Reader Schulpolitische Konferenz Juni 2013 - Rosemarie Hein
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Bildungsinhalte an den verschiedenen Schulformen<br />
auch bis heute konzipiert. Also nicht auf gleiche Bildungsteilhabe.<br />
Und schaut man auf die soziale Lage,<br />
so kommen die vermeintlich unterschiedlichen Begabungstypen<br />
mehrheitlich aus jeweils unterschiedlichen<br />
sozialen Schichten – welch ein Zufall. Aus<br />
diesen simplen ständisch begründeten Ausgrenzungsmechanismen<br />
erklärt sich bis heute das Festhalten<br />
am gegliederten Schulsystem, das auch nichts weiter<br />
ist als ein Schubkastensystem von Einheitsschulen.<br />
Ich frage mich, wieso Schülerinnen und Schüler,<br />
denen man nach der vierten (oder sechsten) Klasse<br />
den Weg zum Abitur nicht zugetraut hat, dies schaffen<br />
sollen, wenn sie bis zur zehnten Klasse in einer<br />
Schulform unterrichtet werden, die ein geringeres<br />
Anspruchsniveau hat. Und ich frage mich, warum<br />
Schülerinnen und Schüler, denen auch in der vierten<br />
Klasse bereits der Weg zum Abitur zugetraut wird, mit<br />
diesen anderen Kindern nicht gemeinsam weiter lernen<br />
können, wenn es denn darauf ankommt, in jeder<br />
Schule individuell zu fördern, wie es nun in fast allen<br />
erziehungswissenschaftlichen Studien gefordert wird?<br />
Ich finde keine befriedigende Antwort.<br />
Was läge also näher, als das gegliederte Schulsystem<br />
zu überwinden? Eigentlich nichts, gäbe es da nicht die<br />
Klientel der Eltern, die auf den Erhalt des Gymnasiums<br />
und seine Vorrangstellung drängen.<br />
3. Was ist denn nun anders in der<br />
Gemeinschaftsschule, was ein gegliedertes<br />
System nicht auch leisten könnte?<br />
In einer Gemeinschaftsschule können – ähnlich wie<br />
in guten Gesamtschulen – alle Kinder und Jugendlichen<br />
gemeinsam von- und miteinander lernen. In der<br />
Gemeinschaftsschule werden die Schülerinnen und<br />
Schüler nicht in abschlussorientierte Klassen oder<br />
Lerngruppen sortiert. Einen besonderen Hauptschulbildungsgang<br />
oder entsprechende Kurse wird es also<br />
nicht mehr geben, aber auch keine frühzeitige Trennung<br />
in einen besonderen Bildungsgang zum Abitur.<br />
Die Gemeinschaftsschule ermöglicht alle schulischen<br />
Abschlüsse, auch das Abitur.<br />
3.1. Die Gemeinschaftsschule<br />
fördert individuell<br />
Die Gemeinschaftsschule ist für uns eine Schule,<br />
die alle Schülerinnen und Schüler mit ihren unterschiedlichen<br />
Ausgangslagen akzeptiert und individuell<br />
fördert. Wir wollen Schluss machen mit der<br />
Praxis, Schülerinnen und Schüler nach sogenannten<br />
Begabungstypen oder nach vermeintlicher Eignung<br />
und Leistungsfähigkeit zu sortieren und vermeintlich<br />
geeigneten Schulformen zuzuweisen. Wir gehen<br />
davon aus, dass alle Kinder in ihrer Individualität<br />
gefördert werden müssen und zu einem höchstmöglichen<br />
Schulabschluss geführt werden können. In der<br />
Gemeinschaftsschule werden darum die unterschiedlichen<br />
Begabungen, Talente und Interessen der Kinder<br />
besser entdeckt und gefördert. Darum wollen wir<br />
auch nicht mehr Kinder mit Handicaps auf Förderschulen<br />
verweisen. In einer Gemeinschaftsschule<br />
wird es möglich sein, auch Kinder mit unterschiedlichen<br />
Handicaps ihren Bedürfnissen gemäß intensiv zu<br />
fördern und zu betreuen. Wir sehen im gemeinsamen<br />
Lernen mit- und voneinander, im bewussten Umgang<br />
mit der Unterschiedlichkeit der Schülerinnen und<br />
Schüler eine Chance, von der Kinder mit schwächeren<br />
Lernleistungen und schlechteren Lernausgangslagen<br />
oder den unterschiedlichen Handicaps ebenso<br />
profitieren wie leistungsstarke Kinder. Stärken sollen<br />
gestärkt, Schwächen abgebaut oder ausgeglichen<br />
werden.<br />
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