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Ausgabe Oktober 2013 - STADTmagazin Rapperswil-Jona

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vorgestellt<br />

Andreas Stössel<br />

Önologe am Weingut<br />

Höcklistein<br />

Text: Julia Kliewer / Bild: Susanne Raabe<br />

Der Tag beginnt für Andreas Stössel schon sehr früh. Um vier<br />

Uhr morgens steht er auf und macht sich auf den mehrstündigen<br />

Weg von Konstanz nach Kempraten zum Weingut Höcklistein –<br />

mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn er anschliessend den<br />

Weinberg besteigt und sich der Ausblick auf den See und das<br />

<strong>Rapperswil</strong>er Schloss vor ihm erstreckt, weiss er jedes Mal aufs<br />

Neue, wieso dies sein Traumberuf ist.<br />

beeindruckt, dass er ein Vinologie-Studium begann. Im Anschluss<br />

daran ging er in die Toskana und wollte eigentlich nur drei Monate<br />

bei der Ernte helfen. Geblieben ist er 20 Jahre, im Laufe derer er<br />

auf verschiedenen Weingütern diverse Weine produzierte.<br />

Im November 2011 kehrte er in die Schweiz zurück. Seine Entscheidung<br />

bereut er nicht. Zwar musste er seine mittlerweile<br />

italienisch angehauchte Mentalität erst wieder umstellen und<br />

sich an das Wetter anpassen, aber die Zuverlässigkeit, die Logi-<br />

Andreas Stössel ist Önologe. Doch was genau macht ein Önologe?<br />

«Önologie ist die Wissenschaft des Weines. Ein Önologe<br />

konzipiert das Produkt, also den Wein, und muss den Weinberg<br />

und den Ertrag dahingehend anpassen»,<br />

stik und die Möglichkeit zum eigenständigen Experimentieren<br />

weiss er hier hingegen sehr zu schätzen. «In Italien ist die Mentalität<br />

anders, man ist dort Teil der Familie.<br />

erklärt der 44-Jährige. Während der Winzer<br />

den Weinberg pflegt und die Reben<br />

Entscheidungskompetenz zugesprochen<br />

Hier gefällt mir wiederum, dass mir viel<br />

«In diesem Beruf muss man<br />

mit den Wetterkapriolen<br />

kultiviert, befasst sich der Önologe mit<br />

wird.» Nichtsdestotrotz laufe Weinmachen<br />

im Team ab, so Stössel. Neben der<br />

umgehen können. Bis zum<br />

dem gesamten Umfang der Weinherstellung<br />

Tag der Ernte ist es immer<br />

– sowohl mit dem Rebberg, als auch<br />

mit der Kelterung. «Önologen nutzen die<br />

Erkenntnisse der Pflanzenphysiologie zur<br />

Optimierung des Aromas oder der Farbe<br />

eines Weines», führt Stössel weiter aus.<br />

«Man arbeitet kreativ, experimentiert,<br />

wie eine Lotterie. Erst wenn<br />

die Trauben im Keller sind,<br />

entscheidet sich, wie der<br />

Jahrgang wird.»<br />

Zusammenarbeit mit den Winzern ist auch<br />

die Unterstützung des Weingutbesitzers<br />

entscheidend. «Weinmachen braucht Zeit.<br />

Als Önologe muss man ausdauernd sein,<br />

seiner Vision treu bleiben und die Linie<br />

verfolgen», weiss der passionierte Weinexperte.<br />

konzipiert und hat auch eine steuernde Funktion inne, indem<br />

man sein Konzept zur Umsetzung an die Winzer heranträgt.»<br />

Dazu muss ein Önologe ausgeprägte sensorische Fähigkeiten<br />

Erst im fünften Standjahr erhalte man einen 100-pro-<br />

zentigen Ertrag, hinzu komme noch die Kelterungszeit. «Bis ein<br />

neu konzipiertes Produkt fertig ist, das ist ein längerer Prozess.»<br />

haben, die einzelnen Substanzen herausschmecken und Herstellungsfehler<br />

erkennen können. «Dieses Rausschmecken, die<br />

Sensorik, kann erlernt werden, wie eine Sprache», sagt er.<br />

Und was ist das Geheimnis eines guten Weines? Der Önologe<br />

schmunzelt: «Das Geheimnis ist ganz simpel die Lage – Klima,<br />

Neigung, Boden. Der Weinberg ist das Fundament des Betriebes.<br />

Ein vierjähriges Studium hat der aus Zürich stammende Familienvater<br />

als Basis absolviert. Und wie kommt man auf die Idee Önologe<br />

zu werden? «Mein Berufsberater schlug vor, dass ich etwas<br />

mit Kulinarik machen sollte. Der eigentliche Anstoss kam dann<br />

von meinem Onkel, einem Weinliebhaber.» Also machte Andreas<br />

Stössel eine Schnupperlehre auf einem Weingut. Dort haben ihn<br />

gleich zu Beginn die Farbe und der Duft des Beaujolais Villages so<br />

Zum Beispiel fungiert der Zürichsee als eine Art Batterie und<br />

sorgt für geringere Temperaturschwankungen. Das Ergebnis<br />

sind ausgewogene Weine mit einer vielschichtigen, feinen<br />

Aromatik.» Was vom Jahrgang <strong>2013</strong> erwartet werden kann, lässt<br />

sich allerdings noch nicht sagen, die Trauben sind noch nicht im<br />

Keller. Lassen wir uns also überraschen und geniessen in der<br />

Zwischenzeit die hervorragenden Tropfen der Vorjahre.<br />

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