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Menschen<br />
Seeleneinkehr bei Rosa<br />
Wo Rosa waltet,<br />
strahlt die Atmosphäre<br />
vor Energie,<br />
Wärme und Zuversicht.<br />
Seit über einem Jahr ist die<br />
zierlich-patente, gebürtige<br />
Italienerin Wirtin des „Dideldum“<br />
und beschert dem <strong>Rothenburg</strong>er<br />
Hort der musikalischen<br />
Pub-Kultur der 80erund<br />
frühen 90er-Jahre eine<br />
neue Blütezeit. Heuer im Juni<br />
feierte die einstige Jazzkneipe<br />
ihr 30jähriges Jubiläum<br />
(zu den Gründern zählen Norbert<br />
Raidel, Mario Beck, Nick<br />
Fruth, Walter Unterthiner).<br />
Längst hat sich herumgesprochen,<br />
dass Rosa Rock, Soul<br />
und Blues liebt und zwar vor<br />
allem dann, wenn diese Musik<br />
live auf ihrer Bühne mit der<br />
possierlichen Holzreling stattfindet.<br />
Da kann es passieren,<br />
dass sie die Erste ist, die zu<br />
tanzen beginnt und das Publikum<br />
folgt ihr willig.<br />
Woher hat sie diese ungebrochen<br />
scheinende Lebenskraft, die<br />
sie zu einer kleinen Legende herzenswarmer<br />
Gastlichkeit werden ließ?<br />
Denn, ganz egal, wo sie als Kellnerin in<br />
<strong>Rothenburg</strong> oder Schwäbisch Hall arbeitete<br />
– und dieses fast ununterbrochen<br />
seit 36 Jahren – der Name des Lokals<br />
war nicht so wichtig, denn man<br />
Rosen und Dornen<br />
ging einfach „zu Rosa“. Dann wusste<br />
jeder Bescheid, um welchen Treffpunkt<br />
es sich handelt.<br />
Diese durch und durch echte „VIP“-<br />
Qualität wurde der Italienerin allerdings<br />
nicht in die Wiege gelegt. Trotz<br />
des poetischen Namens wurde die<br />
Apulierin mit dem römischen Profil keineswegs<br />
auf Rosen gebettet, sondern<br />
bekam eher die Dornen der vielgerühmten<br />
Blume zu spüren. Eine Kämpfernatur<br />
sei sie geworden: „Ich habe<br />
Kraft wie ein Bär“, sagt die Mutter dreier<br />
Töchter und blickt ihr Gegenüber respektvoll,<br />
aber unbeirrbar forschend<br />
an. Sie schaut einem ins Herz, ist nicht<br />
interessiert an der Fassade. Wie kam es<br />
überhaupt in den Norden, dieses südliche<br />
Kind?<br />
Zitternd in der Winterkälte stand die<br />
neunjährige Rosa Ortolino Weihnachten<br />
1962 mit ihren Geschwistern am<br />
Nürnberger Bahnsteig. Eine lange Zugfahrt<br />
aus dem sonnigen Canosa di Puglia<br />
hatten sie hinter sich gebracht. Die<br />
sechs kleinen Süditaliener in ihren kurzen<br />
Höschen und Röckchen guckten erstaunt<br />
in diese neue Heimat aus kaltem,<br />
grauem Stein. Tröstlich war nur<br />
die Aussicht, endlich wieder zusammen<br />
zu sein mit Mamma Vincenza und Pad-<br />
Rosa und Frieder Emmert<br />
re Paolo. Dieser war 1961 in<br />
die fränkische Stadt aufgebrochen,<br />
um als einer der<br />
ersten italienischen Gastarbeiter<br />
bei Mannesmann Geld<br />
zu verdienen für seine in Italien<br />
gebliebene Familie.<br />
Szenenwechsel: Zwei Jahre<br />
später hausen die nunmehr<br />
sieben Kinder in Wettringen.<br />
Für die Vermieterin in<br />
Fürth, wo die Ortolinos lebten,<br />
war das unzähmbare<br />
Temperament der Schar einfach<br />
zu stressig geworden.<br />
Deswegen hatte der Vater<br />
durch Vermittlung eines Bekannten<br />
ein baufälliges Dorfhaus<br />
für wenig Geld erworben.<br />
Nun lachen die Geschwister<br />
sich im Winter halb<br />
kaputt, denn im Hausflur der<br />
nur spärlich beheizbaren<br />
Wohnstatt hatte sich eine<br />
kleine Eisbahn zum Schlittern<br />
gebildet durch das herabtropfende<br />
Schneewasser<br />
vom undichten Dach. Mamma<br />
Vincenza und Schwester Rosa können<br />
zur Vorsicht mahnen wie sie mögen:<br />
der kleine Clan bleibt wild und liebt’s<br />
gefährlich.<br />
Leben in Wettringen<br />
Einen „Migrationshintergrund“ auf<br />
dem Dorf zu haben, der deutschen<br />
Sprache bzw. auch des eigenwilligen<br />
Wettringer Dialekts zunächst nicht<br />
mächtig zu sein, das sind keine leichten<br />
Voraussetzungen für ein Kind. „Ich<br />
hatte eigentlich keine Jugend“, erzählt<br />
Rosa, denn eine Ersatzmutter musste<br />
sie auch sein, den Haushalt versorgen<br />
mit Kochen, Putzen, die Kleinen bändigen.<br />
„Meine Mutter war schwerst herzkrank,<br />
hatte Lungenprobleme. Zusätzlich<br />
machte ihr das Heimweh nach Apulien<br />
und ihrer Familie sehr zu schaffen“,<br />
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