01.11.2012 Aufrufe

Download - Lehrstuhl für Zivil- und Wirtschaftsrecht

Download - Lehrstuhl für Zivil- und Wirtschaftsrecht

Download - Lehrstuhl für Zivil- und Wirtschaftsrecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ZBB 6/10 Knops, Bankentgelte in der AGB-Kontrolle 481<br />

hen, sondern die kurzgefasste Essenz der verschiedenen, über<br />

die Jahre ergangenen Einzeljudikate des BGH.<br />

5. Prüfungsreihenfolge: Transparenzgebot,<br />

Angemessenheitskontrolle <strong>und</strong> Übermaßverbot<br />

Prinzipiell lässt sich die Prüfung von Entgeltklauseln in drei<br />

Schritte unterteilen. Vor allem geht es darum festzustellen, ob<br />

die verlangten Entgelte überhaupt verlangt werden dürfen. Da­<br />

rin liegt bisher der Schwerpunkt der Prüfung durch die Gerich­<br />

te. Gegenstand ist hier zunächst die Frage, ob die Entgeltklau­<br />

sel den Geboten des in § 307 Abs.l Satz 2 BGB normierten<br />

Transparenzgebots entspricht, das aber selbst keine Vorgaben<br />

<strong>für</strong> einen gewichteten Interessenausgleich von Leistung <strong>und</strong><br />

Gegenleistung macht. Insoweit unterliegen auch Preishaupt­<br />

abreden einer Kontrolle. Hinsichtlich Preisnebenabreden ist<br />

weiter zu prüfen, ob bestimmte Tätigkeiten durch das Haupt­<br />

entgelt abzudecken sind19) oder eine Sonderleistung zu guns­<br />

ten des K<strong>und</strong>en vorliegt, die extra zu honorieren ist, was nach<br />

den o. g. Kriterien als Maßstab <strong>für</strong> die klauselmäßige Überprü­<br />

fung nach den §§ 305 ff. BGB abzuwägen ist.20) Liegt danach<br />

eine solche Sonderleistung vor, ist in einem dritten Schritt zu<br />

prüfen, in welcher Höhe ein entsprechendes Entgelt angemes­<br />

sen ist. Dies ist weitaus schwieriger zu überprüfen, wirkt doch<br />

bei wirksamer Einbeziehung in der Tat die vertragliche Verein­<br />

barung der Parteien, womit rür vergütungspflichtige Tätigkei­<br />

ten <strong>und</strong> Dienstleistungen die vor oder bei Vertragsschluss ein­<br />

bezogenen Preisvereinbarungen durch Preis- <strong>und</strong> Leistungsver­<br />

zeichnisse oder Preisaushänge maßgeblich sind. Allerdings ist<br />

auch hier das Übermaßverbot zu wahren, so dass eine Kon­<br />

trolle nach den §§ 134, 138 BGB weiterhin möglich bleibt,<br />

aber auch den äußeren Rahmen bildet. Denn eine Prüfung der<br />

Angemessenheit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aus,<br />

wenn keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese<br />

ergänzenden Regelungen, also primär gesetzliche Vergütungs­<br />

regelungen vorliegen. Insoweit bleibt es angesichts fehlender<br />

Steuerungsnormen wie etwa in § 21 Abs. 1 En WG bei dem<br />

Vertrauen, der Markt werde hier <strong>für</strong> einen angemessenen Preis<br />

sorgen, womit kostenorientierte Ansätze, Vergleichsmarktbe­<br />

dingungen oder sog. Revenue-cap-Verfahren wie im Energie­<br />

wirtschaftsbereich21) oder die gesonderten Gr<strong>und</strong>sätze zur<br />

Kontrolle von Preisänderungsldauseln22) nicht zur Anwendung<br />

kommen. Im Recht der Zahlungsdienste ist hingegen auf<br />

§ 675f Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 zu verweisen.<br />

III. Einzelne Bankentgelte<br />

Exemplarisch sollen nun einzelne Entgeltbestimmungen einer<br />

Überprüfung unterzogen werden,23) wobei der Schwerpunkt<br />

nicht auf einer Zusammenstellung von bereits höchstrichter­<br />

lich entschiedenen,24) sondern beispielhaft auf solchen Entgel­<br />

ten liegt, über die derzeit streitig diskutiert wird oder die zu­<br />

künftig in den Fokus der Rechtsprechung geraten könnten.<br />

Außen vor bleiben die stark in die Kritik geratenen Preisände­<br />

rungsklauseln <strong>und</strong> notwendigen Anpassungen vor allem im<br />

Dispositionskreditbereich, die einer zusätzlichen Kontrolle<br />

nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegen.25)<br />

1. Kredit <strong>und</strong> Kreditsicherheiten<br />

1.1 Bearbeitungsentgelte <strong>und</strong> Abschlussgebühren,<br />

insbesondere bei Bausparverträgen<br />

Schon lange umstritten sind Gebühren oder anders bezeichne­<br />

te Entgelte, die die Kreditwirtschaft ihren K<strong>und</strong>en <strong>für</strong> den Ab­<br />

schluss von Verträgen abverlangt.26) Während in den 80er J ah­<br />

ren noch Bearbeitungsgebühren zwischen 5 % <strong>und</strong> 6 % die<br />

gerichtliche Kontrolle anstandslos passierten,2 7 ) wurden solche<br />

im Zuge der Änderung der Rechtsprechung zum Disagio zu<br />

Begirm der 90er Jahre vom BGH nur noch in Höhe von 2 %<br />

bis 3 % akzeptiert.28) In der Literatur sind derartige Ab­<br />

schlussgebühren - aus verschiedenen Gründen - <strong>für</strong> unzuläs­<br />

sig gehalten worden;29) jüngst wurde <strong>für</strong> Bausparverträge ver­<br />

treten, dass Gebühren <strong>für</strong> den Abschluss solcher Verträge in<br />

