Download - Lehrstuhl für Zivil- und Wirtschaftsrecht
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482 Knops, Bankentgelte in der AGB-Kontrolle ZBB 6/10<br />
die Hauptleistung <strong>und</strong> seien deswegen nach den §§ 307 ff BGB<br />
nicht kontrollfähig.34) Dagegen steht, dass Kosten oder Gebüh<br />
ren <strong>für</strong> den Abschluss eines Vertrags dem allgemeinen Schuld<br />
recht fremd sind. Nach § 488 BGB ist der Darlehensgeber zur<br />
Valutaüberlassung, der Darlehensnehmer zur Zinszahlung <strong>und</strong><br />
Rückerstattung nach Fälligkeit verpflichtet. Nichts anderes gilt<br />
über das Bausparkassengesetz <strong>für</strong> Bausparverträge.35) Auch <strong>für</strong><br />
andere Bankverträge sehen die gesetzlichen Leitbilder wie auch<br />
die dortige Festlegung des Pflichten programms eine Bepreisung<br />
allein <strong>für</strong> den Abschluss des entsprechenden Vertrags nicht vor.<br />
Eine Hauptleistung der Bank ist deswegen nicht erkennbar. Für<br />
Bausparkassen wird hingegen reklamiert, dass der Bausparer die<br />
Möglichkeit erhalte, am Bausparsystem teilzunehmen. T atsäch<br />
lich verpflichtet sich beim Bausparvertrag zunächst vor allem<br />
der Bausparer, vorab der Bausparkasse seinerseits ein Darlehen<br />
durch die Ansammlung des Bausparguthabens zu gewähren. An<br />
dererseits verpflichtet sich die Bausparkasse, ihrerseits dem Bau<br />
sparer ein Darlehen zu gewähren, wenn dieser die Bausparleis<br />
tung erbracht hat <strong>und</strong> wenn weitere in einem typisierten Vertrag<br />
festgehaltene Verpflichtungen von ihm erfüllt sind. Der "Ein<br />
tritt" in das System gibt dem Kteditnehmer also keinen mit Ver<br />
tragsschluss fälligen <strong>und</strong> durchsetzbaren Anspruch, sondern le<br />
diglich eine Aussicht. Erst wenn zum Zeitpunkt der Zuteilungs<br />
reife beispielsweise auch die Bonität des Kteditnehrners ausrei<br />
chend ist, hat er einen Anspruch auf Bewilligung zu einem im<br />
Marktvergleich günstigen Zinssatz, was das System fur einen<br />
Teil der Kteditsuchenden attraktiv macht. Insoweit ist zu ent<br />
scheiden, ob dies alleine ausreichend sein kann, Abschlussent<br />
gelte zu den Preishauptabreden zu zählen <strong>und</strong> - abgesehen vom<br />
Transparenzgebot - kontrollfrei zu stellen. Für andere Kreditver<br />
träge ist diese Argumentation von vornherein nicht einschlägig.<br />
Ohne einklagbaren Anspruch auf eine Leistung ist nicht erkenn<br />
bar, wo<strong>für</strong> der Vertragspartner seinerseits eine Geldleistung er<br />
bringen soll.<br />
Zudem ist eine Beschränkung auf eine klauselmäßige Kontrol<br />
le der Preisnebenabreden europarechtlich auch nicht determi<br />
niert, wie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung<br />
vom 3.6.2010 zur Rechtssache C-484/08 festgestellt hat.36)<br />
Denn nach der Klauselrichtlinie 93/13/EWG unterliegen Preis<br />
hauptabreden nur dann nicht der Kontrolle, wenn der Mit<br />
gliedsstaat da<strong>für</strong> in Umsetzung von Art. 4 Abs.2 der Richt<br />
linie optiert hat. Das haben etwa Spanien wie auch andere<br />
Mitgliedsstaaten nicht getan. Auch Deutschland hat nach<br />
dem Erlass der Klauselrichtlinie keine Bestimmung in das<br />
AGBG a. F. oder in die §§ 305 ff BGB aufgenommen, wonach<br />
Preishauptabreden überhaupt nicht kontrollfähig seien?7) Dies<br />
ergibt sich nach hiesiger Lesart nur mittelbar über § 307 Abs. 3<br />
Satz 1 BGB (§ 8 AGBG a. F.), womit aber offensichtlich noch<br />
keine tragfähige Gr<strong>und</strong>lage gef<strong>und</strong>en ist. Angesichts des Vor<br />
behalts des Gesetzes dürfte <strong>für</strong> einen Ausschluss der Kontrolle<br />
von Preishauptabreden auch keine diesbezügliche höchstrich<br />
terliche Rechtsprechung ausreichend sein.<br />
1.1.2 Angemessenheit<br />
Klauseln über Abschlussgebühren weichen mithin vom dis<br />
positiven Recht ab. Derartige Gebühren - wie beispielsweise<br />
in den Musterbedingungen der privaten wie auch öffentlichen<br />
Bausparkassen unisono vorgesehen - widersprechen der Maß<br />
