erhöhtes ökomorphologisches Defizit.<br />

Lösungsansätze der oben erläuterten Problembereiche<br />

bietet die derzeitige Entwicklung<br />

einer kantonalen Strategie zur Förderung<br />

der Schaffhauser Fliessgewässer als<br />

Antwort auf das Postulat. Hiermit lassen sich<br />

gerade für finanziell schwache Gemeinden<br />

mehr Mittel zur Behebung struktureller<br />

Mängel an Fliessgewässern sichern. Darüber<br />

hinaus liesse sich ein Anreizsystem mit klaren<br />

Kriterien schaffen, welches den ökologischen<br />

Unterhalt der Gewässer entscheidend<br />

voranbringen könnte. Schliesslich<br />

wür de durch gezielten Landkauf durch den<br />

Kanton mehr Spielraum für Landabtausch<br />

entstehen <strong>und</strong> den Gewässern wieder mehr<br />

Raum zugestanden werden können.<br />

… <strong>und</strong> aus bist du. Für die<br />

Durach ist im Mühlental<br />

Schluss. Ab hier wird sie<br />

unterirdisch oder in einem<br />

Betonkorsett geführt.<br />

Foto: G. Frauenlob<br />

Mangelnde Rahmenahmenbedingungen<br />

erschweren<br />

Verbesserung der Gewässer<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass<br />

die Hauptschwierigkeiten bei der Umsetzung<br />

von Revitalisierungen im Kanton Schaff hausen<br />

vorwiegend bei den Rahmenbe dingungen<br />

liegen. Mangelnde Landverfügbarkeit<br />

<strong>und</strong> ein kantonales Gesetz, das den<br />

Gemeinden die Hauptverantwortungen zuschiebt,<br />

ohne diesen weder entsprechende<br />

Finanzen zuzusichern noch die Umsetzung<br />

voranbringen zu können. Es ist zu hoffen,<br />

dass durch den politischen Vorstoss <strong>und</strong> das<br />

Engagement von Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> WWF<br />

mittelfristig eine wesentliche Verbesserung<br />

der Gewässersituation im Kanton Schaffhausen<br />

erreicht wird. Und vielleicht darf die<br />

bisher gute Zusammenarbeit zwischen<br />

Schaff hauser Behörden <strong>und</strong> Umweltver bänden<br />

schon bald gesamtschweizerisch als Vorzeigebeispiel<br />

herhalten.<br />

Lukas Boller<br />

Dipl. Umwelt-Natw. ETH<br />

Bachstrasse 24<br />

8200 Schaffhausen<br />

pfatz@bluewin.ch<br />

Seite 16 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Das Kraftwerk<br />

Kradolf Schönenberg<br />

Dort, wo sich das Wasser der Thur eine ausgeprägte Schleife<br />

Richtung Nordwesten schuf, soll bei Kradolf Schönenberg<br />

ein neu geplantes Wasserkraftwerk entstehen. Gemäss Projekt<br />

ersetzt die als Laufkraftwerk geplante Anlage das alte<br />

Kanal kraft werk mit Wehr, Restwasserstrecke, Oberwasserkanal,<br />

Krafthaus <strong>und</strong> Unterwasser kanal. Eine nicht einfache<br />

Planung, die den Rheinaub<strong>und</strong> jetzt schon seit<br />

sieben Jahren beschäftigt.<br />

von Ueli Rippmann<br />

Weil die geplante Fischaufstiegshilfe (FAH)<br />

aus mehreren Gründen (Lage des Einstiegs,<br />

Betriebswassermenge <strong>und</strong> Lockwasser) dem<br />

modernen Funktionsstandard nicht genügte,<br />

<strong>und</strong> damit die freie Fischwanderung nach<br />

Artikel 9 B<strong>und</strong>esgesetz über die Fischerei<br />

nicht gewährleistet schien, erhoben Rheinaub<strong>und</strong>,<br />

Pro Natura <strong>und</strong> Fischerei vereine am<br />

23. Februar 2002 Einsprache gegen das<br />

Konzessions- <strong>und</strong> Baugesuch des neuen<br />

Kraftwerks.<br />

Die nötigen ökologischen Ausgleichsmassnahmen<br />

erachtete der Rheinaub<strong>und</strong> als ungenügend.<br />

Der Höherstau, die Massnahmen<br />

gegen unkontrollierte Stauraumspülungen<br />

<strong>und</strong> die Umsetzung nennenswerter Ausgleichsmassnahmen<br />

sollten besser abgeklärt<br />

werden, um die Auswirkungen genauer<br />

definieren zu können.<br />

Die Interpars Kraftwerke AG reichte erstmals<br />

im Mai 2001 ein Konzessionsprojekt ein. Wegen<br />

des Höherstaus um 45 cm <strong>und</strong> dem<br />

grösseren Stauraum, erweiterten die Projektanten<br />

ihre Untersuchungen <strong>und</strong> reichten<br />

ihrem Begeh ren bereits im Januar 2002 ergänzende<br />

Be richte über die Auswirkungen<br />

des Höherstaus nach, durch den die Thur in<br />

diesem Bereich über eine weite Strecke aufgestaut<br />

<strong>und</strong> so in einen grösseren Flussstau<br />

verwandelt werden würde.<br />

Das neue Kraftwerk hat aber auch positive<br />

Aspekte, weil es als Laufkraftwerk keine Restwasserstrecke<br />

mehr erzeugt <strong>und</strong> überdies<br />

ein Umgehungsgerinne als Fischaufstiegshilfe<br />

vorgesehen war. Ein Umweltbericht über<br />

die Auswirkungen des neuen Kraft werks auf<br />

die Gewässerlandschaft <strong>und</strong> das Gr<strong>und</strong>wasser<br />

fehlte jedoch, war aber auch nicht zwingend<br />

Ueli Rippmann<br />

geb. in Stein am<br />

Rhein, ist an der<br />

EAWAG/ETH<br />

promovierter<br />

Fischbiologe. Seit<br />

1988 betreibt er ein Beratungsbüro für<br />

Gewässerökologie <strong>und</strong> Fischbiologie in<br />

Auw (AG). Er ist seit 1978 Mitglied des<br />

Rheinaub<strong>und</strong>es <strong>und</strong> seit 2003<br />

Vizepräsident. Seit über 13 Jahren<br />

befasst er sich mit den Problemen der<br />

Durchwanderbarkeit der Fliessgewässer<br />

insbesondere mit der Fischwanderung<br />

an Kraftwerken.<br />

vorgeschrieben, da es sich beim neuen Wasserkraftwerk<br />

um eine An lage mit weniger als<br />

3 MW Leistung handelt. Im ordentlichen Bewilligungsverfahren<br />

müssen jedoch die geltenden<br />

Natur- <strong>und</strong> Umweltschutzbestimmun<br />

gen nach geltendem Recht eingehalten<br />

werden (NHG; BGF; GschG mit den entsprechenden<br />

Verord nungen).<br />

Pro Natura, Rheinaub<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Fischereiverein melden<br />

Bedenken an<br />

Die Naturschutzorganisationen Pro Natura<br />

Thurgau, der Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> die örtlichen<br />

Sportfischervereine meldeten Bedenken<br />

gegen das Vorhaben an, weil massive<br />

Eingriffe in die Gewässerlandschaft <strong>und</strong> ihre<br />

Ufer, sowie nachteilige Einflüsse auf die<br />

Umwelt allgemein zu befürchten waren.<br />

Wertvolle Lebensräume wie die Auenlandschaft<br />

im Siedlungsgebiet der Gemeinde<br />

Schönenwerd entlang der Innerkurve der<br />

Thur oder der entomologisch bedeutende<br />

Eichenwald zwischen dem heutigen Kanalaustritt<br />

beim Stauwehr <strong>und</strong> dem Fluss wären<br />

dem Kraftwerksneubau ohne adäquate<br />

Ersatzmassnahmen geopfert worden, <strong>und</strong><br />

schliesslich käme das neue Kraftwerk gemäss<br />

Landschaftsentwicklungskonzept ausgerech<br />

net in einen kantonal wichtigen Vernet<br />

zungskorridor zu liegen.<br />

Planungsverlauf<br />

<strong>und</strong> Einspracheverhandlung<br />

Daraufhin wurden von Kraftwerkseite bis<br />

2004 Projektanpassungen hinsichtlich Hochwasserschutz<br />

<strong>und</strong> Schutz der angrenzenden<br />

SBB Linie erarbeitet <strong>und</strong> im September 2005<br />

informierte das kantonale Baudepartement<br />

über den aktuellen Stand des Verfahrens.<br />

Dazwischen vervollständigte die Interpars<br />

AG die Projektstudien, so dass Ende September<br />

eine Projektpräsentation stattfinden<br />

konnte. Anfang Dezember 2006 fanden die<br />

Einspracheverhandlungen statt, bei denen<br />

Pro Natura, Sportfischerverbände <strong>und</strong> der<br />

Rheinaub<strong>und</strong> ihre Anliegen vorbrach ten.<br />

Wie meistens konnte nicht in allen Einsprache<br />

punkten Einigkeit erzielt werden, insbesondere<br />

nicht über die Funktions tüchtigkeit<br />

des Umgehungsgerinnes, das als Fischaufstiegs<br />

hilfe des Kraftwerks vorgesehen war.<br />

Noch vor Weihnachten reichte der Rheinaub<strong>und</strong><br />

in seiner Stellungnahme alle Präzisierun<br />

gen zu den Ergebnissen der Ein sprachever<br />

hand lungen ein.<br />

Bis heute gingen beim Rheinaub<strong>und</strong> keine<br />

weiteren Berichte über den Stand der Projektierung<br />

des Kraftwerks Kradolf Schönenberg<br />

mehr ein.<br />

Dr. Ueli Rippmann<br />

Büro für Gewässerökologie<br />

Bergstrasse 4b<br />

5644 Auw<br />

Tel. 056 668 07 80<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 17


Rheinaub<strong>und</strong><br />

Das Bündner Oberland austrocknen?<br />

Auch in den Bergen zwischen Thusis <strong>und</strong> Lukmanier – dem Quellgebiet des Rheins!<br />

– sind durch eine exzessive Wassernutzung viele Täler ausgetrocknet <strong>und</strong> warten<br />

vergebens auf die Umsetzung der Restwasserbestimmungen von 1992. Ein neues<br />

Projekt der Zervreila-Kraftwerke AG möchte diesen Zustand noch verschlimmern<br />

<strong>und</strong> aus dem oberen Einzugsgebiet des Glenners noch mehr Wasser ableiten <strong>und</strong><br />

über eine Rohrleitung ins Domlesch verfrachten.<br />

von Uwe Scheibler<br />

Die Kraftwerke Zervreila AG (KWZ) mit Sitz<br />

im bündnerischen Vals beabsichtigen, die<br />

Wasservorkommen im hinteren Lugnez auf<br />

Gebiet der Gemeinden Vrin <strong>und</strong> Lumbrein<br />

zu fassen <strong>und</strong> in das unterhalb des Stausees<br />

Zervreila gelegene Ausgleichsbecken überzuleiten.<br />

Dies bedingt den Bau von Wasserfassungen<br />

<strong>und</strong> r<strong>und</strong> 10 km unterirdische<br />

Stol len. Mit diesem zusätzlichen Wasser<br />

kann in den bestehenden Anlagen der KWZ<br />

im Safiental <strong>und</strong> in Rothenbrunnen jährlich<br />

ca. 100 GWh zusätzlicher Strom produziert<br />

werden. Dies entspricht etwa der Hälfte des<br />

jährlichen Stromverbrauchs der Stadt Chur.<br />

Das geplante Vorhaben löst Investitionen<br />

von gegen Fr. 100 Mio. aus.<br />

Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit<br />

mit den neuen <strong>und</strong> bisherigen Konzessionsgemeinden<br />

<strong>und</strong> den kantonalen Behörden<br />

erarbeitet <strong>und</strong> im Herbst 2007 den Umweltorganisationen<br />

sowie dem Bündner Fi scherei<br />

verband vorgestellt. Mit dabei sind Pro<br />

Natura <strong>und</strong> der WWF Graubünden sowie die<br />

Stiftung Landschaftsschutz <strong>und</strong> der Rheinaub<strong>und</strong>.<br />

Das Projekt<br />

Das Vorhaben bedingt eine intensive Zusammenarbeit<br />

zwischen den bisherigen<br />

KWZ-Konzessionsgemeinden, den neuen<br />

Konzessionsgemeinden (v.a. Vrin <strong>und</strong> Lumbrein),<br />

dem Kanton Graubünden sowie der<br />

KWZ. Im Hinblick auf eine möglichst effiziente<br />

Projektbegleitung wurde deshalb eine<br />

Arbeitsgruppe mit Vertretern von Gemeinden,<br />

Kanton <strong>und</strong> Bauherrschaft gebildet.<br />

Nicht ganz unerwartet fehlen dabei die<br />

Umweltverbände <strong>und</strong> die Fischerei. Eine<br />

grosse planerische Herausforderung ist die<br />

Koordination der neuen Konzessionen für<br />

die Überleitung mit den Konzessionen für<br />

die bestehenden Anlagen, die bis Ende 2037<br />

weiterlaufen. Die neuen Anlagen sollen<br />

nach Angabe der KWZ, um wirtschaftlich zu<br />

sein, deutlich über das Jahr 2037 hinaus betrieben<br />

werden können.<br />

Ende November 2006 haben die involvierten<br />

Parteien ihre Absicht bek<strong>und</strong>et, das Projekt<br />

im Rahmen der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>und</strong> unter Wahrung der gegenseitigen Interessen<br />

zu unterstützen. Gestützt darauf<br />

hat der Verwaltungsrat der KWZ am 13.<br />

Dezember 2006 den Start des Konzessionsprojektes<br />

beschlossen. Das Projekt soll einen<br />

Beitrag zur Versorgungssicherheit in der<br />

Schweiz ohne zusätzliche CO2-Emmissionen<br />

leisten. Der Kanton <strong>und</strong> die Gemeinden,<br />

speziell Vrin <strong>und</strong> Lumbrein, würden durch<br />

das Projekt zusätzlichen Nutzen haben. Vor<br />

allem in Form von Wasserzinsen, Wasserwerk-,<br />

Liegenschafts-, Kapital- <strong>und</strong> Ertragssteuern<br />

flössen zusätzliche Beträge an die<br />

öffentliche Hand. Selbstverständlich soll<br />

auch den umweltrechtlichen Vorgaben, insbesondere<br />

den Vorschriften über die Restwassermengen,<br />

Rechnung getragen werden.<br />

Vorderrhein<br />

Ilanz<br />

Glenner<br />

Lumbrein<br />

Vrin<br />

Vals<br />

Hinterrhein<br />

Rabiusa<br />

Splügen<br />

Reichenau<br />

Thusis<br />

Projekt Überleitung<br />

Lugnez:<br />

Speicherbecken Zervreila<br />

Zentrale Zervreila<br />

Überleitstollen Zervreila-<br />

Wann<br />

Ausgleichsbecken Wanna<br />

Zentrale Safien Platz<br />

Ausgleichsbecken Safien<br />

Platz<br />

Zentrale Rothenbrunnen<br />

Ausgleichsbecken Egschi<br />

Zentrale Realta<br />

Grafik:<br />

Zervreila Kraftwerke AG<br />

Dieses Vorhaben decke sich einerseits mit<br />

den energiepolitischen Zielen der Bündner<br />

Regierung, andererseits mit dem im eidgenössischen<br />

Parlament klar bek<strong>und</strong>eten Bekenntnis<br />

zur Förderung der Wasserkraft. Das<br />

Projekt sei energiepolitisch <strong>und</strong> ökonomisch<br />

sinnvoll <strong>und</strong> kann umweltverträglich realisiert<br />

werden. Mit der Freigabe des Planungskredites<br />

wird das Konzessionsprojekt gestartet<br />

mit dem Ziel, es den zuständigen<br />

Gemeinden so rasch wie möglich einzureichen.<br />

Vor Erlangung der Konzession ist eine<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen<br />

<strong>und</strong> mit den Gemeinden sind die<br />

konzessionsrechtlichen Verträge auszuhandeln.<br />

Zudem müssen die bautechnischen<br />

Studien vertieft werden, namentlich im<br />

Seite 18 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Bereich der Geologie. Die KWZ sei zuversichtlich,<br />

