Blickwechsel - Stadttheater Minden
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Ausstellung im Foyer des I. Rangs<br />
<strong>Blickwechsel</strong><br />
Bilder von der Lübbecker Künstlerin Friedgund Lapp<br />
„Alles funktioniert mit Worten. Nur Bilder<br />
sind stumm und müssen für sich selber<br />
sprechen“, sagt die Künstlerin Friedgrund<br />
Lapp – Trotzdem gelingt es ihr, mit ihren<br />
gemalten Innenwelten für jeden Betrachter<br />
genau den richtigen Ton zu treffen. Denn<br />
jeder kann die organischen Elemente in<br />
ihren Gemälden für sich deuten. Alles ist<br />
richtig, nichts ist falsch. Und die Titel lenken<br />
ein wenig die Gedanken. Nur genaues<br />
Hinschauen ist schon erforderlich.<br />
„Kinderstube“ ist ein Beispiel dafür. Da gibt<br />
es einerseits ein recht abstraktes Zeichen,<br />
dass von seiner Form her an einen Kinderwagen<br />
erinnert. Am oberen Bildrand ist ein<br />
realer vertrockneter Kohlweißling zu entdecken,<br />
und unten, ganz im Braun versteckt,<br />
winzige eingetrocknete Eidechsen.<br />
Eine Zeile aus einem Gedicht von Ingeborg<br />
Bachmann fällt ihr dazu ein: „Ich seh den<br />
Salamander durchs Feuer gehen, kein<br />
Schauer jagt ihn und es schmerzt ihn<br />
nichts“. Die Lübbeckerin liebt Spaziergänge<br />
mit ihrem Mann im Wald. Dabei findet<br />
sie Dinge und die werden dann häufig<br />
Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeiten,<br />
seien es nun Gemälde oder Objekte aus<br />
Draht, Pappmaschee oder Silikon.<br />
Mit ihrer Malerei schlägt Friedgund Lapp<br />
immer leise Töne an. Sie bevorzugt zarte<br />
Farben, die sich ganz harmonisch zusammenfügen.<br />
Bei ihr gibt es keine harten<br />
Kontraste, keine knalligen Effekte. Als organische<br />
Innenwelten sieht sie selber ihre<br />
Bilder, die allein aus der Intuition heraus<br />
entstehen. Selbstverständlich übermale sie<br />
gelegentlich auch einzelne Partien, wenn sie<br />
noch nicht zufrieden sei, bis sie das Gefühl<br />
habe, alles Nötige gesagt zu haben. Es sind<br />
Gedanken, die sich über abstrahierte<br />
Zeichen mitteilen. Trichter tauchen immer<br />
wieder auf.<br />
Die Linie und die menschliche Figur sind<br />
ebenfalls Themen, die Friedgund Lapp<br />
immer wieder beschäftigen. Vor gut drei<br />
Jahren waren es noch mit Kaffee gemalte<br />
kleinformatige Blätter. Jetzt hat sie wieder<br />
einmal Material und Technik gewechselt:<br />
Was von Ferne wie Zeichnung wirkt, entpuppt<br />
sich in der Nahsicht als genähte<br />
Strichzeichnung. An der Nähmaschine<br />
entstehen diese kleinformatigen Blätter. Die<br />
können eben nur so groß ausfallen, wie sich<br />
das Papier unter der Maschine noch bewegen<br />
lässt. Frauen sind in diesem Werkkomplex<br />
das beherrschende Thema, vom<br />
ruhenden Akt über Ophelia bis zur Fliegerin,<br />
dem Froschkönig oder dem bäuerlichen<br />
Leben. „Die Maschine sorgt dafür, dass ich<br />
meine Vorstellung noch einmal abstrahieren
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muss“, sagt die Künstlerin über diese<br />
ungewöhnlichen Arbeiten.<br />
Die Fantasie der gebürtigen Bielefelderin, die<br />
Goldschmiedin gelernt hat und später als<br />
Sozialpädagogin auch in Jamaika, Afrika und<br />
Saudi Arabien tätig war, scheint keine Grenzen<br />
zu kennen. Das drückt sich auch in ihrem Haus<br />
in Lübbecke am Hang des Wiehengebirges aus.<br />
Schon draußen empfangen Skulpturen den<br />
Besucher und auch im Innern reiht sich<br />
Kunstwerk an Kunstwerk. Darunter sind selbstverständlich<br />
viele eigene Arbeiten, aber auch<br />
immer wieder Werke befreundeter Künstler.<br />
Hier hat sie sich im Dachgeschoss ein kleines<br />
Arbeitszimmer eingerichtet. Das ist der Grund,<br />
warum Friedgund Lapp eher mit kleineren<br />
Formaten arbeitet. Im Sommer allerdings, wenn<br />
das Wetter mitspielt, weicht sie zum Arbeiten<br />
schon mal in den Garten aus und gönnt sich<br />
dann auch große Formate.<br />
Seit 1990 lebt Friedgund Lapp mit ihrem Mann<br />
in Lübbecke. Seitdem ist sie auch Mitglied im<br />
Verein für aktuelle Kunst und hat sich an zahlreichen<br />
Gemeinschaftsausstellungen beteiligt.<br />
Aber auch Einzelausstellungen waren ihr an<br />
mehreren Orten in der Region Ostwestfalen-<br />
Lippe bereits gewidmet. Was sie im Rangfoyer<br />
des Theaters präsentiert, das will sie auf die<br />
Fromate der sieben Wandnischen abstimmen.<br />
Ursula Koch