Höhe von 1 % vom Nettokreditbetrag einer Angemessenheits­<br />

kontrolle nicht standhalten,30) was nach zwischenzeitlicher<br />

Ruhe um derartige Entgelte erstaunlich schnell zu einigen Ge­<br />

genstimmen geführt hat.3l) Bislang sind zwar die vor allem<br />

durch verschiedene Verbraucherzentralen angestrengten Pro­<br />

zesse gegen entsprechende Klauseln in Bausparverträgen vor<br />

den Land- <strong>und</strong> Oberlandesgerichten gescheitert.32) Doch dürf<br />

te indes eine diesbezüglich mittlerweile beim BGH anhängige<br />

Revision33) nicht ohne Erfolgschancen sein.<br />

1.1.1 Kontrollfähigkeit<br />

Streitig ist zunächst, ob Gebühren rür den Abschluss eines Ver­<br />

trags überhaupt der AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB un­<br />

terliegen. Der Haupteinwand gegen die Inhaltskontrolle von Ab­<br />

schlussentgelten liegt in der Annahme, solche Klauseln beträfen<br />

19) - <strong>und</strong> deshalb formularmäßig nicht zum Gegenstand gesonderter En tge ltrege<br />

lungen gemacht werden können (Pallas (Fußn. 7), S. 235; Horn, WM 1997,<br />

Sonderbeil. 1, S. 16).<br />

20) Ein Kriterium ist etwa auch ein berechtigtes Rationalisierungsinteresse des<br />

Klauselvetwenders, BGH ZIP 2010, 1904 = NJW 2010, 2719, 2721.<br />

21) Siehe dazu nur Martini, DVBI 1998,21,25.<br />

22) Siehe dazu zuletzt BGHZ 180, 257 ff. =ZIP 2009, 1106, dazu EWiR 2009,<br />

393 (Fornasier) <strong>und</strong> BGH ZIP 2010, 1023 = WM 2010,933, dazu EWiR 2010,<br />

559 (Rösler) <strong>und</strong> BGH WM 2010, 1762.<br />

23) Vgl. auch die Ü bersichten bei DerlederlMetz, ZIP 1996, 621 ff.; Metz, in:<br />

Festschrift Schimansky, 1999, S. 83 ff.; Steppeler, Bankentgelte, 2003, S. 104 ff.;<br />

Nobbe, WM 2008, 185 ff. ; Roller, BKR 2008,221 ff. <strong>und</strong> <strong>für</strong> Bausparbe dingungen<br />

BrüggemeierlFriele, ZBB 2002, 137 ff.<br />

24) Siehe dazu PallaslKnops, i n: Derleder/Knops/Bamberger (Fußn. 18), § J3<br />

Rz. I, 14,24 ff.<br />

25) Vgl. nur BGHZ 180, 257=ZIP 2009, 1106=NJW 2009, 2051, dazu<br />

EWiR 2009,393 (Fornasier).<br />

26) Zur Entwicklung <strong>und</strong> Kritik siehe Steppeler (Fußn. 23), Rz. 424 ff.<br />

27) Vgl. BGHZ 81, 124=ZIP 1981, 841 <strong>und</strong> BGH ZIP 1981,839 = WM 1981,<br />

838.<br />

28) BGHZ 111, 287 =ZBB 1990, 211 (KöndgenIBusse, S. 214) =ZIP 1990,<br />

848=WM 1990, 1150, dazu EWiR 1990,767 (Westermann). Zur Unzulässigkeit<br />

der "Flucht in die Bearbeitungsgebühr" KöndgenlBusse, ZBB 1990, 214,<br />

221.<br />

29) VgL etwa Steppeler (Fußn. 23), Rz. 424 ff.; a. A. Reifner, VuR 2005,470,471<br />

m.w.N.<br />

30) Siehe Nobbe, WM 2008, 185.<br />

31) Siehe etwa Habersack, WM 2008, 1857; HaertleinlTbümmler, ZIP 2009,<br />

1157.<br />

32) LG Heilbronn ZIP 2009, 609 (m. Bespr. HaertleinlTbümmler, S. 1197) =<br />

ZflR 2009, 418, dazu EWiR 2009, 261 (Hoeren); LG Hamburg WM 2009,<br />

1315; OLG Stuttgart ZIP 20 10, 74 =ZflR 2010, 179 (m. Bespr. FreylSchindele,<br />

S.176), dazu EWiR2010, 71 (HaertleinITbümmler).<br />

33) Die gegen das Urteil des OLG Stuttgart ZIP 2010,74 gerichte te Revision<br />

ist beim BGH unter dem Az. XI ZR 3/10 anhängig.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!