Wirtschaftsraum....
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Aus- und Weiterbildung<br />
Neue Brücken in<br />
den Arbeitsmarkt<br />
Im Fokus der Rekrutierung von Arbeits -<br />
kräfte poten zia len stehen zunehmend<br />
Be rufs rückkehrerinnen mit Ausbildung<br />
sowie nichterwerbstätige Mütter ohne<br />
Ausbildung. Was können die Bundes -<br />
agentur für Arbeit (BA) und Unterneh men<br />
tun, um diese Gruppe möglicher Er werbs -<br />
tätiger wieder schnell und qualifiziert in<br />
den Arbeits markt zu integrieren? Die IHK-<br />
Redaktion führte dazu ein Gespräch mit<br />
Christian Rauch, Geschäfts führer in der<br />
Bun desagentur für Arbeit.<br />
?: Glaubt man der „Perspek tive 2025“, liegt<br />
das größte Fachkräftepotenzial in der stärkeren<br />
Erwerbsbeteiligung von Frauen. In<br />
welcher Größen ordnung kann man von<br />
schlummernden Poten zialen ausgehen?<br />
Rauch: Die für den Arbeits markt interessanten<br />
nicht erwerbstätigen Frauen teilen<br />
sich in zwei Gruppen: Berufs rück kehrerin -<br />
nen sind Frauen, die sich nach einer fa mi -<br />
lien bedingten Erwerbsunter bre chung ar -<br />
beitslos melden – im Oktober 2013 waren<br />
knapp 54.000 bei der Bundes agentur für<br />
Arbeit (BA) gemeldet. Frauen in der „Stillen<br />
Reserve“ sind nicht bei der BA gemeldet,<br />
obwohl sie erwerbstätig sein könnten.<br />
Hierzu liegen mit 259.000 Frauen im Jahr<br />
2012 lediglich Schätzwerte vor, die tatsächliche<br />
Zahl kann deutlich höher sein.<br />
Ins gesamt sind von den 6,7 Millionen<br />
Müt tern mit Kindern unter 15 Jahren<br />
1,7 Millio nen (26 Prozent) nicht er werbs -<br />
tätig und derzeit nicht auf Jobsuche.<br />
?: Inwiefern kann man die Gruppe der nicht<br />
erwerbstätigen Frauen differenzieren?<br />
Rauch: Die Gruppe der nicht erwerbstätigen<br />
Frauen ist überwiegend arbeitsmarktnah;<br />
zwei Drittel verfügen über einen Be -<br />
rufsabschluss. Die guten Ver mittlungs -<br />
zahlen im Projekt „Perspektive Wie der -<br />
einstieg“, einer Koopera tion der BA mit<br />
dem Bundes ministerium für Familie, Seni -<br />
o ren, Frauen und Jugend, beweisen das:<br />
Mehr als die Hälfte nimmt auch nach längerer<br />
Familienpause eine Beschäf tigung<br />
im erlernten Beruf auf. Allerdings ist der<br />
An teil an Geringqualifi zierten unter den<br />
ar beitslos gemeldeten Müttern unter 25<br />
erschreckend hoch: Von den 120.000<br />
Frauen hat die Hälfte keine abgeschlos -<br />
sene Ausbildung.<br />
?: Stellen wir uns eine Frau Anfang 30 vor,<br />
die mit 16 eine Ausbildung gemacht hat,<br />
mit Anfang 20 Mutter wurde, we gen der<br />
Kinder zehn Jahre zu Hause war. Wie viel<br />
qualifikatorischen Rückenwind können<br />
Agenturen solchen Frauen für den<br />
Wiedereinstieg geben?<br />
Rauch: Aufgrund des zunehmenden Fach -<br />
kräftebedarfs verstärkt die BA seit 2011 mit<br />
der Initiative zur Flankierung des Struktur -<br />
wandels die För derung von Wie derein stei -<br />
ge rinnen, die Umschulungen oder Anpas -<br />
sungsqualifizie rungen durchlaufen können.<br />
Der Anteil der Wieder einstei ge rinnen<br />
hat sich dadurch von knapp 700 im Jahr<br />
2011 auf 3.900 in 2012 erhöht. Beliebte<br />
Ausbildungsziele sind die Berufsfelder<br />
„Erziehung“ und „Alten pflege“, in denen<br />
hohe Nachfrage herrscht.<br />
?: In einigen Regionen und Branchen<br />
spürt man deutlich eine zunehmende<br />
Fach kräfte knappheit. Wie passen die Po -<br />
tenziale von nicht erwerbstätigen Frauen<br />
zu den Bedarfen der Unternehmen?<br />
Rauch: In technischen Berufen sind Frauen<br />
unterrepräsentiert und der Einstieg nach<br />
Fami lien phase ist schwierig: Im hochqualifizierten<br />
Segment stehen nur wenige<br />
Teilzeit angebote zur Verfügung und die<br />
Anforderungen sind in Vollzeitjobs nicht<br />
Bundesagentur für Arbeit<br />
Christian Rauch ist Geschäftsführer<br />
in der Bundesagentur für Arbeit<br />
immer mit Betreuungs pflichten in Ein -<br />
klang zu bringen. Hier ist ein Umdenken<br />
bei Arbeitgebern unausweichlich, zumal<br />
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />
nicht mehr nur ein Frauenthema ist. Pflege<br />
und Erziehung sind attraktiv für erwerbstätige<br />
Mütter, auch wenn sie zunächst<br />
einen anderen Beruf erlernt haben. Die<br />
Zahl der Stellen für Erzie her/innen hat sich<br />
in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt.<br />
Aktuelle Erhebun gen zeigen, dass<br />
der Bedarf an Fachkräften in der Altenund<br />
Kranken pflege bundesweit nicht<br />
gedeckt werden kann. Ein Umdenken hat<br />
bei Arbeit gebern bereits stattgefunden,<br />
indem Alterna ti ven zum klassischen<br />
Schichtbetrieb entwickelt wurden.<br />
?: Was kann die BA tun, um Potenziale und<br />
Bedarfe zusammen zu bringen?<br />
Rauch: Die BA hat einen Schwerpunkt auf<br />
den Ausbau von Beratungskompetenz bei<br />
den Vermittlern gelegt. Pro gramme zur<br />
Gewinnung von Fachkräften für Pflege<br />
oder Erziehung können nur dann wirksam<br />
sein, wenn die Ziel gruppe auch erreicht<br />
wird: Durch einen geschulten Blick für die<br />
Wünsche und Poten ziale der Kundinnen<br />
kann es gelingen, Angebot und Nach frage<br />
zusammenzubringen.<br />
! Vielen Dank, Herr Rauch!<br />
14 | <strong>Wirtschaftsraum</strong> | Hanau-Kinzigtal | Juli & August 2014