die Bewilligungen im Jahre 2009<br />

zu erhalten, damit ab 2011 mit dem neu zugeführten<br />

Wasser Strom erzeugt werden<br />

könne. So steht es im Projektbeschrieb der<br />

KWZ.<br />

Wir brauchen<br />

eine neue „Energiekultur“<br />

Dazu ein paar Gedanken: Natürlich steigt<br />

der Stromverbrauch in der Schweiz weiter<br />

an. Wer sich aber die Mühe macht <strong>und</strong> prüft,<br />

wozu denn dieser Strom gebraucht wird,<br />

der wird das Wort „Versorgungssicherheit“<br />

nicht mehr mit gutem Gewissen im M<strong>und</strong>e<br />

führen. Zu gross ist die Verschwendung, die<br />

Ineffizienz der eingesetzten Geräte <strong>und</strong> die<br />

Vernachlässigung grosser Energiepotenziale<br />

im Siedlungsgebiet. Und dann müssten wir<br />

auch dringend einmal eine Diskussion über<br />

unsere „Energiekultur“ – Alles überall <strong>und</strong> jederzeit<br />

für alle – führen. Das Problem unserer<br />

Gesellschaft ist offensichtlich nicht ein<br />

Zuwenig, sondern ein Energie-Überfluss,<br />

mit dem wir nicht mehr vernünftig umgehen<br />

können!<br />

Natürlich ist die Verringerung der CO2-<br />

Produktion eine Verpflichtung der ganzen<br />

Schweiz <strong>und</strong> ein wichtiges Ziel der Umweltverbände.<br />

Wenn aber ohne ausreichende<br />

Begründung – einfach um noch mehr Energie<br />

zur Verfügung zu haben – die auch touristisch<br />

wertvolle Berglandschaft weiter ausgetrocknet,<br />

den Fischen der Lebensraum<br />

entzogen <strong>und</strong> der grossräumige Wasserhaushalt<br />

massiv beeinträchtigt wird, dann<br />

reicht der Hinweis auf die CO2-Neutralität<br />

nicht aus. Abgesehen davon, müsste erst<br />

einmal nachgewiesen werden, dass das<br />

Bauvolumen <strong>und</strong> die Unterhaltsarbeiten<br />

über die gesamte Betriebsdauer <strong>und</strong> der<br />

Rückbau die CO2-Bilanz nicht doch vielleicht<br />

ein bisschen trüben könnten ...<br />

Natürlich ist es verständlich, wenn die<br />

Schweizer Stromproduzenten nach zusätzlichen<br />

Möglichkeiten suchen, um die Produktion<br />

aus Wasserkraft weiter zu erhöhen.<br />

Das haben sie schliesslich in den letzten 100<br />

Jahren so erfolgreich gemacht, dass unsere<br />

Fliessgewässer weitgehend zu Stauräumen<br />

verkommen sind, ganze Einzugsgebiete in<br />

ihrem Wasserhaushalt durcheinander gebracht<br />

wurden, viele Bergtäler heute eher<br />

einem afrikanischen Trockental gleichen<br />

<strong>und</strong> die Wanderung der gewässertypischen<br />

Pflanzen <strong>und</strong> Tiere vielfach unterbrochen<br />

ist. Vielleicht wäre es an der Zeit, das viele<br />

Geld, das sich angesammelt hat, stärker in<br />

die Energieproduktion im Siedlungsgebiet<br />

zu investieren. Dach- <strong>und</strong> Fassadenflächen<br />

sowie Energiespartechnologien bieten sich<br />

hier an.<br />

Bergregionen brauchen mehr<br />

als Strom <strong>und</strong> Geld.<br />

Natürlich ist die Förderung der Bergregionen<br />

ein hehres Ziel, es steht schliesslich auch im<br />

Artikel 104 der Schweizerischen B<strong>und</strong>esverfassung.<br />

Es sei aber die Frage erlaubt, ob solche<br />

plötzlich hereinbrechende Rieseninvestitionen<br />

geeignet sind, Erwerbs mög lichkeiten<br />

auf Dauer zu sichern <strong>und</strong> ob die „Bestechung“<br />

mit billigem Strom (die extrem<br />

umweltschädliche Nachspeicherheizung ist<br />

in diesen Gebieten weit verbreitet!) statthaft<br />

ist. Gleichzeitig wird schliesslich auch das<br />

Landschaftsbild schwerwiegend verändert<br />

– man erinnere sich nur an die scheusslichen<br />

Staubecken im hinteren Linthal oder Safiental,<br />

an die vielen Überlandleitungen, an<br />

die Kanäle <strong>und</strong> eben, an die ausgetrockneten<br />

Bachbetten, die für den künftigen<br />

Tourismus nicht gerade positiv wirken.<br />

Momentan wird die Diskussion über dieses<br />

Projekt in den betroffenen Gemeinden ziemlich<br />

heftig geführt. Dabei reichen die<br />

Noch fliesst der Glenner ...<br />

wie lange noch?<br />

Positionen von „selber die Wasserkraft für<br />

die kommunalen EW ausnutzen“ bis zu „jetzt<br />

ist es genug mit der Wasserkraftnutzung“.<br />

Mittlerweile haben sich auch die Riverrafter<br />

<strong>und</strong> die Kanuten zur Widerstandsgruppe<br />

gesellt. Der ehrgeizige Fahrplan der KWZ<br />

wird wohl noch ein paar Verspätungen akzeptieren<br />

müssen!<br />

Uwe Scheibler<br />

Uwe Scheibler<br />

(Jahrgang 1957)<br />

ist Landschaftsarchitekt<br />

<strong>und</strong> seit<br />

Sommer 2007<br />

Geschäftsführer des Rheinaub<strong>und</strong>s.<br />

Als langjähriger Mitarbeiter des Landschaftsplanungsbüros<br />

Grün-Plan AG in<br />

Wetzikon ZH waren seine Schwerpunkte<br />

die Entwicklung partizipativer Planungsinstrumente<br />

in Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutz<br />

sowie der <strong>natur</strong>nahe Garten<strong>und</strong><br />

Landschaftsbau.<br />

Uwe Scheibler<br />

Geschäftsführer Rheinaub<strong>und</strong><br />

Weinsteig 192<br />

8291 Schaffhausen<br />

Tel. 052 625 26 58<br />

info@rheinaub<strong>und</strong>.ch<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 19


Rheinaub<strong>und</strong><br />

VivaRiva-Wasser macht Schule<br />

2007 war ein grosses Jahr für VivaRiva. Nach dem zögerlichen<br />

Startjahr 2006, in dem das Projekt zuerst einmal in<br />

Bewegung gebracht werden musste, war besonders das<br />

Sommerhalbjahr 07 sehr intensiv: diverse Bäche der Nordostschweiz<br />

wurden von noch mehr Schulkindern erk<strong>und</strong>et,<br />

erforscht <strong>und</strong> unter die Lupe genommen. Obwohl die<br />

Akquisition von Klassen zum Teil aufwändig war <strong>und</strong> viel<br />

Zeit in Anspruch nahm, konnten schliesslich die selbst gesteckten<br />

Ziele erreicht <strong>und</strong> eine ansehnliche Zahl an<br />

Anlässen durchgeführt werden. Die Zahl der Leute, an die<br />

VivaRiva im Jahr 2007 gelangen konnte, hat unsere<br />

Erwartungen übertroffen: Über Tausend Personen hatten<br />

mit VivaRiva zu tun [1] .<br />

von Kathrin Jaag<br />

Damit sind die Erwartungen für dieses Jahr<br />

hoch. Natürlich wollen wir an die Erfolge des<br />

letzten Jahres anknüpfen <strong>und</strong> auch 2008<br />

weiter schwungvolle Umweltbildung betreiben.<br />

Wir danken folgenden Institutionen<br />

sowie allen Privatspendern, welche<br />

mit ihrer zum Teil sehr grosszügigen<br />

Unterstützung VivaRiva ermöglichen:<br />

• Vontobel Stiftung<br />

• Paul Schiller Stiftung<br />

• Stiftung Werner Amsler<br />

• Stiftung Mercator Schweiz<br />

• Anna Maria <strong>und</strong> Karl Kramer-Stiftung<br />

• The Ramsay Fo<strong>und</strong>ation<br />

• Stiftung Umweltbildung Schweiz SUB<br />

• Lotteriefonds Thurgau<br />

• B<strong>und</strong>esamt für Umwelt<br />

• Cilag AG<br />

• Georg Fischer AG<br />

• Emch+Berger AG<br />

• Zurich Versicherungen<br />

• CleanSolution Ökofonds<br />

• Städt. Werke Schaffhausen <strong>und</strong><br />

Neuhausen am Rheinfall<br />

• Ernst Basler + Partner AG<br />

• Canon Schweiz AG<br />

• Amt für Umwelt Thurgau<br />

wässer zu erk<strong>und</strong>en. Das Angebot eignet<br />

sich für fächerübergreifenden, nachhaltigen<br />

Unterricht <strong>und</strong> lässt sich leicht mit den<br />

Zielen des Lehrplans <strong>und</strong> den Wünschen der<br />

Klassen kombinieren.<br />

Bacherlebnistage<br />

An begleiteten Bacherlebnistagen werden<br />

die Schulkinder von einer VivaRiva-<br />

Fachperson in die Geheimnisse der lokalen<br />

Wasserwelt eingeführt. Mit abwechslungsreichen<br />

Bachuntersuchungen werden die<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen auf spielerische<br />

Weise in die Ökologie der Gewässer eingeführt.<br />

Die Forschungsexpedition mit Kescher,<br />

Lupe <strong>und</strong> Binokular erlaubt den Teilnehmenden,<br />

mit ihren Untersuchungen am<br />

Ende des Tages Aussagen über die Qualität<br />

ihres Dorfbachs zu machen. Ein positiver<br />

Bezug zum Lebensraum Wasser wird hergestellt,<br />

eine bekannte Welt frisch entdeckt.<br />

In diesem Jahr soll neu auch der Biber zum<br />

Thema werden. Der sympathische Wasserbewohner<br />

fasziniert als Botschafter für seinen<br />

Lebensraum. Dabei freuen wir uns auf<br />

eine gute Zusammenarbeit mit dem „Hallo<br />

Biber-Ostschweiz“-Verantwortlichen Philip<br />

Taxböck.<br />

Die Erlebnistage sind stufenspezifisch <strong>und</strong><br />

werden dem Wissensstand der Klassen angepasst.<br />

Auf Wunsch werden Spezialthemen<br />

behandelt; der Tag am Wasser kann auch als<br />

Teil einer Projektwoche durchgeführt werden.<br />

VivaRiva stellt für jede Klasse ein einzig-<br />

Kind mit Frosch:Immer mehr<br />

Kinder (<strong>und</strong> auch Lehrer)<br />

haben Freude an VivaRiva.<br />

Foto: VivaRiva<br />

Das Sommerhalbjahr lädt bereits wieder ein,<br />

für einen Entdeckungstag ins Wasser zu steigen.<br />

VivaRiva will Schulen motivieren, das<br />

Klassenzimmer zu verlassen <strong>und</strong> mit einer<br />

Forschungsreise den Lebensraum Fliessgeartiges,<br />

individuelles Programm zusammen.<br />

Es wird gesammelt, beobachtet, erforscht,<br />

gespielt <strong>und</strong> gebastelt: Das Wasser hat für<br />

alle viel Spannendes zu bieten.<br />

Lehrerweiterbildungen<br />

Für Lehrpersonen bietet VivaRiva zum gleichen<br />

Thema massgeschneiderte Fortbildungen<br />

an. Ein- oder mehrtägige Kurse für Teams<br />

vermitteln viel Wissenswertes <strong>und</strong> Inspiration<br />

zur Umweltbildung am Wasser. Ein Wechsel<br />

Seite 20 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


VivaRiva schafft Stellen<br />

von Theorie <strong>und</strong> Praxis befähigt die Lehrkräfte,<br />

spannenden <strong>und</strong> erlebnisreichen<br />

Unterricht zum Thema Fliessgewässer zu gestalten.<br />

Naturbegegnungen, biologisches Basis<br />

wissen <strong>und</strong> ökologische Zusammen hän ge<br />

sowie methodische Inputs sind ebenso Teil<br />

der Kurse wie der Austausch mit anderen<br />

Lehrpersonen <strong>und</strong> ein Überblick über hilfreiche<br />

Lehrmittel. Um einen grossen Praxisbezug<br />

<strong>und</strong> Einfachheit in der Umsetzung zu<br />

gewährleisten, finden die Kurse stets an den<br />

Gewässern der Region statt. Interessiert?<br />

Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />

www.vivariva.ch oder direkt bei VivaRiva:<br />

info@vivariva.ch <strong>und</strong> 052 625 26 67.<br />

Nach dem erfolgreichen VivaRiva-Jahr 2007<br />

haben sich auf Wunsch der Projektleiterin<br />

Kathrin Jaag sowohl der Vorstand des Rheinau<br />

b<strong>und</strong>es als auch der Beirat von VivaRiva<br />

dafür ausgesprochen, in ein weiteres Teilzeitpensum<br />

(30%) für VivaRiva zu investieren<br />

<strong>und</strong> so sicher zu gehen, dass VivaRiva in<br />

Fahrt bleibt. Ein Zweierteam hat die Möglichkeit<br />

zum Austausch, zur gegenseitigen Inspiration<br />

<strong>und</strong> zur Synergienutzung. Ausserdem<br />

gewährleistet das Jobsharing einen nachhaltigen<br />

Wissenstransfer <strong>und</strong> eine Qualitätssicherung<br />

innerhalb des Projekts.<br />

Kathrin Jaag<br />

ist seit dem Start<br />

Anfangs 2006 Pro -<br />

jektleiterin von<br />

VivaRiva. Sie ist<br />

Umwelt<strong>natur</strong>wissenschaftlerin<br />

<strong>und</strong> hat mehrjährige Erfahrung<br />

aus verschiedenen Umwelt-bildungsprojekten.<br />

Als langjährige Pfadileiterin<br />

hat sie Freude am Umgang mit<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>und</strong> als Exkursionsleiterin<br />

im Pro Natura Zentrum<br />

Aletsch VS sowie als Leiterin verschiedener<br />

Botanikkurse des Zürcher Vogelschutzes<br />

auch einschlägige Erfahrungen<br />

in der Erwachsenenbildung. Neben ihrer<br />

Tätigkeit beim Rheinaub<strong>und</strong> ist Kathrin<br />

Jaag als Workshopleiterin <strong>und</strong> Zooführerin<br />

im Zoo Zürich aktiv sowie bei der<br />

Umweltbildungsgruppe drosera.<br />

Karin Schlude<br />

Foto: privat<br />

Isabelle Gerber<br />

Foto: privat<br />

Es haben sich mehrere qualifizierte KandidatInnen<br />

für die Stelle interessiert <strong>und</strong><br />

schliess lich haben wir uns für eine „alte<br />

Bekannte“ entschieden. Karin Schlude arbeitet<br />

bereits seit seit Jahren zuverlässig für<br />

den Rheinaub<strong>und</strong>, bisher im Sekretariat. Sie<br />

ist diplomierte Geografin mit u.a. Schwerpunkt<br />

in Hydrologie. Als Mitleiterin einer<br />

Jugend<strong>natur</strong>gruppe, Mitglied des Beirats<br />

eines Waldkindergartens <strong>und</strong> Mutter von<br />

zwei kleinen Jungen ist die Umweltpädagogik<br />

kein neues Gebiet für sie. Ausserdem ist<br />

sie als Feldornithologin mit Exkursionsleiterausbildung<br />

auch die Leitung von Erwachsenen<br />

gruppen gewohnt. Wir freuen uns sehr,<br />

mit Karin eine kompetente Mitarbeiterin gef<strong>und</strong>en<br />

zu haben <strong>und</strong> mit ihr zusammen<br />

Viva-Riva weiter in Schwung zu halten!<br />

Zusätzlich schnuppert in diesem Sommerhalbjahr<br />

mit Isabelle Gerber eine Praktikantin<br />

beim Rheinaub<strong>und</strong> etwas Umweltbil dungsluft.<br />

Wir möchten damit ermöglichen, dass<br />

sich engagierte Leute eine authentische<br />

Idee von der Arbeit in den Bereichen Umweltbildung<br />

<strong>und</strong> NGO-Projektarbeit machen können<br />

<strong>und</strong> freuen uns natürlich im Gegenzug<br />

über neue Inputs <strong>und</strong> Ideen für VivaRiva <strong>und</strong><br />

den Rheinaub<strong>und</strong>. Isabelle Gerber hat einen<br />

Bachelor in Umweltwissenschaften <strong>und</strong> arbeitet<br />

seit Anfangs März mit grossem Engagement<br />

für VivaRiva.<br />

Hinweis<br />

[1] unter www.vivariva.ch/aktuell finden den<br />

Jahresbericht zum herunterladen.<br />

Kathrin Jaag<br />

Weinsteig 192<br />

8291 Schaffhausen<br />

Tel. 052 625 26 67<br />

info@vivariva.ch<br />

Seite 21


Rheinaub<strong>und</strong><br />

Im Gedenken an Forstingenieur Dr. Alfred Huber<br />

10. Juni 1918 – 12. März 2008<br />

Wir werden Alfred Huber<br />

(10. Juni 1918 – 12. März<br />

2008) voller Dankbarkeit in<br />

guter Erinnerung behalten.<br />

In der Nacht vom 11. auf den 12. März 2008<br />

ver starb Forstingenieur Dr. Alfred Huber im<br />

Alter von nahezu 90 Jahren. Sein Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />

