Prolog - Rhejvandar
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Faran runzelte die Stirn. "Das kann nicht sein, ich habe gestern den ganzen Nachmittag nichts gegessen<br />
- jedenfalls erinnere ich mich nicht daran. Das Mittel wirkt ja ziemlich rasch, also hätte ich es nur<br />
wenige Minuten vorm Einsetzen der Wirkung zu mir nehmen müssen." Er machte eine unbestimmte<br />
Handbewegung in Richtung der Scherben und fügte hinzu: "Eine Möglichkeit wäre das Glas Wasser,<br />
aber es ist mir aus der Hand gefallen, bevor ich auch nur einen Schluck getrunken hatte."<br />
Faran spürte, wie er beim Gedanken an jene Szene eine Gänsehaut bekam. Er warf einen scheuen<br />
Blick zum Spiegel hinüber, so als könnte jeden Augenblick eine unheimliche Fratze daraus<br />
hervorstarren, doch nichts dergleichen geschah. Er hielt es für besser, Nyesti nichts von diesem Vorfall<br />
zu erzählen; bestimmt hielt sie ihn auch so schon für völlig übergeschnappt. Ihm fiel jetzt aber<br />
noch etwas anderes ein.<br />
"Moment, da wäre noch der Algenpunsch, den ich im Stampfenden Danwarat getrunken habe..."<br />
Tadelnd schüttelte Nyesti den Kopf. "Faran, du warst nicht dort, hast du das schon wieder vergessen?"<br />
Sie seufzte leise. Nur zu gern hätte sie ihrem Herrn geholfen, aber sie hatte ja selbst keine Ahnung.<br />
Wieso hatte sie ihn auch ausgerechnet gestern solange allein lassen müssen?<br />
Faran brummte missmutig - mit Grübeln allein kam er hier wohl nicht weiter, er musste irgendetwas<br />
unternehmen. Abrupt stand er auf.<br />
"Autsch!" Farans Gesicht verzerrte sich, während er geräuschvoll einatmete. Sein Körper hatte ihn<br />
gerade auf sehr unangenehme Art daran erinnert, dass er derart heftige Bewegungen gefälligst zu<br />
unterlassen hatte. Sich den Rücken reibend begann Faran unruhig auf und ab zu humpeln. Schließlich<br />
steuerte er geistesabwesend auf die Kommode zu und öffnete eine Schublade - sie war leer. Faran<br />
schaute gereizt auf, wo zum Henker waren seine Klamotten? Er entdeckte sie auf dem Schemel neben<br />
dem Waschtisch, wahrscheinlich waren sie letzte Nacht achtlos dort abgelegt worden, nachdem<br />
man ihn ins Bett gebracht hatte. Hastig begann Faran sich umzuziehen, er musste hier unbedingt raus.<br />
Vielleicht konnte einer der Bediensteten ihm weiterhelfen; irgendjemand musste doch gestern<br />
Abend gesehen haben wie er das Haus verließ. Er ächzte; es war gar nicht so einfach diese blöden<br />
Riemen zu befestigen, wenn man sich vor Schmerzen kaum bewegen konnte.<br />
"Ähm, Faran...?", ließ Nyesti sich plötzlich vernehmen. "Du bist dir aber darüber im Klaren, was du da<br />
gerade tust?"<br />
Faran erstarrte. Er hatte völlig vergessen, dass Nyesti sich ja ebenfalls im Zimmer aufhielt. Abgesehen<br />
von der ohnehin schon dunkel gefärbten Strieme hatte inzwischen auch der Rest ihrer Wange einen<br />
deutlichen Rotton angenommen. Nichtsdestotrotz hatte sie es nicht für notwendig befunden ihren<br />
Blick abzuwenden.<br />
Einen Moment lang fühlte sich Faran äußerst peinlich berührt, doch dann zuckte er lediglich mit den<br />
Schultern, es war jetzt sowieso nicht mehr zu ändern.<br />
"Dreh dich doch um, wenn es dich stört", knurrte er etwas ungehalten und setzte seine Bemühungen<br />
fort, den Schulterschutz festzuschnallen.<br />
Nyestis Mund verzog sich zu einem frechen Grinsen, sie dachte gar nicht daran Farans Vorschlag<br />
nachzukommen.<br />
"Lass mich mal, so wird das bestimmt nichts", meinte sie nach einer Weile und trat an ihn heran.<br />
Nach anfänglichem Zögern ließ Faran schließlich zu, dass sie ihm beim Ankleiden half; ihm war jetzt<br />
eh schon alles egal.