Reader Schulpolitische Konferenz Juni 2013 - Rosemarie Hein
Reader Schulpolitische Konferenz Juni 2013 - Rosemarie Hein
Reader Schulpolitische Konferenz Juni 2013 - Rosemarie Hein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zweiklassenbildung. Solange die Schulformen nicht<br />
qualitativ gleichwertig sind, werden die Besserverdienenden<br />
ihre Kinder auf die Gymnasien schicken.<br />
Ich kenne mindestens zwei Gemeinschaftschülerinnen<br />
bzw. -schüler im Bundestag, mit Sicherheit gibt<br />
es mehr, aber ich will für das Beispiel mal nur zwei<br />
nennen: Das sind Angela Merkel und ich. Ich finde,<br />
wir widerlegen folgendes: Erstens: Es käme nur etwas<br />
Einheitliches dabei heraus. Das ist falsch, wir sind<br />
sehr unterschiedlich. Und zweitens: ob wir beide<br />
nachgewiesenermaßen die Dümmsten im Bundestag<br />
sind, lasse ich einfach als Frage noch offen. Die Union<br />
hat es schwer, bei zumindest einer dieser Personen<br />
das zu behaupten. Obwohl es natürlich damals nicht<br />
ganz die Gemeinschaftsschule war, die wir uns jetzt<br />
wünschen.<br />
Die Herkunft bestimmt in einer Gemeinschaftsschule<br />
nicht mehr so sehr den Bildungserfolg. Das ist das<br />
Entscheidende. Kommen wir zu weiteren Ergebnissen<br />
Wir können wissenschaftlich nachweisen, dass unser<br />
Konzept der Gemeinschaftsschulen erfolgreich ist.<br />
Die Berliner Gemeinschaftsschule wurde wissenschaftlich<br />
begleitet. Es wurden die Leistungen der<br />
Berliner Schülerinnen und Schüler an den Gemeinschaftsschulen<br />
mit den Hamburger Schülerinnen<br />
und Schülern des Regelschulsystems (Gymnasien,<br />
Integrierte Haupt- und Realschulen, Gesamtschulen,<br />
Sekundarschulen etc.) verglichen, mit allen Typen,<br />
die es in Hamburg gibt. Das Ergebnis: Die Berliner<br />
Schülerinnen und Schüler haben signifikant größere<br />
Lernzuwachse in der Schlüsselkompetenz, z.B. beim<br />
Leseverständnis, als die Hamburger Vergleichsschülerinnen<br />
und -schüler. Unter den Vergleichsschülerinnen<br />
und -schülern waren auch Gymnasiasten. Das<br />
dürfen wir nicht außer Acht lassen. Das gilt auch für<br />
die Gemeinschaftsschule mit einer relativ problematischen<br />
Schülerschaft – Migrationshintergrund,<br />
bildungsferne Familien etc. Den Berliner Gemeinschaftsschulen<br />
gelang es auch, soziale Disparitäten<br />
abzubauen. Es lernen nicht nur, das ahnte man ja,<br />
die leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler<br />
besser, sondern auch die Leistungsstärkeren, davon<br />
waren wiederum viele überrascht, weil das Hauptargument<br />
gegen die Gemeinschaftsschule schließlich<br />
immer war, den Leistungsschwächeren würde es<br />
helfen, aber die Leistungsstarken würden nach unten<br />
gezogen werden. Diese Vergleichsstudie von Berlin<br />
und Hamburg hat das Gegenteil bewiesen. Es kommt<br />
jetzt darauf an, dass wir dieses Ergebnis endlich mal<br />
deutlich machen, und zwar bundesweit, um auch den<br />
besserverdienenden Eltern die Angst zu nehmen,<br />
dass wir dafür stünden, ihre Kinder vom Leistungsniveau<br />
nach unten zu ziehen. Das stimmt überhaupt<br />
nicht. Und das liegt daran, dass die Kinder dort auch<br />
sozial lernen und dass es eine individuelle Förderung<br />
gibt und zwar bei unterschiedlichen Begabungen. Ich<br />
führe immer gern folgendes Beispiel im Bundestag an,<br />
natürlich nur um die CDU in Verlegenheit zu bringen:<br />
der Vergleichsstudie: Die Eltern sind auch von der<br />
Gemeinschaftsschule überzeugt. Die überwiegende<br />
Mehrheit der Eltern ist mit der Schulwahlentscheidung<br />
sehr zufrieden, sofern sie ihre Kinder dorthin<br />
geschickt hatten. So bleibt der Anteil der Eltern,<br />
die ihr Kind erneut auf eine Gemeinschaftsschule<br />
schicken würden, konstant bei 80 Prozent. Das ist<br />
ein sehr gutes Ergebnis. Die Lehrkräfte, die Schülerinnen<br />
und Schüler haben mehrheitlich eine positive<br />
Einstellung zum Umgang mit heterogenen Schülergruppen.<br />
Die Schülerinnen und Schüler haben das<br />
Gefühl, sie würden im Unterricht mehr als Individuum<br />
wahrgenommen und unterstützt werden. Es konnte<br />
wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass das<br />
gemeinsame Lernen an Gemeinschaftsschulen allen<br />
Schülerinnen und Schülern, vom Leistungsstarken bis<br />
zum Leistungsschwachen, zugute kommt. Wir brauchen<br />
keine künstliche Aufteilung nach vermeintlichen<br />
Begabungen. Dabei geht es der LINKEN nicht nur<br />
um die Schulstruktur allein, wie die Gemeinschaftsschulgegnerinnen<br />
und -gegner immer behaupten. Wir<br />
wollen eine Gemeinschaftsschule, eine Schule für<br />
alle, und hohe Unterrichtsqualität durch individuelle<br />
Förderung jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen<br />
Schülers. Die wissenschaftlichen Ergebnisse<br />
bestätigen auch, dass beides geht.<br />
6