Vagabundierende Gleichströme in Neutralleitern und ... - EuE24.net
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C<br />
Anwendungsfelder<br />
Gebäudetechnik<br />
<strong>Vagab<strong>und</strong>ierende</strong> Gleichströme <strong>in</strong><br />
<strong>Neutralleitern</strong> <strong>und</strong> Gebäudeerdungen<br />
E<strong>in</strong>e unsichtbare Gefahr aus der Praxis e<strong>in</strong>es Luftfahrzeugherstellers –<br />
beispielhaft erläutert<br />
S<br />
chon bei der Produktion von Flugzeugen<br />
kommt es auf höchste<br />
Präzision an. Falsche Messwerte beim<br />
Produktionsprozess stellen daher e<strong>in</strong>e<br />
Gefahr dar. Das im folgenden Beitrag<br />
beschriebene Beispiel aus der Praxis<br />
e<strong>in</strong>es Luftfahrzeugherstellers zeigt,<br />
wie mit der richtigen Messtechnik Fehlerquellen<br />
identifiziert <strong>und</strong> beseitigt<br />
werden können.<br />
C.05<br />
Moderne Flugzeuge s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>em steigenden<br />
Anteil von Elektronik ausgerüstet. Diese<br />
Avionik sowie die zum Betrieb gehörende<br />
Steuerungs-, Regel- <strong>und</strong> Versorgungstechnik<br />
werden über e<strong>in</strong>e Vielzahl von Leitungen mite<strong>in</strong>ander<br />
verb<strong>und</strong>en. Die <strong>in</strong> der Luftfahrt verwendeten<br />
Kabel verfügen über spezielle Isolationsmaterialien.<br />
Anders als am Boden s<strong>in</strong>d<br />
bei Luftfahrtkabeln Vibrationsfestigkeit, Widerstandsfestigkeit<br />
gegen Durchscheuern, Re-<br />
Abb. 2: Typischer Strom <strong>in</strong> der Verb<strong>in</strong>dung zwischen N <strong>und</strong> PE. Gut zu erkennen ist der mit 98,1 dom<strong>in</strong>ierende<br />
Anteil der dritten Oberschw<strong>in</strong>gung im Effektivwert<br />
sistenz gegen Feuchtigkeit <strong>und</strong> Hydrauliköle<br />
sicherheitsbestimmende Faktoren. Luftfahrthydrauliköle<br />
unterliegen ebenfalls besonderen<br />
Anforderungen, PVC-Isolierungen<br />
wie sie am Boden oder <strong>in</strong> der Kraftfahrzeugtechnik<br />
zum E<strong>in</strong>satz kommen s<strong>in</strong>d dabei gegen<br />
diese Öle nicht resistent.<br />
E<strong>in</strong> weiterer Faktor s<strong>in</strong>d die extremen<br />
Temperatur- <strong>und</strong> Feuchteschwankungen, z.B.<br />
am Boden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er tropischen Stadt s<strong>in</strong>d<br />
+40 Grad bei 100% Luftfeuchte, auf Reisehöhe<br />
<strong>in</strong> 10000 m -55 Grad <strong>und</strong> 5% Luftfeuchte<br />
typische Werte.<br />
Die tausende E<strong>in</strong>zelmessungen werden rechnergesteuert<br />
durchgeführt. Der Prüfaufbau<br />
besteht dabei aus e<strong>in</strong>em steuernden PC mit<br />
dem Hochspannungsprüfsystem sowie e<strong>in</strong>em<br />
nachgeschaltetem Relaisarray. Das Array ist<br />
dabei vom Steuerrechner entfernt untergebracht<br />
<strong>und</strong> über Signalleitungen verb<strong>und</strong>en.<br />
Dieser Aufbau ergibt sich aus der Notwendigkeit,<br />
je e<strong>in</strong> Relaisarray nahe bei jedem Prüfplatz<br />
zu haben.<br />
Problemstellung<br />
Abb. 1: Spannung <strong>und</strong> Strom des Prüfstandes, das<br />
Netz ist unkritisch belastet. E<strong>in</strong> Gleichanteil tritt<br />
nicht auf<br />
Autor<br />
Dr.-Ing. BODO APPEL ist Sachverständiger<br />
für Netz- <strong>und</strong> Energieversorgungsstörungen<br />
