VOLL.BUNT Nr. 2 - Linz - Katholische Jungschar
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theMa · dezeMBeR 2009 2223<br />
Minis MaXiMal<br />
alleS waS man über daS<br />
mInIStrIeren wISSen muSS<br />
haBen Will!<br />
über daS wünSchen und Schenken<br />
otto kromer<br />
Endlich ist es so weit. Es gibt etwas auf das schon viele<br />
Ministrantengruppenleiter und -gruppenleiterinnen<br />
gewartet haben: Einen Folder in dem alles Wissenswerte<br />
für die Eltern von zukünftigen Ministrantinnen und<br />
Ministranten drinnen steht, zum Beispiel wie toll und<br />
wichtig es für Kinder ist, in einer Gruppe mit Gleichgesinnten<br />
zusammenzutreffen und wie Eltern sie dabei<br />
unterstützen können.<br />
Dieser Folder kann im <strong>Jungschar</strong>shop bestellt werden.<br />
www.jungscharshop.at •<br />
Weihnachten steht vor der tür. der Online-spielzeugkatalog<br />
des Versandhauses Quelle misst stolze 150<br />
seiten. höchste zeit also für die Mädchen und Buben<br />
ihre Briefe ans christkind zu verfassen. Wünsche sind<br />
grenzenlos und deren erfüllung auch in krisenzeiten<br />
durchaus möglich. also darf man schon ein bisserl<br />
wählerisch sein: ein Markending muss es sein, und<br />
»in«, und dann natürlich im besten level. schon die<br />
kleinsten wissen, was ein ordentliches statussymbol<br />
ist. schließlich will man ja im alltäglichen konkurrenzkampf<br />
unter seinesgleichen nicht die arschkarte<br />
gezogen haben.<br />
Aber – Was wirklich wünschen? Das Überangebot macht<br />
Stress. Zu vieles lockt und Entscheidungen sind schwierig.<br />
Warum nicht alles haben können? »Jetzt überleg’ dir,<br />
was du wirklich willst!« Eltern appellieren an Autonomie,<br />
rationales Abwägen, Selbstbestimmung. Damit sind<br />
Kinder überfordert. Damit sind – unter uns – auch wir<br />
Erwachsenen überfordert. »Anything goes« tönt es uns<br />
nun schon seit einigen Jahren entgegen. Aber stimmt<br />
das auch? Unsere vielen Möglichkeiten sind in Wahrheit<br />
schwer beschränkt: Soziale Bindungen, ökonomische<br />
Sachzwänge, verpasste Gelegenheiten, individuelle<br />
Begrenzungen … Im Grunde sind wir heilfroh, wenn wir<br />
ein kleines Bisschen von dem erhaschen, was wir uns<br />
erträumen.<br />
Doch an Weihnachten – da könnte doch einmal wenigstens<br />
ein Geschenk in unseren Schoß fallen, das uns so<br />
eine Ahnung von diesem »anything goes« zu vermitteln<br />
imstande ist. Ein Herzenswunsch, der in Erfüllung geht,<br />
eine Sehnsucht, die an ihr Ziel gelangt. »Bitte, Papa, ich<br />
wünsch’ mir nichts, gar nichts, wirklich – nur dieses …!«<br />
Es gibt schon diesen Unterschied zwischen einem ratlosen<br />
»haben will!« und einem echten Herzenswunsch.<br />
Es braucht allerdings Zeit, so einen Wunsch bei der/bei<br />
dem anderen herauszufinden. Und dann natürlich<br />
auch Beziehung, Empathie, Geduld und Phantasie und<br />
– Aufmerksamkeit. Je weniger ich sie/ihn kenne, desto<br />
schwerer werde ich darauf kommen, was so ein Herzens-<br />
Foto: Stefan C. Leitner<br />
wunsch sein könnte. Peinlich natürlich, wenn es sich um<br />
Freund/Freundin, Partner/Partnerin oder Tochter/Sohn<br />
handelt.<br />
Das Schenken selbst ist eine alte Form sozialer Interaktion.<br />
Ein angenommenes Geschenk kann verpflichten – zu<br />
einer Gegengabe, zu Dank und Anerkennung, auch zur<br />
