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Menschen<br />

Ein frommer Hecht in Jeans<br />

In diesem Zimmer schaut<br />

man spätestens beim<br />

zweiten Blick nach oben.<br />

Nicht, weil hier ein Pfarrer<br />

lebt und der Besucher sich mit<br />

einem unverzüglichen Augenaufschlag<br />

gen Himmel gleich<br />

als besonders fromm ausweisen<br />

möchte. Sondern: weil die<br />

farbige Reliefdecke aus bemaltem<br />

Stuck einfach eine Augenweide<br />

ist. Vier figurenreiche<br />

Szenerien fesseln den verblüfften<br />

Blick. Denn, sagen wir<br />

es gerade heraus: Äußerst<br />

wohlgestalteter Busen, blank,<br />

so wie der Herrgott ihn erschaffen<br />

hat, prangt dem Gast<br />

entgegen. Nicht bloß gemalt,<br />

sondern dezidiert als Halbplastik<br />

aufwendig gestaltet<br />

lockt Weiblichstes, gleichsam<br />

zum Greifen nahe inmitten<br />

eines Gelages mit üppig dargebotenen<br />

Speisen, tiefrot<br />

strömendem Wein als Kunstwerk<br />

an der Zimmerdecke.<br />

Da kann der Pfarrer nichts<br />

dafür. Er wohnt ja schließlich nur im<br />

inwendig barock verzierten Renaissancebau,<br />

gleich neben einer seiner<br />

Wirkungsstätten seit 1990, der St.-<br />

Jakobs-Kirche. Und gleich zeigt sich<br />

Heiter beharrlich<br />

etwas, das er später im Gespräch als<br />

seine Lebensmaxime formulieren wird:<br />

„Freundliche Beharrlichkeit und beharrliche<br />

Freundlichkeit.“ Denn der<br />

Evangelische belehrt nicht wortreich<br />

über die Thematik des Deckenstucks,<br />

das ist nicht seine Art. Er lässt heiter,<br />

aber eben beharrlich die Besucher grübeln,<br />

bis bei diesen urplötzlich verschattete<br />

Bibelkenntnisse aufleuchten,<br />

die besagen, dass es sich um Jesus’<br />

„Gleichnis vom verlorenen Sohn“ handelt<br />

und die sinnliche Szene das Verprassen<br />

des unzeitig abgeforderten,<br />

väterlichen Erbes zeigt. Wenn man’s<br />

schließlich erkennt, dann freut er sich,<br />

der leidenschaftliche Schachspieler<br />

und zieht „hellwach und präsent“ (so<br />

möchte er leben) Parallelen zur modernen<br />

Bedeutung des neutestamentarischen<br />

Textes.<br />

Die Finanzmarktkrise beispielsweise<br />

sei so eine, in der spekulierendes Prassen<br />

mit nicht selbst Erworbenem eine<br />

gleichnisähnliche Lebens-Sackgasse<br />

erzeugt habe. Noch weiter gedeutet: Im<br />

Licht der Barmherzigkeit als Basis sozialen<br />

Gelingens erscheint der sogenannte<br />

“Schutzschirm“ (als wirtschaftlich<br />

bittere Notwendigkeit) plötzlich<br />

entfernt verwandt mit dem Gedanken<br />

der gütigen Hilfe des Vaters für den gestrauchelten<br />

Sohn. So lebensnah versteht<br />

Herbert Dersch die Gleichnisse<br />

Pfarrer Herbert Dersch<br />

von Jesus als aktuelle Einladung<br />

zum „Mitspielen und<br />

Stutzigwerden“. Den Gottessohn<br />

habe er auch deshalb<br />

als größtes Vorbild, „weil er<br />

mit faszinierenden Worten<br />

und Taten immer wieder das<br />

überraschend Andere sagt“.<br />

Weltzugewandt sieht er<br />

aus, der Herr Pfarrer, der<br />

glücklich verheiratete (seit<br />

1981 mit Silvia, Rektorin der<br />

Hermann-Delp Schule in Bad<br />

Windsheim). Wie ein Lebenskünstler<br />

wirkt er mit seinen<br />

sinnend wachen Augen, die<br />

blau sind, aber südländisch<br />

abdunkeln können ins Ernste.<br />

„Narziß und Goldmund“?<br />

Da lacht der Hermann-Hesse-<br />

Leser, Jeansträger mit geschätztem<br />

Zweitages-Bart,<br />

treuer Liebhaber guter Tropfen<br />

aus dem „Bullenheimer<br />

Paradies“ (seit seiner Pfarrertätigkeit<br />

dort von 1983 bis<br />

1990). Nur ein kleines Silberkreuz<br />

am Hals deutet äußerlich<br />

hin auf die Religiosität des 1956 in<br />

Feucht im Zeichen des Fischs geborenen,<br />

tief treuen „Club-Fans“, der zwischen<br />

dem Studium der Psychologie<br />

Frei von Zwang<br />

und Theologie kurz schwankte. „Den<br />

Ausschlag, Pfarrer zu werden, gab der<br />

Gedanke, dass ich als Mitglied einer<br />

Solidargemeinschaft keine zahlenden<br />

Klienten für seelsorgerische Gespräche<br />

haben muss, also frei von materiellem<br />

Zwang im Hinterkopf direkt da sein<br />

kann für die Menschen.“<br />

Frühe Prägung durch ein kirchlich<br />

orientiertes Elternhaus? „Nein, meine<br />

Eltern waren keine streng regelmäßigen<br />

Kirchgänger, aber ich war Kindergottesdiensthelfer<br />

in der „Gemeinde<br />

Becksteins“ alias Nürnberg-Langwas-<br />

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