<strong>und</strong> Market<strong>in</strong>g Manager Industrie- <strong>und</strong><br />
Energiemesstechnik bei der Fluke Deutschland<br />
GmbH;<br />
He<strong>in</strong>rich-Hertz-Straße 11, D-34123 Kassel<br />
Fon: 069/222220200, Fax: 069/222220201<br />
E-Mail: <strong>in</strong>fo@de.fluke.nl<br />
Isolationsprüfung <strong>in</strong> der<br />
Luftfahrt<br />
Die gesamte Verkabelung e<strong>in</strong>es Luftfahrzeuges<br />
wird deshalb während der Produktion e<strong>in</strong>er<br />
sehr <strong>in</strong>tensiven Prüfung der Isolations- <strong>und</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dungswiderstände unterzogen. Nach<br />
dem E<strong>in</strong>bau aller Kabelbäume <strong>und</strong> Verb<strong>in</strong>dungen<br />
werden sämtliche Leitungsadern<br />
mit e<strong>in</strong>em Prüfstand verb<strong>und</strong>en. In e<strong>in</strong>em<br />
automatischen Prüfablauf wird jede Ader gegen<br />
jede sowie gegen Flugzeugmasse mit gestuften<br />
Prüfspannungen bis über 1000 V <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf<br />
die erreichte Isolation gemessen. Ebenso werden<br />
die Durchgangswiderstände jeder Verb<strong>in</strong>dung<br />
geprüft. Diese Prüfung wird zyklisch bei den<br />
großen Hauptuntersuchungen wiederholt.<br />
Während des Prüfablaufs wird durch den<br />
Hochspannungsgenerator die Prüfspannung<br />
erzeugt <strong>und</strong> über das Relaisarray nache<strong>in</strong>ander<br />
auf die e<strong>in</strong>zelnen Leitungsadern gelegt. Die<br />
Auswertung des Widerstandswertes erfolgt<br />
dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Analog-Digital-Konverter auf<br />
e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>steckplat<strong>in</strong>e im Steuerrechner.<br />
Vor dem Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es neuen Messdurchgangs<br />
wird das Prüfsystem kalibriert. Hierzu<br />
wird e<strong>in</strong>e Widerstandsmatrix mit dem Relaisarray<br />
verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Versuchsmessreihe<br />
durchgeführt.<br />
Hierbei fiel dem K<strong>und</strong>en auf, dass die<br />
Messergebnisse deutlich von den Sollwerten<br />
abwichen. Diese Abweichung war aber nicht<br />
konstant, sondern schwankte mit e<strong>in</strong>em<br />
zunächst nicht identifizierbaren Muster. Es<br />
wurde dann bemerkt, dass die Abweichung<br />
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EMC KOMPENDIUM 2003
Anwendungsfelder<br />
Gebäudetechnik<br />
C<br />
immer dann auftrat, wenn der Prüfstand für die<br />
Hydraulikleitungen <strong>in</strong> Betrieb war. Dieser<br />
enthält Steuerungssysteme <strong>und</strong> Hochdruckpumpen.<br />
Die spannende Frage war nun: Wie kann<br />
e<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen e<strong>in</strong>er Gleichstrommessung<br />
mit Hochspannung <strong>und</strong> dem<br />
Betrieb e<strong>in</strong>es Hydraulikprüfstands mit Drehstromantrieben<br />
bestehen? Zumal der Hydraulikprüfstand<br />
nicht <strong>in</strong> der Nähe des Isolationsprüfstandes<br />
gelegen ist. Rätselhafterweise<br />
waren die Abweichungen der Isolationsmessung<br />
auch nicht lastabhängig zum Pumpenstrom<br />
des Prüfstands.<br />
Abb. 3:<br />
Strom im Potentialausgleich.<br />
Durch das Display<br />
gut zu erkennen ist<br />
der dem Wechselstrom<br />
unterlagerte Gleichanteil<br />
Identifikation der Ursache<br />
Zunächst liegt die Vermutung nahe, dass die<br />
Störung über die Stromversorgung netzseitig<br />
