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Rezeption und Tradierung als Komplexes ... - Maximilian Schich

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I. Einführung 3<br />

völlig unterschiedliche Bedeutung beziehungsweise unterschiedliches Aussehen<br />

haben kann. 7 Dokumente wie Monumente sind keine stabilen Größen. Beide ändern<br />

sich ständig; selbst ihre Idealform gleicht daher eher einem vierdimensionalen<br />

Prozess.<br />

Der globale Problemraum ergibt sich aus der Tatsache, dass in der Regel weder<br />

<strong>Rezeption</strong>s- noch <strong>Tradierung</strong>sereignisse einzeln aureten:<br />

Künstler die einen Gegenstand rezipieren, tun dies o im Rahmen der <strong>Rezeption</strong><br />

anderer Gegenstände. <strong>Tradierung</strong>sereignisse schliessen sich gegebenenfalls zu<br />

Keen zusammen. In beiden Fällen ergibt sich daher ein komplexes Netzwerk im<br />

Sinne der diskreten Mathematik:<br />

Das bipartite Netzwerk der <strong>Rezeption</strong> sowie das gerichtete Netzwerk der <strong>Tradierung</strong><br />

(vgl. Abb. 1).<br />

Prinzipiell bestehen komplexe Netzwerke aus Knoten <strong>und</strong> Links. Knoten bezeichnen<br />

dabei zum Beispiel einzelne Gegenstände; Links bezeichnen die Bezüglichkeiten<br />

zwischen diesen Gegenständen.<br />

Das Netzwerk der <strong>Rezeption</strong> ist bipartit, da es streng in zwei Knotenarten unterteilt<br />

ist: Gegenstände auf der einen Seite sowie die entsprechenden Darstellungen auf<br />

der anderen Seite – Monumente <strong>und</strong> Dokumente.<br />

Im Fall der <strong>Tradierung</strong> gibt es nur Dokumente, das heisst <strong>als</strong>o nur eine Knotenart.<br />

8<br />

Die Links entsprechen im Netzwerk der <strong>Rezeption</strong> dem Bezug der Darstellung<br />

zum Gegenstand; im Netzwerk der <strong>Tradierung</strong> dem Bezug der Darstellung zum<br />

vorbildlichen Dokument. Beide Netzwerke definieren sich durch das Vorhandensein<br />

der entsprechenden Linkart zwischen den jeweiligen Knoten, <strong>als</strong>o durch<br />

den <strong>Rezeption</strong>slink sowie den <strong>Tradierung</strong>slink. Letzterer wird auch <strong>als</strong> Archetyplink<br />

angesprochen, da er immer zum Vorbild zeigt. In beiden Fällen hat die Bezüglichkeit<br />

eine festgelegte Richtung. Man spricht daher von einem gerichteten Netzwerk.<br />

Monument<br />

Dokument<br />

Monumentlink<br />

Dokument<br />

Archetyplink<br />

Dokument<br />

<strong>Rezeption</strong><br />

<strong>Tradierung</strong><br />

Abb. 1. <strong>Rezeption</strong> <strong>und</strong> <strong>Tradierung</strong> sind jeweils anhand eines spezifischen<br />

Links zwischen zwei Knoten definiert. Monumente wie Dokumente sind<br />

Objekte. Sie unterscheiden sich prinzipiell nur durch ihre Datierung oder<br />

Thematik.<br />

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die beiden komplexen Netzwerke von <strong>Rezeption</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Tradierung</strong> genauer zu ergründen.<br />

Klar ist dabei von vorne herein, dass sich beide Phänomene weder vollständig<br />

rekonstruieren noch in ihrer ganzen Problemtiefe erfassen lassen. 9 Hierfür müsste<br />

man alle Vorraussetzungen kennen, welche die jeweiligen Urheber freiwillig oder<br />

unfreiwillig berücksichtigt haben. Die vorliegende Untersuchung stellt in diesem<br />

Sinne eine kunsthistorische Intervallnäherung 10 dar, in der man nur einige diskrete<br />

Punkte kennt.

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