erlaubte ihm den Verbleib in<br />

seinem Heim an der Lahnstrasse bis zum<br />

letzten Tag. Das Studium seiner Akten ergibt<br />

eine unglaubliche Fülle verschiedenster<br />

Arbeitsfelder, insbesondere im Bereich der<br />

Forstwirtschaft. Die Liste der Einsatzorte<br />

umfasst viele Länder in fast allen Kontinenten<br />

dieser Erde. Während des Studiums der Forstwissenschaften<br />

in den Jahren 1937 bis 1944<br />

weckten in ihm einige begnadete Lehrer das<br />

„feu sacré“ für eine der Natur entsprechenden<br />

Waldbewirtschaftung, für welche er sich<br />

in seinem ganzen Leben engagiert hat. Halbe<br />

Sachen waren ihm zuwider, dementsprechend<br />

engagiert war sein Einsatz, dem sich<br />

alle anderen Lebensbereiche, auch seine<br />

Familie unterzuordnen hatten. Die nachfolgend<br />

beschrieben Stationen <strong>und</strong> Engagements<br />

im Leben von Alfred Huber vermögen<br />

die Fülle seines Lebenswerks nur<br />

fragmentarisch zu beleuchten, man könnte<br />

Bände damit füllen!<br />

Ein Leben für den Wald<br />

Nach dem Abschluss seines Studiums der<br />

Forstwissenschaften im Jahre 1944 arbeitete<br />

Alfred als Assistent an der ETH <strong>und</strong> schloss<br />

sein Doktorat im Jahre 1947 mit der Dissertation<br />

„Der Privatwald in der Schweiz“ ab.<br />

Sein Drang nach Reisen ins Ausland war<br />

unbändig, umso mehr fühlte er sich in den<br />

Kriegs jahren in der Schweiz als „eingesperrt“.<br />

Als nach dem Krieg der internationale<br />

Studentenaustausch wieder aufgenommen<br />

wurde, gelang es ihm – als erstem<br />

Schwei zer Austauschstudenten – in Vancouver<br />

an der Pazifikküste Kanadas an der dortigen<br />

Forsthochschule aufgenommen zu<br />

werden, wo er ein Zweitstudium in amerikanischer<br />

Forstwirtschaft begann. In dieser<br />

Zeit stand er bereits in Briefkontakt mit seiner<br />

späteren Ehefrau Hedi Meyer.<br />

Nach Abschluss dieses Studiums 1949 kam<br />

er in Kontakt mit Unternehmern der Papierholzindustrie,<br />

welche Probleme mit der Holzgewinnung<br />

in schwierigem Gelände hatten.<br />

Alfred vermittelte den Kontakt mit der Fa.<br />

Wyssen Seilbahnen AG in Reichenbach, welche<br />

noch heute existiert. Wyssen stellte ihn<br />

kurzerhand ein <strong>und</strong> Alfred kehrte in die<br />

Schweiz zurück. Im Auftrag dieser Firma war<br />

er in Kanada <strong>und</strong> den USA unterwegs, evaluierte<br />

dort Einsatzmöglichkeiten zur Holzbring<br />

ung mit mobilen Transportseilbahnen<br />

<strong>und</strong> akquirierte K<strong>und</strong>en.<br />

In den Jahren 1950/51 herrschte infolge der<br />

Koreakrise akuter Papiermangel. Ein internationales<br />

Unternehmen der Papierindustrie<br />

versuchte sich das persönliche Netzwerk<br />

von Alfred bei der Beschaffung neuer Papierholzquellen<br />

für Europa zu Nutze zu machen.<br />

Im Auftrag dieser Firma reiste er daraufhin<br />

in der halben Welt herum. Dabei war er häufig<br />

in der Wildnis unterwegs <strong>und</strong> blieb<br />

manchmal für Wochen für seine Angehörigen<br />

unerreichbar.<br />

Durch seine wissenschaftlichen Publikationen<br />

wurde die Food and Agriculture Organization<br />

(FAO) der UNO auf den Waldwirtschaftsfachmann<br />

aufmerksam. Nach sporadischen<br />

Einsätzen als Berater für moderne<br />

Holznutzungstechnik, so im Himalaya <strong>und</strong><br />

im Auftrag der jugoslawischen Regierung in<br />

allen Teilrepubliken, bekam Alfred Huber eine<br />

Dauerstelle am Hauptsitz der FAO in Rom<br />

angeboten. Er zog mit der inzwischen gegründeten<br />

Familie nach Rom. Im Auftrag der<br />

FAO bereiste er viele Länder, insbesondere<br />

die Tropen als Berater für eine rücksichtsvolle<br />

(heute würde man sagen: nachhaltige)<br />

Bewirtschaftung von Regenwäldern.<br />

Ein vehementer Verfechter <strong>natur</strong>naher<br />

Waldbewirtschaftung<br />

Als vehementer Verfechter einer <strong>natur</strong>nahen<br />

Waldbewirtschaftung war er massgeblich<br />

am Aufbau der Arbeitsgemeinschaft für <strong>natur</strong>nahe<br />

Waldwirtschaft Deutschland <strong>und</strong><br />

deren Gründung im Juni 1950 in Schwäbisch<br />

Hall beteiligt. Er hatte sehr viele Fre<strong>und</strong>e in<br />

der B<strong>und</strong>es-ANW, wie sie in Deutschland<br />

auch genannt wird, die ihn als Fachmann<br />

aber auch als warmherzigen Menschen bis<br />

zum heutigen Tage hoch zu schätzen gelernt<br />

hatten. Alfred war auch Mitbegründer<br />

des 1992 gegründeten Pendents, der ANW-<br />

Schweiz. Die Schweizerische Stiftung Pro<br />

Silva Helvetica, deren Stiftungszweck die<br />

Förderung des Plenterprinzips ist, verlieh<br />

Alfred für seine grossen Verdienste im Sinne<br />

des Stiftungszwecks im Jahre 1998 die Kasthofer<br />

Medaille, benannt nach dem grossen<br />

Schweizerischen Forstmann Karl Kasthofer.<br />

Im Jahre 1955 starb der Schaffhauser Forstmeister<br />

Eduard Hitze <strong>und</strong> Alfred beschloss,<br />

sich als dessen Nachfolger zu bewerben,<br />

dies auch im Hinblick, sich dann besser für<br />

den geliebten Randen mit seine vielen botanischen<br />

<strong>und</strong> kulturhistorischen Beson derheiten<br />

engagieren zu können. Er erhielt diese<br />

Stelle <strong>und</strong> verstand sich sehr gut mit dem<br />

Chef des kantonalen Forstamtes, Arthur<br />

Ühlinger. Beide engagierten sich auch für<br />

Belange ausserhalb ihrer eigentlichen forstlichen<br />

Aufgaben: Wanderwege, Inventarisierung<br />

der Besonderheiten des Randens,<br />

Seite 22 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


dessen Planung <strong>und</strong> Schutz. Zusammen<br />

mit dem späteren Ständerat Kurt Bächtold<br />

waren sie die treibenden Kräfte bei der<br />

Gründung der Randenvereinigung, die<br />

Alfred von 1971 bis 1985 präsidierte. Er engagierte<br />

sich auch in der Politik, anfangs für<br />

die FDP im Kantonsrat, später für die Jungliberalen<br />

im grossen Stadtrat.<br />

Seine sehr häufigen <strong>und</strong> langen Ausland aufenthalte<br />

erklären, dass Alfred über den<br />

Rheinaukampf kaum orientiert war. Wäre dies<br />

der Fall gewesen, hätte er sicher mit an<br />

vorderster Front gestanden. Dies änderte<br />

sich mit seinem Domizilwechsel nach Schaffhausen,<br />

wo ihn Arthur Ühlinger sofort ins<br />

Vertrauen zog. Für die „ausserforstlichen Tätig<br />

keiten“ inkl. Rheinaub<strong>und</strong> stellte Arthur<br />

Ühlinger bereitwillig seine Büroinfrastruktur<br />

samt Sekretärin zur Verfügung.<br />

Trotz der 100%-Anstellung beim Kanton war<br />

Alfred zeitweise weiterhin für die FAO tätig.<br />

Dies bedeutete hin <strong>und</strong> wieder auch monatelange<br />

Auslandaufenthalte in aller Welt, so<br />

z.B. in Nigeria <strong>und</strong> Nicaragua. Dieses Doppelmandat<br />

war ein harte Probe für die Familie,<br />

denn Alfred war sozusagen Tag <strong>und</strong> Nacht<br />

an der Arbeit.<br />

Mit der Pensionierung von Arthur Ühlinger<br />

verlor Alfred sozusagen seine Heimat in der<br />

Forstverwaltung; der neue Chef hatte kein<br />

Verständnis dafür, dass die Amtsgeschäfte<br />

auf dem Forstamt mit Naturschutz, Randen<br />

<strong>und</strong> Umweltschutz, Rheinaub<strong>und</strong>, etc. vermischt<br />

wurden. Deshalb kündigte Alfred im<br />

Jahre 1968 die Stelle als Forstmeister <strong>und</strong> arbeitete<br />

fortan in Zürich in einem privaten<br />

Forstingenieurbüro. Der weiteren Zusammenarbeit<br />

mit Arthur Ühlinger stand dadurch<br />

nichts mehr im Wege. Seit 1976 betrieb<br />

Alfred ein eigenes Forstingenieurbüro<br />

in Schaffhausen. Auch während dieser Zeit<br />

hielt sich Alfred häufig im Ausland auf, so<br />

z.B. im Auftrag der Weltbank, der damaligen<br />

Direktion für Entwicklungszusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> Humanitäre Hilfe (DEH) <strong>und</strong> privater<br />

Auftraggeber.<br />

Mit dem Hinschied von Arthur Ühlinger im<br />

Jahre 1983 verlor der Rheinaub<strong>und</strong> eine<br />

hervorragende Führungspersönlichkeit <strong>und</strong><br />

den Redaktor seiner Zeitschrift „<strong>natur</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>mensch</strong>“. Trotz seines inzwischen erreichten<br />

Rentenalters entschloss sich Alfred, die<br />

Redaktion der Zeitschrift zu übernehmen.<br />

Die von Alfred redigierten Artikel in „<strong>natur</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“ waren stets f<strong>und</strong>iert <strong>und</strong> sehr<br />

gut recherchiert. In manchmal nächtelanger<br />

Arbeit füllte sich pro Heftausgabe jeweils<br />

mindestens ein B<strong>und</strong>esordner mit Recherchen<br />

<strong>und</strong> Autorenkorrespondenz.<br />

Alfred Huber war es, der mich im Jahre 1990<br />

in mein Amt als Geschäftsführer des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />

eingeführt hat. Es war mir sofort bewusst,<br />

dass mein Mentor seine Anliegen als<br />

starke Persönlichkeit mit Vehemenz zu vertreten<br />

wusste <strong>und</strong> dabei auch mal ins<br />

Fettnäpfchen trat. Seinem Temperament entsprechend<br />

konnte er durchaus auch starke<br />

Worte gebrauchen. Niemals aber ging es<br />

ihm um seine Person, sondern immer um<br />

die Sache. Ein grosses Anliegen war Alfred,<br />

unsere Mitglieder <strong>und</strong> Abonnenten nicht<br />

nur als „Geschäftspartner“ wahrzunehmen,<br />

sondern immer den Menschen dahinter zu<br />

sehen. In seinem Sinne würdigt der Rheinaub<strong>und</strong><br />

seither die lange Treue seiner Mitglieder<br />

<strong>und</strong> Abonnenten in verschiedener Weise<br />

<strong>und</strong> wir führen den Status „Sozialtarif“ für<br />

LeserInnen mit finanziellen Problemen. Anlässlich<br />

der Mitgliederversammlung 1999<br />

trat Alfred aus dem Vorstand zurück <strong>und</strong><br />

wurde auf Gr<strong>und</strong> seiner Verdienste zum<br />

Ehrenmitglied ernannt.<br />

Auf dem Buechberg besass Alfred ein Stück<br />

Wald mit einer grossen Lichtung. Dies war<br />

sein Lieblingsort, den er hegte <strong>und</strong> pflegte<br />

<strong>und</strong> wo er mit seiner Familie viele schöne<br />

St<strong>und</strong>en verbrachte. Noch diesen Winter haben<br />

Alfred <strong>und</strong> ich Bäume zum Fällen gezeichnet.<br />

Noch zwei Wochen vor seinem<br />

Hinschied war Alfred mit seiner Familie beim<br />

Aufräumen nach dem Holzschlag dort <strong>und</strong><br />

genoss die Gewissheit, dass sein Ziel, an diesem<br />

Ort seltene Arten zu fördern in seinem<br />

Sinne weiter verfolgt wird.<br />

Mit dem Hinschied von Alfred Huber verliert<br />

die Region einen selbstlosen Anwalt der<br />

Natur, welcher mit seinem beharrlichen<br />

Engagement vielen Projekten zum Durchbruch<br />

verhalf <strong>und</strong> deren Wirkung noch weit<br />

in die Zukunft weisen wird.<br />

Ruedi Schneider<br />

Geschäftsführer des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />

bis 2007<br />

Seite 23


Jahresbericht 2007<br />

Tätigkeitsbericht Rheinaub<strong>und</strong> 2007<br />

Dieser Bericht umfasst unsere Aktivitäten im Vereinsjahr 2007 in Kurzform. Er<br />

erlaubt einen Überblick über unser umfangreiches Engagement. Einzelne Projekte<br />

sind in diesem Heft ausführlich beschrieben. Zu den anderen Geschäften können<br />

selbstverständlich an der Mitgliederversammlung oder auf der Geschäfts stelle<br />

jederzeit zusätzliche Infos nachgefragt werden.<br />

Uwe Scheibler<br />

Gewässerschutz<br />

Gewässer-Übersicht im Kanton Schaffhausen<br />

(siehe ausführlicher Beitrag S.11ff)<br />

Furtbach Kt. Zürich<br />

Aus dem Furtbach werden erhebliche Wasser<br />

mengen für die Bewässerung von Gemüsekulturen<br />

entnommen. Dass dies vor allem<br />

im Sommer immer wieder zu schwierigen<br />

Situationen führt, ist klar. Die entsprechende<br />

Entnahmekonzession lief Ende Oktober<br />

2007 aus <strong>und</strong> eine neue Konzession ist nicht<br />

in Sicht. Wir haben unser Interesse bei den<br />

zuständigen Behörden (AWEL) k<strong>und</strong>getan,<br />

aber noch keine Reaktion erhalten.<br />

Garwidenbach, Gde. Mettmenstetten,<br />

Kt. Zürich<br />

Das amtliche Sanierungsprojekt sah die Wiedereindolung<br />

von zwei, durch die Kantonsstrasse<br />

getrennten Teilstücken einer Rohrleitung<br />

vor. Das eine Teilstück wurde aus<br />

Hochwasserschutzgründen schon vor Inkrafttreten<br />

der Verfügung saniert, wodurch<br />

vollendete Tatsachen geschaffen wurden.<br />

Eine offene Wasserführung wäre unserer<br />

Ansicht nach gr<strong>und</strong>sätzlich durch einen<br />

neuen sorgfältig gewählten Bachlauf ohne<br />

erhebliche Nachteile für die Landwirtschaft<br />

möglich gewesen. Auf einen Rekurs gegen<br />

die Verfügung wurde zur Wahrung der<br />

Verhältnismässigkeit verzichtet. Mit der<br />

Stellungnahme vom 04.04.2007 drückt der<br />

Rheinaub<strong>und</strong> jedoch sein Bedauern über<br />

den unsachgemässen Verfahrensablauf aus,<br />

da er einen Präzedenzfall für mögliche ähnliche<br />

Situationen darstellt.<br />

In seiner Antwort weist das AWEL auf den<br />

Nachteil für die Landwirtschaft bei einer<br />

Ausdolung hin <strong>und</strong> erwähnt, dass der<br />

Garwidenbach sehr tief unter dem Boden läge<br />

<strong>und</strong> diverse Drainagen daran angeschlossen<br />

seien.<br />

Kiesbaggerungen an der Thurmündung,<br />

Kt. Zürich/Land Baden-Württemberg<br />

Die Thur ist heute der grösste Geschiebe zubringer<br />

am Hochrhein. Infolge des Einstaus<br />

der Thurmündung durch das Kraftwerk<br />

Eglisau bleibt das Geschiebe aber im<br />

Mündungsbereich liegen. Obwohl es sich<br />

um ein Auengebiet von nationaler Bedeutung<br />

handelt, werden die Geschiebeablagerungen<br />

daher regelmässig ausgebaggert,<br />

da ein Anstieg der Hochwasserstände befürchtet<br />

wird. Das Baggergut – zum grössten<br />

Teil bester R<strong>und</strong>kies – wurde bisher verkauft.<br />

In den wenigen noch frei fliessenden<br />

Flussabschnitten unterhalb der Thurmündung<br />

besteht deshalb ein grosses Geschiebedefizit.<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong>, obwohl nicht<br />

Fre<strong>und</strong> von Flussbaggerungen, begrüsst die<br />

teilweise Kiesrückgabe in den Rhein, die im<br />

Rahmen der Baubewilligung für das<br />

Kraftwerk Eglisau angestrebt wird. Bereits<br />

ausgeführt hat der Kanton Zürich einige<br />

Kiesschüttungen oberhalb der Thurmündung,<br />

auf der noch frei fliessenden Strecke<br />

zwischen Rheinau <strong>und</strong> Ellikon. Diese kann<br />

damit ökologisch aufgewertet werden.<br />

Kleine Gewässersanierungen –<br />

Beratungstätigkeit<br />

Diese Dienstleistung bietet fachliche Beratung<br />

für Gemeinden bei Revitalisierungsprojekten,<br />

die Prüfung bereits ausgearbeiteter<br />

Projekte <strong>und</strong> Beurteilung der ökologischen<br />

Qualität sowie die Erarbeitung von Konzepten<br />

zur Revitalisierung <strong>und</strong> Offenlegung von<br />

Bächen. Verschiedenes konnte bisher erreicht<br />

werden: Beratung zur fischgerechten<br />

Anschliessung des Maneggbaches an die<br />

Sihl in Zürich-Leimbach, Gutachten zur<br />

Sohlausgestaltung des geöffneten Kanal<br />

Andreasstrasse (Stadt Zürich), erfolgreicher<br />

Rekurs gegen die Wiedereindolung des<br />

Aarbaches (Herrliberg), ökologische Baubeglei<br />

tung am Mülibach (Gemeinde Winkel,<br />

ZH), Empfehlung zur Ausgestaltung eines<br />

rauen Beckenpasses an der Reppisch. Die<br />

Erfahrungen der letzten drei Jahre zeigen<br />

aber zunehmend, dass solche Beratun gen<br />

nur sinnvoll sind, wenn wir sehr frühzeitig<br />

beteiligt werden, weil dann die Ein griffsmöglichkeiten<br />

am grössten sind.<br />

Revitalisierung Thurauen, Kt. Zürich<br />

Dieses Projekt ist das umfangreichste Re<strong>natur</strong>ierungsvorhaben<br />

an der Thur <strong>und</strong> betrifft<br />

das grösste Auengebiet von nationaler Bedeutung.<br />

Bei diesem 42 Mio. Projekt werden<br />

Anliegen des Hochwasser schutzes, der Ökologie,<br />

des Auenschutzes, der Gewässerrevitalisierung,<br />

der Landwirt schaft <strong>und</strong> der Erholung<br />

so gebündelt, dass alle Betroffenen<br />

zufrieden sein können. Der Rheinaub<strong>und</strong><br />

hat Einsitz in der vom Regierungsrat eingesetzten<br />

Begleitkommis sion <strong>und</strong> wird die<br />

Umsetzung der beschlossenen Massnahmen<br />

konstruktiv mitverfolgen. Ein Defizit des<br />

Grossprojektes liegt in der nur rudimentär<br />

ausgearbeiteten Erho lungsplanung. Diese<br />

soll weitgehend von der Regionalplanung<br />

an die Hand genommen werden. Das hat<br />

zwar den Vorteil, dass erneut die Direktbetroffenen<br />

(v.a. Gemein den) gut integriert<br />

sind, birgt aber das Risiko einer blossen<br />

Fortsetzung des Ist-Zustandes. Das zeigt<br />

sich z.B. darin, dass trotz einer Änderung des<br />

Verkehrsrichtplanes verschiedene Parkplätze<br />

mitten im Auengebiet, im Waldareal <strong>und</strong><br />

teilweise sogar innerhalb der Beurtei lungslinien<br />

für eine dynamische Ent wicklung der<br />

Thur erhalten oder gar erweitert werden<br />

sollen.<br />

Thurkorrektion Weinfelden-Bürglen,<br />

Kt. Thurgau<br />

Der Raum der Thur zwischen Weinfelden<br />

<strong>und</strong> Bürglen im Kanton Thurgau wird für<br />

Hochwasserschutz <strong>und</strong> Re<strong>natur</strong>ierung vollständig<br />

neu gestaltet. Die im Rahmen der<br />

sogenannten 2. Thurkorrektion vorgesehenen<br />

Massnahmen sind noch immer in der<br />

Seite 24 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Projektierungsphase. Das Planungsverfahren<br />

wird von der Regionalen Arbeitsgruppe<br />

(RA) begleitet, in der alle am Vorhaben<br />

interessierten Kreise vertreten sind. Auch<br />

der Rheinaub<strong>und</strong> ist in diesem Gremium<br />

<strong>und</strong> wird durch das Vorstandsmitglied Dipl.-<br />

Ing. Landschaftsplanerin Anna Belser sowie<br />

durch den Geschäftsführer vertreten.<br />

Die im Herbst 2007 verspätet vorgelegten<br />

Vorprojekte waren unvollständig. Auch<br />

musste bemängelt werden, dass es für die<br />

hauptsächlich betroffenen Landwirte noch<br />

überhaupt keine Kompensationsüberlegungen<br />

gibt.<br />

Kleinkraftwerk am Ambauenwehr an der<br />

Engelberger Aa, Kt. Nidwalden<br />

Das Ambauenwehr an der Engelberger Aa<br />

unterbricht das Flusskontinuum <strong>und</strong> verhindert<br />

damit u.a. den Aufstieg der Seeforelle<br />

zu ihren Laichgründen. Gegen die Nutzungsänderung<br />

zur Stromerzeugung <strong>und</strong> Einspeisung<br />

ins Netz der seinerzeit zum Betrieb<br />

einer Säge erstellten Anlage erhoben wir<br />

Einsprache <strong>und</strong> forderten deren Rückbau.<br />

Das Verwaltungsgericht des Kt. Nidwalden<br />

hat den vorherigen positiven Entscheid des<br />

Regierungsrates aufgehoben <strong>und</strong> zur Neubeurteilung<br />

zurückgewiesen. Nach der<br />

Analyse des Verwaltungsgerichtsentscheides<br />

durch unseren Rechtsanwalt beschlossen<br />

wir, den Entscheid vor dem B<strong>und</strong>esgericht<br />

anzufechten. Das B<strong>und</strong>esgericht hat<br />

unsere Beschwerde leider abgewiesen. Der<br />

Kleinkraftwerkbetreiber muss nun die Auflagen<br />

des Gewässer schutzgesetzes einhalten<br />

<strong>und</strong> eine funk tions fähige Fischaufstiegsanlage<br />

erstellen. Die Projektvarianten<br />

waren Ende 2007 noch in der Ausarbeitung<br />

<strong>und</strong> werden im Frühjahr 2008 vom AfU Nidwalden<br />

vorgestellt, bevor die Konzession<br />

öffentlich aufgelegt wird.<br />

Kraftwerk Eglisau,<br />

Kt. Zürich/Land Baden-Württemberg<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> seine Mitstreiter<br />