verschleppt wird. Mit dem Netz- <strong>und</strong> Stromversorgungsanalysator<br />
‚Fluke 43 B‘ wurde daher<br />
die Netzqualität gemessen.<br />
Der Strom war durch Stromrichterantriebe<br />
leicht verzerrt, die Spannung stellte sich aber<br />
als e<strong>in</strong>wandfrei dar (Abb. 1). Diese Ursache<br />
schied also aus.<br />
Der nächste Verdacht fiel auf die Neutralleiterströme.<br />
Idealerweise soll e<strong>in</strong> Netz als<br />
TN-S ausgeführt se<strong>in</strong>, also 5-adrig <strong>und</strong> mit<br />
durchgehend separiertem Neutral- <strong>und</strong> PE-<br />
Leiter. TN-C-Netze, also komb<strong>in</strong>ierter Neutral-<br />
<strong>und</strong> PE-Leiter, s<strong>in</strong>d bei großen Querschnitten<br />
erlaubt, aber nicht s<strong>in</strong>nvoll. Die<br />
durch drei teilbare Oberschw<strong>in</strong>gungen summieren<br />
sich im Neutralleiter. H<strong>in</strong>zu kommen<br />
natürlich die unsymmetrischen Anteile von<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Oberschw<strong>in</strong>gungen im N-Leiter. Im<br />
TN-S-Netz darf es nur e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zwischen<br />
Neutral <strong>und</strong> PE geben. Diese ist <strong>in</strong> der<br />
E<strong>in</strong>speisung zwischen den zugehörigen Sammelschienen<br />
vorzunehmen. Leider werden im<br />
Zuge weiterer Installationen oft <strong>in</strong> entfernten<br />
Unterverteilungen zusätzliche PE-N Verb<strong>in</strong>dungen<br />
vorgenommen. Dieses ist verboten,<br />
weil es zu unkontrollierten Stromflüssen im<br />
PE führt. Gleiches gilt für TN-C-S-Netze mit<br />
komb<strong>in</strong>iertem N <strong>und</strong> PE, obwohl diese noch<br />
erlaubt s<strong>in</strong>d.<br />
Die Doppelerdung verursacht nämlich<br />
Ströme im Gebäudeerdungssystem. In Industrieanlagen<br />
fließen diese Ströme <strong>in</strong> den Metallteilen<br />
<strong>und</strong> Gerüsten. Gehen sie auf Abschirmungen<br />
über, so werden Daten <strong>und</strong> Signale<br />
bee<strong>in</strong>trächtigt.<br />
Als nächstes wurde daher mit dem Messgerät<br />
der Stromfluss <strong>in</strong> der PE-N Verb<strong>in</strong>dung untersucht.<br />
Oberschw<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d hier im Strom<br />
zwar stark vorhanden, aber ke<strong>in</strong> Gleichanteil<br />
(Abb. 2). Für den hier auftretenden Fehler<br />
kam diese Möglichkeit also ebenfalls nicht <strong>in</strong> Betracht.<br />
Abb. 4:<br />
Strom auf der Abschirmung<br />
des Verb<strong>in</strong>dungskabels<br />
zwischen<br />
Prüfstand <strong>und</strong> Steuerrechner<br />
Die nächsten logischen Messpunkte <strong>in</strong> der Installation<br />
nach den N-Leitern waren die Potentialausgleichsverb<strong>in</strong>dungen.<br />
Und an e<strong>in</strong>er<br />
Potentialausgleichsschiene trat e<strong>in</strong> Gleichanteil<br />
auf (Abb. 3).<br />
Nun wurde die Ursachenrichtung bestimmt.<br />
Bald stellte sich heraus, dass der<br />
M<strong>in</strong>uspol der 24-Volt-Versorgung der Prüfstandsteuerung<br />
an zwei Stellen mit Erdpotential<br />
verb<strong>und</strong>en war. Damit war die Herkunft des<br />
Gleichstromanteils geklärt. Das Rätsel der Lastunabhängigkeit<br />
der Fehlmessung vom Pumpenstrom<br />
war damit auch gelöst.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs blieb die Frage zu klären, wie<br />
der Gleichstrom <strong>in</strong> der Gebäudeerdung e<strong>in</strong>e<br />