gabe, dass klauselmäßig keine Entgelte verlangt werden kön<br />
nen, wenn die entsprechende Leistung nicht im Interesse des<br />
K<strong>und</strong>en erbracht wird. Denn eine (Dienst-)Leistung <strong>für</strong> den<br />
K<strong>und</strong>en oder Bausparer liegt nicht vor. Der Vertragsschluss<br />
liegt im Interesse der Bank. Anderenfalls lehnt sie ihn ab. Ihr<br />
geht es nach dem gesetzlichen Leitbild des Vertrags darum,<br />
<strong>für</strong> die Valutaüberlassung Zinsen zu erhalten, nicht durch den<br />
Vertragsschluss ohne eigene Leistung selbst Gewinn zu erzie<br />
len oder ihren Aufwand zu decken. Dass der Vertragsschluss<br />
auch im Interesse des K<strong>und</strong>en liegt, ist unerheblich. Seine Ent<br />
scheidung ist von der des Kreditinstituts unabhängig. Wenn<br />
das Institut aber ein Angebot des K<strong>und</strong>en annimmt, liegt sei<br />
ne Vergütung im Darlehenssynallagma, nicht in Zusatzgebüh<br />
ren. Eine Gegenleistung fiir den Abschluss selbst erbringt es<br />
nicht. Denn die Bank ist auch nicht zum Abschluss verpflich<br />
tet. Sie kann sich ihren Vertragspartner zu Beginn frei auswäh<br />
len.<br />
Selbst wenn eine Bausparkasse insoweit eigene gesetzliche Auf<br />
gaben wahrnehmen würde, kann sie dafiir kein Entgelt vom<br />
Bausparer verlangen.38) Dass die ehemalige B<strong>und</strong>esaufsichts<br />
anstalt <strong>für</strong> das Kreditwesen vor gut einem Vierteljahrh<strong>und</strong>ert<br />
eine Abschlussgebühr in den Tarifen gefordert hat,39) ändert<br />
daran nichts. Bei einer Überprüfung von Bausparbedingungen<br />
ist lediglich hinreichend zu berücksichtigen,40) dass die ent<br />
sprechenden Verträge in ein System der kollektiven Verbun<br />
denheit der Bausparer eingeb<strong>und</strong>en sind,41) womit der Fortfall<br />
einer Bedingung dem einzelnen Bausparer zum Vorteil, der<br />
Gemeinschaft der Bausparer aber zum Nachteil gereichen<br />
kann.42) Eine entsprechende Gebühr liegt aber auch nicht im<br />
Interesse des Bausparerkollektivs. Kollektivmittel müssen <strong>für</strong><br />
die genannten Kosten offensichtlich nicht in Anspruch genom<br />
men werden.43) Kosten zur Beratung von Bausparern oder rur<br />
die Akquise zur Erhaltung des Bausparsystems etc.44) recht<br />
fertigen schon wegen fehlender Kausalität keine pauschalen<br />
Zusatzgebühren, sondern sind in die Allgemeinkosten <strong>und</strong><br />
damit in die Zinsbemessung einzupreisen. Vielmehr war das<br />
Bausparsystem auch vor Einfiihrung der Abschlussgebühr<br />
ein Erfolgsmodell, das im Übrigen angesichts der vergleichs-<br />
34) Betreffend Kreditverträgen im Baussparkassensystem OLG Hamm WM<br />
2010,702; OLG Stuttgart ZIP 2010, 74=ZfIR 2010, 179 (m. Bespr. Frey/<br />
Schindele, S.176); LG Heilbronn ZIP 2009, 609 (m. Bespr. Haertlein/Thümmler,<br />
S. 1197) = ZfIR 2009,418 = WM 2009, 603; Habersack, WM 2008, 1857 ff.<br />
35) Kronenburg, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen<br />
<strong>und</strong> europäischen Bankrecht, 2. Aufl., 2009, § 17 Rz. 5.<br />
36) EuGH VuR 2010,311 (m. Anm. Maier).<br />
37) Vielmehr geht der deutsche Gesetzgeber damit offensichtlich davon aus,<br />
dass Preisabreden schlechthin der AGB Kontrolle unterliegen.<br />
38) Treffend Kronenburg, in: Derleder/Knops/Bamberger (Fußn. 35), § 17<br />
Rz.1O unter Hinweis auf BGH WM 2005, 274 betreffend die Übertragung von<br />
Wenpapieren in ein anderes Depot.<br />
39) BAKred, R<strong>und</strong>schreiben vom 29. 10. 1986.<br />
40) Siehe Kronenburg, in: Derleder/Knops/Bamberger (Fußn. 35), § 17 Rz. 9.<br />
41) JYeiJJer, in: von Westphalen, Vertragsrecht <strong>und</strong> AGB-Klauselwerke, Stand:<br />
10/2009, Allg. Bausparbedingungen, Rz. 14.<br />
42) Schäjer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz <strong>und</strong> Bausparkassenverordnung,<br />
5. Aufl., 1999, § 5 BSpkG Anm. 26a ff.; Fuchs, in: Ulmer/Brandnerl<br />
Hensen, AGBG, 9. Aufl., 2001, Anh. § 310 BGB Rz.171.<br />
43) Kronenburg, in: Derleder/Knops/Bamberger (Fußn. 35), § 17 Rz.IO.<br />
44) Vgl. Schäjer/Cirpka/Zehnder (Fußn. 42), § 5 BSpKG Anm. 31.