inpuncto: 75 Jahre Pastoralamt
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Papst Franziskus an die in der Seelsorge Tätigen<br />
In ständigem Aufbruch<br />
In seinem ersten<br />
Lehrschreiben „Evangelii<br />
Gaudium“ plädiert<br />
Papst Franziskus für eine<br />
missionarische Kirche,<br />
die von allen Getauften<br />
getragen ist – und er spricht<br />
von den Aufgaben und auch<br />
von den Versuchungen der<br />
in der Seelsorge Tätigen.<br />
Im Folgenden einige<br />
markante Aussagen daraus:<br />
Papst Franziskus richtet starke Botschaften – nach innen und nach außen. WIKIMEDIA<br />
Die Reform der Strukturen, die für die<br />
pastorale Neuausrichtung erforderlich<br />
ist, kann nur in diesem Sinn<br />
verstanden werden: dafür zu sorgen, dass<br />
sie alle missionarischer werden, dass die<br />
gewöhnliche Seelsorge in all ihren Bereichen<br />
expansiver und offener ist, dass sie die in der<br />
Seelsorge Tätigen in eine ständige Haltung<br />
des „Aufbruchs“ versetzt und so die positive<br />
Antwort all derer begünstigt, denen Jesus<br />
seine Freundschaft anbietet.“ (27)<br />
„Die Freude aus dem Evangelium kann<br />
nichts und niemand uns je nehmen (vgl. Joh<br />
16,22). Die Übel unserer Welt – und die der<br />
Kirche – dürften niemals Entschuldigungen<br />
sein, um unseren Einsatz und unseren Eifer<br />
zu verringern. Betrachten wir sie als Herausforderungen,<br />
um zu wachsen. Außerdem<br />
ist der Blick des Glaubens fähig, das Licht<br />
zu erkennen, das der Heilige Geist immer<br />
inmitten der Dunkelheit verbreitet.“ (84)<br />
„Kraft der empfangenen Taufe ist jedes<br />
Mitglied des Gottesvolkes ein missionarischer<br />
Jünger geworden (vgl. Mt 28,19). Jeder<br />
Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion<br />
in der Kirche und dem Bildungsniveau<br />
seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung,<br />
und es wäre unangemessen, an<br />
einen Evangelisierungsplan zu denken, der<br />
von qualifizierten Mitarbeitern umgesetzt<br />
würde, wobei der Rest des gläubigen Volkes<br />
nur Empfänger ihres Handelns wäre.“ (120)<br />
„Heute kann man bei vielen in der Seelsorge<br />
Tätigen, einschließlich der gottgeweihten<br />
Personen, eine übertriebene Sorge um die<br />
persönlichen Räume der Selbstständigkeit<br />
und der Entspannung feststellen, die dazu<br />
führt, die eigenen Aufgaben wie ein bloßes<br />
Anhängsel des Lebens zu erleben, als gehörten<br />
sie nicht zur eigenen Identität. Zugleich<br />
wird das geistliche Leben mit einigen<br />
religiösen Momenten verwechselt, die einen<br />
gewissen Trost spenden, aber nicht die<br />
Begegnung mit den anderen, den Einsatz in<br />
der Welt und die Leidenschaft für die Evangelisierung<br />
nähren. So kann man bei vielen<br />
in der Verkündigung Tätigen, obwohl sie<br />
beten, eine Betonung des Individualismus,<br />
eine Identitätskrise und einen Rückgang des<br />
Eifers feststellen. Das sind drei Übel, die sich<br />
gegenseitig fördern.“ (78)<br />
„Es entwickelt sich bei den in der Seelsorge<br />
Tätigen jenseits des geistlichen Stils oder der<br />
gedanklichen Linie, die sie haben mögen,<br />
ein Relativismus, der noch gefährlicher ist<br />
als der, welcher die Lehre betrifft. Es hat<br />
etwas mit den tiefsten und aufrichtigsten<br />
Entscheidungen zu tun, die eine Lebensform<br />
bestimmen. Dieser praktische Relativismus<br />
besteht darin, so zu handeln, als<br />
gäbe es Gott nicht, so zu entscheiden, als<br />
gäbe es die Armen nicht, so zu träumen, als<br />
gäbe es die anderen nicht, so zu arbeiten,<br />
als gäbe es die nicht, die die Verkündigung<br />
noch nicht empfangen haben.“ (80)<br />
„Die Bewusstwerdung der Verantwortung<br />
der Laien, die aus der Taufe und der Firmung<br />
hervorgeht, zeigt sich nicht überall<br />
in gleicher Weise. In einigen Fällen, weil sie<br />
nicht ausgebildet sind, um wichtige Verantwortungen<br />
zu übernehmen, in anderen Fällen,<br />
weil sie in ihren Teilkirchen aufgrund<br />
eines übertriebenen Klerikalismus, der sie<br />
nicht in die Entscheidungen einbezieht,<br />
keinen Raum gefunden haben, um sich<br />
ausdrücken und handeln zu können. Auch<br />
wenn eine größere Teilnahme vieler an den<br />
Laiendiensten zu beobachten ist, wirkt sich<br />
dieser Einsatz nicht im Eindringen christlicher<br />
Werte in die soziale, politische und<br />
wirtschaftliche Welt aus. Er beschränkt sich<br />
vielmals auf innerkirchliche Aufgaben ohne<br />
ein wirkliches Engagement für die Anwendung<br />
des Evangeliums zur Verwandlung der<br />
Gesellschaft.“ (102) l<br />
<strong>75</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Pastoralamt</strong> 3