mussten vom Beginn des Verfahrens an um<br />

elementare Anforderungen streiten, insbesondere<br />

um den Geschiebehaushalt, die<br />

freie Fischwanderung <strong>und</strong> um den Miteinbezug<br />

der Staustrecke in die Untersuchungen<br />

der Umweltverträglichkeit. Auch die zweimalige<br />

bedingungslose Verlängerung der<br />

alten Konzession haben wir gerügt.<br />

2006 kam es zu Einigungsverhandlungen.<br />

Obwohl Verbesserungen erzielt wurden,<br />

sind längst nicht alle ökologischen Anliegen<br />

erfüllt. So z.B. die Staukotenabsenkung, welche<br />

wegen der befürchteten Uferrut schungen<br />

politisch nicht machbar ist, die Dynamisierung<br />

des Alten Rheins bei Rüdlingen,<br />

welche am Widerstand des Kt. Schaffhausen<br />

gescheitert ist oder das Umgehungsgerinne<br />

auf deutscher Seite, welches aus Kosten-<br />

Nutzen-Überlegungen durch eine kombinierte<br />

Lösung mit Schiffsschleuse/Fischlift<br />

ersetzt worden ist.<br />

Aus verfahrenstechnischen Gründen müssen<br />

die meisten Anträge unserer Einsprache<br />

aufrechterhalten bleiben, auch wenn sich<br />

an der Verhandlung ein allgemeiner Konsens<br />

abgezeichnet hat. Letzter Prüfstein für den<br />

Entscheid bezüglich eines allfälligen Weiterzuges<br />

werden die Bestimmungen des<br />

Bauentscheides sein. Knackpunkte sind insbesondere<br />

noch die Verbesserung des<br />

Fischpasses beim Wehr <strong>und</strong> die Geschiebezugaben<br />

in der Stauwurzel (Aufwertung der<br />

Strecke zwischen Thur- <strong>und</strong> Tössmündung).<br />

Wir hoffen, dass unsere Anträge darin berücksichtigt<br />

werden.<br />

Kraftwerk Elm, Kt. Glarus<br />

Am bisher noch recht <strong>natur</strong>nahen Abschnitt<br />

des Sernf zwischen Elm <strong>und</strong> Matt im Glarner<br />

Chlital soll ein Wasserkraftwerk mit ca. 2,5<br />

MW Leistung gebaut werden. Auch auf der<br />

Höhe Sool ist ein weiteres Kraftwerk in Planung.<br />

Zusammen mit Pro Natura Glarus haben<br />

wir die Strecke besichtigt <strong>und</strong> bereiten<br />

uns für den Fall der Konzessionsaus schreibung<br />

vor.<br />

„KWO Plus“ Grimsel – Mauererhöhung<br />

gegen Moorlandschaft<br />

Beim Projekt „KWO Plus“, das uns im Verb<strong>und</strong><br />

mit anderen Umweltorganisationen seit<br />

1999 beschäftigt, geht es im Wesentlichen<br />

um die Fragen, ob die geplante Mehrproduktion<br />

bzw. Staumauererhöhung des<br />

Grimselsees von nationaler Bedeutung sei,<br />

Das Kraftwerk Eglisau<br />

beschäftigt den Rheinaub<strong>und</strong><br />

seit mehr als zehn<br />

Jahren.<br />

Foto EKZ<br />

<strong>und</strong> ob diese in der Interessenabwägung<br />

höher zu gewichten ist als die massiven<br />

Eingriffe in die BLN-Landschaft von nationaler<br />

Bedeutung bzw. der verfassungsmässig<br />

garantierte Schutz der einmaligen Gletscher-<br />

<strong>und</strong> Moorlandschaft. Das Wasserwirt -<br />

schaftsamt des Kantons Bern hat im März<br />

2007 das Projekt als umweltverträglich bewertet<br />

<strong>und</strong> bewilligt. Die Umweltverbände<br />

haben am 12. März 2007 mit einer Medieninformation<br />

ihren Standpunkt nochmals klar<br />

gemacht <strong>und</strong> beim Verwaltungsgericht des<br />

Kt. Bern Beschwerde eingereicht. Die Schriftenwechsel<br />

deuten darauf hin, dass sich das<br />

Gericht sehr kritisch mit dem gewählten –<br />

<strong>und</strong> von uns kritisierten Verfahren (baurechtlich<br />

statt Konzessionsänderung) auseinandersetzen<br />

wird (siehe Seite 37).<br />

Fischaufstieg beim KW Hard an der Töss,<br />

Stadt Winterthur, Kt. Zürich<br />

Die Forderung nach einem Fischpass am<br />

Wehr des Töss-Kraftwerks Hard bei Winterthur<br />

ist eine Vorgabe aus dem Öko strom-<br />

Zertifizierungsprozess 2002. Aus verschiedensten<br />

Gründen hat sich der Bau einer<br />

neuen Anlage verzögert. Ende 2007 wurde<br />

sie nun erstellt. Noch ist ihre Funktionstauglichkeit<br />

von den Betreibern nicht nachgewiesen,<br />

doch der Rheinaub<strong>und</strong> ist überzeugt,<br />

dass mit einer Betriebsoptimierung<br />

die Anlage nun dem Stand der Technik entspricht.<br />

Unklar bleibt, weshalb der Kanton in<br />

der Baubewilligung nicht auch die Auflage<br />

einer Erfolgskontrolle gemacht hat. Der<br />

Aufwand für die Behörden, den als „möglich“<br />

taxierten nachträglichen Umbau eines<br />

Beckens zur Kontrolle später auch wirklich<br />

einzufordern, ist ungleich grösser, als wenn<br />

diese Auflage gleich zu Beginn festgehalten<br />

würde.<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 25


Jahresbericht 2007<br />

Rieter Ökostrom Zertifizierung,<br />

Kt. Zürich<br />

Für die beiden länger ausser Betrieb stehenden<br />

Tösskraftwerke der Firma Rieter in<br />

Winterthur ist eine mit Auflagen verknüpfte<br />

„Konzessionsverlängerung“ bewilligt worden.<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> hat im Rahmen seines<br />

Engagements in der ProTöss die Ökostromzertifizierung<br />

begleitet. Leider sieht<br />

die Betreiberin der Werke, die Nordstrom<br />

GmbH aus Schaffhausen, diese Begleitung<br />

eher als Belastung denn als Chance an, <strong>und</strong><br />

es muss sich im Rahmen des noch zu gründenen<br />

Ökofondsgremiums zeigen, welche<br />

Anliegen an eine möglichst <strong>natur</strong>nahe Töss<br />

noch eingebracht werden können. Positiv<br />

ist aber sicher, dass nun erstmals Restwassermengen<br />

bestimmt sind für die Ausleitstrecken,<br />

dass am Wehr ein moderner Fischpass<br />

errichtet wurde <strong>und</strong> ein Konzept für<br />

eine Funktionskontrolle in Arbeit ist.<br />

Kraftwerk am Isorno, Italien<br />

<strong>und</strong> Kt. Ticino<br />

Am Oberlauf des Isorno ist auf italienischer<br />

Seite ein Kleinkraftwerk geplant, das dieses<br />

Gewässer massiv beeinträchtigen würde. Im<br />

mitbetroffenen schweizerischen Onserno -<br />

ne tal wird über ein Parkprojekt diskutiert,<br />

das mit dem Kraftwerkbau erledigt wäre.<br />

Nun besteht eventuell die Möglichkeit, den<br />

Park ge danken auf das italienische Gebiet<br />

auszudehnen. Hier konnten wir beratend<br />

tätig wer den <strong>und</strong> verfolgen die weitere<br />

Projektentwicklung zusammen mit Pro<br />

Natura Tici no.<br />

Kraftwerk Kembs, Frankreich/Deutschland<br />

(siehe ausführlichen Beitrag Seite 10 ff)<br />

Kraftwerk Kradolf-Schönenberg, Kt. Thurgau<br />

(siehe ausführlichen Beitrag S. 17)<br />

Kraftwerk Lugnez, Kt. Graubünden<br />

(siehe ausführlichen Beitrag S. 18 ff)<br />

Kraftwerk Rheinfelden, Kt. Aargau <strong>und</strong> Land<br />

Baden-Württemberg<br />

Hier handelt es sich um das grösste Neubau-<br />

Projekt am Hochrhein. Der Neubau vernichtet<br />

zu einem grossen Teil einen der letzten<br />

„Laufen“ (Gwild) am Hochrhein durch Einstau<br />

<strong>und</strong> Austiefung (Sprengung). Die erste<br />

Einsprache gegen die Konzession erfolgte<br />

1988. Eine weitere Einsprache im Rahmen<br />

des Baubewilligungsverfahrens folgte 1996.<br />

Einigungsverhandlungen <strong>und</strong> bilaterale<br />

Ge spräche führten schliesslich zu einem<br />

akzeptablen Konsens. Wir sind mit Jürg<br />

Bloesch <strong>und</strong> Ueli Rippmann in der ökologischen<br />

Bau begleitung vertreten.<br />

Inzwischen sind grosse Teile des neuen<br />

Wehrs fertig gestellt. Teile des Gwildes sind<br />

schon gesprengt; die Flussbaggerung erfolgt<br />

schrittweise in Fliessrichtung mittels<br />

temporärer Schüttdämme <strong>und</strong> ist damit viel<br />

umweltverträglicher als ursprünglich geplant.<br />

Teile des Flusskieses werden für das<br />

grosse Umgehungsgerinne verwendet. Die<br />

KW Rheinfelden:<br />

Die Arbeiten am Ehr<br />

sind mittlerweile weit<br />

fortgeschritten.<br />

Foto: Energiedienst AG<br />

Ausgleichs- <strong>und</strong> Ersatzmassnahmen der<br />

Bauphase 2 werden jetzt in Angriff genommen<br />

(Oberwasser). Bis 2010 sollen die Turbinen<br />

in Betrieb genommen werden, bis<br />

2011 soll das Umgehungsgerinne in Funktion<br />

sein, womit man insgesamt ein Jahr gewonnen<br />

hätte.<br />

Kraftwerk Rüchlig bei Aarau, Kt. Aargau<br />

Durch das Sommerhochwasser im August<br />

wurden die Turbinen beim Kraftwerk Rüchlig<br />

schwer beschädigt. Fast gleichzeitig reichten<br />

die NOK ein Gesuch für die neue Konzession<br />

ein.<br />

Einige Punkte aus unserer Einsprache sollen<br />

hier beispielhaft kurz aufgeführt werden:<br />

– Der Kanton hat es versäumt, die Siedlungsplanung<br />

mit den Anforderungen an<br />

ein <strong>natur</strong>nahes Gewässer <strong>und</strong> an einen<br />

<strong>natur</strong>nahen Hochwasserschutz abzustimmen.<br />

Dadurch ergibt sich ein Sachzwang<br />

zu höheren Dämmen <strong>und</strong> weniger Spielraum<br />

für eine Re<strong>natur</strong>ierung.<br />

– Die angestrebte Konzessionsdauer ist mit<br />

80 Jahren eigentlich eine Frechheit. Wenn<br />

für grosse Kraftwerke an Hoch- <strong>und</strong><br />

Oberrhein 20 Jahre genügen, dann müssen<br />

auch die NOK mit 20-40 Jahren auskommen<br />

können. Innerhalb der Konzessions<br />

dauer sind nämlich zusätzliche Mass -<br />

nahmen zugunsten von Natur <strong>und</strong> Land -<br />

schaft kaum möglich.<br />

– Die Erhöhung der Staukote wird den unnatürlichen<br />

Zustand der Staustrecke noch<br />

verstärken. Mit einer besseren Technik<br />

kann der Wirkungsgrad auch ohne Er höhung<br />

der Staukote um einiges verbessert<br />

werden.<br />

– Die vorgesehene Restwassermenge ist für<br />

einen der grössten Flüsse unseres Landes<br />

deutlich zu gering. Ein Fluss muss fliessen<br />

können.<br />

– Die Fischgängigkeit ist mit den vorgesehenen<br />

Massnahmen wahrscheinlich nicht<br />

oder nur zu einem ungenügenden Teil erreichbar.<br />

Das Gewässerschutzgesetz fordert<br />

in diesem Punkt eindeutig mehr.<br />

– Für die ökologischen Ausgleichsmass nahmen<br />

ist eine Bilanz zu erstellen, damit die<br />

geplanten Massnahmen im Umfang überhaupt<br />

bewertet werden können.<br />

Seite 26 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Alter <strong>und</strong> neuer<br />

Geschäftsführer bei einem<br />

Ortstermin am Kraftwerk<br />

Rüchlig.<br />

Foto: Rheinaub<strong>und</strong><br />

– Der Umfang der ökologischen Ausgleichsmass<br />

nahmen ist im Verhältnis zum Eingriff<br />

zu gering <strong>und</strong> soll auch auf Massnahmen<br />

ausserhalb des Konzessionsbereichs ausgedehnt<br />

werden.<br />

– Die Durchgängigkeit für Geschiebe muss<br />

deutlich erhöht werden <strong>und</strong> es ist zu überlegen,<br />

an welchen Seitenbächen zusätzliches<br />

Geschiebe eingebracht werden<br />

könnte. Heute gehen gerade einmal 2,5<br />

Prozent der natürlichen Geschiebemenge<br />

durch.<br />

– Für den Betrieb des Kraftwerkes darf kein<br />

Gr<strong>und</strong>wasser genutzt werden.<br />

– Das Monitoring für <strong>natur</strong>- <strong>und</strong> umweltbezogene<br />

Parameter muss ausgebaut <strong>und</strong><br />

während der gesamten Betriebszeit durchgeführt<br />

werden.<br />

Für Anfang 2008 sind Einigungsver handlungen<br />

geplant.<br />

An den Aktivitäten waren zusammen mit<br />

den regionalen Umweltverbänden nebst<br />

Jürg Bloesch <strong>und</strong> Ueli Rippmann auch unsere<br />

Vorstandsmitglieder Anna Belser <strong>und</strong><br />

Konrad Knupp beteiligt.<br />

Kraftwerk Rhyburg-Schwörstadt (KRS),<br />

Kt. Aargau <strong>und</strong> Land Baden-Württemberg<br />

Dieses Kraftwerk soll im Jahre 2010 eine<br />

neue Konzession erhalten. Dabei sollen gravierende<br />

ökologische Beeinträchtigungen<br />

gemildert werden. Die Verbände wurden in<br />

vorbildlicher Weise frühzeitig eingeladen<br />

<strong>und</strong> informiert. Ein Teil unserer Vorschläge<br />

wurde ins Pflichtenheft übernommen. Die<br />

Auftragsvergabe für die Hauptuntersuchung<br />

(UVB) ist Mitte 2005 erfolgt. Am 28. Februar<br />

2007 hat die Kraftwerk Ryburg-Schwörstadt<br />

AG das Konzessionsgesuch mit den Fachberichten<br />

bei den Amtsstellen in der Schweiz<br />

<strong>und</strong> in Deutschland eingereicht. Die Einspracheverhandlungen<br />

sollen im Frühling 2008<br />

stattfinden. Es ist zu hoffen, dass die letzten<br />

Probleme einvernehmlich gelöst werden<br />

können. Grössere Meinungsverschiedenheiten<br />

bestehen insbesondere bezüglich der<br />

Fischaufstiegshilfe beim Wehr.<br />

Kraftwerk Rheinau, Untersuchung<br />

Restwasserstrecke <strong>und</strong> Wehrsanierung,<br />

Kt. Zürich <strong>und</strong> Land Baden-Württemberg<br />

Unsere wissenschaftliche Untersuchung der<br />

Restwassertrecke Rheinau fand in der Öffentlichkeit,<br />

bei den Behörden <strong>und</strong> bei den<br />

Projektanten bekanntlich grosse Beachtung.<br />

Das B<strong>und</strong>esamt für Energie (BFE), zuständig<br />

für die Grenzkraftwerke, nutzt unsere Untersuchungsergebnisse<br />

<strong>und</strong> hat uns einen Teil<br />

unserer finanziellen Aufwendungen zurück<br />

erstattet. Die Modellberechnungen wurden<br />

im März 2006 mit 1:1 Dotierversuchen verifiziert,<br />

die eine hohe Beachtung in den Medien<br />

fanden. Problempunkt ist das von der<br />

ENHK eingeforderte heutige Landschaftsbild,<br />

das es zu erhalten gelte. Inzwischen hat<br />

das BFE die Elektrizitätswerk Rheinau AG<br />

(ERAG) aufgefordert, die Auswirkungen im<br />

Hinblick auf die wirtschaftliche Tragbarkeit<br />

mit saisonal variablen Dotierungen von 20–<br />

40m 3 /s; 40–60m 3 /s <strong>und</strong> 50–70m 3 /s zu verifizieren.<br />

Das BFE hat uns in einem Brief über<br />

die aktuelle Lage informiert <strong>und</strong> angedeutet,<br />

dass im Sommer 2008 die von den Behörden<br />

favorisierte Variante den Einsprechern<br />

vorgestellt werden soll, bevor das Projekt öffentlich<br />

aufgelegt wird. In unserem Antwortschreiben<br />

verlangen wir, dass nicht nur die<br />

untere Hälfte, sondern die ganze Restwasserstrecke<br />

ökologisch saniert werden muss.<br />

Auch die von der ERAG vorgenommene<br />

technische Revision der Hilfswehre wird gemäss<br />

den Behörden kein Präjudiz schaffen,<br />

da sie Unterhaltsmassnahmen innerhalb der<br />

geltenden Konzession sind.<br />

Kraftwerk Weseta, Gemeinde Engi, Kt. Glarus<br />

Am Mülibach existiert seit dem vorletzten<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert ein Klein-KW der Textilfabrik<br />

Weseta AG. Die Anlage sollte eigentlich zu<br />

Gunsten eines grösseren Kraftwerks oberhalb<br />

aufgegeben werden. Aus politischen<br />

Gründen wurde die 1998 erteilte Konzession<br />

bis heute nicht wahrgenommen <strong>und</strong> die<br />

Weseta sanierte in der Zwischenzeit ihre<br />

Anlage. Nun soll aber das oberliegende KW<br />

doch gebaut werden. Der Sanierungsbericht<br />

berücksichtigt diese Lage (kombinierter<br />

Eingriff) nicht <strong>und</strong> ist in sich wenig konsistent.<br />

Die Auflagen sollen nicht in einer<br />

Verfügung, sondern über einen Vertrag geregelt<br />

werden. Wichtige Unterlagen haben<br />

wir bisher nicht erhalten <strong>und</strong> haben deshalb<br />

zuhanden des Amtes für Umweltschutz<br />

(AfU), auch im Namen von pro Natura <strong>und</strong><br />

WWF Glarus, eine Stellungnahme erarbeitet.<br />

Im Januar 2008 fand zwischen allen Beteiligten<br />

ein gutes Gespräch statt, bei dem sich<br />

eine win-win Lösung abzeichnete: Das Klein-<br />

KW darf stehen bleiben unter der Bedingung,<br />

dass die Restwassermengen gemäss Gewässer<br />

schutzgesetz dotiert werden, ein Abflussmonitoring<br />

stattfindet, die Fischaufstiegshilfe<br />

am oberen Werk funktionstüchtig<br />

gebaut wird <strong>und</strong> noch auszuhandelnde<br />

Ausgleichs massnahmen im Ge wässersystem<br />

Mühli bach/Sernf erbracht wer den. An diesem<br />

Pro jekt sind beteiligt: Lukas Boller,<br />

Manuela Krähenbühl, Anna Kley, Jürg<br />

Bloesch <strong>und</strong> Konrad Knupp.<br />

Kraftwerk Wettingen an der Limmat,<br />

Kt. Aargau<br />

Die Stadt Zürich (EWZ) will ihr Kraftwerk in<br />

Wettingen für weitere 80 Jahre betreiben<br />

<strong>und</strong> das Werk erweitern. Mit dem Einbau einer<br />

Rohrturbinenanlage in das Wehr soll der<br />

neuen Gesetzgebung, insbesondere dem<br />

Gewässerschutzgesetz, Nachachtung verschaffen<br />

werden. Mit der geplanten Anlage<br />

lässt sich die Limmatschlaufe, welche bisher<br />

lediglich mit einer kläglichen Restwassermenge<br />

dotiert war, ökologisch aufwerten.<br />

Trotzdem waren Verhandlungen nötig, wobei<br />

ein von allen Seiten akzeptierter Konsens<br />

gef<strong>und</strong>en wurde. Der Rheinaub<strong>und</strong> ist mit<br />

Edda Rohe in der ökologischen Begleitgruppe<br />

vertreten. Der Kraftwerksumbau ist im<br />

vollem Gange. Nach dem bereits erstellten<br />

Fischaufstieg Schanzengraben <strong>und</strong> der ca.<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 27