Abweichung <strong>in</strong> der Isolationsmessung hervorrufen<br />
konnte. Die den Kreisstrom treibende<br />
Spannung ist sehr kle<strong>in</strong> (ca. 100 mV), die<br />
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C<br />
Anwendungsfelder<br />
Gebäudetechnik<br />
Prüfspannung mit über 1200 Volt sehr hoch.<br />
E<strong>in</strong>e messbare Rückwirkung kann so nicht<br />
entstehen. Was aber war dann der Angriffspunkt<br />
des Gleichstromes?<br />
Um maximale Sicherheit auch bei anderweitig<br />
vielleicht e<strong>in</strong>mal auftretenden Potentialausgleichsströmen<br />
zu gewährleisten, wurde<br />
die Wirkungskette der Fehlmessung untersucht.<br />
Der steuernde PC ist über den PE-Leiter<br />
se<strong>in</strong>es Stromanschlusses mit dem Potentialausgleichssystem<br />
verb<strong>und</strong>en. Gleichzeitig<br />
s<strong>in</strong>d Signal- <strong>und</strong> Steuerleitungen zum Relaisarray<br />
vorhanden. Diese führen e<strong>in</strong>e Masseverb<strong>in</strong>dung<br />
sowie Abschirmung mit, die beidseitig<br />
aufgelegt se<strong>in</strong> muss. Am Relaisarray ist ebenfalls<br />
e<strong>in</strong>e PE-Verb<strong>in</strong>dung erforderlich.<br />
Um die Signal- <strong>und</strong> Datenleitungen zu<br />
überprüfen, wurde mit der empf<strong>in</strong>dlichen<br />
Präzisionszange ‚Fluke 80i-110s‘ der gesamte Leiter<br />
umfasst, um den Summenstrom zu messen<br />
(Abb. 4). Auf e<strong>in</strong>em dieser Verb<strong>in</strong>dungska-<br />
bel wurde e<strong>in</strong> Strom von 365 mA gef<strong>und</strong>en.<br />
Dieser ersche<strong>in</strong>t als Zahl nicht hoch, ist aber für<br />
e<strong>in</strong>e Datenleitung viel zu groß. Selbst bei e<strong>in</strong>em<br />
entfernten Kurzschluss kann dieser so weit<br />
ansteigen, dass das Rechnersystem beschädigt<br />
wird. Dies gilt im übrigen für alle vergleichbaren<br />
Fälle, also auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Büro- <strong>und</strong> sogar<br />
Heimumgebung!<br />
Die Auswertung der Isolationsmessung<br />
erfolgt im Steuerrechner über e<strong>in</strong>e Analog/<br />
Digitalwandlerkarte. Der Angriffspunkt des<br />
Gleichstroms auf das Messergebnis war dann <strong>in</strong><br />
der Referenzspannung des A/D-Konverters zu<br />
f<strong>in</strong>den. Die 365 mA flossen nämlich über die<br />
<strong>in</strong>ternen Masseverb<strong>in</strong>dungen so ab, dass e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>er Spannungs-Offset zu dieser Referenzspannung<br />
h<strong>in</strong>zukam.<br />
Somit war die Ursache der Fehlmessung<br />
aufgeklärt. Es wurden anschließend Abhilfemaßnahmen<br />
e<strong>in</strong>geleitet, somit ist die genaue<br />
Isolationsmessung für die Zukunft gesichert.<br />
Die elektrische Sicherheit der Flugzeuge bleibt<br />
gewährleistet.<br />
Zusammenfassung<br />
Generell sollten die Ströme <strong>in</strong> Potentialausgleichs-<br />
<strong>und</strong> Erdungssystemen regelmäßig<br />
überprüft werden. Hierbei gilt es, nicht nur<br />
den Effektivwert, sondern auch das Spektrum<br />
zu betrachten. So können Schäden durch<br />
Fehlmessungen oder Korrosion von Gebäude-<br />
<strong>und</strong> Anlagenteilen bereits vorbeugend<br />
vermieden werden. Sicherheit <strong>und</strong> Kostenersparnis<br />
s<strong>in</strong>d damit geme<strong>in</strong>sam erreicht.<br />
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