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Rezeption und Tradierung als Komplexes ... - Maximilian Schich

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II. Komplexe Netzwerke<br />

Dokumente aus ihrer gegebenen Konvention in eine andere, z.B. die metaoptischgeographische<br />

Konvention zu projizieren, erfordert eine nicht zu unterschätzende<br />

Übersetzungleistung. Selbst wenn es das universelle Wörterbuch aller vorstellbaren<br />

Geometrien gäbe, von dem der französische Mathematiker Poincaré 51 einst<br />

geträumt hat, ließe sich diese Übersetzung nicht automatisieren, da ein <strong>und</strong><br />

dasselbe Dokument in Mischformen verschiedener Konventionen angelegt sein<br />

kann.<br />

Der geographische Raum kann daher nicht im Zentrum der dokumentbasierten<br />

kunsthistorisch-archäologischen Forschung stehen. Ausgangspunkt ist vielmehr<br />

das bei Geographischen Informationssystemen im Hintergr<strong>und</strong> liegende Repräsentationssystem.<br />

Darin werden die Dokumente in ihrer eigenen Konvention zusammengetragen.<br />

Der metaoptisch-geographische Referenzraum ist nur eine Projektionsfläche unter<br />

vielen anderen. Er wird selbstverständlich auch in dieser Arbeit benutzt. Im<br />

Vordergr<strong>und</strong> stehen aber vor allem die multidimensionalen Bezüglichkeiten, die<br />

beim geospatialen Ansatz deutlich zu kurz kommen. Das explizite Netzwerk ist<br />

dabei die Basis; nicht die kartesische Raum-Zeit.<br />

Die zeitliche Einordnung von Objekten ist ein zweites Beispiel, an dem deutlich<br />

wird, dass die Modellierung des verwendeten Repräsentationssystems den vorliegenden<br />

Daten folgen sollte: Vordefinierte Standards zu Bild- oder Objektdatenbanken,<br />

geben in der Regel ein einfaches Format für Datierungen vor. Das Prometheus-Bildarchiv,<br />

oder Datenbanken die den Dublin-Core verwenden sind hierfür<br />

gute Beispiele. 52 Der anzugebende Zeitbereich entspricht dabei in der Regel einem<br />

Ausschni aus dem Zeitstrahl, der in vordefinierte Gr<strong>und</strong>einheiten, wie Tage,<br />

St<strong>und</strong>en oder Minuten eingeteilt ist. Die Datierung wird in absoluter Form notiert;<br />

vage Angaben wie um 1500 werden intern in ein absolutes Format übersetzt.<br />

Dies ist deshalb ein Problem, da man in vielen Fällen dazu neigt, Gegenstände<br />

relativ zu anderen Gegenständen zu datieren.<br />

Selbst wenn man das genaue Jahr eines berühmten Referenzwerkes, etwa der sixtinischen<br />

Kapellendecke, nicht im Kopf hat, kann man ein anderes Fresko eventuell<br />

in Abhängigkeit entweder vor dem Referenzwerk oder nach dem Referenzwerk<br />

zeitlich einordnen. Die Objektdimension spielt hier eine stärkere Rolle, <strong>als</strong> der<br />

absolute Zeitstrahl. Würde man tatsächlich feststellen, das Referenzwerk sei in<br />

Wirklichkeit zehn oder zwanzig Jahre später entstanden <strong>und</strong> würde es daher umdatieren,<br />

so würde in der Folge eine absolute Datierung des abhängigen Objektes<br />

keinen Sinn mehr machen. Post 1512 wäre eine grobe Verzerrung der Aussage, die<br />

ja eigentlich nach der sixtinischen Kapelle lautet.<br />

Das evidente Problem liegt in der Struktur der meisten Datenbanken, deren Datierungskonzept<br />

nur unbegründete absolute Zeitbereiche zulässt. Sinnvoll wäre<br />

es, den Zeitbereich gegen diese Regel auch von einem Objekt abhängig machen<br />

zu können. Die Datierung wird dann vom tatsächlich absolut datierbaren Objekt<br />

übernommen. Ändert sich diese Datierung, so ändert sich auch die zeitliche Einordnung<br />

des abhängigen Objekts.

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