Rheinaub<strong>und</strong><br />

7 ha grosse Flussaufweitung bei Geroldswil<br />

wurde im Herbst 2007 das technisch<br />

sehr anspruchsvolle Umgehungsgerinne am<br />

Wehr fertig gestellt. Damit ist die Fischgängigkeit<br />

vom Wasserschloss bis in den Zürichsee<br />

endlich wieder hergestellt.<br />

Landschaftsschutz<br />

<strong>und</strong> Raumplanung<br />

Im Jahr 2007 entstand das<br />

technisch sehr anspruchsvolle<br />

Umgehungsgerinne<br />

am Wehr des KW Wettingen.<br />

Foto: G. Frauenlob<br />

Projektbegleitung Eisenbahn-Grossprojekte<br />

AlpTransit <strong>und</strong> Bahn 2000, Schweiz<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich erachten die Umweltschutzorganisationen<br />

den Bau der NEAT als sinnvolles<br />

Projekt zur umweltgerechteren Bewältigung<br />

der Mobilität von Personen <strong>und</strong><br />

Gütern. Allerdings bringt dieses Grossprojekt<br />

entsprechend grosse Eingriffe in die Natur,<br />

die Landschaft <strong>und</strong> die Siedlungen mit sich.<br />

Gewässer sind betroffen, Gr<strong>und</strong>wasser wird<br />

tangiert, Emissionen gelangen in die Luft,<br />

Böden werden hektarweise umgelagert <strong>und</strong><br />

Lebensräume mit Lärm beschallt. Die neuen<br />

Verkehrswege der Bahn durchschneiden<br />

Wildtierkorridore, oder diese werden im Zusammenhang<br />

mit den Ablagerungen des<br />

Ausbruchmaterials der Tunnels für lange<br />

Jahre unterbrochen.<br />

Es ist ein wichtiges Anliegen der Natur-,<br />

Um welt- <strong>und</strong> Heimatschutzorganisationen,<br />

dem Schutz der Umwelt, der Natur <strong>und</strong> der<br />

Heimat auch bei der Realisierung des Grossprojekts<br />

der Bahninfra struktur Nachachtung<br />

zu verschaffen. Zur Wahrnehmung dieser<br />

Aufgabe haben sieben gesamtschweizerische<br />

Organisationen, nämlich Pro Natura,<br />

Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerischer Heimatschutz<br />

SHS, Stiftung für Landschaftsschutz SL,<br />

Schweizerischer Vogelschutz SVS, Verkehrsclub<br />

der Schweiz VCS <strong>und</strong> WWF bereits im<br />

Jahr 1994 Martin Furter das Mandat zur<br />

Begleitung des Eisenbahn gross projekts erteilt.<br />

Nicht nur die Alptransit Gotthard AG<br />

begrüsst die vereinbarte Zusammenarbeit<br />

mit den Umweltverbänden. Das gewählte<br />

Kooperationsmodell wird auch jenseits der<br />

Landesgrenze als nachahmenswert beurteilt.<br />

Konkrete Beispiele für Erreichtes:<br />

– Die Neubaustrecke zwischen Mattstetten <strong>und</strong><br />

Rothrist ist schon lange in Betrieb <strong>und</strong> alle<br />

Rei senden können sich ein eigenes Bild von<br />

den beachtlichen, ökologischen Aufwertungs<br />

massnahmen machen. Ab- <strong>und</strong> Anschlussar<br />

beiten sind jedoch nicht abgeschlossen.<br />

– Sachgerechte Bewirtschaftung von Trockenwiesen<br />

beim Zwischenangriff Sedrun: Nach<br />

mehreren Interventionen ist es endlich gelungen,<br />

eine Bewirtschaftungsweise der gut<br />

30 Hektar Trockenwiesen im Raum Sedrun<br />

zu initiieren, die dem Ziel der Erhal tung,<br />

bzw. der Förderung der Arten vielfalt gerecht<br />

werden kann. Der Bericht vom November<br />

2007 über den Zustand <strong>und</strong> die Entwicklung<br />

der Wiesen seit der Anpassung der Bewirt<br />

schaftung belegt, dass die von uns ausgelösten<br />

Verbesserungen Wirkung zeigen.<br />

– Materialbewirtschaftung Sedrun: Für die Ablagerung<br />

von zusätzlichem Ausbruch ma terial<br />

im Fall des erweiterten Tunnelvortriebs<br />

von Sedrun her konnten Lösungen gef<strong>und</strong>en<br />

werden, die auch aus der Sicht des<br />

Umweltschutzes verantwortet werden können.<br />

So bleibt die wertvolle Böschung im<br />

Val Bugnei weitestgehend frei <strong>und</strong> der erforderliche<br />

Abtransport erfolgt per Bahn.<br />

– Reduktion der Bahndammhöhe im Kanton<br />

Uri: Landschaftlich besonders stark ins Gewicht<br />

fällt die auch mit Hilfe der Orga nisationen<br />

erreichte Überarbeitung des NEAT-<br />

Projekts in der Urner Reussebene, die nun<br />

einen Bahndamm von nur noch ca. 2 Metern<br />

Höhe statt der ursprünglich vorgesehenen<br />

5 bis 6 Meter ermöglichte.<br />

– Walenbrunnen im Kanton Uri: Die Re<strong>natur</strong>ierung<br />

des heute kanalisierten Walenbrunnens,<br />

die eigentliche Ersatzmassnahme<br />

für die Eingriffe in der Urner Reussebene,<br />

konnte dank unserem Einsatz wesentlich<br />

<strong>natur</strong>näher geplant <strong>und</strong> genehmigt werden,<br />

als dies zu Beginn vorgesehen war.<br />

– Massnahmen beim Lötschberg-Südportal /<br />

Raron: Der Sicherstellung der Uferbesto<br />

ckung am Rhoneufer wird Rechnung getragen<br />

<strong>und</strong> für die Ersatzmassnahmen im<br />

Ge biet Moos (Feuchtgebiet) wurden aufgr<strong>und</strong><br />

unserer Einsprache zusätzliche Massnahmen<br />

<strong>und</strong> Erfolgskontrollen verfügt.<br />

– Ceneri Basistunnel; Deponie Sigirino: Unsere<br />

Einflussnahme bei der Planung der zukünftigen<br />

Deponie des Ausbruchmaterials vom<br />

Ceneri Basistunnel in Sigirino hat verschiedene<br />

Anpassungen bei der landschaftlichen<br />

Endgestaltung bewirkt.<br />

– Ceneri Basistunnel; Verzicht auf neue Strasse<br />

im Val Vedeggio: Im Rahmen der Plangenehmigungsverfahren<br />

wehrten wir uns<br />

gegen die Beeinträchtigung des teilweise<br />

noch sehr <strong>natur</strong>nahen <strong>und</strong> sowohl landschaftlich<br />

als auch aus Sicht der Artenvielfalt<br />

wichtigen Val Vedeggio durch eine<br />

Transport strasse. AlpTransit hat ein neue<br />

Lösung für die Transporte gesucht <strong>und</strong> gef<strong>und</strong>en.<br />

So bleibt das Val Vedeggio nun<br />

von der Strasse <strong>und</strong> entsprechenden Rodungen<br />

verschont.<br />

Bau- <strong>und</strong> Zonenplanung<br />

Unterstammheim, Kt. ZH<br />

Um die Verpflichtung zur Ausdolung eines<br />

Baches zu umgehen, wollte die Gemeinde<br />

Un terstammheim mit Unterstützung des<br />

Seite 28 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Kantons das Gelände eines bestehenden<br />

Gewerbebetriebes in die Landwirtschaftszone<br />

umzonen. Als „Ersatz“ dafür sollte eine<br />

neue Gewerbezone in der heutigen Landwirtschaftszone<br />

ausgewiesen werden. Das<br />

Resultat wäre also eine erhebliche Ausdehnung<br />

der Siedlungsfläche auf Kosten der<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> die Umgehung einer<br />

gesetzlichen Verpflichtung zur Ausdolung<br />

einer ca. 300 m langen Bachstrecke gewesen.<br />

Zusam men mit Pro Natura haben wir<br />

dagegen Stellung bezogen <strong>und</strong> dieses<br />

Beispiel als verfehlte Raumplanung auch im<br />

persönli chen Gespräch dem Baudirektor des<br />

Kantons Zürich vorgestellt.<br />

Als Lösung haben wir den Gemeinden im<br />

Stammertal die Bildung eines Gewerbepools<br />

<strong>und</strong> die Beteiligung an einem Landschaftsentwicklungskonzept<br />

vorgeschlagen. Wir<br />

sind nun gespannt, für welches Vorgehen<br />

sich der Gemeinderat entscheiden wird.<br />

Porta Alpina: endlich „gestorben“<br />

Lange gab es keine definitiven Aussagen<br />

über das Schicksal dieser Schnapsidee. Das<br />

zeigt uns, dass auch unausgegorene Pläne<br />

durchaus langlebig sein können <strong>und</strong> möglicherweise<br />

dann plötzlich wieder zu einer<br />

Bedrohung für die Landschaft werden können.<br />

Der glücklicherweise negative Entscheid<br />

über das Projekt fiel im Oktober 2007<br />

<strong>und</strong> führte nochmals zu einiger Aufregung<br />

unter den Beteiligten.<br />

Rheinfall: Landkauf <strong>und</strong> Umnutzung,<br />

Kt. Schaffhausen <strong>und</strong> Kt. Zürich<br />

In Zusammenhang mit dem Kauf einer grossen<br />

Landparzelle direkt im Rheinfallbecken<br />

durch die Gemeinde Neuhausen wurde in<br />

Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessengruppen,<br />

so auch des Rheinaub<strong>und</strong>es<br />

<strong>und</strong> des WWF ein Masterplan entwickelt.<br />

Das ist nötig, weil sich die Besucherzahlen in<br />

den letzten 15 Jahren massiv verringert<br />

haben <strong>und</strong> kaum <strong>natur</strong>k<strong>und</strong>liche Informationen<br />

vermittelt werden können. Der Besuch<br />

des Rheinfalls soll attraktiver gestaltet<br />

<strong>und</strong> die Verweildauer verlängert werden.<br />

Die Land schaft am Rheinfall soll durch ein<br />

verbessertes Pflegekonzept aufgewertet<br />

<strong>und</strong> einzelne Landschaftselemente sollen<br />

wie derhergestellt werden. Die Umgebung<br />

wird wieder den früheren parkähnlichen<br />

Cha rak ter erhalten. Neue Wege <strong>und</strong> Aussichtspunkte<br />

sollen bequeme <strong>und</strong> attraktive<br />

R<strong>und</strong>gänge ermöglichen. Für den Rheinfall<br />

gelten besondere Schutzbe stim mungen<br />

<strong>und</strong> planerische Gr<strong>und</strong>lagen, insbesondere<br />

handelt es sich um ein BLN-Gebiet. Der<br />

Rheinaub<strong>und</strong> ist mit dem Geschäftsführer in<br />

der Begleit gruppe vertreten.<br />

Im Dezember 2007 hat der Kanton Zürich<br />

als Eigentümer der Liegenschaft Schloss<br />

Laufen öffentlich angekündigt, mit einem<br />

Bauvolumen von r<strong>und</strong> 15 Mio. Fr. die unbefriedigende<br />

Situation auf der Zürcher Seite<br />

zu verbessern. Hier werden wir sehr genau<br />

hinschauen müssen, damit die unwiederbringliche<br />

Rheinfall-Landschaft nicht einfach<br />

kommerzialisiert wird.<br />

Kantonaler Richtplan, Kt. Zürich<br />

Mit Beschluss vom 26.03.2007 beschloss der<br />

Kantonsrat den überarbeiteten Verkehrs richtplan.<br />

Trotz zahlreicher Einwendungen aus<br />

Umweltschutzkreisen hat dieser Plan mehr<br />

Ähnlichkeit mit einem Wunschkatalog der<br />

Lastwagenlobby <strong>und</strong> der Bauwirtschaft als<br />

mit einem seriösen Planungsinstrument.<br />

Ohne jegliche Rücksicht auf Bevölkerung <strong>und</strong><br />

Umwelt werden darin Projekte vorbereitet,<br />

die das genaue Gegenteil von nachhaltiger<br />

Verkehrsentwicklung bedeuten. Die schönen<br />

Worte der Zürcher Regierungs vertreterInnen<br />

werden damit brutal widerlegt.<br />

Im Herbst erfolgte die Auflage des Teil bereichs<br />

Landschaft, Gewässer, Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgung. Wir kritisierten hier den nach<br />

Der Rheinfall bietet<br />

ein imposantes Naturschauspiel.<br />

Foto: Max Baumann<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 29


Jahresbericht 2007<br />

wie vor auf völlig überholtem technischen<br />

Verständnis basierenden Umgang mit Fliessgewässern<br />

als Vorfluter, die ungenügende<br />

Berücksichtigung des Klimawandels für den<br />

Wasserhaushalt <strong>und</strong> eine sehr sektorielle<br />

Behandlung der Gewässer. Bei den Bereichen<br />

Materialdeponien <strong>und</strong> Materialabbau sah es<br />

leider auch nicht anders aus <strong>und</strong> unsere<br />

Einwendungen gerieten zwangsläufig recht<br />

lang. Im Energiebereich hat sich der Regierungsrat<br />

sogar wieder für den Bau neuer<br />

Atom kraftwerke ausgesprochen! Bei der im<br />

Frühling 2008 zu erwartenden Behandlung<br />

im Kantonsrat ist auch nicht zu erwarten,<br />

dass ein nachhaltiger Umgang mit Landschaft,<br />

Energie <strong>und</strong> Gewässern grösseres<br />

Gewicht erhält.<br />

Seeuferschutz Greifensee,<br />

Seerestaurant in Uster,<br />

Einsprache, Kt. Zürich<br />

Der „Verein Pavillon Nouvel“ hat aus Beständen<br />

der EXPO ein für die Arteplage in<br />

Murten konzipiertes Restaurantgebäude erstanden<br />

<strong>und</strong> will es bei der Niederustermer<br />

Schifflände wieder aufbauen. Das Gebäude<br />

beansprucht eine bisher offen gehaltene<br />

Wiese <strong>und</strong> überstellt mit der Terrasse sogar<br />

die Uferlinie. Im Oktober 2003 verweigerten<br />

sowohl die Volkswirtschaftsdirektion wie<br />

auch die Baudirektion die nötigen Bewilligungen,<br />

bejahten aber gr<strong>und</strong>sätzlich die<br />

Bewilligungsfähigkeit hinsichtlich Gr<strong>und</strong>was<br />

ser schutz. Gegen den ablehnenden Entscheid<br />

rekurrierten sowohl der Verein wie<br />

auch die Stadt Uster beim Regierungsrat.<br />

Dieser hob zur allgemeinen Verblüffung alle<br />

Verfügungen der eigenen Direktionen auf.<br />

Gegen diesen Entscheid erhob der Rheinaub<strong>und</strong><br />

wiederum Beschwerde beim Zürcher<br />

Verwaltungsgericht, welches die Beschwerde<br />

2006 teilweise guthiess <strong>und</strong> an die mitbeteiligten<br />

Direktionen zur erneuten Prüfung „im<br />

Sinne der Erwägungen“ zurückwies. Im selben<br />

Jahr haben wir uns bemüht, mit der<br />

Stadt <strong>und</strong> dem „Verein Pavillon Nouvel“ in<br />

Kontakt zu treten. Es kamen denn auch zwei<br />

Informations- <strong>und</strong> Verhandlungsr<strong>und</strong>en zustande.<br />

Leider konnte kein Konsens bezüglich<br />

eines alternativen Standorts gef<strong>und</strong>en<br />

werden, die Projektanten beharren auf dem<br />

ursprünglichen Standort. Im Sommer 2007<br />

wurde ein so genannter „Probebetrieb“ auf<br />

einer fahrlässig erteilten Bewilligung durchgeführt.<br />

Hier führten wir ebenfalls Rekurs<br />

<strong>und</strong> die Bewilligung musste zurückgezogen<br />

werden. Im Dezember 2007 reichte der<br />

Verein „Pavillon Nouvel“ ein neues Bau gesuch<br />

ohne Seeplattform ein. Da aber sowohl<br />

der Gewässerabstand als auch der Waldabstand<br />

immer noch massiv verletzt würden,<br />

beschloss der Vorstand auch hier wieder<br />

einstimmig, dagegen zu rekurrieren. Ein<br />

Entscheid der Baurekurskommission ist im<br />

Sommer 2008 zu erwarten.<br />

Zusammen mit den vielen anderen beteiligten<br />

Interessengruppen am See, Natur- <strong>und</strong><br />

Vogelschützer, Sportler, Fischer, wurde dank<br />

der Mithilfe von Vorstandsmitglied Paul<br />

Stopper ein guter Kontakt aufgebaut. Anfang<br />

2008 soll die Öffentlichkeit über die<br />

Beweggründe <strong>und</strong> die Ziele unseres Engagements<br />

informiert werden.<br />

Initiative „Raum für Mensch <strong>und</strong> Natur“<br />

Am 31. Januar 2007 wurde der Verein „ Ja zur<br />

Lebensraum-Initiative“ gegründet. Der<br />

Verein, zu dessen Gründungsmitgliedern<br />

auch der Rheinaub<strong>und</strong> gehört, bereitet die<br />

Unterschriftensammlung zur Eidgenössischen<br />

Volksinitiative „Raum für Mensch <strong>und</strong><br />

Natur“ vor. Jürg Bloesch ist Mitglied im<br />

Initiativkomitee. Als Kernpunkt verlangt die<br />

Initiative, dass die Gesamtfläche aller<br />

Bauzonen während 20 Jahren nicht vergrössert<br />

werden darf, wobei Erweiterungen von<br />

Bauzonen mit Rückzonungen an anderen<br />

Unsere Landschaft braucht<br />

auch Ihre Unterstützung.<br />

Bitte beachten Sie die<br />

Unterschriftenbögen!<br />

Foto Lukas Boller<br />

Orten kompensiert werden können. Ausnahmen<br />

von dieser Bauzonenbegrenzung<br />

soll der B<strong>und</strong>esrat nur in begründeten Fällen<br />

gewähren. Die Initiative schlägt weiter eine<br />

Neuformulierung <strong>und</strong> Konkretisierung des<br />

Verfassungsartikels über die Raumplanung<br />

(Art. 75 BV) vor. So werden in Absatz 1 die<br />

Kantone <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>, statt wie bisher einzig<br />

die Kantone, zum haushälterischen<br />

Umgang mit dem Boden verpflichtet. Neu<br />

wird die Trennung des Baugebiets vom<br />

Nichtbaugebiet <strong>und</strong> der Schutz des Kulturlandes<br />

explizit als Ziel erwähnt. Durch Absatz<br />

2 soll der B<strong>und</strong> zur Förderung der Siedlungs<br />

entwicklung nach innen verpflichtet<br />

werden.<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> hat sich zum Sammeln<br />

von 1‘000 Unterschriften verpflichtet.<br />

Stellungnahme zur Verordnung über die Pärke<br />

von nationaler Bedeutung<br />

Der Rheinaub<strong>und</strong> wurde eingeladen, sich<br />

zum Entwurf der Pärkeverordnung zu äussern.<br />

Nachfolgend eine vorläufige Ein schät zung.<br />

Die Änderungen zum „B<strong>und</strong>esgesetz über<br />

Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz“ (NHG) vom 6. Oktober<br />

