Lorenzner Bote - Ausgabe Juni 2007 (2,79 MB) (0 bytes)
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AUS DER GESCHICHTE<br />
Neue Straße stürzt ein<br />
Vor 180 Jahren<br />
In der Nacht vom 5. auf den 6. <strong>Juni</strong> 1827 brach die Stützmauer der neuen, noch nicht völlig<br />
fertiggestellten Straße unter der Sonnenburg ein. Dem Vorfall folgten lange Untersuchungen.<br />
Die Pustertaler Straße führte früher<br />
von St. Lorenzen über die Bannbrücke,<br />
stieg über das steile „Sonnenburger<br />
Eck“ hinauf und über die<br />
sogenannte „Hochtraße“, durch das<br />
Dorf Sonnenburg um beim „Gasteiger“<br />
wieder hinunter auf die heutige<br />
Straßentrasse in Richtung Kniepass<br />
weiter zu verlaufen.<br />
Der Straßenabschnitt war in den<br />
ersten Jahrzehnten nach 1800 eine<br />
dauernde Baustelle. Am 9. April<br />
1809 wurde die Bannbrücke durch<br />
Kriegsereignisse beschädigt. Am Rosarisonntag1813<br />
brannten französische<br />
Soldaten bei ihrem Rückzug die<br />
Bannbrücke ab und beschädigten<br />
einen Tag später die Verbindungsbrücke<br />
von Pflaurenz nach Sonnenburg<br />
schwer. Nachdem beide<br />
Brücken wieder behelfsmäßig hergestellt<br />
waren, riss das Hochwasser<br />
am 27. August 1817 beide Brücken<br />
wieder fort. Der Verkehr wurde über<br />
die Stegener Rienzfelder umgeleitet.<br />
1824, nachdem der Fahrweg von St.<br />
Lorenzen nach Pflaurenz verbreitert<br />
worden war, wurde die auf Pfählen<br />
und fünf Jochen stehende Verbindungsbrücke<br />
von Pflaurenz nach<br />
Sonnenburg verstärkt. Die Fuhrwerke<br />
wurden dann von St. Lorenzen<br />
nach Pflaurenz und die Hilfsbrücke<br />
nach Sonnenburg geleitet.<br />
Inzwischen wurde die Bannbrücke<br />
neu gebaut. Wegen des steilen<br />
und gefährlichen „Sonnenburger<br />
Ecks“ wurde eine neue Straße projektiert,<br />
nämlich die heutige Straße,<br />
die unter dem Amtmannbichl und<br />
dem Sonnenburger Klosterhügel<br />
vorbeiführt.<br />
Der Bau der neuen Straße<br />
Der Bau dieser Straße wurde im<br />
Frühjahr 1825 begonnnen. Für die<br />
Ausführung und die Bauaufsicht<br />
wurde zuständige Kreisingenieur<br />
Felix Ducati beauftragt. Die Straßentrasse<br />
musste teilweise aus dem<br />
Felsen herausgesprengt werden. Auf<br />
der Talseite unterhalb der Sonnenburg<br />
musste eine lange Stützmauer<br />
errichtet werden. Die Arbeiten<br />
wurden vom Kreisingenieur teils in<br />
Regie und teils in Accord vergeben.<br />
Ein großer Teil der Arbeiten wurde<br />
vom italienischen Bauunternehmer<br />
Giovanni Battista Perazzi übernommen.<br />
Zwei weitere Baulose hatten<br />
der Ortnerwirt und Bürgermeister<br />
von <strong>Lorenzner</strong> Jakob Hellweger und<br />
der Mauermeister Bartlmä Hilber<br />
aus Pfalzen übernommen.<br />
Sonnenburg auf<br />
einer Postkarte<br />
um 1910. Die<br />
Straße unterhalb<br />
des Klosterfelsens<br />
wurde zwischen<br />
1825 und 1828<br />
gebaut.<br />
Differenzen über<br />
Zuständigkeiten<br />
Wegen schwerer Differenzen<br />
wurde dem Kreisingenieuer Ducati<br />
im Mai 1826 der Auftrag über die<br />
Oberaufsicht entzogen. Wie aus den<br />
Akten hervorgeht, habe Ducati allzu<br />
eigenmächtig Verträge abgeschlossen,<br />
die seine Kompetenzen überschritten.<br />
An seiner Stelle wurde der<br />
amtierende Straßenmeister Franz<br />
Schweighofer für diese Aufgabe<br />
beauftragt. Schweighofer war aber,<br />
wie aus späteren Verhandlungen<br />
geschlossen werden kann, mit dem<br />
Auftrag überfordert. Später waren<br />
der Ingenieur Hirn und der Bauadjunkt<br />
Diule an verantwortlicher Stelle<br />
tätig. Unter diesen Herren scheint<br />
kein besonders gutes Einvernehmen<br />
geherrscht zu haben.<br />
Der große Zwischenfall<br />
Im Winter 1826/27 war viel<br />
Schnee gefallen. Das Tauwetter im<br />
Frühjahr 1827 hatte zu einer raschen<br />
Schneeschmelze geführt, sodass sich<br />
außergewöhnlich viel Schmelzwasser<br />
sammelte. Schwere Vernachlässigungen<br />
seitens der Bauleitung führten<br />
dazu, dass das viele Schmelzwasser<br />
vom Burgfelsen nicht abfloss,<br />
sondern im Straßenkörper versickerte,<br />
weil die Fahrbahn nicht gewalzt,<br />
der Abzugsgraben an der Bergseite<br />
nicht freigehalten wurde und viel<br />
Steinmaterial, das in Form kleinerer<br />
Muren vom noch lockeren Felsen<br />
heruntergefallen war, nicht weggeräumt<br />
wurde. Zum Schmelzwasser<br />
kamen noch starke Regenfälle. Die<br />
hohe Stützmauer konnte dem Druck<br />
nicht standhalten. Sie brach an zwei<br />
Stellen und stürzte in der Nacht zum<br />
5. <strong>Juni</strong> in die Rienz hinunter. Am 8.<br />
<strong>Juni</strong> stürzte ein weiteres Stück der<br />
Mauer ein, sodass an drei Stellen ein<br />
großes Loch klaffte. Zu aller Unvorsichtigkeit<br />
war die Straße bereits im<br />
Herbst 1826 für Führwerke frei gegeben<br />
worden. Dass kein Unglück<br />
passierte war dem Straßeneinräumer<br />
06-<strong>2007</strong><br />
36<br />
<strong>Lorenzner</strong><br />
bote