Einstellung feindseliger Handlungen ... In frühen Zeiten<br />
haben Gaben Verträge ersetzt. Das (Gast-)Geschenk<br />
war ein wichtiges Medium, um soziale Bindungen und<br />
Verpflichtungen sichtbar zu machen, zu begründen und<br />
zu erneuern. Schenkende wie Beschenkte verpflichteten<br />
sich einander.<br />
Ähnliches begleitet das Schenken auch in unseren Tagen:<br />
Anlässe, die zum Mitbringen von Geschenken »nötigen«,<br />
gewisse Höflichkeiten, mit denen auch Geschenke angenommen<br />
werden, mit denen man keine Freude hat, und<br />
auch der soziale Druck, Geschenke durch entsprechende<br />
Gegengeschenke zu erwidern. Denn das Schenken kann<br />
»Schieflagen« in den Beziehungen erzeugen: sei es als<br />
Unterwerfungsgeste oder auch als prachtvolle Demonstration<br />
eigener Großartigkeit.<br />
Wenn wir Kinder beschenken besteht von vorneherein<br />
diese Schieflage der Beziehung. Die Mädchen und Buben<br />
sind ja in vielfacher Hinsicht von uns Großen abhängig:<br />
körperlich, geistig und materiell sind wir ihnen im<br />
Alltag weit voraus. Geschenke an Kinder sind also immer<br />
einseitige Geberituale, die von den Mädchen und Buben<br />
nie adäquat erwidert werden können. Die Kinder können<br />
also nur staunen, sich freuen und nehmen, was ihnen<br />
die Großen in die Hände legen. Schwierig ist es freilich,<br />
wenn sich z.B. Eltern als »Gegengeschenk« Dankbarkeit<br />
oder Wohlverhalten von ihrem Nachwuchs erwarten.<br />
Dann wird das Geschenk zum Druckmittel – und zur<br />
Belastung der Beziehung.<br />
Das (vor)weihnachtliche Schenken ist mit Geheimniskrämerei<br />
verbunden. Da bringt St.Nikolaus oder das<br />
Christkind die wunderbaren Gaben. Diese Geschichten<br />
machen bei den kleinen Kindern durchaus Sinn – denn<br />
sie relativieren ein bisschen die Abhängigkeiten. Wenn<br />
das Geschenk eh vom Christkind kommt, dann brauch<br />
ich ja den Eltern deshalb nicht besonders dankbar zu<br />
sein ...<br />
Fies, wenn Papa und Mama sich mit diesen wundersamen<br />
Gestalten verbünden – und Macht über sie auszuüben<br />
versuchen: Wenn der Heilige Nikolaus plötzlich<br />
meine Schandtaten aus dem großen Buch vorliest oder<br />
das Christkind meine Wünsche nicht erfüllt, weil ich<br />
nicht brav genug war. Geschenke zu Erziehungsmaßnahmen<br />
umzufunktionieren ist eine der schlimmsten<br />
Varianten dieser sozialen Interaktion.<br />
Bleibt noch die Frage, woher Kinder selbst die Kunst des<br />
Schenkens erlernen? Sie werden es sich von den Großen<br />
abschauen. So wie wir mit dem Geben und Nehmen<br />
umgehen – so werden es die Mädchen und Buben auch<br />
halten. In der <strong>Jungschar</strong>gruppe eröffnet sich damit<br />
dieser Tage einiger Übungsraum: Wie geht das mit dem<br />
Schenken untereinander? Unter Freund/innen kann es<br />
zum Leistungswettbewerb ausarten. Was tun mit den<br />
Außenseiter/innen? Was tun in Streit- und Konfliktfällen?<br />
Engerl-Bengerl-Spiele bewähren sich nach wie vor.<br />
Geheimnistuerei entlastet die direkte Beziehung<br />
zwischen Geber/in und Nehmer/in – denn eigentlich<br />
geht es ja darum, von sich etwas herzugeben, sich frei zu<br />
machen, sich der/dem anderen mitzuteilen. Ein<br />
Geschenk ist das Bild, das mehr sagt als tausend Worte:<br />
Ich mag dich! Ich bin gerne mit Dir zusammen!<br />
Ich wünsche Dir Alles Gute!<br />
Fröhliche Weihnacht! •