2006 ermöglicht die Errichtung neuer<br />

Natur-Pärke von nationaler Bedeutung in<br />

der Schweiz. Der ausgezeichnete Gesetzes-<br />

Seite 30 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


text wurde von den Umweltschutzorganisationen<br />

als Durchbruch in Richtung grosser,<br />

zusammenhängender Naturschutzzonen begrüsst,<br />

ja als Erfolg gefeiert.<br />

Umso enttäuschender fällt der Entwurf der<br />

Pärkeverordnung im Bereich der regionalen<br />

Naturpärke aus. Denn es macht nicht den<br />

Anschein, als wollten die Verfasser Sinn <strong>und</strong><br />

Zweck des Gesetzes umsetzen. Im Gegenteil<br />

wird man den Eindruck nicht los, die Verordnung<br />

versuche, den Begriff des „nachhaltigen<br />

Wachstums“ so zu definieren, bis von<br />

der Nachhaltigkeit nichts mehr übrig bleibt.<br />

Erhärtet wird dieser Verdacht durch die erste<br />

Klausel der Charta des im Albula- <strong>und</strong><br />

Juliertal geplanten „parc ela“. Diese lautet:<br />

„Stärkung der Wirtschaft <strong>und</strong> Erhaltung bzw.<br />

Schaffung neuer Arbeitsplätze“.<br />

Änderung der Stromeinspeiseverordnung<br />

Unsere fristgerecht vor dem 15.10.2007 abgegebene<br />

Stellungnahme beinhaltet die<br />

Ablehnung einer generellen Vergütung des<br />

Stroms aus Wasserkraft (wenn schon, dann<br />

nur die Mehrproduktion), die Ablehnung<br />

der Unterstützung der Kleinstwasser kraftwerke,<br />

die Forderung nach einem Verbot<br />

der Förderung von Anlagen in Schutzgebieten<br />

<strong>und</strong> in Gewässerabschnitten mit<br />

schüt zenswerte Arten sowie die Forderung<br />

nach einer beschränkten Förderungsdauer<br />

von maximal 20 Jahren.<br />

Aktionsplan „Erneuerbare Energien“<br />

des UVEK<br />

Unsere Stellungnahme vom Herbst 2007<br />

enthält drei Schwerpunkte. Erstens muss der<br />

Gesamtenergieverbrauch gesenkt werden,<br />

zweitens müssen die Gewässer entlastet<br />

(<strong>und</strong> die Nutzung eben nicht weiter ausgebaut)<br />

werden <strong>und</strong> drittens müssen auch die<br />

neuen erneuerbaren Energien streng auf<br />

Nachhaltigkeitskriterien geprüft werden.<br />

Das bedeutet die Infragestellung einer staatlichen<br />

Förderung der Wasserkraft <strong>und</strong> der<br />

Biomasse.<br />

Neben dem Angebot der zwei Standardmodule<br />

war VivaRiva Teil des Schaffhauser<br />

Sommerferienangebotes „Snäck“. Jugend liche<br />

Naturforscher nahmen dabei den Spitzwiesenbach<br />

bei Herblingen genau unter die<br />

Lupe <strong>und</strong> erfuhren viel Spannendes über<br />

Was ser habitat, Bachlebewesen <strong>und</strong> Öko morphologie.<br />

Ein Anlass der besonderen Art mit speziell<br />

grossem Teilnehmererfolg fand im August<br />

in der Stadt Schaffhausen statt. VivaRiva<br />

lockte mit einem Standangebot an der Jagd,<br />

Forst- <strong>und</strong> Fischereiausstellung „Mensch<br />

<strong>und</strong> Natur“ mit Binokularen grosse Scharen<br />

zur Betrachtung von Wasser-Makro-Invertebraten<br />

<strong>und</strong> konnte in den nachfolgenden<br />

Tagen mit der Aktion „Grünes Klassenzimmer“<br />

36 Schulklassen über Faszination <strong>und</strong><br />

Wichtigkeit der kleinen Wasserbewohner informieren.<br />

Neben dem grossen Publikum,<br />

das an diesem Anlass erreicht wurde, ist<br />

auch die äusserst positive Zusammenarbeit<br />

insbesondere mit dem Fischereiverband zu<br />

erwähnen.<br />

VivaRiva konnte 2007 eine beeindruckende<br />

Menge an TeilnehmerInnen erreichen. Mehr<br />

als 1100 Personen haben sich mit VivaRiva<br />

aktiv mit Fliessgewässerlebensräumen <strong>und</strong><br />

Bachbewohnern auseinander gesetzt. Dabei<br />

soll erwähnt werden, dass besonders die<br />

Aktion „Grünes Klassenzimmer“ in kurzer<br />

Zeit sehr viele SchülerInnen erreichen konnte.<br />

Es darf aber auch darauf hingewiesen<br />

werden, dass die unzähligen Leute, welche<br />

den VivaRiva-Stand an der Ausstellung<br />

„Mensch <strong>und</strong> Natur“ als Laufpublikum besucht<br />

haben, nicht in die Statistik mit eingeflossen<br />

sind. Wir konnten vor allem Kinder<br />

der Mittelstufe <strong>und</strong> der Unterstufe erreichen,<br />

in geringerem Ausmass Jugendliche<br />

der Oberstufe. Dies ist wohl insbesondere<br />

darauf zurück zu führen, dass die Oberstufe<br />

häufig durch Fachlehrer unterrichtet wird,<br />

die selber das nötige Know-How zur Durchführung<br />

eines Gewässerthementages mitbringen.<br />

Ein Ziel des Jahres 2007 war es auch, VivaRiva<br />

durch verschiedene Medien in der Nordostschweiz<br />

bekannt zu machen. Der Medienspiegel<br />

zeigt die erstaunliche Medienpräsenz,<br />

welche VivaRiva bisher hatte. Neben<br />

vielen Beiträgen, die die Projektleitung initiiert<br />

(oder auch selber erfasst) hat, gab es<br />

erfreulicherweise auch bereits Artikel, die<br />

ohne Mitwirkung durch VivaRiva entstanden.<br />

Besonders hervorzuheben ist eine<br />

kurze Fernsehreportage im Schaffhauser<br />

Fernse hen (Ausstrahlung am 26.6.2007)<br />

über einen Bacherlebnistag am Spitzwiesenbach<br />

in Herblingen. Verschiedene Medientexte<br />

über VivaRiva sind auf der Website<br />

www.vivaria.ch einsehbar.<br />

Unser Beirat besteht aus Vertretern der Bildung,<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Politik sowie Fach personen<br />

aus dem Gewässerbereich. Diese unterstützen<br />

VivaRiva ideell sowie mit ihrem<br />

Fachwissen <strong>und</strong> Netzwerk <strong>und</strong> sorgen als<br />

externe Instanz für ein unabhängiges Moni-<br />

Bestimmung am Bach:<br />

VivaRiva erreicht<br />

immer mehr Menschen.<br />

Foto: VivaRiva<br />

Umweltbildung<br />

VIVARIVA<br />

Für das Jahr 2007 wurden 20 Anlässe angestrebt.<br />

Erfreulicherweise wurde diese Zahl<br />

mit insgesamt 24 Veranstaltungen übertroffen<br />

. Es dominieren klar die Bacherlebnistage.<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 31


Jahresbericht 2007<br />

toring des Projekts. Der Beirat unterstützt<br />

die Projektleitung beratend <strong>und</strong> begleitet<br />

VivaRiva mit konstruktiv-kritischen Blick.<br />

Der Beirat setzt sich aus folgenden Personen<br />

zusammen: Lilith Claudia Hübscher, Medienschaffende,<br />

Kantonsrätin, Vorstands mitglied<br />

Grüne Kt. ZH; Dipl. Bauing. ETH Christian<br />

Göldi, ehemals Abteilungsleiter beim AWEL<br />

Kt. ZH; Dr. sc. nat. ETH Pius Stadelmann, ehemals<br />

Amt für Umweltschutz, Luzern; Thomas<br />

Feurer, Stadtrat Schaffhausen, Soziales <strong>und</strong><br />

Kultur; Leo Lorenzo Fosco, Sek<strong>und</strong>arlehrer,<br />

Präsident Pro Natura Zürich, ehem. Präsident<br />

des Zürcher Verfassungsrates.<br />

Der Beirat hat sich beim Herbsttreffen sehr<br />

positiv über den Projektverlauf geäussert.<br />

Neben dem Rückblick auf das Jahr 2007<br />

wurde auch die Zukunft von VivaRiva diskutiert.<br />

Als besonders wichtig erachtet wurde<br />

v.a., den jetzt vorhandenen Schwung nicht<br />

zu bremsen <strong>und</strong> die Motivation hoch halten.<br />

In diesem Zusammenhang wurde auch ein<br />

Stellenausbau bei VivaRiva diskutiert; bzw.<br />

die Schaffung einer zweiten Teilzeitstelle.<br />

Eine zweite Person bei VivaRiva bringt zusätzlichen<br />

Elan <strong>und</strong> Kreativität ins Projekt<br />

<strong>und</strong> hilft insbesondere bei den Spitzen monaten<br />

im Sommer. Ausserdem wird es wichtig<br />

sein, im Jahr 2008 die Projektfort füh rung<br />

vor allem auch in finanzieller Hinsicht sicher<br />

zu stellen.<br />

Verein Spürsinn<br />

Vielfältig <strong>und</strong> abwechslungsreich sind die<br />

Natur- <strong>und</strong> Kulturangebote r<strong>und</strong> um den<br />

Bodensee: Ob für Kinder oder Erwachsene,<br />

Einzelreisende oder Familien, Schulklassen<br />

oder andere Gruppen, der Bodensee bietet<br />

reichlich Erlebnisse in <strong>und</strong> mit der Natur.<br />

Doch durch diese Vielfalt an Möglichkeiten<br />

verlor der Besucher in der Vergangenheit<br />

häufig den Überblick über die zahlreichen<br />

Angebote. Zusammen mit vielen anderen<br />

Organisationen entstand das gemeinsame<br />

Leit bild <strong>und</strong> die Marke „Spürsinn – Um weltbildung<br />

am Bodensee“. Parallel dazu wurde<br />

eine umfassende Datenbank aufgebaut, für<br />

die der Rheinaub<strong>und</strong> einen wesentlichen<br />

Teil aus der Vorgängeraktion „Erlebnis Natur“<br />

beitragen konnte. Die Informationen sind<br />

für Besucher in dem anwenderfre<strong>und</strong>lichen<br />

Internetportal www.spürsinn-bodensee.info<br />

nachzulesen. Dort wird zudem über aktuelle<br />

Ausstellungen berichtet <strong>und</strong> über mögliche<br />

Gruppenüber nachtungen auf Bauernhöfen<br />

informiert. Auch kann der Besucher auf dieser<br />

Inter netseite Informationen über nachhaltig<br />

wirtschaftende Campingplätze oder<br />

Jugend häuser erhalten – einfach, schnell<br />

<strong>und</strong> kostenlos.<br />

Seit 2006 führt Spürsinn e.V. das Netzwerk<br />

nun als Verein weiter. Durch eigene Veranstaltungen,<br />

Seminare <strong>und</strong> die Zusam menarbeit<br />

mit Schulen unterstützt Spürsinn die<br />

Weiterentwicklung der regionalen Angebote<br />

<strong>und</strong> die Weiterbildung der Akteure. Darüber<br />

hinaus arbeitet Spürsinn an der Einführung<br />

<strong>und</strong> Einhaltung von Qualitätsstandards,<br />

durch die den K<strong>und</strong>en eine hohe <strong>und</strong> nachhaltige<br />

Angebotsqualität garantiert wird.<br />

Ge plant ist ein Qualitätssiegel, anhand dessen<br />

die Touristen künftig gezielt hochwertige<br />

Angebote erkennen können. VivaRiva<br />

ist hier sowohl im Angebot vertreten als<br />

auch durch die Projektmitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />

unser Vorstandsmitglied Uli Göttelmann. So<br />

wurden gemeinsam Rahmenbedingungen<br />

geschaffen, die eine kontinuierliche Zusammenarbeit<br />

der Umweltbildungseinrichtungen<br />

ermöglichen.<br />

Siehe auch: www.spuersinn-bodensee.info<br />

Kooperationen<br />

Internationale Bodensee-Stiftung <strong>und</strong><br />

Umweltrat Bodensee<br />

Stiftungszweck ist die Förderung von Aktivitäten<br />

zur Erhaltung <strong>und</strong> Entwicklung von<br />

Natur, Landschaft <strong>und</strong> natürlichen Ressourcen<br />

vornehmlich in der internationalen Boden<br />

seeregion. Der Zweck soll insbesondere<br />

durch finanzielle <strong>und</strong> ideelle Förderung,<br />

grenzüberschreitende Koordination sowie<br />

durch Öffent lich keitsarbeit verwirklicht werden.<br />

Der Stif tungsrat wird durch einen Beirat,<br />

den „Umweltrat Bodensee“ beraten <strong>und</strong><br />

unterstützt. Der Rheinaub<strong>und</strong>, vertreten<br />

durch Philip Taxböck, ist Mitglied des Umweltrates.<br />

(www.bodensee-stiftung.org)<br />

Die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK)<br />

erarbeitet ein neues Leitbild für die Re gion.<br />

Es ist – wieder einmal mehr – zu befürchten,<br />

dass dabei die kurzfristigen wirtschaftlichen<br />

Absichten über die notwendigen langfristigen<br />

Ziele für eine nachhaltige Entwicklung<br />

dominieren. Eine Vernehmlas sung ist für das<br />

erste Quartal 2008 vorgesehen.<br />

CIPRA – Schweiz<br />

Die CPRA Schweiz ist die nationale Vertretung<br />

in der Internationalen Alpenschutzkommission.<br />

Die CIPRA arbeitet für eine<br />

nachhaltige Entwicklung in den Alpen. Sie<br />

setzt sich für die Erhaltung des Natur- <strong>und</strong><br />

Kulturerbes, für die Erhaltung der regionalen<br />

Vielfalt <strong>und</strong> für Lösungen grenzüberschreitender<br />

Probleme im Alpenraum ein. Unsere<br />

Delegierte in der CIPRA-Schweiz ist Iris Scholl.<br />

(www.cipra.org/de/CIPRA/cipra-schweiz)<br />

Gen-Au Rheinau<br />

Rheinau ist ein Schwerpunkt der biologischdynamischen<br />

<strong>und</strong> biologischen Saatgut arbeit<br />

in Europa. Ein langfristiger, verbindlicher<br />

Schutz muss solche Zentren genetischer<br />

Vielfalt für die Landwirtschaft sichern! In ihrer<br />

Umgebung muss jede Art der Freisetzung<br />

gentechnisch veränderter Organismen vermieden<br />

<strong>und</strong> verboten werden. Die Stiftung<br />

Fin tan (Rheinau) <strong>und</strong> ihr Förderverein haben<br />

die Initiative ergriffen <strong>und</strong> Gen-Au Rheinau<br />

gegründet, bei welchem auch wir Mitglied<br />

sind. (www.gen-au-rheinau.ch/)<br />

Projektgruppe „Geschiebehaushalt<br />

Hochrhein“<br />

Das Geschiebemanagement am Hochrhein<br />

bedarf einer einheitlichen Lösung <strong>und</strong> kann<br />

nur gelöst werden, wenn die ganze Strecke<br />

integral behandelt wird <strong>und</strong> sich alle betroffenen<br />

Kreise an einen Tisch setzen. Was der<br />

Rheinaub<strong>und</strong> schon lange gefordert hat,<br />

wird nun endlich umgesetzt: Die Kraftwerke<br />

haben einen Finanzierungspool eingerichtet<br />

<strong>und</strong> ein Gremium von Fachleuten befasst<br />

sich mit der Geschiebefrage. Diese Projektgruppe<br />

operiert als Steuerungsorgan <strong>und</strong><br />

setzt sich wie folgt zusammen: je zwei<br />

Delegierte der Kraftwerke der nationalen<br />

<strong>und</strong> lokalen Behörden (BFE, BAFU, RPF; Kt.<br />

ZH <strong>und</strong> AG, Landkreis Lörrach <strong>und</strong> Waldshut),<br />

<strong>und</strong> der NGOs aus Deutschland <strong>und</strong> der<br />

Schweiz. Die Schweizer NGO-Delegation besteht<br />

aus Jürg Bloesch <strong>und</strong> Tobias Winzeler<br />

für die ARGE Re<strong>natur</strong>ierung Hochrhein.<br />

Nach der konstituierenden Sitzung am<br />

30.4.2007 wurde im Herbst das Pflichtenheft<br />

für einen Masterplan „Massnahmen zur Geschiebereaktivierung<br />

im Hochrhein“ ausgearbeitet.<br />

Die Ausschreibung wird anfangs<br />

Seite 32 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Das Geschiebe muss wieder<br />

in Bewegung kommen.<br />

Foto: Günther Frauenlob<br />

2008 erfolgen, anschliessend werden die<br />

eingegangenen Offerten beurteilt werden.<br />

Internationale Arbeitsgemeinschaft<br />

Re<strong>natur</strong>ierung des Hochrheins<br />

Zielsetzung dieser internationalen Vereinigung<br />

von Umwelt- <strong>und</strong> Fischereiver bänden<br />

ist die integrale Erhaltung der noch <strong>natur</strong>nahen<br />

Rheinabschnitte sowie die ökologische<br />

<strong>und</strong> landschaftliche Sanierung belasteter<br />

Flussstrecken. Der Rheinaub<strong>und</strong> ist<br />

hier durch Günther Frauenlob vertreten.<br />

Kraftwerk Schaffhausen-Begleitgruppe<br />

Ökostrom-Förderbeiträge (BÖF)<br />

Das Kraftwerk Schaffhausen ist nach den<br />

Kriterien von „Naturmade Star“ zertifiziert<br />

worden <strong>und</strong> verkauft diesen Strom unter<br />

der Marke „Clean Solution“. Eine der Auflagen<br />

für die Zertifizierung ist die Äufnung<br />

eine Öko-Fonds, dessen Mittel hauptsächlich<br />

für die Umsetzung der im Management-<br />

Plan vorgesehenen Aufwertungsmassnahmen<br />

eingesetzt werden müssen. Die Kontrolle<br />

über die Verwendung der Mittel <strong>und</strong><br />

Be schlüsse über allfällige weitere Mass nahmen<br />

ausserhalb des Managementplanes untersteht<br />

der Begleitgruppe (BÖF), in welcher<br />

der Rheinaub<strong>und</strong> mit Ruedi Schneider vertreten<br />

ist. Das grösste der bisherigen Projekte,<br />

der Rückbau von 300 Metern einer im<br />

Jahre 1938 erstellten sehr massiven 8 km<br />

langen Rheinufermauer konnte 2007 in Angriff<br />

genommen werden <strong>und</strong> wird gegen<br />

800 000 Fran ken kosten.<br />

(http://www.cleansolution.ch)<br />

Pro Thur<br />

Mit dieser Dachorganisation bemühen sich<br />

die Umweltorganisationen um eine Re<strong>natur</strong>ierung<br />

der Thur. Ihre Mitgliederverbände<br />

setzen sich seit vielen Jahren auf verschiedenen<br />

Ebenen für eine <strong>natur</strong>nahe Thur, insbesondere<br />

auf dem Gebiet des Kt. Zürich<br />

ein. Die ProThur ist Ansprechpartner der<br />

Behörden für Umweltfragen an der Thur <strong>und</strong><br />

Mit-Initiantin des Thurauenprojekts. Im<br />

September löste Uwe Scheibler an der GV<br />

den langjährigen Präsidenten Hans Sigg ab<br />

<strong>und</strong> der Geschäftssitz wurde nach Schaffhausen<br />

verlegt.<br />

Pro Töss<br />

Zusam<strong>mensch</strong>luss verschiedener Natur-,<br />

Heimat- <strong>und</strong> Umweltschutzorganisationen<br />

sowie Fischereivertretern. Die Pro Töss wirbt<br />

in der Öffentlichkeit <strong>und</strong> auf politischer<br />

Ebene für einen wirkungsvollen Gewässerschutz<br />

im Einzugsgebiet der Töss. Sie ist ein<br />

wichtiger Ansprechpartner für die Behörden.<br />

Unsere Vertretung wird durch Andri Bryner<br />

<strong>und</strong> Lukas Boller wahrgenommen.<br />

Pro Rheinlandschaft Diessenhofen<br />

Der Verein Pro Rheinlandschaft Diessenhofen<br />

bezweckt die Erhaltung <strong>und</strong> Respektierung<br />

unserer Landschaftsschutz- <strong>und</strong> Naherho<br />

lungs gebiete um Diessenhofen. Der<br />

Rhein aub<strong>und</strong> ist Mitglied <strong>und</strong> wird durch<br />

Ruedi Schneider vertreten. Ein Grossprojekt<br />

für ein Fun- <strong>und</strong> Wellnessbad scheiterte insbesondere<br />

auf Gr<strong>und</strong> der negativen Stellungnahme<br />

der Eidgenössisichen Natur<strong>und</strong><br />

Heimat schutz kommission. Nun hat der<br />

Stadtrat das Projekt eines ‚Klosterbades’<br />

westlich des ehe maligen Klosters St. Katharinental<br />

vorgestellt. Das Hotel <strong>und</strong> Thermalbad<br />

sollen nun in der Bauzone realisiert werden.<br />

Zudem könnte die unmittelbar daneben gelegene<br />

Reha-Klinik vom Bad profitieren. Der<br />

Verein wird das Projekt kritisch begleiten.<br />

Insbe sondere dem Denkmal- <strong>und</strong> Landschafts<br />

schutz muss gebührend Beachtung<br />

geschenkt werden.<br />

(http://www.prorhei landschaft.ch/)<br />

Flughafen Zürich: Beschwerde gegen<br />

Betriebsreglement immer noch hängig<br />

Unsere gemeinsam mit den Ärztinnen <strong>und</strong><br />

Ärzten für Umweltschutz erhobene Beschwerde<br />

vom 30.4.2005 ist immer noch<br />

hängig. Seit dem 1.1.2007 wird sie vom neuen<br />

B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht bearbeitet.<br />

Die Rekurskommission für Infrastruktur <strong>und</strong><br />

Umwelt (REKO INUM) ist aufgehoben worden.<br />

Sie hatte der Beschwerdegegnerin<br />

(Unique Flughafen Zürich AG) <strong>und</strong> dem<br />

B<strong>und</strong>esamt für Zivilluftfahrt (BAZL) einen<br />

umfassenden Katalog mit den in den vielen<br />

Beschwerden vorgebrachten Rügen <strong>und</strong> Anträgen<br />

unterbreitet.<br />

Den richterlichen Bescheid, ob unsere zentralen<br />

Begehren, Nachtruhe von 22.00 - 7.00<br />

Uhr, Begrenzung der Starts <strong>und</strong> Landungen<br />

auf insgesamt 250 000 pro Jahr sowie<br />

Begrenzung der Luftbelastung mit Stickoxiden,<br />

erfüllt werden, erwarten wir mit<br />

grossem Interesse. Besonders aber interessiert<br />

uns, ob bei der Entsorgung der Abwässer,<br />

die im Winter bei der Enteisung der<br />

Flugzeuge entstehen, der Gewässerschutz<br />

eingehalten wird.<br />

Am 17.09.2007 genehmigte das UVEK den<br />

neuen Abrollweg ab Piste 28 <strong>und</strong> verfügte<br />

einige der von uns geforderten Auflagen<br />

zum Natur- <strong>und</strong> Gewässerschutz. Insgesamt<br />

muss aber zu den bisherigen Aktivitäten festgestellt<br />

werden, dass sich die beteiligten<br />

B<strong>und</strong>es ämter alle Mühe geben, den Flugverkehr<br />

zu fördern, koste es die Bevölkerung<br />

<strong>und</strong> die Umwelt, was es wolle.<br />

Arbeitsgruppe Recht der Umweltverbände<br />

Diese Arbeitsgruppe ist Koordinations- <strong>und</strong><br />

Informationsplattform der nationalen Verbän<br />

de für Rechtsfälle. Nachdem die Umweltverbände<br />

die schmerzlichen Einschränkungen<br />

des Beschwerde rechtes durch die<br />

eidgenössischen Räte akzeptierten, ging es<br />

darum, sich gegen die daraus folgenden<br />

Anpassungen der Verordnungen im Rahmen<br />

der Vernehmlassungen zu wehren.<br />

Des Weiteren begleitete die AG-Recht die<br />

Arbeiten zur Bekämpfung der Initiative der<br />

Zürcher FDP, welche zur faktischen Abschaffung<br />

des Verbandsbeschwerderechtes<br />

führen würde (siehe „Nein zur Initiative des<br />

Zürcher Freisinns“).<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 33


Jahresbericht 2007<br />

Die AG-Recht erarbeitet <strong>und</strong> publiziert zudem<br />

die Statistik über alle Beschwerdefälle<br />

der Umweltorganisationen (www.pro<strong>natur</strong>a.ch/content/data/0803_VBR_Stat_d.pdf)<br />

Unser Vertreter ist Jean-Pierre Jaccard.<br />

Nationale Projektorganisation für das<br />

Verbandsbeschwerderecht / Verein<br />

„Nein zur Initiative des Zürcher Freisinns<br />

Zielsetzung der durch eine Vereinbarung vom<br />

Herbst 2004 geregelten Zusammen ar beit der<br />

Verbände ist die Verteidigung des Verbandsbeschwerderechts.<br />

Mit dem Ab schluss der<br />

Parlamentsberatung zur Neugestaltung von<br />

UVP <strong>und</strong> VBR ist die Kampagne ausgelaufen<br />

<strong>und</strong> wurde abgelöst durch den gemeinsamen<br />

Kampf gegen die Initiative des Zürcher<br />

Freisinns zur Abschaffung der Verbands<br />

be schwerde. Die Federführung hat<br />

Christof Dietler, Jürg Bloesch ist Mitglied des<br />

Initiativ komitees.<br />

(www.verbandsbeschwerde.ch/)<br />

Kt. Zürich: Externe Expertengruppe<br />

Plan ungs- <strong>und</strong> Baugesetz<br />

Die Vernehm lassung zur Totalrevision des<br />

PBG wurde seinerzeit für den Rheinaub<strong>und</strong><br />

durch Martin Furter ausführlich beantwortet.<br />

In dieser Stel lung nahme wurden sehr<br />

bedenkliche Fest stel lungen gemacht. Auch<br />

von vielen anderen Seiten hagelte es Kritik,<br />

so dass der Kanton schliesslich von einer<br />

Totalrevision absah (Beschluss vom 19.7.06)<br />

<strong>und</strong> das Gesetz nur noch einer Teilrevision<br />

unterziehen will. Eine externe Expertengruppe<br />

soll nun die Eck punkte der Revision festlegen.<br />

In der völlig einseitig durch die Bauwirtschaft<br />

dominierten Arbeitsgruppe sind<br />

wir von Seiten der Umweltverbände nur mit<br />

unserem Vize präsidenten Ueli Rippmann<br />

<strong>und</strong> dem Rechts professor Alain Griffel vertreten.<br />

Die teilweise hanebüchenen Vorschläge seitens<br />

der Baudirektion waren aber derart „ungeniessbar“,<br />

dass sich nach nur zweimaligem<br />

Schlagabtausch die ganze Sache im<br />

Frühling 2007 ohne Ergebnis auflöste.<br />

Diverses<br />

Neuer Werbeflyer für den Rheinaub<strong>und</strong><br />

Mit dem neuen Logo sollte auch der Werbeauftritt<br />

etwas frischer <strong>und</strong> farbenfroher gestaltet<br />

werden. Eine Arbeitsgruppe mit Jürg<br />

Bloesch, Günther Frauenlob, Ruedi Schneider<br />

<strong>und</strong> Uwe Scheibler hat zusammen mit dem<br />

Velobüro Olten ein Konzept ausgearbeitet,<br />

Fotos zusammengesucht <strong>und</strong> die Texte<br />

mehr fach überarbeitet. Der Druck ist im<br />

Frühjahr 2008 erfolgt.<br />

Begegnung „Mensch <strong>und</strong> Natur“<br />

auf dem Herrenacker in Schaffhausen<br />

Die Schaffhauser Jagd- <strong>und</strong> Fischereiverbände<br />

haben zusammen mit der Forstverwaltung<br />

am 25./26. August 2007 einen Grossanlass<br />

auf dem Herrenacker in Schaffhausen<br />

durchgeführt. Die Organisatoren wollten<br />

der Öffentlichkeit damit die uralten Traditionen<br />

der Jagd <strong>und</strong> der Fischerei näher<br />

bringen <strong>und</strong> das Verständnis dafür durch<br />

Aufklärung verbessern. Die Projektleitung<br />

hatte zu diesem Anlass auch die lokalen<br />

Naturschutzverbände <strong>und</strong> den Rheinaub<strong>und</strong><br />

eingeladen. Mit einem Volumen von<br />

60 000 Litern war das Gross-Aquarium mit<br />

einheimischen Fischen mit Abstand die<br />

grösste Attraktion. Die Natur- <strong>und</strong> Umweltorgani<br />

sationen präsentierten sich an zwei<br />

Ständen <strong>und</strong> führten einen Wettbewerb<br />

nach einer Idee von Ruedi Schneider durch.<br />

Der Andrang war riesig, es wurden insgesamt<br />

347 Wettbewerbsformulare ausgefüllt.<br />

Die Teilnehmer waren vorwiegen Familien<br />

womit insgesamt ca. 1 000 Personen involviert<br />

gewesen sein dürften. Die Gesamtbesucher<br />

zahl wird auf 12–14 000 geschätzt.<br />

Als eigenständiges Angebot haben wir unter<br />

dem Projekt „VivaRiva“ dem Publikum<br />

Kleinst wasserlebewesen vorgeführt, welche<br />

unter den Binokularen betrachtet <strong>und</strong> bestimmt<br />

werden konnten. Das Schülerinteresse<br />

war hervorragend!<br />

Apero zur Ablösung der Geschäftsleitung<br />

Im Laufe der 17 Jahre als Geschäftsführer<br />

Daten, Zahlen, Fakten<br />

Kommentar zur Betriebsrechnung<br />

Die Ertragsseite lieferte 2007 ein erfreuliches<br />

Ergebnis.<br />

Die Mitglieder (1) <strong>und</strong> die Abonnenten (2)<br />

haben ihre Beiträge jeweils grosszügig aufger<strong>und</strong>et,<br />

so dass die Ziele erreicht werden<br />

konnten. Die Spenden auf Aussendungen<br />

des Rheinaub<strong>und</strong>es hat Ruedi Schneider<br />

viele angenehme <strong>und</strong> fruchtbare Bekanntschaften<br />

mit den Exponenten der lokalen<br />

Schutzverbände, der Fischereiverbände <strong>und</strong><br />

auch der Behörden gemacht. Deshalb wollte<br />

er sich von ihnen im geselligen Rahmen<br />

verabschieden. Der Anlass bot zudem Gelegenheit,<br />

unsere Geschäftsstellen-Crew <strong>und</strong><br />

deren Funktionen kennen zu lernen <strong>und</strong> einen<br />

Einblick in unsere Arbeit zu gewähren.<br />

Der Anlass konnte am 12. Sep tember durchgeführt<br />

werden.<br />

Anlass für Grossspender<br />

<strong>und</strong> treue Mitglieder<br />

Bereits seit Jahren versuchte Ruedi Schneider<br />

einen Anlass für unsere Grossspender <strong>und</strong><br />

treuen Mitglieder zu organisieren. Am 20.<br />

Oktober war es dann soweit. Das persönliche<br />

Kennenlernen festigt zweifelsohne die<br />

Bindung zum Rheinaub<strong>und</strong> <strong>und</strong> ist eine<br />

Geste der Dankbarkeit an die eingeladenen<br />

Mitglieder. Den vorwiegend älteren Teilnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmern wurde ein<br />

interessantes Rahmenprogramm mit einem<br />

einfachen Mittagessen geboten.<br />

Die etwa 20 Gäste trafen sich morgens im<br />

Schloss Laufen, wo nach der Begrüssung ein<br />

Vortrag von Jürg Bloesch über unser Rheinau-Projekt<br />

folgte. Um ca. 11 Uhr starteten<br />

wir eine Bootsfahrt nach Rheinau mit einer<br />

R<strong>und</strong>e im Rheinfallbecken. Beim Übersetzen<br />

über das Hauptwehr folgten weitere Erklärungen<br />

zum Kraftwerk Rheinau. Nach dem<br />

Mittag essen führte uns der versierte Lokalhistoriker<br />

Stefan Keller über die Kloster insel.<br />

Eine besondere Attraktion waren auch die<br />

historischen Räumlichkeiten des ehemaligen<br />

Klosters, welche nur auf Antrag für nachweislich<br />

kulturhistorisch interessierte Besucher<br />

möglich sind.<br />

(3) haben sowohl Budget als auch Vorjahr<br />

übertroffen. Auch die Projekte (7) wurden<br />

mit namhaften Beiträgen unterstützt.<br />

Durch die Anpassung der Wertschriftenbewertung<br />

an die „Fachempfehlung zur<br />

Rechnungslegung von Nonprofit-Orga nisationen“<br />

(GAP FER 21) wird die Differenz zwi-<br />

Seite 34 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Betriebsrechnung <strong>und</strong> Bilanz 2007<br />

Verteilung<br />

nach Arbeitsgebieten<br />

Umweltbildung<br />

14%<br />

Erträge 2006 2007 Budget 2007<br />

1 Mitglieder (Beiträge+Spenden) 66‘899 86‘577 79‘198<br />

2 Abo N+M (Abo+Spenden) 65‘904 61‘881 62‘908<br />

3 Spenden auf Aussendungen 63‘803 71‘433 65‘000<br />

4 Spenden allgemein 53‘738 44‘564 43‘935<br />

5 Beiträge der öffentlichen Hand 30‘000 30‘000 30‘000<br />

6 Finanzerträge 2‘416 3‘248 2‘600<br />

7 Projekte allgemein 769 13‘000 2‘000<br />

8 VivaRiva 82‘300 80‘902 68‘789<br />

9 Sonstige Erträge* 903 19‘688 700<br />

* Wertschriften neu nach aktuellem Kurswert bewertet<br />

Aufwendungen 2006 2007 Budget 2007<br />

10 Personal <strong>und</strong> Verwaltung* 139‘669 137‘927 124‘377<br />

11 Zeitschrift N+M 100‘433 104‘663 99‘435<br />

12 Marketing / Aussendungen 27‘319 22‘186 23‘767<br />

13 Projekte allgemein 33‘166 18‘519 34‘066<br />

14 VivaRiva 98‘989 95‘616 83‘3 69<br />

* inkl. Miete, Abschr., Aufw. Mitgliedsbeitr., andere Aufwendungen<br />

Zusammenfassung 2006 2007 Budget 2007<br />

15 Ertrag 366‘732 411‘293 355‘130<br />

16 Aufwand 399‘576 378‘911 365‘014<br />

17 Ergebnis ohne Wertberichtigung -32‘844 12‘694 -9‘884<br />

18 Ergebnis mit Wertberichtigung 32‘382<br />

Bilanz<br />

Aktiven 2006 2007/1 2007/2<br />

19 Flüssige Mittel 128‘641 92‘750 92‘750<br />

20 Transitorische Aktiven 7‘872 3‘756 3‘756<br />

21 Wertschriften 33‘310 83‘354 83‘354<br />

22 nicht realisierte Wertschriftengewinne 15‘906 15‘906<br />

23 Mobiliar 0 0 0<br />

24 Total Aktiven 169‘823 195‘766 195‘766<br />

Passiven 2006 2007/1 2007/2<br />

25 Kurzfristige Verpflichtungen 0 -3‘861 -3‘861<br />

26 Transitorische Passiven 30‘536 15‘139 15‘139<br />

27 Fondsvermögen 72‘637 85‘455 95‘455<br />

28 Freies Vermögen 99‘494 66‘650 89‘033<br />

29 Total Passiven 202‘667 163‘383 195‘766<br />

* 2007/1 vor Gewinnverteilung, 2007/2 nach Gewinnverteilung<br />

Betriebsgewinn 12‘694<br />

Werbung <strong>und</strong><br />

Öffentlichkeitsarbeit 8%<br />

Zeitschrift<br />

Natur <strong>und</strong> Mensch 16%<br />

Geschäftsstelle,<br />

Beratung u. Dokumentation<br />

22%<br />

angewandter Natur<strong>und</strong><br />

Landschaftsschutz<br />

<strong>und</strong> Gewässerprojekte 34%<br />

schen Ankauf <strong>und</strong> aktuellem Kurswert als<br />

„nichtrealisierter Gewinn“ ausgewiesen.<br />

Zusätzlich mit Gutschriften der Pensionskasse<br />

resultierten Fr. 19 688.– als „Sonstige<br />

Erträge“ (9).<br />

Bei den Aufwendungen gab es unter (10) Personal<br />

<strong>und</strong> Verwaltung etwas geringere Kos-<br />

Im Jahr 2007 geleistete St<strong>und</strong>en<br />

nach Arbeitsgebieten.<br />

Grafik: Rheinaub<strong>und</strong><br />

ten durch den Geschäftsführerwechsel. In<br />

den allgemeinen Projekten (13) sind weniger<br />

Anwaltskosten als budgetiert angefallen.<br />

Die Differenzen bei VivaRiva (8) <strong>und</strong> (14)<br />

entstanden durch die Offenlegung der<br />

Eigen leistungen des Rheinaub<strong>und</strong>es, auf<br />

das Gesamtergebnis hat das aber keinen<br />

Einfluss.<br />

Unter (25), kurzfristige Verpflichtungen, sind<br />

wegen Anstellungsänderungen zuviel bezahlte<br />

Versicherungsprämien ausgewiesen.<br />

Da die Erträge gegenüber dem Budget grösser<br />

<strong>und</strong> die Aufwendungen kleiner geworden<br />

sind, schliesst die Rechnung mit einem<br />

Betriebsgewinn von Fr. 12 694 ab.<br />

Der Gesamtgewinn (also inklusive Sonstige<br />

Erträge) wird zu Fr. 10 000 dem Fonds <strong>und</strong> zu<br />

Fr. 22 382 dem freien Vermögen zugeteilt.<br />

Die Rechnung wurde von den Revisoren Hans<br />

Minder <strong>und</strong> Walter Schmid am 13. Februar<br />

2008 geprüft <strong>und</strong> für richtig bef<strong>und</strong>en.<br />

Arbeitsaufwand<br />

<strong>und</strong> Bestandsentwicklung<br />

Die Projekte <strong>und</strong> Aufgaben gehen uns nicht<br />

aus <strong>und</strong> auch die Begeisterung unserer<br />

Mitglieder ist ungebrochen. Deutlich wird<br />

dies wieder einmal durch die hohe Zahl der<br />

ehrenamtlich geleisteten St<strong>und</strong>en. Von insgesamt<br />

9574 für den Rheinaub<strong>und</strong> geleisteten<br />

St<strong>und</strong>en, wurden sage <strong>und</strong> schreibe 53<br />

Prozent ehrenamtlich geleistet. Das grosse<br />

Wachstum gegenüber dem letzten Jahr erklärt<br />

sich durch die vollständige Erfassung<br />

der St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> das riesige Engagement<br />

von Ruedi Schneider <strong>und</strong> Konrad Knupp.<br />

Unsere Mitglieder sind nach wie vor mit viel<br />

Herzblut dabei, wenn es darum geht, sich<br />

mit all ihrer Kompetenz für die Belange der<br />

Umwelt einzusetzen.<br />

Leider wirkt sich dies allerdings noch nicht<br />

auf die Bestandsentwicklung im Rheinaub<strong>und</strong><br />

aus. Auch die immer wieder positive<br />

Resonnanz auf unsere redaktionelle Arbeit<br />

<strong>und</strong> unser seit letztem Jahr neu gestaltetes<br />

Heft „<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong>“ hat bis jetzt noch<br />

nicht zu einer Steigerung der Mitglieder<strong>und</strong><br />

Abonnentenzahlen führen können. Die<br />

Bestandszahlen per Ende 2007 sind 1456<br />

Abonnenten <strong>und</strong> 955 Mitglieder.<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 35


Buchbesprechungen<br />

Die Vögel der Schweiz<br />

Lionel Maumary, Laurent Vallotton,<br />

<strong>und</strong> Peter Kraus<br />

Schweizerische Vogelwarte Sempach<br />

<strong>und</strong> Nos Oiseaux, Montmollin 2007<br />

848 Seiten / 2370 Farbfotos<br />

ISBN 978-3-9523006-2-6<br />

CHF 188.00 / € 115.00<br />

(Das Buch ist auch auf französisch erhältlich:<br />

„Les oiseaux de Suisse“<br />

ISBN 978-3-9523006-1-9)<br />

Das neue schwergewichtige Standardwerk<br />

der Vogelwarte Sempach ist mit seinen<br />

knappen 5 kg ein Muss für alle interessierten<br />

Laien- als auch Fachornithologen. Klar,<br />

Gewicht sagt noch nichts über Qualität aus.<br />

Doch was da während den letzten Jahren an<br />

Informationen zusammengetragen, ausgewertet<br />

<strong>und</strong> schriftlich als auch bildlich dargeboten<br />

wird ist ansehnlich.<br />

Die Vogelwarte selbst bezeichnet ihr Werk<br />

als „ein Jahrh<strong>und</strong>ertwerk zur Schweizer Vogel<br />

k<strong>und</strong>e“. Präsentiert wird darin das gesamte<br />

Fachwissen über Vorkommen, Biologie<br />

<strong>und</strong> Schutz aller 419 in der Schweiz<br />

<strong>und</strong> im grenznahen Ausland nachgewiesenen<br />

Arten. Ergänzt wird das Werk mit 2370<br />

Farbfotos <strong>und</strong> jeweils mehreren h<strong>und</strong>ert Verbreitungskarten,<br />

Ring f<strong>und</strong> karten, Durchzugsdia<br />

grammen <strong>und</strong> Gra fiken zur Bestandes<br />

entwicklung. Ein Buchzeichen, mit den<br />

wichtigsten Abkür zungen <strong>und</strong> Interpretationsgr<strong>und</strong>lagen<br />

der vorkommenden Tabellen<br />

erleichtert das Nach schla gen auf der<br />

Einführungsseite. Soviel zu den technischen<br />

Daten, auf denen das Werk basiert.<br />

Doch was macht das Buch so kostbar? Schon<br />

in der 70-seitigen Einleitung werden alle relevanten<br />

Themen, die das Vogelleben in<br />

grös serem als auch kleinerem Stil beeinflussen,<br />

in kurzen, prägnanten Texten angeschnitten.<br />

Die Lebensräume, die Bestan desveränderungen<br />

verschiedener Arten <strong>und</strong><br />

möglicher Ursachen durch negative (Siedlungsstrukturveränderung,<br />

intensivierter<br />

Landwirtschaft, ehemaliger Gebrauch von<br />

DDT, Vogeljagd) als auch positive <strong>mensch</strong>liche<br />

Ein flüsse (Vogelschutz, Habitatschutz,<br />

Gewässerschutz, …) werden durch zahlreiche<br />

Beispiele, Diagramme <strong>und</strong> Tabellen<br />

unterlegt.<br />

Im Hauptteil werden 419 Vogelarten vorgestellt.<br />

In Einleitungstexten werden die typischsten<br />

Verhaltensweisen oder Auffälligkeiten<br />

einer Art besprochen.<br />

Das Kapitel Verbreitung behandelt die Brutverbreitung<br />

der jeweiligen Art mit den<br />

grössten Brutbeständen Europas, dem Zugverhalten<br />

sowie der Verbreitung in der<br />

Schweiz während der Brutzeit, des Durchzugs<br />

<strong>und</strong> im Winter. Weitere Kapitel wie<br />

Wanderungen, Bestandesentwicklung (in<br />

der Schweiz bis weltweit), Lebensraum <strong>und</strong><br />

Verhalten, Brutbiologie <strong>und</strong> Schutz (mit gegebenenfalls<br />

erwähnten Artenförderungsmassnahmen)<br />

r<strong>und</strong>en die wichtigsten Informationen<br />

ab.<br />

Bei manchen Arten werden Ringf<strong>und</strong>karten<br />

angestellt, bei denen auf einen Blick die maximalen<br />

Distanzen sowie die eingeschlagenen<br />

Zugrichtungen ersichtlich werden.<br />

Kommentiert werden die kleinen Karten<br />

durch ausführliche Ringf<strong>und</strong>kommentare.<br />

Bei einer so reichen Datenfülle fragt es sich,<br />

was das Werk nicht beinhaltet. Mir fallen dazu<br />

nur die typischen Artkennzeichen als<br />

auch ein kurzer Stimmenbeschrieb ein.<br />

Das Gesamturteil ist positiv, da die einzelnen<br />

Vogelarten bis nahezu ins letzte Detail<br />

besprochen werden. Die Autoren waren<br />

sichtlich betrübt über den Redaktionsschluss.<br />

Auf Seite 840 erfolgte noch ein Nachtrag<br />

über den Bartlaubsänger <strong>und</strong> in der Bildlegende<br />

des Bartgeiers unter dem Vorwort<br />

wird erwähnt, dass die drei Brutnachweise<br />

des Bartgeiers im Buch (leider) nicht mehr<br />

behandelt werden konnten.<br />

Dennoch gibt es auch bei grossartigen<br />

Werken Kritik. Meine persönlich grösste<br />

Kritik liegt an der Schriftgrösse. Jedes Mal<br />

wenn ich das Werk aufschlage, bin ich überrascht,<br />

dass ich meinen Kopf so tief ins Buch<br />

stecken muss. Zugunsten der Schriftgrösse<br />

hätte meiner Meinung nach auf das eine<br />

oder andere Bild verzichtet werden müssen.<br />

Zumal die Auswahl der Bilder bezüglich der<br />

Qualität <strong>und</strong> Aussagekraft nicht immer die<br />

beste ist. Auch ist das Layout mit all den<br />

Karten, Fotos <strong>und</strong> bunten Rahmen zu wenig<br />

überdacht <strong>und</strong> wirkt durch die Menge an<br />

verschiedenen Elementen eher unübersichtlich.<br />

Rahmentexte mit ca. 180 Schriftzeichen<br />

pro Zeile! in noch kleinerer Schrift am Ende<br />

der jeweiligen Artbeschriebe sind eher leserfeindlich.<br />

Selbst wenn durch unterschiedliche<br />

Schrifttypen versucht wird, eine gewisse<br />

Übersichtsstruktur hineinzubringen,<br />

scheitert dies infolge der langen Zeichenflut.<br />

Manchmal wäre etwas weniger eben doch<br />

mehr.<br />

Zum Abschluss noch die Fragen. Wem <strong>und</strong><br />

wann dient das Werk? Die Vögel der Schweiz<br />

ist ein Fachbuch, das sich in erster Linie an<br />

interessierte Ornithologen, Exkursionsleiter<br />

<strong>und</strong> Fachleute richtet. In Folge des Gewichtes<br />

<strong>und</strong> des Formats dient es zum Studium<br />

auf einem freigehaltenen Bürotisch im stillen<br />

Kämmerlein.<br />

Karin Schlude, Jestetten<br />

Seite 36 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008


Termine / Aktuelles<br />

Herzlichen Dank!<br />

Unser verstorbenes Ehrenmitglied, Dr. Alfred<br />

Huber, hatte bereits zu Lebzeiten verfügt,<br />

bei seinem Hinschied anstelle von Blumenspenden<br />

des Rheinaub<strong>und</strong>es zu gedenken.<br />

Die Trauergemeinde war äusserst spendenfreudig:<br />

Zusammen mit der Kollekte an der<br />

Trauerfeier selber <strong>und</strong> den Überweisungen<br />

auf unser Postkonto bzw. an die Trauerfamilie<br />

kamen per 7. April 2008 über 3000 Franken<br />

zusammen. Dafür möchten wir allen Spenderinnen<br />

<strong>und</strong> Spendern herzlich danken. Aber<br />

auch die Trauerfamilie bedankt sich dafür<br />

herzlich. Sie freut sich mit uns, dass der<br />

Wunsch des Verstorbenen derart grosszügig<br />

erfüllt worden ist.<br />

In eigener Sache –<br />

Aushangplätze gesucht!<br />

Um auch an eine junge Leserschaft zu gelangen,<br />

haben wir eine neue Abonnentenkategorie<br />

geschaffen. Nun gibt’s ein Studenten<br />

bzw. Lehrlingsabo zu einem deutlich<br />

reduzierten Preis. Um dafür Werbung zu machen,<br />

suchen wir Lehrpersonen <strong>und</strong> Studenten<br />

an Hochschulen, Universitäten <strong>und</strong> an -<br />

de ren Ausbildungsstätten, welche bereit<br />

sind, einen Aushang in ihrer Ausbil dungsstätte<br />

durchzuführen. Beim Aushang handelt<br />

es sich um ein sehr originelles A3-Plakat<br />

mit Prospekthalter, welches mit Pins auf einer<br />

Infotafel befestigt werden kann. Bitte,<br />

melden Sie sich dafür auf unserem Sekretariat,<br />

Telefon 052 625 26 5y8.<br />

SommerUni Davos 2008:<br />

Starke Städte – starke Alpen<br />

Die SommerUni Davos 2008 widmet sich<br />

vom 18. bis 22 August dem Solidaritätsgedanken<br />

quer durch die Schweiz <strong>und</strong> darüber<br />

hinaus sowie der Partnerschaft <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit zwischen Regionen, zwischen<br />

Menschen, zwischen Institutionen<br />

<strong>und</strong> zwischen verschiedenen Fachdisziplinen.<br />

Alt Regierungsrat Klaus Huber lieferte<br />

an der letztjährigen SommerUni mit dem<br />

Satz „Ohne Graubünden ist Zürich austauschbar<br />

– ein Plädoyer für Partnerschaft“<br />

das Motto für das diesjährige Thema „Metropole<br />

Schweiz: Starke Städte – starke Alpen“.<br />

Während einer Woche nehmen Vertreterinnen<br />

<strong>und</strong> Vertreter aus Wissenschaft,<br />

Politik <strong>und</strong> Praxis zu Europäischen Metropolregionen,<br />

Schweizer Raumkonzepten,<br />

Regionalentwicklung, Innovationsprozessen<br />

<strong>und</strong> vielem mehr Stellung. Auf dem Programm<br />

stehen Vorträge, Diskussionen, Filme<br />

<strong>und</strong> gemeinsame Exkursionen. Die deutschsprachige<br />

SommerUni richtet sich an Laien,<br />

Fachleute <strong>und</strong> Studierende.<br />

Programm <strong>und</strong> Anmeldung:<br />

http://www.vhsbb.ch/unifenster.htm<br />

Quelle: AlpMedia<br />

Umstrittene Gesetzesnovelle<br />

für den Triglav-Nationalpark<br />

Die neue Gesetzesnovelle für den slowenischen<br />

Triglav-Nationalpark, welche die<br />

Slowenische Regierung vor kurzem verabschiedet<br />

hat, ist aus Sicht des Natur- <strong>und</strong><br />

Landschaftsschutzes noch bedenklicher ausgefallen<br />

als die erste Version vor vier Jahren.<br />

Die Zonierung <strong>und</strong> die vielen Ausnah meregelungen<br />

sehen vor, die Kernzone des<br />

Parks auf ein Drittel der Gesamtfläche zu<br />

reduzieren. Die Novelle gibt zudem weder<br />

Anregungen für eine nachhaltige Entwicklung<br />

noch garantiert sie finanzielle<br />

Mittel dafür. Das Umweltministerium hat<br />

keinen der Vorschläge der NGOs <strong>und</strong> der lokalen<br />

Gemeinschaften berücksichtigt <strong>und</strong><br />

ist auch nicht auf die Forderungen des<br />

Europarats, des Natura 2000 Netzwerkes<br />

<strong>und</strong> des UNESCO-Biosphärenparks Julische<br />

Alpen eingegangen. Besonders befremdend<br />

ist, dass das Ministerium für dieses wichtige<br />

Gesetz ein beschleunigtes Verfahren vorschlägt.<br />

Die Gesetzesnovelle geht nun für<br />

die nächsten zwei Monate in die öffentliche<br />

Vernehmlassung.<br />

Quelle <strong>und</strong> Infos:<br />

AlpMedia / CIPRA Slowenien<br />

Generalversammlung<br />

Rheinaub<strong>und</strong><br />

Die diesjährige Generalversammlung, zu<br />

der wir alle Rheinaub<strong>und</strong>-Mitglieder<br />

herzlich einladen, wird am<br />

28. Juni in Wettingen<br />

stattfinden. Es wird dort Ge legenheit<br />

geben, das frisch sanierte <strong>und</strong> mit einer<br />

imposanten Fischaufstiegshilfe ausgestattete<br />

Limmat kraft werk zu besichtigen.<br />

Das genaue Programm <strong>und</strong> die<br />

Einladung folgen per Post. Reservieren<br />

Sie sich aber bereits jetzt diesen Termin!<br />

Teilerfolg an der Grimsel<br />

Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren<br />

im Zusammenhang mit der Vergrösserung<br />

des Grimselsees durch Erhöhung der Staumauern<br />

von Amtes wegen aufgehoben. Das<br />

Projekt der KWO Kraftwerke Oberhasli AG<br />

geht wesentlich über die bestehenden Nutzungsrechte<br />

gemäss Gesamtkonzession hinaus<br />

<strong>und</strong> hätte deshalb nicht im Bau bewilligungsverfahren<br />

beurteilt werden dürfen;<br />

vielmehr bedarf es einer Anpassung der<br />

Konzession. Die Umweltverbände erhalten<br />

eine Prozessentschädigung von r<strong>und</strong> 23‘000<br />

Franken.<br />

Das Gericht hat in dieser Teilfrage zu unseren<br />

Gunsten entschieden, sich allerdings<br />

noch nicht mit den uns hauptsächlich interessierenden<br />

Rechtsfragen (Moorschutz, Art.<br />

6 NHG) befasst.<br />

Quelle: http://www.jgk.be.ch/vg<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 2 / 2008<br />

Seite 37


<strong>natur</strong><br />

<strong>und</strong><br />

<strong>mensch</strong><br />

50. Jahrgang • Heftnummer 2 / 2008<br />

Jährlich 6 Nummern • Erscheinungsdatum 9.5.2008<br />

Herausgeber: Rheinaub<strong>und</strong>, Schweizerische<br />

Arbeitsgemeinschaft für Natur <strong>und</strong> Heimat<br />

Autoren dieser Ausgabe:<br />

Barbara Ringgenberg<br />

Christine Weber<br />

Armin Peter<br />

Jürg Bloesch<br />

Lukas Boller<br />

Ueli Rippmann<br />

Uwe Scheibler<br />

Kathrin Jaag<br />

Ruedi Schneider<br />

Karin Schlude<br />

Auch im Geschäftsjahr 2007 standen der<br />

Rhein <strong>und</strong> die aktuellen Kraftwerksprojekte<br />

im Vordergr<strong>und</strong> der Rheinaub<strong>und</strong>-Tätigkeit.<br />

Einige dieser Projekte ziehen sich mittlerweile<br />

schon länger als zehn Jahre hin. Doch<br />

während wir früher mitunter als reine Verhinderer<br />

aufgefasst wurden, sieht man uns<br />

heute mehr <strong>und</strong> mehr als kompetente Ges<br />

prächspartner, die sich mit all ihrem Fachwissen<br />

für die Belange der Umwelt einsetzen.<br />

Im Bild die Bauarbeiten am neuen Wehr des<br />

Kraftwerks Rheinfelden.<br />

Beitrag Seite 24 ff<br />

Foto: Energiedienst AG<br />

www.rheinaub<strong>und</strong>.ch

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